Protokoll der Sitzung vom 21.02.2006

Meine Damen und Herren, deswegen muss ich Ihnen einfach vom Verlauf her für unsere Fraktion heute sagen, dass wir dem Gesetzesvorhaben nicht zustimmen können, schon allein aufgrund der Zeitfolge, aber auch aufgrund der Einwendungen, die der Datenschutzbeauftragte – aus unserer Sicht zu Recht – erhoben hat und die hier nicht berücksichtigt sind. Auch deswegen sind wir der Auffassung, dass ein solches Gesetzesvorhaben in der Kürze der Zeit unsere Zustimmung nicht finden kann.

Ein weiterer Punkt – Kollege Scheuermann hat es schon angesprochen – ist das Thema Konnexitätsprinzip. Man kann

es ja immer abstrakt diskutieren; das ist keine Frage. Aber am besten lässt es sich immer am konkreten Einzelfall diskutieren, und einen solchen konkreten Einzelfall haben wir hier vorliegen.

Kollege Scheuermann, es freut mich schon, dass Sie eingeräumt haben, dass man sich über dieses Thema zumindest streiten kann. Es ist ja schon erfreulich, das von einer Regierungsfraktion zu hören. Ich darf Ihnen einmal präzisieren, was dies für die Kommunen unter Umständen bedeutet: Es bedeutet erstens mehr Hard- und Software. Das wiederum bedeutet auch mehr Aufwand für Mitarbeiterschulungen, weil die Mitarbeiter ja nicht automatisch damit umgehen können. Vielleicht können das die Beamten und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst automatisch; die Menschen, die ich kenne, können das nicht automatisch. Das heißt, es wird mehr Aufwand für Schulungen zur Einarbeitung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in die neue Hardund Software entstehen.

Hinzu kommt, dass natürlich auch die datenschutzrechtliche Problematik, Kollege Scheuermann, nicht so in den Griff zu bekommen ist, dass man dann die für das Meldeverfahren vorgesehene Hard- und Software grenzenlos für alle anderen Aufgaben der Verwaltung einsetzen kann. Das halte ich datenschutzrechtlich schon für sehr problematisch. Zudem wird damit dem Konnexitätsprinzip – „wer bestellt, der bezahlt“; so ist es einfacher formuliert – in keiner Weise Rechnung getragen. Man verweist nur im Vorblatt des Gesetzentwurfs unter „D. Kosten für die öffentlichen Haushalte“ darauf, es entstehe Amortisation durch die Anschaffung neuer Hard- und Software. Das halte ich für nicht schlüssig. Das ist ein weiterer Grund, warum wir der Auffassung sind, dass das Gesetzesvorhaben abzulehnen ist.

Insofern wäre es natürlich – das ist die eigentliche Rüge an die Regierung – adäquat gewesen, uns die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände und auch des Datenschutzbeauftragten rechtzeitig vorzulegen – nicht erst auf mehrfache Anforderung und ein oder zwei Tage vor Verabschiedung des Gesetzes. Auch deswegen können wir dem Vorhaben nicht zustimmen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Oelmayer, um dies gleich einzuräumen: Die zugesagte Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten ist in der Tat ein bisschen spät zugegangen – aber nicht zu spät. Aber halten Sie sich bitte nicht so sehr an Formalien auf.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist keine Formalie! Da wird es materiell!)

Ja, ich nehme dies auch ernst. Aber schauen Sie sich einmal an, wie viele Anregungen des Datenschutzbeauftragten wir tatsächlich übernommen haben. Dafür sollten Sie auch einmal einen Blick haben.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: 7 von 17!)

Ja, das ist eine nicht zu geringe Quote.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Für das Innenministeri- um viel!)

Zum Konnexitätsprinzip: Die Anschaffung der Software ist für die Gemeinden die Umsetzung von zwingendem Bundesrecht. Das können Sie uns nicht anlasten. Wenn die Software schließlich da ist und funktioniert, ergeben sich auch erhebliche Einsparungen. Das ist überhaupt keine Frage.

Zusammenfassend: Mit diesem Gesetzentwurf modernisieren wir das Meldegesetz und ermöglichen einen deutlichen Fortschritt bei der Nutzung elektronischer Dienste im Meldewesen. Im Wesentlichen werden die rahmengesetzlichen Änderungen des Bundes landesgesetzlich nachvollzogen.

Ein effizient arbeitendes Meldewesen – ich glaube, darüber sind wir uns einig – ist sowohl aus Gründen der inneren Sicherheit als auch als Dienstleistung für die Erfüllung einer sehr großen Zahl weiterer öffentlicher Aufgaben unentbehrlich. Viele Behörden und öffentliche Dienste sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf schnell verfügbare Meldedaten angewiesen. Das Spektrum reicht von der Polizei über Gerichte, Finanzämter, Kfz-Zulassungsstellen, Abfallbehörden, Sozialämter und Sozialversicherungsträger bis hin zu den Kirchen. Aber natürlich verlassen sich auch Privatpersonen und Unternehmen zunehmend darauf, dass die Melderegister der Gemeinden ihnen aktuelle Informationen über Einwohner bereitstellen. Es geht dabei ja beispielsweise nicht zuletzt auch um aktuelle Adressdaten von säumigen Schuldnern.

Die Melderegister in Baden-Württemberg werden ja schon seit Jahren EDV-gestützt geführt. Einige Geschäftsvorfälle im Meldewesen werden elektronisch erledigt. Jetzt haben wir die Möglichkeit, die Vorteile von E-Government noch weit mehr als bisher zu nutzen.

Für viele Bürgerinnen und Bürger ist es mittlerweile ja selbstverständlich geworden, ihre täglichen Arbeiten über den heimischen Computer abzuwickeln oder, wie in meinem Fall, abwickeln zu lassen, was dann – jedenfalls wenn es meine Töchter machen – nicht billiger wird.

(Heiterkeit)

Die Bürger erwarten in Zeiten einer flächendeckenden elektronischen Vernetzung der Rathäuser, dass sie sich aus Anlass eines Wohnungsumzugs nicht mehr zuerst bei der Wohnortgemeinde abmelden müssen, bevor sie sich am neuen Wohnort anmelden dürfen. Sie erwarten, dass die beteiligten Gemeinden die Daten elektronisch austauschen. Erwartet wird auch, dass die begehrten Melderegisterauskünfte über Anschriften und Namen von Einwohnern schnellstmöglich, am besten sofort, über das Internet erteilt werden oder dass die elektronische An- und Abmeldung ermöglicht wird.

Für Behörden und öffentliche Stellen ist es aus vielen Gründen nicht mehr hinnehmbar, dass die zur Aufgabenerfüllung immer wieder dringend benötigten Daten aus den Melderegistern teilweise erst mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen – per Briefpost beispielsweise – kommen.

Der Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dass Meldebehörden, sonstige Behörden, Bürger und Unternehmen alle wesentli

(Minister Rech)

chen Geschäftsvorfälle künftig schnell, bürgerfreundlich und datenschutzrechtlich korrekt – dies muss ich ausdrücklich betonen –

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das sieht man im Daten- schutzbericht, Herr Innenminister!)

abwickeln können. Die Meldeverfahren sollen erleichtert, Datenübermittlungen der Meldebehörden beschleunigt und Auskunftsverfahren vereinfacht werden. Die Aktualität der Melderegister und damit auch ihre Qualität werden durch diese Maßnahmen verbessert. Von diesen Maßnahmen profitieren letztlich eigentlich alle.

Da die Gemeinden das Meldegesetz ausführen müssen, war es uns von Anfang an wichtig – ich bin dem Kollegen Scheuermann dankbar, dass er darauf hingewiesen hat –, sie so früh wie möglich in die Planungen einzubeziehen. Das Innenministerium, Herr Kollege Scheuermann, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, hat deshalb schon zu Beginn des Jahres 2004 eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Kommunen und der beteiligten Landesbehörden gebildet – unter Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz. Der Gesetzentwurf berücksichtigt auch die Empfehlungen, die auf Bund-Länder-Ebene zur Gewährleistung der erforderlichen Ländereinheitlichkeit bereits erarbeitet worden sind.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf wurde am 8. Februar 2006 im Innenausschuss behandelt. Dabei wurde breite Zustimmung signalisiert. Alle haben zu erkennen gegeben, dass sie das Gesetzesvorhaben für wichtig und dringlich erachten. Ich bitte Sie deshalb darum, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen. Helfen Sie mit, dass unser Meldewesen auch künftig eines der modernsten seiner Art in Deutschland ist.

Ich bedanke mich für die Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 13/5144. Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Meldegesetzes

Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei drei Enthaltungen so beschlossen.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Gegenstimmen!)

Bei drei Gegenstimmen so beschlossen.

Artikel 2

Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei drei Gegenstimmen so beschlossen.

Ich rufe auf

Artikel 3

Änderung des Landeskatastrophenschutzgesetzes

Wer Artikel 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei vier Gegenstimmen so beschlossen.

(Abg. Stickelberger SPD: Das werden ja immer mehr! – Abg. Fischer SPD: Wechselnde Mehrhei- ten!)

Die Gegenstimmen mehren sich.

Ich rufe auf

Artikel 4

Schlussvorschriften