Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Das zeigt: Es gibt kraftvolle Koalitionen, und es gibt weniger kraftvolle Koalitionen. Letzteres ist schade. Man sollte auch im Interesse des Landes darüber nachdenken, ob man sich auf der einen Seite damit brüsten kann, dass man in dieser Landesregierung ganz bedeutende Ministerinnen und Minister stelle und dass die Verbindungen der Landesregierung von Baden-Württemberg zur Bundesregierung ganz ausgezeichnet seien,

(Zuruf des Abg. Mappus CDU)

wenn man sie auf der anderen Seite bei jedem entscheidenden Punkt im Bundesrat im Stich lassen muss. Das stärkt die Position des Landes Baden-Württemberg auch bei schwierigen Verhandlungen nicht. Deshalb sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie sich jedes Mal von Ihrem kleineren Koalitionspartner vorführen lassen wollen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Mappus CDU: Wir? Wir sind doch für die Beibehaltung!)

Jetzt noch einige Worte zur Eigenheimzulage. Die Eigenheimzulage war nicht zu halten; das haben wir schon seit längerem erkannt. Die Wohnungssituation in der Bundesrepublik ist von Region zu Region komplett verschieden. Auf der einen Seite gibt es einen Überfluss an Wohnungen – in diesen Bereichen muss man den Wohnungsbestand zurückbauen –, und auf der anderen Seite herrscht Wohnungsnot in Ballungsräumen, zum Beispiel bei uns, wo man zusätzliche Wohnungen bauen muss. Bei so unterschiedlichen Wohnungssituationen ist es nicht sinnvoll, das gleiche Instrument anzuwenden. Das kann nicht gut gehen.

Deshalb haben wir uns immer dafür eingesetzt, die Eigenheimzulage zu regionalisieren, das heißt die Wohnungspolitik letztlich über die Länder zu bestimmen. Das ist jetzt in der großen Koalition so verabredet. Es wird eine Föderalisierung der Wohnungsbauförderung geben.

(Unruhe bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: So viel zum Thema Subventionsabbau!)

Die neue Bundesregierung stattet die Länder mit mehr Mitteln aus, als es die alte getan hat. Das gibt uns auf Landesebene den entsprechenden Spielraum, eine aktive Wohnbauförderung im Land zu betreiben.

Aber das, was Sie bisher angekündigt haben, ist natürlich eine Rosstäuscherei. Sie sagen: „Weil in der Vergangenheit die Mittel nicht abgerufen wurden, die wir für die Wohneigentumsbildung bereitgestellt haben, erhöhen wir jetzt den Subventionswert im Einzelfall, lassen aber die Summe der Fördermittel gleich.“ Damit erzielen Sie überhaupt keinen Effekt. Denn aufgrund des geringen Volumens der Wohnbauförderung haben Sie natürlich die Einkommensgrenzen so niedrig gesetzt, dass nur noch ein ganz, ganz kleiner Prozentsatz der Bevölkerung überhaupt anspruchsberechtigt ist, und dann werden am Ende die Mittel natürlich nicht abgerufen.

Es gibt nur eine vernünftige Alternative – die haben wir schon mehrfach vorgebracht und die rufen wir auch regelmäßig auf; wir hoffen, Sie folgen dieser Alternative irgendwann auch –, nämlich die Wohnbauförderung auf Landesebene jetzt, da wir sie brauchen, massiv zu erhöhen, indem wir aus dem großen Forderungsbestand des Landes einen Teil verkaufen und den Erlös in Wohnbauprogramme im Land Baden-Württemberg einbringen. Das ist die richtige Antwort auf die Streichung der Eigenheimzulage: eine aktive Wohnbauförderung im Land Baden-Württemberg, die der Eigentumsbildung dient,

(Abg. Mack CDU: Mit welchem Geld?)

die aber vor allem auch den wachsenden Anforderungen in den Ballungsräumen, in den großen Städten und in den Universitätsstädten gerecht wird. Diese Diskussion werden wir offensiv mit Ihnen führen.

Wir fordern Sie nochmals auf, die Bundesregierung nicht im Stich zu lassen und zu Ihren Worten zu stehen. Wir sind sicher, die FDP/DVP wird keine Konsequenzen ziehen. Sie hat schon mehrfach gezeigt, dass sie im Konfliktfall pflegeleicht ist. Deshalb sollten Sie diese Chance nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kretschmann, Sie haben dick aufgetragen. Ich denke, Backnang lässt grüßen. Sie haben der FDP/DVPFraktion gesagt, Sie hätten keinerlei Respekt vor ihr, also auch nicht mehr vor mir. Ich möchte Ihnen sagen, ich habe dennoch noch Respekt vor Ihnen, auch wenn Sie noch so fuchteln und Presskohlenstimme auflegen.

(Zuruf von der FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Persönlich habe ich vor Ihnen auch noch immer Respekt!)

Dennoch: So weit gehe ich nicht. Ich bin in größtem Maße verwundert, insbesondere, wenn es aus der grünen Richtung kommt, wenn man den wohl von uns allen vertretenen Grundsatz als Populismus diffamiert, dass das, was man vor der Wahl gesagt und deutlich gemacht hat, auch nach der Wahl noch Gültigkeit haben sollte, wenn es irgendwie geht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Das ist schon merkwürdig!)

Wie weit sind wir eigentlich gekommen? Ich nehme da die SPD aus, weil ich mit vielen ihrer Ansichten einverstanden sein könnte. Aber das, was Sie von den Grünen machen, ist unglaublich erstaunlich, insbesondere, wenn ich an den Anspruch denke, mit dem sie angetreten sind.

Nächster Punkt: Wir haben vor der Landtagswahl völlig klar gemacht – übrigens auch mit der SPD zusammen –, dass wir uns in Baden-Württemberg außerordentlich schwer tun, die Eigenheimzulage abzubauen, weil sich die Situation bei uns von der in anderen Bundesländern unterscheidet. Wenn sie aber abgebaut werden muss – dem haben wir uns nicht verschlossen, weil die Belastung durch diese Subvention hoch ist –, kann das nur mit einer gesamtsteuerlichen Entlastung einhergehen. Wir haben das in der Fraktion gesagt. Wir haben das in unserem Wahlprogramm gesagt. Wir haben das übrigens auch hier in der Plenarsitzung am 11. November vorigen Jahres gesagt. Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin zitieren. Damals hat der ehemalige Ministerpräsident Teufel gesagt:

Meine Partei teilt natürlich die Auffassung, die Herr Kollege Hofer vorhin vorgetragen hat. Wir sind dann, aber auch nur dann bereit, über die Streichung der Eigenheimzulage und anderer Steuervergünstigungen zu reden, wenn in einer großen Steuerreform eine solche Tarifabsenkung stattfindet, dass der Einzelne mehr hat, als er derzeit … hat.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Also wer ist jetzt Populist? Wenn man bei Aussagen bleibt, oder wenn man umfällt?)

Nun rechne jeder einmal für sich nach. Herr Gaßmann hat in dieser Sitzung Frau Merkel zitiert, die heutige Bundeskanzlerin:

Wir werden dem Steuerzahler die Eigenheimzulage nehmen; dafür werden wir ihm Steuersenkungen geben.

Nun habe ich – und da bin ich Herrn Kurz sehr dankbar – absolut Verständnis, dass man, wenn man Koalitionen bilden muss, nicht jeden Standpunkt im Verhältnis 1 : 1 einbringen kann. Man muss Abstriche machen. Als wir von der FDP/DVP das früher einmal gemacht haben – wie haben Sie das gegeißelt! Übrigens haben Sie von den Grünen sich bei Rot-Grün so verrenkt, wie wir das niemals gemacht haben. Aber das ist in Koalitionskreisen manchmal notwendig; ich habe dafür Verständnis. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass sich diejenigen, die diesem Koalitionszwang nicht unterliegen, plötzlich von ihren Wahlaussagen trennen und dem Bürger sagen: „Ätsch! Geht uns gar nichts mehr an!“ Das machen wir auf gar keinen Fall. Das wollte ich Ihnen an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dass man seiner Überzeugung treu bleibt und dies nicht als Populismus bezeichnet werden kann, muss man, finde ich, schon hinnehmen. Alles andere wäre politische Perversion.

Im Übrigen muss ich Ihnen noch etwas zu Ihrer Pressemitteilung sagen. Es gäbe nur Mitnahmeeffekte durch die Eigenheimzulage, haben Sie in der Pressemitteilung formu

liert. Wenn Sie das bestreiten, lese ich es vor. Nur Mitnahmeeffekte! Nachweislich ist es so – wir haben das häufiger gesagt –, dass der Großteil der betroffenen Familien Starterfamilien sind, junge Familien, Schwellenhaushalte,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Schwellenhaushalte, ge- nau!)

die sich ohne Eigenheimzulage kein Eigenheim leisten können. Das haben wir immer wieder gesagt. Das bleibt auch so. Die Bausparkassen sagen das. Ich wundere mich schon, wie Sie mit diesen Familien umgehen.

Nun sagen Sie noch: Flächenverbrauch. In meiner Heimatgemeinde – ich nehme an, das ist in vielen anderen Gemeinden genauso – sind in starkem Maße aus den Reihenhausgebieten Ihre Wähler gekommen. Ich hoffe, dass das in Zukunft nach Ihrer Philippika nicht mehr der Fall sein wird. Das wollte ich Ihnen sehr deutlich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Dass man nun versucht, in dem Wohnraumförderprogramm die ausfallenden Mittel durch Erhöhung der Barwerte so aufzustocken, dass sich wenigstens Dreikinderfamilien – das sind wenige Hunderte im Land, die da überhaupt noch in die Förderung fallen – dies noch leisten können – – Das sage ich übrigens auch zu Ihrer sehr arroganten Formulierung von der „Klientel“. Das sind junge Familien; die kommen gerade noch hinein.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Leider Gottes wird es, da das Programm insgesamt nicht aufgestockt wurde, wahrscheinlich noch etwas weniger Wohnungen geben, als bisher vorgesehen sind. Dass das Wohnraumförderprogramm schon Minimalzahlen von Wohnungen hat, ist klar.

Letzter Punkt: Sie sagen, doppelt populistisch sei, wie wir hier vorgehen, obwohl wir doch wissen, dass unsere Intention im Bundesrat keine Mehrheit finden wird. Ich muss nur sagen: Was haben Sie denn für eine Vorstellung!

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Von Demokratie!)

Vertreten Sie eigentlich nur noch Ihre Meinung, wenn Sie dafür eine Mehrheit bekommen? Früher sind die Grünen einmal anders angetreten. Da sind Sie schon ganz schön degeneriert; das muss ich sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir vertreten eine Meinung auch dann, wenn wir keine Mehrheit bekommen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das machen wir auch, Kollege Hofer!)

Im Übrigen haben wir wenigstens noch im Bundesrat einen gewissen Einfluss – im Gegensatz zu Ihnen, denn Sie sind in keiner Regierung mehr vertreten, durch die Sie überhaupt noch etwas im Bundesrat zu sagen hätten. Und das ist gut so.

(Beifall bei der FDP/DVP – Heiterkeit des Abg. Mappus CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Deshalb kann ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen: Das, was Sie vorgetragen haben, ist entlarvend. Sie haben offenbar Ihre ersten Wahlkampfversuche hier in den Landtag hineingetragen. Ich kann Ihnen nur sagen: Schön dumm, weil es uns nutzt und Ihnen schadet.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sie haben das Kriegsbeil ausgegraben!)

Im Übrigen glaube ich, dass wir mit unserem Koalitionspartner weiterhin ganz gut auskommen. Ich bin nicht einmal ganz sicher, ob alle von Ihnen so unglücklich sind, wenn sie sich der Stimme enthalten können.

Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der FDP/DVP und Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Pfister.