Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Bei aller Bedeutung dieser Untersuchungsergebnisse möchte ich aber auch noch einmal an den Kern der Arbeit erinnern, an das, was im März des Jahres 2002 der Hauptgrund

für die Einsetzung dieses Ausschusses war, nämlich der Vorwurf der „schützenden Hände“, ein Verdacht, der insbesondere von der SPD-Fraktion in den Raum gestellt wurde

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

und der begreiflicherweise, ja eigentlich pflichtgemäß auch von der Presse in die Öffentlichkeit getragen wurde. Dieser Vorwurf heißt, auf den Punkt gebracht: Die Politik schützt und toleriert kriminelles Verhalten, aus welchem politischem Interesse auch immer.

Einen solchen, bei Lichte betrachtet – ich denke, da stimmen wir überein – ungeheuren Vorwurf wollte und konnte die FDP/DVP-Fraktion nicht im Raume stehen lassen. Deshalb haben wir damals für diesen Untersuchungsausschuss gestimmt in der Hoffnung und auch in der Erwartung, dass dieser Vorwurf durch die Arbeit des Ausschusses vollständig ausgeräumt werden kann. Dies ist erfreulicherweise ja auch so eingetreten.

(Abg. Fleischer CDU zur SPD: Diesen Vorwurf hättet ihr zurücknehmen müssen!)

Was wir für unvorstellbar gehalten haben, ist auch nicht eingetreten.

Dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, unter dem Wort „erwartungsgemäß“ etwas anderes verstehen, haben wir gerade bei Herrn Sakellariou gehört. Sie sagen: Es ist nur der Nachweis nicht gelungen, weil möglicherweise erwartungsgemäß Zeugen gemauert haben oder erwartungsgemäß das in den 1 800 Akten nicht vermerkt worden ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber die haben ge- mauert!)

Nein, meine Damen und Herren, es ist nicht, wie Sie sagen, in diesem Punkt ein Freispruch zweiter Klasse mangels Beweis bei einem bestehenden Restverdacht, sondern es ist ein Freispruch erster Klasse in diesem Punkt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Alle Zeugenaussagen und die Verwertung aller zahlreichen Akten haben dies eindeutig ergeben. Das sehen wir als ein positives Ergebnis des Ausschusses. Wir haben bei uns keine Bananenrepublik erwartet und wundern uns auch nicht darüber, dass es keine gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Wir haben bei uns kein baden-württembergisches Watergate erwartet und wundern uns darüber, dass es nicht einmal ein „Watergatle“ gibt. Wir sind darüber nicht enttäuscht. Dass Sie von der Opposition das nicht ganz so fröhlich sehen, kann ich ja bei der ursprünglichen Ausgangsposition verstehen. Deshalb auch Ihre trotzige, ja beinahe wolkige Bemerkung, man habe aber noch subjektiv, auch wenn man das nicht mit Tatsachen belegen könne, den Eindruck, da hätte es Beißhemmungen gegeben bzw. vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Prominenz von Manfred Schmider.

Um selbst dies nicht so stehen zu lassen, lasse ich die Vorwürfe ganz kurz noch einmal – zum Teil ist es schon geschehen – Revue passieren einschließlich deren Auflösung.

Da war der Vorwurf, der wegen des Verdachts des fingierten Raubüberfalls gegen Manfred Schmider ermittelnde Hauptkommissar sei „kurz vor der Aufdeckung“ aus dem Ermittlungsverfahren abgezogen und versetzt worden, weil eine Überführung Manfred Schmiders angesichts seiner prominenten Stellung einigen nicht gepasst habe.

(Abg. Zimmermann CDU: Quatsch!)

So übrigens liest man es noch einmal im Schlussbericht der SPD. In Wahrheit – das wissen wir heute – stand die Versetzung des Beamten in überhaupt keinem Zusammenhang mit dem Fall Manfred Schmider, sondern erfolgte wegen Mängel im Führungsverhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten sowie wegen wiederholter Belästigung einer Mitarbeiterin und Ähnlichem. Deshalb ist er versetzt worden. Das wissen wir. Dieser Vorwurf ist also ausgeräumt.

Übrigens: Festzustellen, ob das damals ein echter oder ein vorgetäuschter Raubüberfall war, war gar nicht die eigentliche Aufgabe des Untersuchungsausschusses, wie Sie in Ihrem Schlussbericht ja richtigerweise schreiben.

Für verständliche Aufregung hat natürlich auch gesorgt eine bei der Fraktion der Grünen eingegangene anonyme Anzeige eines angeblichen Geheimtreffens bei der OFD Karlsruhe – mit folgenden Beteiligten: dem Karlsruher Oberbürgermeister, Herrn Morlok, dem stellvertretenden Chefredakteur der „Badischen Neuesten Nachrichten“ sowie dem OFD-Präsidenten – im Zusammenhang mit den Scheingeschäften 1988 bis 1992. Aufgrund der eindeutigen Aussagen aller vernommenen Zeugen hat sich dieser Vorwurf als ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht entpuppt.

Dass bei der Verfahrenseinstellung wegen der getätigten Scheingeschäfte in beträchtlicher Größenordnung – die Scheingeschäfte hatten damals ja fast eine Viertelmilliarde DM ausgemacht – nahezu alles falsch gemacht wurde, was falsch gemacht werden konnte, sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt. Es sind acht Punkte, die ich mir aufgelistet habe. Ich habe gar nicht die Zeit, diese im Einzelnen darzustellen. Es ist alles falsch gemacht worden.

Besonders geärgert hat mich der Hinweis, es handle sich um einen betrogenen Betrüger, weil er aus den Scheingeschäften noch hätte Steuern bezahlen müssen.

(Heiterkeit der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das wäre ja genauso, wie wenn jemand von einem Vergehen der Trunkenheitsfahrt freigesprochen wird mit der Begründung, er habe schließlich sein eigenes Auto zu Schrott gefahren. Kein Mensch kommt auf diese Idee.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Ich darf fortfahren: Im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ wurde groß herausgestellt, wie die baden-württembergischen Beamten ihre Thüringer Kollegen geradezu bekniet hätten, von Untersuchungen abzusehen. Ein einziger Thü

ringer Beamter hat dies im Ausschuss vage angedeutet. Dieser ist von einem Gericht in seiner Aussage als unglaubhaft dargestellt worden, weil er einigermaßen befangen war. Alle anderen Teilnehmer an dieser Besprechung haben dies vehement bestritten

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es!)

und haben erklärt, dass im Wesentlichen unterschiedliche Auffassungen von Betriebsprüfern, Staatsanwalt und Steuerfahndung über die Ermittlungsstrategien der Grund gewesen seien.

(Abg. Zimmermann CDU: Genau so war es!)

Wir verkennen nicht, dass die Thüringer mit ihrer Vorgehensweise im Ergebnis eigentlich auf der richtigen Seite lagen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig! – Zuruf des Abg. Dr. Schüle CDU)

Breiten Raum hat in der öffentlichen Berichterstattung auch die angebliche Aktenmanipulation bei der Staatsanwaltschaft eingenommen. Da war mal eine Akte da, dann war sie wieder nicht da. Auch hier das Ergebnis: Fehlanzeige. Insbesondere die den Fall bearbeitende Staatsanwältin hat recht freimütig erklärt, dass sie wohl die Akte nicht gründlich genug durchgelesen und durchgeblättert habe, da sie gerade aus dem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt und wohl noch nicht ganz bei der Sache gewesen sei. Das muss man einfach wissen, bevor man sagt, Nachweise seien nicht erbracht worden.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Sehr gut!)

Breiten Raum eingenommen hat auch die „Stuttgarter Vereinbarung“, dass man Manfred Schmider Versprechungen gemacht habe, damit er nicht die Finanzverwaltung belaste. Dass die Presse das aufgegriffen hat, war ja geradezu ihre Pflicht.

(Abg. Fleischer CDU und Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Ja!)

Ich bin eigentlich auch froh, dass sie es aufgegriffen hat. Aber auch hier haben wir im Ausschuss Fehlanzeige festgestellt. Übrigens war das Strafmaß für Schmider an der Höchstgrenze gelegen. Wir alle wissen, dass eine solche Vereinbarung völlig unwirksam wäre. Denn Strafvollzug und Strafvollstreckung sind im Strafverfahren rechtlich strikt getrennt.

Dann noch zu dem Wort der „Außensteuerung“, das von einem Richter bei einem gerichtlichen Verfahren genannt wurde: Da hat sich herausgestellt, dass damit gemeint war, dass der Generalstaatsanwalt nach Rücksprache mit dem Justizministerium es abgelehnt hat, die Verfolgung untergeordneter Vorwürfe gegen Schmider einzustellen, solange nicht das Urteil in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist. Der Richter mag sich verfahrensökonomisch geärgert haben. Aber das ist das Gegenteil von „schützenden Händen“.

(Abg. Zimmermann CDU: So ist es! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Ich sage dies, meine Damen und Herren, überhaupt nicht triumphierend, wie das oft unterstellt wird. Es gibt gar keinen Grund zum Triumph.

(Abg. Fleischer CDU: Richtig!)

Ich sage das erleichtert und nicht triumphierend.

(Abg. Fleischer CDU: So!)

Die Fehler, die gemacht wurden, sind immer noch groß genug, dass sich der Ausschuss gelohnt hat.

Meine Damen und Herren, natürlich war Manfred Schmider eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens und hat nach meiner persönlichen Überzeugung – ich stehe da sicherlich nicht alleine – mit Sicherheit versucht, ein mittelbadisches Beziehungsgeflecht aufzubauen.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das hat er nicht bloß versucht!)

Geschützt war er dadurch aber nicht,

(Abg. Zimmermann CDU: Genau!)

wie auch der im Bereich der Landespolitik über Jahre hinweg tätige stellvertretende Chefredakteur der „Badischen Neuesten Nachrichten“ als Zeuge im Untersuchungsausschuss sehr eindrucksvoll erklärt hat.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Er hat es nicht bloß ver- sucht!)

Der Untersuchungsausschuss hat im Übrigen minutiös all die zahlreichen Essenseinladungen, Weihnachtspräsente, Weingeschenke und was weiß ich an Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, auch an Amtsträger jeglicher Couleur aufgelistet, auch die Parteispenden an CDU, an FDP, an SPD.