Protokoll der Sitzung vom 02.02.2006

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

wie mit dem Wegfall der Wohnungsgebermeldepflicht noch die notwendige Übersichtlichkeit, die gerade der Anwalt aus dem praktizierenden Beruf heraus mit den Melderegistern immer verbindet, sichergestellt werden kann. Da ist von freiwilliger weiterer Datenüberlassung die Rede. Von der inhaltlichen Seite her wird es allerhöchste Zeit, dass auch im Land Baden-Württemberg der technische Fortschritt im Bereich des Meldewesens Einzug hält.

Wichtig ist auch der Hinweis, dass dies mit erheblichen Kosten verbunden ist. Denn die Mittel, die mit dem Übergang in die vernetzten Systeme für Hard- und Software aufgewendet werden müssen, sind keineswegs bei allen Gemeinden schon vorhanden. Mit der Einrichtung eines Portals werden auch Zugriffsmöglichkeiten geschaffen, die selbstverständlich Erleichterungen bringen.

Die erste Frage lautet allerdings: Warum dauert es vier Jahre, bis ein derart wichtiges und gutes Gesetz überhaupt ins Parlament kommt?

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Die zweite Frage ist – das Ergebnis der Anhörung zu dem Gesetzentwurf wird uns in der vorliegenden Drucksache auf nur zwei Seiten dargestellt; es kann also nicht jahrelang Abklärung betrieben worden sein –: Hat man die Anregungen, die vorgebracht worden sind, aufgegriffen?

Ich meine, die Frage der freiwilligen Überlassung der Daten aus der Wohnungsgebermeldepflicht sollte im Innenausschuss besprochen werden.

Von der Tendenz her ist der Gesetzentwurf überfällig. Wir stimmen ihm in seiner Grundlinie und seiner Ausgestaltung selbstverständlich zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Fauser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Gut Ding will Weile haben“, lieber Herr Junginger. Sie wissen ja, wie wichtig es ist, bereits im Vorfeld die datenschutzrechtlichen Belange abzuklären.

Meine Damen und Herren, Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den fortschreitenden Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien in der öffentlichen Verwaltung und deren zunehmende Nutzung in privaten Haushalten für den Bereich des Meldewesens nutzbar zu machen. Dies begrüßen wir alle nachdrücklich. Wir sind der Meinung, dass der Einsatz dieser Kommunikationstechnologien für die Bürger, aber auch für die im Verwaltungsbereich tätigen Institutionen in Zukunft einen entlastenden Effekt hat.

Meine Damen und Herren, die Verfahrensabläufe werden beschleunigt. Die Melderegister können durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien weiter aktualisiert werden.

Mittelfristig können sich aus diesen Maßnahmen Kosteneinsparungen für alle Beteiligten ergeben. Dies ist auch wichtig, damit wir das Privatschulgesetz entsprechend umsetzen können.

(Abg. Zeller SPD: Warum haben Sie so lange ge- braucht?)

Dem Datenschutz und der Datensicherheit werden wir Rechnung tragen. Die Authentizität der Kommunikationspartner muss unzweifelhaft feststehen.

Es ist sicherzustellen, dass die Meldedaten bei der elektronischen Übermittlung nicht Unbefugten zur Kenntnis gelangen. Die vertrauliche Übermittlung der Daten wird durch geeignete technische und organisatorische Verfahren, insbesondere durch Verschlüsselung, gewährleistet.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Haben Sie geprüft, dass das alles gewährleistet ist?)

Dass dies außerordentlich schwierig ist, wissen wir alle aus eigener Erfahrung mit dem Direktbanking. Damit ist dann aber garantiert, dass die Daten während der Übertragung nicht verändert werden.

Neben den Bestimmungen über den Ausbau elektronischer Dienste enthält der Gesetzentwurf auch Regelungen über den Wegfall bisheriger Meldepflichten. So entfallen etwa die bisherigen Abmeldeverpflichtungen bei innerdeutschen Wohnungsumzügen – das wurde gerade ausgeführt – sowie die selbstständige Wohnungsgebermeldepflicht.

Mit dem neuen Meldeportal kommen wir einer Aufforderung von Strafverfolgungsbehörden, Gerichten, der Finanzverwaltung und der Sozialämter nach. Die Behörden können künftig die benötigten aktuellen Anschriften bei einer einzigen Stelle im Land zentral erhalten. Hierin liegt ein erhebliches Rationalisierungspotenzial.

Die durchgeführte Anhörung hat das Gesetzesvorhaben im Wesentlichen bestätigt.

Meine Damen und Herren, wir werden nach den weiteren Beratungen dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Herr- mann CDU: Die FDP/DVP klatscht nicht!)

Das Wort erhält Herr Abg. Oelmayer.

(Abg. Rückert CDU: Oelmayer, zack, zack! – Abg. Blenke CDU: Die wievielte Rede ist es?)

Ich zähle nicht mehr mit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, zunächst steht außer Zweifel, dass der Landesgesetzgeber verpflichtet ist, die Neuerungen, die sich im Melderechtsrahmengesetz auf Bundesebene seit dem Jahr 1999 ergeben haben, in Landesrecht umzusetzen.

Es gibt trotzdem zwei Nachfragen, die wir gern auch noch einmal im Innenausschuss behandeln können. Man muss schon sagen: Der Kollege Junginger hat völlig Recht. Ich bin durchaus ein fleißiger Abgeordneter.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die 101. Rede heute!)

Ich bemühe mich, da ich durchaus in der Lage bin, Gesetze zu lesen,

(Abg. Herrmann CDU: Sehr gut!)

die Gesetzesvorlagen auch zu studieren.

(Abg. Sieber CDU: Was? Alle?)

Kollege Sieber, Sie sind da sehr gnädig. Ihre Gesetzesvorlagen sind, wenn überhaupt, sehr kurz.

Wenn man die 67 Seiten des vorliegenden Entwurfs einschließlich Begründungen durchstudieren will und dabei feststellt, wie Sie auch kundgetan haben, dass man schon eine Anhörung durchgeführt hat, auf die man sich beim Studium des Artikelgesetzes gegebenenfalls stützen könnte, dann aber feststellt, dass das Ergebnis dieser Anhörung auf zwei Seiten zusammengefasst ist und die aus meiner Sicht an dieser Stelle entscheidende Anhörung entweder gar nicht erfolgt ist oder ihr Ergebnis nicht beigefügt ist – ich hätte eigentlich erwartet, eine Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten zu bekommen, weil es an vielen Stellen des Gesetzes intensiv um Datenerfassung, Datenaustausch und Dateien geht –, dann ist das für jemanden, der der Legislative angehört und in der Kürze der Zeit über ein solches Gesetzesvorhaben entscheiden soll, schon enttäuschend. Wenn er das auf einer ordentlichen Grundlage tun soll, dann braucht er Informationen über die hinaus, die Sie im Gesetzentwurf geliefert haben.

Es ist schon die Frage, ob Sie den Datenschutzbeauftragten überhaupt angehört haben oder ob Sie sagen: „Das ist alles unbedenklich, dazu brauchen wir keinen Datenschutzbeauftragten.“ Wenn Sie ihn angehört haben, dann äußere ich zumindest die Bitte – dabei kann ich wohl auch für die sozialdemokratische Fraktion sprechen –, dass wir diese Stellungnahme erhalten. Wenn Sie sie noch nicht eingeholt haben, dann sollten Sie das noch heute in die Wege leiten. Denn mehr datenschutzrechtliche Maßnahmen, als von diesem Gesetzesvorhaben betroffen sind, stehen im Landtag selten zur Diskussion.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Junginger SPD)

Insofern bin ich der Auffassung, dass wir mit dem Gesetz vielleicht Entbürokratisierung erreichen wollen; allein mir fehlt der Glaube. Nach den wenigen Paragrafen, die ich in der Kürze der Zeit studieren konnte, muss ich sagen: Es mag zwar sein, dass durch den Wegfall der Wohnungsgebermeldepflicht eine gewisse Entbürokratisierung eintritt. Aber für die Menschen, die dieses Gesetz schließlich in den Meldebehörden auszuführen haben, die sich da einarbeiten müssen, und auch für die Bürgerinnen und Bürger, für die dieses Gesetz ja gilt, sehe ich den Entbürokratisierungseffekt noch nicht.

Allein durch die Virtualität, die Sie durch dieses Gesetz ermöglichen werden – mit Meldeportal und anderem –, ist meines Erachtens noch nicht gewährleistet, dass automatisch Entbürokratisierung eintritt. Man kann Gesetze lesen, auch Landesgesetze. Wenn ich mir die Paragrafen nachher im Dürig vorstelle, die eine oder eineinhalb Seiten umfassen, muss ich sagen: Da kann von Entbürokratisierung, von Verständlichkeit und Transparenz für die Menschen im Land keine Rede sein.

(Beifall des Abg. Dr. Witzel GRÜNE und bei Ab- geordneten der SPD)

Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen. Es wird auch um die Umsetzung in den Gemeinden gehen. Das Land als solches führt ja keine Meldepflichten aus, sondern das wird vor Ort geschehen, wie es bisher auch der Fall ist. Da geht man wohl davon aus, dass die flächendeckende Virtualisierung, sprich die Ausstattung mit EDV-Technik, so weit vorangeschritten ist, dass die Gemeinden im Land auch in der Lage sind, das Gesetz bis zum 1. Januar 2007 umzusetzen. Bei der Darstellung des Anhörungsergebnisses habe ich dazu von Ihnen zwar eine kleine Erklärung bekommen: Dies sei bundesgesetzlich festgelegt, da habe man gar keinen Spielraum. Dann müssen Sie aber dazusagen, wie Sie die Gemeinden dazu in die Lage versetzen wollen, das Ganze ab 1. Januar 2007 auf der von Ihnen vorgesehenen gesetzlichen Grundlage zu realisieren.

Insofern bleibt noch Diskussionsbedarf für den Innenausschuss. Wir werden sagen: Von der formalrechtlichen Seite her wird es kaum Möglichkeiten geben, das Gesetz abzulehnen.

Ich möchte gern noch eine abschließende Bitte äußern, weil das ja nicht die erste Wahlperiode ist, die ich bis zum Schluss begleite. Ich hatte schon eine solche Wahlperiode. Für die Abgeordneten, für die Legislative ist es einfach schwierig, sich mit Gesetzentwürfen, für deren Erstellung Jahre benötigt werden und die dann kurz vor Schluss der Wahlperiode in einem Umfang von 67 Seiten vorgelegt werden, auseinander zu setzen. Das war sicher eine Fleißaufgabe. Das will ich an dieser Stelle auch noch bemerken. Ich hätte dieses Gesetz als einfacher Jurist so nicht gern erarbeiten wollen. Aber Sie haben das offensichtlich geschafft.

(Unruhe)

Ja, das muss man einfach anerkennen.

Mein Appell wäre, solche Gesetzesvorhaben künftig rechtzeitig vorzulegen, damit auch die Legislative die Möglichkeit hat, sich qualifiziert damit auseinander zu setzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Schebesta CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs. Vorgeschlagen wird die Überweisung an den Innenausschuss. – Sie stimmen zu.

Damit ist Tagesordnungspunkt 10 erledigt.