Letztendlich wurde doch der Skandal nur zufällig durch Zollkontrollen oder sonstige Kontrollen festgestellt. Erst nachdem der Skandal in anderen Ländern bekannt wurde, hat man in Baden-Württemberg plötzlich auch Kühlhallen mit Gammelfleisch gefunden. Glauben Sie wirklich, in Baden-Württemberg wurde mit Umetikettierungen erst angefangen, nachdem man in der Zeitung gelesen hatte, dass das in Gelsenkirchen so gut funktioniert hat? Nein, das ist die Regel. Davon muss man leider ausgehen.
Natürlich, meine Damen und Herren, hat dazu auch die Schnäppchenmentalität beigetragen. Die Leute, die glauben, dass sie zum Preis von Hundefutter hochwertiges Fleisch bekommen, sind auf dem Holzweg. Wer Fleisch zum Preis von Hundefutter kauft, der bekommt halt Hundefutter. So einfach ist das.
Sie sagen, Herr Minister, die Lebensmittelkontrolle funktioniere noch genauso gut wie vorher. Ich habe mit vielen Betroffenen darüber geredet. Erstens einmal haben sich viele geweigert, vom Polizeidienst zu den Landratsämtern zu wechseln,
(Abg. Herrmann CDU: Weil sie von Ihnen aufge- hetzt worden sind! – Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Fischer SPD)
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Herrmann CDU: Sie reden die Sache schlecht!)
Nein, die Leute vom WKD haben das schon selbst gesagt, als wir uns noch gar nicht dazu geäußert hatten.
Lieber Kollege Walter, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verwaltungsreform in Baden-Württemberg am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, dass aber das vergammelte Fleisch, egal, in welchem Umfang, zum Teil schon seit 1999 in irgendwelchen Lagern lag, also längst bevor die Verwaltungsreform in BadenWürttemberg in Kraft getreten ist?
(Abg. Alfred Winkler SPD: Aufdecken! Aufde- cken! – Abg. Fischer SPD: Das ist doch keine Ent- schuldigung, Herr Kiefl!)
Ich bin natürlich froh, dass Sie mich noch einmal darauf hinweisen, wann die Verwaltungsreform in Kraft getreten ist. Das wäre uns wahrscheinlich sonst entfallen.
(Abg. Herrmann CDU: Ja, weil es gut gelaufen ist, weil die Verwaltungsreform richtig war! – Abg. Schneider CDU: Weil es niemand gemerkt hat!)
Wenn Sie die Statistiken aus dem Verbraucherschutzministerium lesen, merken Sie: Das Problem ist, dass wir bereits in den letzten Jahren zu wenig Lebensmittelkontrollen in Baden-Württemberg hatten. Trotzdem haben Sie noch eins draufgesetzt: Der WKD, der in dem ihm von der Landesregierung zur Verfügung gestellten Rahmen sehr gut gearbeitet hat, wurde noch weiter geschwächt, weil Sie Fachwissen einfach ignoriert bzw. abgeschafft haben, indem Sie die Zuständigkeit an die Landratsämter gegeben haben
(Abg. Kiefl CDU: Und just der hat es entdeckt! Just der! – Abg. Herrmann CDU: Also war die Verwaltungsreform gut!)
Sie sind einer der wenigen, der die Verwaltungsreform gut findet. Aber Ihnen muss ich mich ja nicht anschließen.
Meine Damen und Herren, wenn wir vermeiden wollen, dass es zukünftig weitere Fleischskandale gibt, dann ist es an der Zeit, die Kontrollintensität zu erhöhen. Es ist einfach ein hoch sensibler Bereich.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas anderes sagen, Herr Kollege Hauk. Der Ministerpräsident ist jetzt leider hinausgegangen. Es ist in den letzten Tagen, Wochen und Monaten viel davon die Rede: Wir machen jetzt eine neue Verbraucherschutzpolitik, wir machen jetzt eine neue Umweltschutzpolitik, wir machen jetzt eine neue Naturschutzpolitik. Ich sage Ihnen: Immer, wenn es ans Eingemachte geht, zeigt sich, das dies nur Rhetorik ist.
Sie reden von einer neuen Energie- und Umweltschutzpolitik und wollen doch das Alte erhalten. Sie verhindern damit, dass das Neue, das Arbeitsplätze schafft, kommt.
Sie, Kollege Scheuermann, wollen weiterhin auf Gentechnik setzen. Ist das etwas Neues? Selbst der Chef des Forschungslabors des Chemiegiganten Syngenta hat gesagt: Wir haben so viele Enttäuschungen erlebt, wir ziehen uns deshalb wieder mehr auf die konventionelle Forschung zurück.
Noch ein letzter Punkt, meine Damen und Herren, zum Thema Informationen. Sie fordern diese jetzt, Herr Kollege Hauk. Sie, CDU und FDP, haben – deswegen tragen Sie zu einem Teil die politische Mitverantwortung für diese Fleischskandale – verhindert, dass der Bundesrat bereits vor drei Jahren einem von Frau Künast eingebrachten Verbraucherinformationsgesetz, das der Bundestag verabschiedet hatte, zugestimmt hat. Das hätte manchen Gastronomen und manchen Zwischenhändler, der jetzt in diesen Skandal verwickelt ist, davon abgehalten, mitzumachen. Das heißt, hätten
Sie das, was Sie jetzt fordern, schon vor drei Jahren gemacht, müssten wir heute wahrscheinlich nicht über dieses Gammelfleisch streiten.
Ich frage Sie: Wenn Sie schon die Produktion von konventionellen Lebensmitteln nicht in den Griff kriegen, wie soll das erst bei einer Hochrisikotechnologie gehen, wie sie die Gentechnik darstellt?
(Beifall bei den Grünen – Abg. Kiefl CDU: Das hat doch nichts mit der Produktion zu tun! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist unmöglich! Das kann man so nicht stehen lassen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerne greife ich im Sinne der Aktualität das Thema auf, das Frau Kipfer angesprochen hat: Lebensmittelsicherheit. Ich will aber von vornherein feststellen, dass kein deutsches Bundesland eine so gut ausgebildete und so breit aufgestellte und kompetente Lebensmittelkontrolle hat wie Baden-Württemberg.
Das war vor der Verwaltungsreform so, und das wird und muss auch nach der Verwaltungsreform so bleiben.
Angesichts der bedauerlichen Vorkommnisse mit verdorbenem Fleisch regen wir uns völlig zu Recht auf. Wir empfinden auch völlig zu Recht Abscheu vor solchen Kriminellen und Geschäftemachern, denen es um nichts anderes geht als um den schnellen Profit auf Kosten der Verbraucher.
Doch eines dürfen wir nicht: Wir dürfen nicht den Fehler machen, bei jeder Sauerei, die festgestellt wird, gleich wieder nach zusätzlichen Gesetzen zu schreien und nach noch mehr Kontrollbeamten zu rufen.
So bedauerlich solche Lebensmittelskandale sind: Allein die Tatsache, dass solche Geschäftemacher auffliegen, ist doch schon Beleg dafür, dass unser Kontroll- und Überwachungssystem funktioniert. Ich möchte an dieser Stelle einmal unseren Lebensmittelkontrolleuren und unseren Untersuchungsämtern ein Kompliment machen. Sie leisten wirklich gute Arbeit, und das im Interesse der Verbraucher und auch im Interesse der ganz großen Mehrheit von rechtschaffenen Unternehmern der Ernährungswirtschaft, die genauso wie die Verbraucher darunter leiden.