Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

was ist los, Herr Birzele? –,

(Abg. Mack CDU: Herr Birzele ist unruhig!)

wurde von dem Physiker Hans Schepers eine Modifikation entwickelt. Schepers, seinerzeit als Leiter der Gruppe Datenverarbeitung Bediensteter der Verwaltung des Deutschen Bundestags, schlug sein Verfahren dem Bundestag vor, und dieser wendet es seit der 8. Wahlperiode zur Ermittlung der Zugriffsreihenfolge für die Ausschussvorsitzenden und seit der 9. Wahlperiode auch für die Besetzung der Ausschüsse

an. Schepers entwickelte seine Vorstellung in der Formulierung der Rangmaßzahlen.

Es zeigte sich, dass sein Vorschlag zu identischen Ergebnissen führt wie das im Jahr 1912 von dem Franzosen André Sainte-Laguë vorgeschlagene Verfahren – haben Sie es jetzt verstanden? –, das in Termini der Höchstzahlendarstellung formuliert ist. Beide Betrachtungsweisen sind identisch.

Der Übergang – um auch gleich noch zu erläutern, wie es geht – von der Division durch alle natürlichen Zahlen wie bei d’Hondt zur Division nur durch die ungeraden Zahlen bei Sainte-Laguë/Schepers ist Ausdruck dafür

(Allgemeine Heiterkeit)

Sie haben doch Französisch gelernt, oder nicht? –, dass die Voraussetzungen für die Zugriffe der Parteien reduziert werden, wodurch die beim Verfahren nach d’Hondt entstehende Zurücksetzung kleinerer Parteien beim Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers aufgehoben wird.

Grundsätzlich geht es auch um die Optimierung der Erfolgswertgleichheit der Stimmen, damit eine Stimme für eine kleine Partei nicht weniger wert ist als für eine große Partei.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesbezüglich dem Gesetzentwurf von CDU und FDP/DVP zuzustimmen.

Mit den Ausführungen des Kollegen Mack über das Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes stimme ich völlig überein. Auch wir haben signalisiert, dass es nicht ganz unbedenklich ist, wenn Landräte, Bürgermeister und Oberbürgermeister für den Landtag kandidieren. Nachdem wir auch einen Kandidaten für die Landtagswahl haben, der Landrat ist, ist dies zu sagen für mich völlig unverfänglich. Wir sollten darüber jedoch in aller Ruhe miteinander diskutieren. Vor allem legen wir als Liberale großen Wert auf Übereinstimmung, wenn es möglich ist, mit allen Fraktionen. Es gibt keinen Grund, dies jetzt durchzupeitschen.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist ja eine Wischiwaschi-Geschichte!)

Das Problem an sich ist erkannt. Wir werden mit Ihnen gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode gerne darüber sprechen, damit die Änderungen bereits bei der nächsten Wahl angewandt werden können.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Morgen, morgen, nur nicht heute! Das ist ja ein Trauerspiel!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Birzele.

(Abg. Blenke CDU: Jetzt sind wir sehr gespannt auf Ihre Französischkenntnisse, Herr Kollege Bir- zele!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einige Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ma

chen. Ich würde vorab empfehlen, dass Sie sich auf eine einheitliche Aussprache einigen und dies in der Begründung phonetisch darlegen, damit künftig die Gesetzesväter exakt genannt werden können.

Wir haben bereits mehrmals über Gesetze gesprochen, die Parlamentarier betreffen, also über das Abgeordnetenrecht und das Landtagswahlrecht. Herr Kollege Kleinmann, wir haben bereits zu Beginn dieser Legislaturperiode dazu den Antrag eingebracht, dass die Gesamtprobleme in einer Kommission aufgegriffen und offen besprochen werden sollten. Dieser Antrag ist von beiden Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Sie vertrösten einen jeweils auf die nächste Legislaturperiode.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir werden auch ver- tröstet!)

Da ich schon einige Legislaturperioden länger hier im Hause bin, kann ich Ihnen sagen, dass dabei nie etwas herauskommt. Ich kenne diese Vertröstungen. Die kannten Sie, als Sie noch in der Opposition waren, und jetzt in der Regierung machen Sie es genauso.

Es muss ins Gedächtnis gerufen werden: Ärgerlich war insbesondere die Wahlkreisänderung, die Sie ohne jede Rücksicht und ohne jede Absprache mit den beiden anderen Fraktionen nach eigenen Gesichtspunkten durchgezogen haben. Wie hat Ihre Kollegin Berroth dies so schön beschrieben?: „Wir haben das Gesetz so gestaltet, dass alle, die im Landtag sind, eine Chance haben, wieder gewählt zu werden.“ Das war die klar verfassungswidrige Absicht. Sie haben die Wahlkreise vom Zuschnitt her manipuliert.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Nun zu Ihrem heute vorliegenden Gesetzentwurf: Es ist begrüßenswert, dass Sie ein neues Zählverfahren vorschlagen. Wir werden uns im Ausschuss über die verschiedenen Varianten unterhalten. Wir alle werden Schwierigkeiten haben, die mathematischen Vorgaben nachzuvollziehen. Aber es ist uns daran gelegen, dass einige Beispielrechnungen gemacht werden. Wir können deshalb diesem Berechnungsverfahren durchaus zustimmen.

Was ich in diesem Gesetzentwurf vermisse, ist ein Punkt, bei dem sich die FDP/DVP schon einmal einer Klage vor dem Staatsgerichtshof angeschlossen hat. Die Zielsetzung war, die Berechnung der Ausgleichsmandate nicht auf Regierungsbezirksebene vorzunehmen, damit nicht die stärkste Partei auf der Ebene der Regierungsbezirke jeweils den Vorteil hat, sondern auf Landesebene. Wir werden uns erlauben, dieses gemeinsame Anliegen, das auch Anliegen der Grünen ist, in die Gesetzesberatungen mit einzubringen.

Das Zweite, was ich bei diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht verstehe, ist, dass er erst am 16. Juni 2006 in Kraft treten soll. Warum soll er denn nicht im Februar, am Tag nach der Verkündung, in Kraft treten?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Fischer SPD: So ist es!)

Denn damit würden Sie gewährleisten, dass bei der jetzt anstehenden Landtagswahl bei der Berechnung der Mandate

so vorgegangen wird, wie hier in diesem Gesetzentwurf zu Recht eingefordert wird. Auch hier werden wir uns erlauben, einen entsprechenden Änderungsantrag einzubringen. Ich gehe davon aus, dass Sie, nachdem die CDU-Fraktion durch Herrn Mack dargelegt hat, dass dies ein gerechteres Verfahren sei, diesem gerechteren Verfahren auch schon für diese Landtagswahl zum Durchbruch verhelfen werden.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

So viel zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen.

Nun noch etwas zum Vorgehen und zu dem Vorwurf des „Durchpeitschens“, Herr Kleinmann.

(Abg. Wieser CDU: Herr Kleinmann ist Pfarrer!)

Wir haben schon sehr oft, auch in dieser Legislaturperiode, über die notwendigen Änderungen des Abgeordnetengesetzes gesprochen. Wir, die Fraktionen, hatten uns im letzten Sommer zuletzt darauf verständigt, dass die Fraktionsvorsitzenden eine Kommission einsetzen sollten, die einmal die Probleme aufbereiten sollte.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Es ging uns dabei um folgende Fragestellungen:

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist alles be- kannt!)

Übernahme des NRW-Modells, das heißt die Einbeziehung der bisher steuerfreien Pauschalen und der Altersversorgung in die steuerpflichtige Entschädigung. Darüber hinaus ging es um die Frage der Inkompatibilität.

Die Diätenkommission hat im Dezember 2005 ein Ergebnis vorgelegt, und Sie sind nicht bereit, auch nur einen einzigen Punkt aus diesem Kommissionsbericht hier im Landtag umzusetzen. Das ist die typische Verfahrensweise. Sie sagen jetzt: „Zu Beginn der nächsten Legislaturperiode werden wir …“ Aber da kann sich doch jeder schon an den Fingern beider Hände abzählen, dass dabei wiederum nichts herauskommen wird, wenn dies dann für die darauf folgende Legislaturperiode ab dem Jahr 2011 beschlossen werden sollte.

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Deshalb sagen wir: Dieser Landtag muss jetzt wenigstens die Inkompatibilitätsregelung beschließen, damit sie dann 2011 wirklich in Kraft tritt.

(Zuruf des Abg. Rückert CDU)

Nun zu der Frage der Weigerung. Bislang gab es keinerlei Anzeichen für eine Bereitschaft, wenigstens das, was die Steuerzahler am meisten ärgert, nämlich die steuerfreien Pauschalen, in die steuerpflichtige Entschädigung mit einzubeziehen. Hier machen Sie keinen Ruck, obwohl, wie das Beispiel Nordrhein-Westfalen gezeigt hat, ein entsprechendes Verfahren durchaus möglich wäre.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Kennen Sie schon die Ergebnisse von dort und die Kritik daran? – Ge- genruf des Abg. Drexler SPD: Das ist doch wieder ein blöder Zwischenruf! Es geht um das, was wir wollen!)

Welche Ergebnisse? Herr Noll, Sie als Freiberufler müssten doch ganz energisch für diese Konzeption sprechen, denn Sie als Freiberufler müssen alles gegenüber dem Finanzamt nachweisen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Habe ich doch!)

Warum wollen Sie, dass Abgeordnete dies nicht tun sollen?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der SPD: Jawohl! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sie wissen genau, dass der Freiberufler davon deutlich mehr profitiert! Es ist von Ihnen thematisiert worden, dass es dann Abgeordnete zweier Klassen geben wird! – Weitere Zurufe und Unruhe)

Herr Noll, dies von den steuerfreien Pauschalen zu sagen ist doch absurd.

(Abg. Drexler SPD: Völlig absurd!)