Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

(Beifall bei der CDU)

Baden-Württemberg ist ein weltoffenes Land. Aber wir erwarten, dass jeder, der zu uns kommt und auf Dauer bei uns leben möchte, sich zu unserer Rechtsordnung und zu unseren Grundwerten bekennt und dass er die deutsche Sprache erlernt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das ist keine unzumutbare Hürde und schon gar keine Diskriminierung, sondern eine schlichte Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen glauben wir, dass dies die große Mehrheit der Zuwanderer genauso sieht. Deswegen warnen wir davor,

die Existenz von Parallelgesellschaften kulturell zu beschönigen. Anders als uns die linke Multikulti-Ideologie glauben machen will, sind Parallelgesellschaften keineswegs gleichbedeutend mit kultureller Vielfalt. Das Gegenteil ist der Fall:

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wer sagt denn so etwas?)

Wer sich in seiner eigenen Welt isoliert, erlebt nicht Vielfalt, sondern Enge. Wer nur unter seinesgleichen bleibt, erfährt nicht Pluralismus, sondern Uniformität. Wer die Begegnung mit anderen scheut, gewinnt nicht an Selbstbewusstsein, sondern wird für Vorurteile und Feindbilder empfänglich. Deswegen ist die Integration für uns der wichtigste Auftrag der Landespolitik, wenn es um Schule, Bildung, Arbeitswelt, wenn es um Gesellschaftspolitik von morgen geht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir lösen diese Probleme nicht, indem wir die Augen vor ihnen verschließen.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Die Grünen-Kollegin Claudia Roth hat Recht, wenn sie selbstkritisch darauf hinweist, dass man Toleranz nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln darf.

Parallelgesellschaften können sich zum Nährboden für Gewalt und Extremismus entwickeln. Und sie bergen einen enormen sozialen Sprengstoff: Wenn junge Menschen mitten in Deutschland nur die Traditionen ihrer Herkunftsländer und ihrer Eltern kennen lernen, dann tun sie sich später mit der Anerkennung unserer Kultur und unserer Rechtsordnung schwer. Wenn sie in einer Struktur der patriarchalischen Gesellschaft aufwachsen, dann werden sie später nur schwer Verständnis für die Gleichberechtigung von Frau und Mann entwickeln können.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wenn Kinder und Jugendliche in jungen Jahren keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse erwerben, ist die Gefahr des schulischen Scheiterns sehr groß. Ohne Schulabschluss sinken die Chancen im Beruf, und damit wäre dann der soziale Abstieg vorgezeichnet. Deswegen sind Integration und die Beherrschung der deutschen Sprache zuallererst die Voraussetzung dafür, dass junge Menschen bei uns auch in Zukunft erfolgreich sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen habe ich die eindringliche Bitte an die Migrantenfamilien in Baden-Württemberg: Geben Sie sich und Ihren Kindern die Möglichkeit, unsere Gesellschaft kennen zu lernen! Unterstützen Sie sich gegenseitig beim Erlernen der deutschen Sprache! Die deutsche Sprache ist das größte Geschenk, das Migranten ihren Kindern machen können, damit sie auf Dauer integriert und erfolgreich in BadenWürttemberg sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

(Ministerpräsident Oettinger)

Es gehört zu den naiven Lebenslügen einer Multikulti-Ideologie und auch von Rot-Grün, dass man geglaubt hat, es genüge, den Menschen, die zu uns kommen, einen deutschen Pass zu geben, und schon seien sie integriert.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Flei- scher CDU: Sehr gut! – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Ein abstruser Quatsch! – Gegenrufe von der CDU)

Dass dies ein gefährlicher Trugschluss ist, haben spätestens die Ereignisse vom Herbst letzten Jahres in Frankreich gezeigt.

(Abg. Fleischer CDU: Genau! – Abg. Carla Bre- genzer SPD: So ein Schwachsinn!)

Integration darf nicht nur auf dem Papier stehen. Integration muss gelebt und erarbeitet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Integration ist ein langer Prozess mit vielen Einzelaspekten: Es geht um soziale Fragen, um kulturelle Fragen, um rechtliche Fragen, um religiöse Fragen. Es geht um Mentalitäten und Traditionen, über die eine Unterschrift alleine nicht Aufschluss geben kann.

(Abg. Schmiedel SPD: Um Antworten geht es!)

Deswegen ist für uns die Einbürgerung nicht der Anfang der Integration, sondern sie kann nur das Ziel der Integration sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn Integration gelingen soll, dann ist es erforderlich, dass Menschen, die auf Dauer bei uns leben wollen, sich zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu den Grundwerten und Rechten unserer Verfassung bekennen. Dies halte ich für eine Selbstverständlichkeit, und dass dies geprüft wird, ist nicht nur unser Recht, sondern unsere logische Pflicht aus dem geltenden Bundesgesetz.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Die Einbürgerung ist keine Eintrittskarte und kein Freifahrschein, sondern ein Akt, der insbesondere für den Staat eine langfristige, dauerhafte Bindung darstellt. Diese Bindung kann nur im Ausnahmefall wieder rückgängig gemacht werden. Von daher ist es doch nicht mehr als legitim, wenn wir bei den so genannten Anspruchseinbürgerungen genauer hinschauen, ob die Betroffenen unsere Werte auch wirklich teilen und ob dies nachweisbar ist.

In diesem Punkt weiß ich mich mit dem Gesetzgeber einig; denn im Staatsangehörigkeitsgesetz aus dem Jahr 2000 ist geregelt, ein Ausländer sei dann einzubürgern, „wenn er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt“. So steht es in § 10 dieses Gesetzes.

In der Gesetzesbegründung heißt es weiter: Es geht um – wörtlich – „innere Hinwendung“ zu unserem Land. Darüber

hinaus fordert auch der Bundesgesetzgeber die Beherrschung der deutschen Sprache als Grundvoraussetzung für Integration und Einbürgerung.

In den Fällen aber, in denen es Zweifel an der inneren Hinwendung gibt, führen die Einbürgerungsbehörden ein Gespräch mit dem Bewerber. Um dieses Gespräch zu ermöglichen, zu erleichtern, hat der Innenminister am 1. Januar 2006 einen Gesprächsleitfaden herausgegeben, der seit den letzten Wochen angewandt wird, der für Diskussionen sorgt, der meines Erachtens aber logisch und richtig ist und deswegen auch hier offensiv zu vertreten ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Anders als behauptet ist dieser Leitfaden kein Fragebogen, der Punkt für Punkt abgearbeitet werden muss. Es handelt sich um eine Handreichung mit Anknüpfungspunkten zu verschiedenen Themenbereichen, die von besonderer Bedeutung für die Grundwerte unserer Gesellschaft sind: zum Beispiel die Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und der Rechtsstaat, der von jedem zu achten ist.

In einem Gespräch über diese Grundlagen unseres Zusammenlebens kann ich beim besten Willen keine „Gesinnungsschnüffelei“ und auch keine Diskriminierung erkennen. Im Übrigen: Kein Zuwanderer wird bei uns gezwungen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen oder anzunehmen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was wollen Sie denn damit sagen?)

Wenn sich jemand aber dafür entschieden hat, dass er eingebürgert werden möchte, muss er auch das Recht unserer Gesellschaft achten und dies in einem Gespräch entsprechend bekunden. Ich glaube, dass hier eine legitime Prüfung seitens des Staates stattfindet, bevor er einem Antragsteller das hohe Gut der Einbürgerung gibt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn dies bei uns schon früher und konsequenter geschehen wäre, hätten wir manche Probleme nicht. So sind etwa im Verfahren gegen Metin Kaplan, den Kalifen von Köln, wie er genannt wird, eine Reihe von Personen ausländischer Herkunft bekannt geworden, die sogar vor Gericht ganz unverblümt erklärt haben, dass für sie nicht das Grundgesetz, sondern die Scharia maßgeblich sei. Unter normalen Umständen müsste man diese Personen sofort abschieben. Aber da sie zu diesem Zeitpunkt schon eingebürgert waren, war eine Abschiebung nicht mehr möglich. Deswegen, mehr als jemals zuvor: Augen auf bei der Einbürgerung!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Der Gesprächsleitfaden soll immer dann – und nur dann – zur Anwendung kommen, wenn Zweifel an der Bejahung der Werteordnung unserer Verfassung bestehen,

(Zurufe von den Grünen)

und zwar unabhängig von der Religion des Bewerbers.

(Ministerpräsident Oettinger)

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Inge Utzt SPD)

Von einer Stigmatisierung von Muslimen kann keine Rede sein.