Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Der Fall Renner ist ja kein Einzelfall gewesen. Seit 2001 ist Minister Renner einschließlich des ehemaligen Ministerpräsidenten Teufel das achte – die Landesregierung hat elf Mitglieder – Mitglied der Landesregierung, das nicht mehr im Amt ist.

(Zurufe von der CDU)

Ja, das ist doch klar. Zwei wurden von der Staatsanwaltschaft verfolgt und verurteilt, ein Ministerpräsident wurde weggemobbt, ein Minister ging zu Rothaus, ein anderer ging zur Toto-Lotto GmbH, wieder ein anderer hat sich aus dem Amt „geohrfeigt“.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das ist doch eine Kette von Fällen. Man muss doch sagen: Das, was bei dieser Landesregierung vorgeht, ist nicht mehr normal. So benimmt man sich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich kenne nicht so viele Bischöfe. Aber einer, der viele Bischöfe kennt, ist Erhard Eppler. Er hat gestern gesagt:

Ich kenne Bischof Fürst ganz gut. Er ist einer der klügsten und aufgeschlossensten und vielleicht sogar humorvollsten Bischöfe in Deutschland,

(Zuruf des Abg. Reichardt CDU)

wobei ich Protestanten mit einbeziehe.

Da kennt er sich nun wirklich gut aus.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Mit ihm in einen solchen Konflikt zu kommen und ihn nicht ausräumen zu können, das ist eine große Kunst.

Das ist eine große Kunst.

(Zuruf von der SPD: Wohl wahr!)

Diesem Wort kann man sich nur anschließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer ständig die Vorbildfunktion von Eltern einfordert, wer ständig die Vorbildfunktion von Jugendleitern einfordert, wer ständig die Vorbildfunktion von Lehrern einfordert, der muss auch einmal die Vorbildfunktion der Politik einfordern und erfüllen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Eben!)

Das macht die Landesregierung in keinem Fall.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Es gab zum Fall Renner viele Leserbriefe. Einen davon will ich vorlesen:

Was sich für einen aufmerksamen Zeitungsleser seit Monaten auffallend verändert hat, ist der neue Stil der Landesregierung. Bei einem groß gefeierten Geburtstag glänzt unser aller Ministerpräsident mit einer vergnüglich verbalerotischen Rede. Ein Sozialminister fällt zumindest durch hippes Outfit und flotte Sprüche auf.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Sorge bereitet inzwischen der Eindruck, dass Politik eher inszenierter Wirbel, Windbeutelei zu sein scheint, wo sie doch von zielführend hilfreicher Wirkung sein sollte.

(Abg. Alfred Haas CDU: Gerhard Schröder!)

Nein, das war Dr. Hans Peter Rieder aus Stuttgart.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Ein weiterer Leserbrief in der Zeitungsspalte daneben:

Der Herr Ministerpräsident hätte die erneute verbale Entgleisung seines Freundes und Ministers erkennen müssen und die Angelegenheit ohne viel Wirbel aus der Welt schaffen können. Aber vielleicht war Herr Oettinger in den letzten Monaten zu viel mit dem Zählen beschäftigt, bevor er einige Freunde bei Geburtstagsfeiern zu Meistern des Seitensprungs ernennen konnte.

Zum Glück ging am Freitag die Lachnummer – hier von einem Funken Kulturkampf zu reden ist ein Witz – endlich zu Ende …

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Die Landes-CDU ist in Nöten, weil in ihrer Führungsriege einige Leute sind, die offensichtlich den Benimmunterricht verschlafen haben. Vielleicht aufgrund des von Herrn Oettinger beklagten frühen Unterrichtsbeginns.

(Heiterkeit bei der SPD)

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir erinnern uns: Zwei Minister waren amtsmüde. Der eine ging zur Toto-Lotto GmbH, der andere zu Rothaus – zwei hoch umstrittene Entscheidungen.

(Abg. Wieser CDU: Schröder ging zu Putin!)

Wir erinnern uns weiter: Minister Döring und Ministerin Werwigk-Hertneck mussten wegen Affären zurücktreten.

Oettinger hat dann im Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten gegen Frau Schavan den Sieg davongetragen.

(Abg. Pauli CDU: Demokratischer Wettbewerb!)

Er hatte eigentlich einen bravourösen Start und hat bei der Wahl zum Ministerpräsidenten überflüssigerweise sogar noch zwei Stimmen aus der Opposition bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Birk: Sie würden ihn wieder wählen! – Abg. Wieser CDU: Nach der Drexler-Rede werden es mehr!)

Die Erwartungen waren hoch.

Dann kam die erste Niederlage:

Sein Favorit Peter Hauk ist als Bewerber für den Fraktionsvorsitz unterlegen, der innerparteiliche Gegner Mappus hat knapp gewonnen.

Es dauert nicht lange, da geht Mappus zum ersten offenen Angriff über; wir erinnern uns an den Christopher Street Day. Renner übernimmt die Schirmherrschaft – wir wissen: in Vertretung von Ministerpräsident Oettinger. Alle, jedenfalls in unseren Reihen, fanden das gut, weil das für die Schwulen wirklich wichtig ist. Erst wenn ein CDU-Minister das öffentlich macht, werden Reste von Diskriminierung gegen diese Leute abgebaut. Das haben wir wirklich sehr goutiert, und es war vor allem für die Betroffenen wichtig.

Der Fraktionsvorsitzende Mappus geht sofort zu einem Generalangriff gegen Renner über.

(Abg. Fleischer CDU: Wo denn?)

Wir erinnern uns: Renner übernimmt die Schirmherrschaft. Schirmherrschaft hat etwas mit Schutz zu tun, damit, dass man sagt: Das ist in Ordnung. So etwas muss man machen, das gehört zu unserer Gesellschaft. Mappus geht zum Generalangriff über und sagt, man solle nicht dort hingehen. Das heißt, über die Veranstaltung, über die sich der Minister stellt, sagt der Fraktionsvorsitzende: „Geht da nicht hin, das ist keine gute Veranstaltung.“ Damit fängt der Konflikt über die Richtung in der Union schon offen an.

Es geht weiter mit dem Konflikt um den stellvertretenden Parteivorsitz. Das wird dann auch nicht durch Führungsstärke des Parteivorsitzenden Oettinger gelöst, sondern man schafft einen zusätzlichen Vertreterposten.