Wer Artikel 4 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei vier Gegenstimmen so beschlossen.
lautet: „Gesetz zur Änderung des Meldegesetzes und anderer Gesetze“. – Sie stimmen der Überschrift zu.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke. Gegenprobe! – Danke. Enthaltungen? – Dem Gesetz wurde mit großer Mehrheit zugestimmt.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg vom 1. Dezember 2005 – Sechsundzwanzigster Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in BadenWürttemberg – Drucksachen 13/4910, 13/5165
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz – das will ich Ihnen mitteilen –, Herr Peter Zimmermann, ist heute wegen Krankheit entschuldigt. Er wird vertreten durch seinen Vertreter im Amt, Herrn Ministerialrat Jörg Klingbeil.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Datenschutzbericht, der erfreulicherweise die bisher geringste Zahl an Beanstandungen enthält. Damit zeigt der Bericht, welche hohe Wertigkeit der Datenschutz in unserer öffentlichen Verwaltung hat.
Es sind gerechtfertigte Beanstandungen enthalten. Wir sind dem Innenministerium für seine Stellungnahme dankbar, dass bestimmte Punkte schon aufgegriffen wurden, zum Beispiel die Kritik im Bereich der Speicherung von Daten bei der Polizei zu so genannter „politisch motivierter Kriminalität“, wo tatsächlich Daten erhalten waren, die nachweisbar zu lang gespeichert waren, oder von Menschen, die keine politisch motivierten Kriminalitätstaten befürchten ließen. Daher ist es vernünftig, dass wir den Datenschutz haben und dass berechtigte Kritik auch aufgegriffen wird.
Auf der anderen Seite beschäftigt sich der Datenschutzbeauftragte mit verschiedenen Gesetzen, auch des Bundes, zum Beispiel mit dem Thema DNA-Analyse oder mit den neuen Befugnissen im Bereich des Verfassungsschutzes. Hier ist eben klar zu sagen, auch vonseiten der CDU-Landtagsfraktion, dass wir natürlich eine politische Bewertung abgeben und insbesondere auch die verschiedenen Rechte gegeneinander abwägen. Hier muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zum Beispiel mit der Strafverfolgung abgewogen werden. Wir als CDU-Landtagsfraktion glauben, dass das Thema DNA-Analyse auch als ein wichtiges Element im Bereich der erkennungsdienstlichen Ermittlungen eher gestärkt werden sollte.
Diese politischen Abwägungen müssen also trotz des Datenschutzes getroffen werden. Wir haben das auch bei den zwei vorhergehenden Tagesordnungspunkten gesehen, also beim Meldegesetz und beim Thema Krebsregister. Auch hier hat eine Abwägung stattzufinden. Beim Krebsregister sind auf der einen Seite die Möglichkeiten zu sehen, die sich daraus ergeben, entsprechende Daten über Therapie und Diagnose zu gewinnen, auf der anderen Seite ist das Bedürfnis auf Schutz der Patientendaten zu beachten, die nicht in falsche Hände kommen dürfen. Ich glaube, dass dieser Abwägungsprozess sehr verantwortungsvoll durchgeführt wird.
Einen Punkt möchte ich noch herausheben, bei dem ich glaube, dass der Datenschutz eine ganz wichtige Rolle spielen wird – auch ein medizinisches Thema –: die elektronische Gesundheitskarte. Wir haben ja in Baden-Württemberg mit Heilbronn eine Region ausgewählt, die eine Testphase für die elektronische Gesundheitskarte durchführt. Wir glauben, dass darin auch große Chancen liegen, medizinische Daten von niedergelassenen Ärzten, von Kliniken, von Krankenkassen und anderen Beteiligten im Gesundheitswesen miteinander zu verknüpfen und auch Doppelund Mehrfachuntersuchungen zu verhindern. Auf der ande
ren Seite aber steht bei einem so groß angelegten Projekt natürlich der Schutz der Patientendaten im Vordergrund. Ich finde es gut, dass sich der Landesdatenschutzbeauftragte in die Diskussion eingeklinkt hat und diesen Prozess auch vor Ort begleiten wird, wie insgesamt festzustellen ist, dass wir zu vernünftigen Ergebnissen kommen, je früher der Datenschutz in die Gesetzgebungsverfahren oder in die Umsetzung verschiedener Projekte mit eingebunden wird.
Als Letztes zu der angesprochenen Forderung, die schon seit Jahren wiederholt wird: Zusammenlegung des privaten und des öffentlichen Bereichs. Diese Forderung wurde jetzt auch in der Begründung noch einmal dadurch unterstützt, dass die EU-Kommission ein Beanstandungsverfahren beim Bund und bei den Bundesländern eingeleitet hat. Wir glauben, dass bei uns nach dem Grundgesetz und nach dem Subsidiaritätsprinzip, sprich der Organisationshoheit der Länder, über die entsprechenden Verwaltungsorganisationen vor Ort entschieden werden muss. Das ist in unserem Grundgesetz so verankert, und die Bundesregierung und die 16 Bundesländer haben ja die Kritik auch entsprechend zurückgewiesen.
Daher können wir vonseiten der CDU-Landtagsfraktion dieser Forderung nicht nachkommen und glauben auch, das begründen zu können.
Wir bedanken uns abschließend sehr herzlich bei dem Landesdatenschutzbeauftragten und beim Innenministerium für die gute Bewertung des Berichts.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sechsundzwanzigste Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg enthält meiner Ansicht nach aus folgendem Grund sehr wenige Beanstandungen: Wenn man den Bericht aufmerksam liest und sieht, mit welcher Detailgenauigkeit hier einzelnen Problemen nachgegangen wird, stellt sich natürlich die Frage, ob der Landesbeauftragte mit seinen 15 Bediensteten überhaupt noch in der Lage ist, die Stichprobenkontrollen durchzuführen, wie er es für die früheren Datenschutzberichte des Öfteren getan hat.
Dies ist heute meine fünfte Rede zu einem Datenschutzbericht. Ich habe mir die alten Reden alle einmal angesehen. Die Komplexität der Aufgabe des Datenschutzbeauftragten nimmt zu. Ich möchte auch gar nicht alles schlechtreden, was den Datenschutz in Baden-Württemberg angeht, auch wenn das Kapitel über die Arbeitsdatei „Politisch motivierte Kriminalität“ natürlich schon dem Fass den Boden heraushaut. Dabei stellt man fest, dass ohne jegliche Sicherung, ohne jegliche Dokumentation der Daten wahllos Daten gesammelt wurden. Das ist ja nicht nur eine Frage des Datenschutzes, sondern auf der anderen Seite ist auch die Frage zu stellen: Was ist eine solche Datei denn überhaupt noch wert, wenn darin willenlos und wahllos Daten gespeichert werden?
Der Datenschutzbeauftragte bemängelt in vielen Bereichen, dass man ihn zu spät kontaktiere. Er lobt, dass man ihn kontaktiere und dass man ihn bei Gesetzesvorhaben sehr oft hinzuziehe, bemängelt aber die sehr kurze Vorlaufzeit. Wir sollten auch anerkennen, dass der Datenschutzbeauftragte bei der Komplexität der Materie den notwendigen Zeitvorlauf braucht. Dann, denke ich, sind solche Geschichten, wie wir sie beim Tagesordnungspunkt 9 mit dem Melderegister hatten, auch zu vermeiden.
Die von ihm aufgestellte Forderung, in Gesetzesvorhaben öfter eine Revisionsklausel einzubauen, befürworten wir eindeutig, weil die Praxis dann schließlich zeigt, ob die erhobene Datenmenge tatsächlich zu der beschriebenen Aufgabe passt.
Ein Aspekt, der aus dem Datenschutzbericht hervorgeht, ist in dem Kapitel über die Krankenkassen zu finden. Es geht darum, dass aufgrund eines Verstoßes gegen den Datenschutz einer Frau gekündigt wurde. Hinterher wurde der Datenschutzverstoß gerügt. So etwas wird in Zukunft bei der angewiesenen Dienststelle nicht mehr vorkommen. Aber der Frau wurde gekündigt. Dies macht ein noch größeres Manko im Datenschutz deutlich, nämlich dass wir im Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes über keinerlei Rechte und Vorkehrungen verfügen.
Wenn man den Datenschutzbericht liest – er ist ja nicht nur eine Aufzählung von Einzelereignissen –, muss man auch politische Schlüsse daraus ziehen. Wenn der Datenschutzbeauftragte ausführt, wie sich die EDV-Landschaft verändert hat, und wenn man feststellt, wie sich auch die Aufgabenstellung innerhalb der Behörden verändert – dass wir immer mehr Zusammenlegungen von Behörden haben –, wenn es im Bereich der Finanzämter jetzt möglich ist, bundesweit Daten aufzurufen,
wenn es immer öfter dazu kommt, dass öffentliche und nicht öffentliche Stellen zusammenarbeiten, wenn Teile von öffentlichen Aufgaben privatisiert werden – egal, wie man das jetzt politisch bewertet –, dann sieht man halt doch, dass unsere Forderung, den öffentlichen und den nicht öffentlichen Bereich zusammenzulegen, durchaus berechtigt ist, auch was Effizienz und Effektivität angeht.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass die Technologie, die im nicht öffentlichen Bereich Verbreitung findet – das heißt in der privaten Wirtschaft, bei Unternehmen –, auch die Technologie ist, die wir über die Ökonomisierung oder über die neue Steuerung über kurz oder lang auch in unseren Landesbehörden einführen werden oder einführen würden, sodass darin ein erhebliches Effizienz- und Effektivitätspotenzial liegt.
Abschließend möchte ich sagen, auch wenn das klingt wie bei Cato dem Älteren vom Römischen Senat: Wir von der SPD-Landtagsfraktion sind für die Zusammenlegung des öffentlichen und des nicht öffentlichen Bereichs des Datenschutzes. Wir sind dafür, den Datenschutz beim Landtag anzusiedeln, und wir sind auch dafür, ihn personell besser auszustatten. Das alles sind Forderungen, die wir jedes Jahr stellen. Das alles sind Forderungen, die bei den Regierungsfraktionen auf keinen fruchtbaren Boden fallen. Aber es
gibt ja noch einen Souverän im Land, und steter Tropfen höhlt den Stein. Ich bin frohen Mutes, dass ich es hier noch erleben werde, dass das Land Baden-Württemberg mit einer anderen Regierung einen zeitgemäßen Datenschutz bekommt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, um im Namen der FDP/DVP-Landtagsfraktion dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Zimmermann, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die im letzten Berichtszeitraum geleistete Arbeit zu danken. Sie alle zusammen haben, wie wir meinen, eine hervorragende Arbeit geleistet, und das auch noch bei der bekannt engen Personaldecke in der Behörde.
Meine Damen und Herren, die FDP/DVP unterstützt die Kritik des Landesbeauftragten für den Datenschutz am so genannten Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit. Der Sechsundzwanzigste Tätigkeitsbericht weist klar auf die noch immer gravierenden datenschutzrechtlichen Bedenken hin. Das Bankgeheimnis existiert praktisch nicht mehr, da es vielen Behörden möglich ist, Kontendaten abzufragen. Die Konsequenzen werden von Bankenverbänden derzeit geschildert: Seit Inkrafttreten des Gesetzes verzeichnen sie eine verstärkte Kapitalflucht aus Deutschland. Die Kontenabfragen zeigen damit eine fatale Wirkung. Die Folgen des faktisch abgeschafften Bankgeheimnisses sind gravierend. Nach Angaben der Deutschen Steuer-Gewerkschaft wurden keine spektakulären Fälle von Steuerhinterziehung mithilfe der Kontenabfrage aufgedeckt.
Der Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern stellt demgegenüber aber fest, dass die Kapitalflucht quer durch alle sozialen Schichten geht und ein erschreckendes Ausmaß angenommen hat. Nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ beklagt der Sparkassenverband für Bayern einen Kapitalabfluss im dreistelligen Millionenbereich.
Der Genossenschaftsverband Bayern registrierte seit Jahresanfang 2005 einen Finanzabfluss ins benachbarte Ausland in Höhe von etwa 350 Millionen € bei allein 140 Volks- und Raiffeisenbanken.
Die Bundesregierung ist noch immer nicht der Forderung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz sowie sämtlicher Datenschutzbeauftragter der Länder nachgekommen, das Gesetz zu überarbeiten. Zwar gibt es einen „Erlass zur behördlichen Selbstbeschränkung“ bei der Abfrage von Kontendaten, doch müssen die aus verfassungsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Sicht gebotenen Regelungen klar und deutlich im Gesetz selbst verankert werden.