Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig!)

wie wir sie allen Kindern geben müssen:

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist richtig!)

nach Begabung und Befähigung, damit sie später auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das war der einzige gute Satz in der Rede!)

Das ist die allerwichtigste integrationspolitische Maßnahme für die Migranten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Map- pus CDU: Allmählich weiß ich, wo die anonyme Anzeige herkommt!)

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Rech.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt zieht er alles zurück! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kretschmann schwitzt und hat mir das Wasser geklaut. Das gönne ich ihm.

(Heiterkeit)

Kann ich ein neues Glas bekommen?

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Meinungsunterschiede, die in der heutigen Debatte aufgetreten sind, möchte ich zunächst einmal eines festhalten: Quer durch alle Fraktionen herrscht Einigkeit darüber, dass Personen, die unsere Verfassungs- und Werteordnung ablehnen, nicht die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten sollten. Das ist eine Erwartungshaltung, mit der wir nicht hinter dem Berg zu halten brauchen und die ich in aller Deutlichkeit vertrete.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Herr Kollege Birzele, ich beziehe Sie in diese Gemeinsamkeit ausdrücklich ein,

(Zuruf von der SPD: Das ist aber sehr gnädig! Wie großzügig! – Weitere Zurufe von der SPD)

nämlich da, wo Sie gesagt haben – sofern Sie es ernst gemeint haben –, dass die SPD von allen Einbürgerungswilligen ausreichende Deutschkenntnisse, ein eindeutiges Bekenntnis zur Grundordnung und auch die innere Hinwendung zu unserem Staat fordere und einen Themenkatalog durchaus für sinnvoll halte. Dann aber ist Ihre nachfolgende Polemik eigentlich völlig fehl am Platz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Fischer SPD: Das war keine Polemik! – Abg. Drexler SPD: Sie kommen immer noch nicht mit!)

Auch von Freiheit war die Rede. Herr Kollege Kretschmann, Sie waren übrigens auch schon einmal seriöser als heute.

(Oh-Rufe von der SPD)

Freiheit heißt auch, Verantwortung zu tragen. Wer Rechte hat, hat auch Pflichten.

(Abg. Birzele SPD: Sehr gut! – Weitere Zurufe)

Die deutsche Staatsangehörigkeit kann und darf es nicht zum Nulltarif geben;

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Wer sagt das? Das hat niemand gesagt!)

denn Freiheit kann auf Dauer nur der Staat gewährleisten, der sich seiner eigenen Grundlagen gewiss ist, und die bedeutendste Grundlage unseres Staatswesens ist unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Diesen Grundkonsens, der uns doch eigentlich eint oder einen sollte, noch einmal herauszustellen, ist mir wichtig.

(Minister Rech)

Herr Kollege Kretschmann, in dem Gesprächsleitfaden ist nicht das Ziel gesetzt, wie Sie gesagt haben, eine politische Gesinnung zu erfragen. Da ist weder von politischer Gesinnung noch etwa von Religion die Rede. Die Religionszugehörigkeit ist den Einbürgerungsbehörden in aller Regel überhaupt nicht bekannt und wird auch überhaupt nicht abgefragt.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Grundsätzlich gehe ich von der Verfassungstreue eines Einbürgerungsbewerbers aus. Wir bürgerten in Baden-Württemberg im Jahr 2004 über 16 000 Personen ein; das ist eine gewaltige Zahl, die ich begrüße.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Unruhe)

Das wird auch in Zukunft so sein, das fordern wir. Nur: Man muss eben sehen, dass über 60 % dieser Einbürgerungsbewerber einen muslimischen Hintergrund haben. Man muss auch sehen, dass laut einer jüngst veröffentlichten Studie 21 % der in Deutschland lebenden Muslime Koran und Grundgesetz für nicht miteinander vereinbar halten, worauf Kollege Mappus zu Recht hingewiesen hat. Und da muss man doch näher hinsehen.

Herr Kollege Kretschmann, jetzt konzediere ich Ihnen ja, dass man durch ein Gespräch, wie intelligent und sensibel man dies auch führt, nicht in den letzten Winkel eines Menschen und in dessen Gedanken hineinschauen kann.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Glücklicher- weise!)

Dies ist ja durchaus gut und richtig: Die Gedanken sind frei. Aber Sie hegen einen Generalverdacht gegen alle Einbürgerungsbewerber, wenn Sie sagen, jemand sei von vornherein entschlossen, all die Fragen nicht so zu beantworten, wie man es von ihm erwarten kann. Die Fragen werden auch nicht so gestellt, wie sie auf dem Papier stehen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ja, eben!)

Aber all diese Punkte sind längst bekannt. Ich muss darauf nicht noch einmal eingehen.

Ich will aber darauf hinweisen – Herr Kollege Palmer, einen kleinen Moment –, dass Sie diese Problemstellung in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens haben: Sie haben sie etwa bei der Zuverlässigkeitsprüfung im Waffenrecht und beim subjektiven Tatbestand in jedem Strafverfahren.

(Abg. Birzele SPD: Das ist aber etwas anderes! Es ist doch hanebüchen, das zu vergleichen!)

Die Problemstellung ist die gleiche. Kurt Tucholsky hat gesagt, es sei das Recht des Angeklagten, im Strafverfahren zu lügen, dass sich die Balken biegen. Das nehmen wir zur Kenntnis. Aber deswegen können wir doch nicht nach dem Motto verfahren: „Augen zu, Ohren umgeklappt und durch; jeder wird wie am Fahrkartenschalter mit Stempel und Unterschrift eingebürgert.“ Das kann es auch nicht sein. Nennen Sie uns bessere Vorschläge, Herr Kretschmann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Um nun auch noch den letzten Punkt Ihrer Argumentation abzuhaken – weil Sie auf die öffentliche Meinung und Wahrnehmung hingewiesen haben –: Hierzu könnte ich Ihnen bis heute Nachmittag 18 Uhr zitieren. Ich will mich auf wenige Dinge beschränken, aber die, auf die es mir wirklich ankommt, möchte ich erwähnen.

(Glocke des Präsidenten)

Sofort, Herr Kollege Palmer, ich habe Sie nicht vergessen. – In der „taz“ schreibt Necla Kelek, die uns in Fragen der Erstellung dieses Gesprächsleitfadens beraten hat:

Die in der deutschen Öffentlichkeit gepflegte Kultur des „Alarmismus“ nötigt mir einerseits immer wieder Bewunderung ab: Man ist sofort bereit, vermeintlich Schwachen, Bedrohten wortreich zur Seite zu stehen; andererseits bestürzt es mich, dass diese Solidaritätsbereitschaft oft mit Blindheit geschlagen ist – Blindheit für das, was an der eigenen Gesellschaft, der eigenen Verfassung verteidigenswert ist und im Zweifelsfalle auch verteidigt werden muss.

Und ich wundere mich, mit welchen Widersprüchen die jetzige Reaktion einhergehen kann: Da wird für die gleichgeschlechtliche Ehe gestritten und gekämpft, und dieselben Leute weigern sich, mit der gleichen Vehemenz für das gleichberechtigte Verhältnis zwischen Mann und Frau zu kämpfen – zumindest, wenn es dabei um Muslime geht.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: So ist es!)

Die Vermutung, dass Migranten ganz automatisch in der modernen Gesellschaft ankommen und alles an ihnen schützenswerte „Kultur“ ist, hat die Wirklichkeit längst brutal widerlegt.

Hören wir doch auf, Migranten und ihre andere Einstellung zu den Kernfragen der Demokratie unter Naturschutz zu stellen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Ich fühle mich von dem Zitat nicht betroffen!)

Meine Damen und Herren, es ist doch klar, dass bei allen erfolgreichen Bemühungen der Landesregierung im Bereich der Integration – der Herr Ministerpräsident hat dies im Einzelnen dargestellt – das Feld der Integration eine ständige Herausforderung für alle politisch Verantwortlichen bleibt.