Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

Es gilt die übliche Redezeit: je fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und je fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drautz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Tourismus kommt in Baden-Württemberg eine wirtschafts-, arbeitsmarkt- und strukturpolitische Bedeutung zu. Die Tourismusbranche schafft in BadenWürttemberg 200 000 Arbeitsplätze, gerade auch im Bereich der Geringqualifizierten.

(Unruhe)

Die Tourismusbranche bildet in erheblichem Umfang aus. Das Besondere an diesen Arbeits- und Ausbildungsplätzen ist, dass sie standortgebunden sind. Die Arbeitsplätze im Tourismus in Baden-Württemberg kann man nicht nach China verlagern.

(Große Unruhe)

Auch aus diesem Grunde ist es uns ein besonderes Anliegen, für die Tourismuswirtschaft in Baden-Württemberg optimale Bedingungen zu schaffen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nur so kann sich der Tourismus im Interesse des ganzen Landes optimal entfalten.

(Anhaltende Unruhe)

Baden-Württemberg ist das Bäder-, Kultur- und Kulinaristikland Nummer 1 in Deutschland. Nicht ohne Grund findet die internationale Fachmesse für Gastronomie, Hotellerie und Konditorei, die INTERGASTRA, bei uns in Stuttgart statt. Bei dieser derzeit laufenden Messe werden 700 Aussteller aus 17 Ländern neue Impulse setzen. Es freut mich natürlich auch, dass der Vorstand des DEHOGA bei dieser Debatte zahlreich vertreten ist.

(Anhaltende Unruhe)

Der Tourismus in Baden-Württemberg hat seine seit Herbst 2004 zu verzeichnende positive Tendenz im letzten Jahr fortgesetzt. Das aktuelle Geschäftsjahr hat mit einem schnee- und sonnenreichen Winter gut begonnen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Geregnet hat es auch!)

Auch die Prognose für den Rest des laufenden Geschäftsjahrs ist ausgezeichnet, wenn die Vogelgrippe nicht doch noch einen Strich durch die Urlaubsplanungen macht.

Die Tourismusbranche in Baden-Württemberg gehört zu den Wachstumsbranchen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Sehr richtig! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Eben! Das wird viel zu wenig wahrgenommen!)

Wir sollten alles tun, um dieses Wachstum weiter zu stärken.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig! – Gegenruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Nur, wie macht man es? – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Vor al- lem: Wie macht man es nicht?)

In ca. 100 Tagen beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Viele deutsche und ausländische Touristen werden in Baden-Württemberg erwartet. Ein Milliardenpublikum wird die Spiele am Fernsehschirm verfolgen. Zwischen dem 9. Juni und dem 9. Juli dieses Jahres werden im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion vier Gruppenspiele, ein Achtelfinale sowie das „kleine Finale“, das Spiel um den dritten Platz, stattfinden.

Die Unterbringung der WM-Teams, zum Beispiel des Teams aus Holland in Hinterzarten

(Beifall der Abg. Gustav-Adolf Haas SPD und Dr. Witzel GRÜNE)

und des Teams aus England auf der Bühlerhöhe, wird für einen zusätzlichen Fanansturm für das Tourismusland Baden-Württemberg sorgen.

(Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Sehr gut!)

Die Welt wird sich in Baden-Württemberg präsentieren, und Baden-Württemberg wird sich der Welt präsentieren. Wir sollten alles tun, um Baden-Württemberg als weltoffenes, gastfreundliches Land darzustellen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Dr. Witzel GRÜNE – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Mit Nachdruck hat sich die FDP/DVP deshalb dafür stark gemacht, die Sperrzeiten für die Gastronomie in BadenWürttemberg auf eine Putzstunde von fünf bis sechs Uhr frühmorgens zu beschränken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Fast alle anderen Bundesländer sind diesen Schritt bereits gegangen,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja, richtig!)

unter ihnen auch das konservative Bayern. Gott sei Dank sind wir jetzt auch so weit. Negative Konsequenzen, wie sie zum Teil befürchtet wurden und werden, sind mir aus diesen Bundesländern nicht bekannt. Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft wird nun auch in Baden-Württemberg eine liberalere Regelung erprobt. Wir hoffen, dass man sich nach der Fußballweltmeisterschaft darauf einigen wird, dieses Stückchen Freiheit in Baden-Württemberg voll beizubehalten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich werde in der zweiten Runde mit meinen Vorstellungen fortfahren.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Hoffmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass es der Tourismus in fünf Jahren endlich geschafft hat, einmal auf Punkt 2 der Tagesordnung einer Plenarsitzung des Landtags zu kommen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Jawohl!)

Die touristischen Ziele haben wir bisher immer nachmittags besprochen. Das ist ein großer Fehler, denn die touristischen Zahlen sprechen für sich. Kollege Drautz hat schon einige erwähnt. Ich möchte hierzu einige Zahlen ergänzen.

Wir setzen in Baden-Württemberg in der Tourismusbranche 7 Milliarden € im Jahr um. Davon entfallen knapp 3 Milliarden € allein auf die Heilbäder. Und was viele nicht wissen: Wir haben in Baden-Württemberg im Jahr 5,2 Millionen Übernachtungen von Gästen bei Freunden und Verwandten, Übernachtungen, die nicht in die öffentlichen Statistiken eingeflossen sind. Das geht aus einem neuen Gutachten des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr e. V. hervor. Jeder Tagestourist lässt immerhin auch 21 € in unserem Land. Ich glaube, dass das eine beachtliche Zahl ist. Wenn man von einem Gesamtumsatz von 7 Milliarden € ausgeht, muss man sagen, dass es kaum eine andere Branche gibt, die seit Jahren kontinuierlich solche Zahlen schreibt.

Die Tourismusbranche kann sich sehen lassen. Sie ist aber auch eine Branche, mit der man sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen kann, mit der Staat zu machen ist. Ich will ein Beispiel nennen: 57 Michelin-Sterne für gute Gastronomie schweben am kulinarischen Himmel unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das ist eine Auszeichnung, die man gar nicht hoch genug bewerten kann.

Baden-Württemberg verdankt sein positives Image neben der Imagekampagne auch der Mund-zu-Mund-Werbung von Menschen, die unser Land in ihrem Urlaub kennen gelernt haben. Ich will an dieser Stelle den Verantwortlichen ganz herzlich danken: dem DEHOGA, aber auch unserer Tourismus-Marketing GmbH Baden-Württemberg, die seit vielen Jahren jedes Jahr neu die Herausforderungen des Tourismus annehmen.

(Beifall der Abg. Hillebrand CDU und Hofer FDP/ DVP)

Trotz aller genannten Daten ist es eine Tatsache, dass wir im baden-württembergischen Tourismus auch Probleme ha

ben, über die wir reden müssen, die uns zu schaffen machen und die wir lösen müssen. Ich will einige Punkte nennen.

Erstens: Unser Inlandstourismus konkurriert in der Hauptsaison mit Tourismuszielen am Mittelmeer, mit der Türkei, mit den Kanaren und mit Spanien.

Unser zweites Problem: Unsere Gäste werden älter. Wir haben erhebliche Probleme, jüngere Gäste und Familien, also die Touristen von morgen, an uns zu binden.

Drittens: Die Kaufzurückhaltung der letzten Jahre – auch bedingt durch 5 Millionen arbeitslose Menschen – hat dazu geführt, dass auch die Tourismusbranche in Baden-Württemberg gelitten hat. Man geht weniger oft in Urlaub, und wenn man in Urlaub geht, gibt man in dieser Zeit weniger Geld aus.

Viertens: Unsere Heilbäder – ein ganz besonders wichtiger Teil für Baden-Württemberg, das Bäderland Nummer 1 – spüren einen deutlichen Rückgang bei den Reha-Angeboten für Arbeitnehmer. Das ist nicht nur auf die Arbeitnehmer selbst, sondern auch auf den notorischen Geldmangel in der Sozialversicherung zurückzuführen. Hier wird an der falschen Stelle gespart. Eine verschobene Reha-Maßnahme kostet nachher nicht nur mehr Geld, sondern wir leisten damit auch den Erkrankten einen sehr schlechten Dienst. Wir sollten alles daransetzen, auch die Leistungsverweigerung – ich will dieses Wort in den Mund nehmen – einzelner Leistungsträger zu beseitigen und Rehabilitationsmaßnahmen wieder anzukurbeln.