Die Datenlage ist sehr schmal. Das heißt, eine wirkliche Signifikanz kann daraus nicht geschlossen werden. Das sollten Sie vielleicht dazusagen.
Das Zweite ist der Drogenbericht der Bundesregierung. Dort wird festgestellt, dass die Zahl der Drogentoten dort geringer ist, wo genügend niedrigschwellige Angebote bestehen und wo unter anderem auch Konsumräume vorhanden sind. Die Kausalität allerdings zwischen den Konsumräumen einerseits und den Drogentoten andererseits ist so klar nicht bewiesen.
Ob man sie so wie in der Stellungnahme einfach als empirische Feststellung abtun darf, das ist eine ganz andere Sache.
Was dann aber kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ist nichts anderes als die alte Leier: The same procedure as every year. Sie erfragen Dinge, deren Antwort Sie bereits kennen; Sie fordern Dinge, von denen Sie wissen, dass sie der Fachminister nicht unterschreibt, auch wenn Sie ihn siebenmal darauf hinprügeln, und Sie zitieren uns, obwohl Sie wissen, dass die Koalitionsvereinbarung uns die Hände bindet. Was solls also?
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was verlautbaren Sie dann ständig in der Zeitung? Das passt doch nicht zusammen!)
Was wollen Sie denn von uns? Sie kennen doch unsere Meinung, und teilweise ist sie doch identisch mit dem, was Sie fordern.
(Demonstrativer Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Beifall von uns!)
Sie dürfen mir glauben: Ich würde manchmal teilweise gern andersherum argumentieren. Herr Lasotta, wir sollten uns – hier können wir es nicht – einmal privatissime über diese Sachen unterhalten.
Sie wollen nichts anderes, als dass wir zwei-, dreimal im Jahr verquere Winkelzüge machen – Pirouetten, wie Sie es nennen –, um uns aus der Sache herauszuwinden. Sie kennen unsere Koalitionsvereinbarung.
Jetzt mal ganz ehrlich: Wie soll ich denn anders argumentieren? Sachlich wissen Sie doch, wo ich stehe. Diese Koalitionsvereinbarung ist eine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit von CDU und FDP/DVP und auch eine gute Grundlage für die Drogenpolitik, und selbst zur Überlebenshilfe enthält die Koalitionsvereinbarung wirklich sehr gute Vorhaben. Das wird aber immer ins Perverse gezogen, wenn man Drogenpolitik nur auf zwei Teilgebiete fokussiert, nämlich Fixerräume und kontrollierte Heroinvergabe.
Ja, gut, „völliger Quatsch“. Das ist Ihre Meinung. Herzlich gern. Sehr charmant ausgesprochen zumindest.
Wir fordern dies, wir wollen dies, aber Sie wissen ganz genau, dass wir das nach der Koalitionsvereinbarung im Augenblick nicht können, und jetzt gegen die CDU zu stimmen – das wissen Sie doch ganz genau – wäre die Aufkündigung der Koalition.
Das ist doch scheinheilig, wenn Sie sagen, wir sollten jetzt nur einmal schnell mit der Opposition stimmen. Das ist doch keine Frage.
Jetzt will ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, noch etwas sagen. Wenn es Ihnen wirklich um die Weiterentwicklung der Drogenpolitik geht, wenn das wirklich die Intention ist, dann sollten sie nicht jedes Vierteloder halbe Jahr immer wieder das Gleiche tun und uns provozieren, sondern dann sollten Sie auch einmal unserem Koalitionspartner die Muße und die Gelegenheit geben, seine eigene Meinung in Ruhe fortzuschreiben.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist einiges gesagt worden, das mich sehr gefreut hat, und einiges, von dem ich finde, dass es in einer solchen Diskussion fehl am Platz ist. Deshalb möchte ich einiges klarstellen.
Wir sehen die Fixerstuben nicht als „Lichtgestalt“ und fokussieren uns nicht nur auf einen oder zwei Bereiche in der Drogenpolitik.
Unser Antrag hat einen Bestandteil aus dem Gesamtkonzept der Drogenpolitik, der Suchthilfe herausgenommen, und zwar aufgrund der Aussagen, die Sie in der Koalitionsvereinbarung gemacht haben. Ich bin dem Kollegen Lasotta sehr dankbar für seinen Antrag, in dem die gesamte Drogenpolitik, das gesamte Suchtkonzept von Baden-Württemberg zur Diskussion steht.
Sie müssen wissen: Ich betrachte die Suchtpolitik nicht als ein Thema, das sich zur Ideologisierung eignet. Mir geht es tatsächlich um die Kranken, um die Süchtigen. Ich weiß sehr wohl über den Unterschied der legalen und der illegalen Drogen Bescheid. Ich weiß auch, dass der Großteil der Abhängigen im Bereich der legalen Süchte zu finden ist. Trotz alledem finde ich es richtig, sich auch um den anderen – wie Sie sagen, kleinen – Teil der Abhängigen zu kümmern. Es ist zynisch, zu sagen, dies seien bloß 5 % oder weniger, daher müsse man nichts für sie tun.
Selbstverständlich steht für mich der Abhängige im Mittelpunkt. Wir führen schon seit Jahren eine Form der Suchtprävention durch, bei der es um Persönlichkeitsstärkung geht, nicht nur um die Aufklärung über Suchtmittel im le
galen oder illegalen Bereich. Deshalb finde ich: Prävention ist das A und O der Suchtpolitik. Die Landesregierung sagt immer, ihr sei die Suchtprävention so wichtig; aber man muss sagen, auch in der Suchtprävention könnte man mehr tun.
Zum einen – Frau Kollegin Haußmann hat es angesprochen – haben die psychosozialen Beratungsstellen einen riesengroßen Bedarf an Personal, und zwar aus zwei Gründen:
Erstens kommen zu den Angeboten der Suchtprävention viele Schulkassen und Gruppen; dort gibt es einen regelrechten Boom. Die Beratungsstellen kommen mit ihren Angeboten im Endeffekt gar nicht mehr nach und fordern deshalb Personalstellen.
Der zweite Grund liegt in der Substitution. Sie haben gesagt, Substitution sei nur sinnvoll, wenn sie unter psychosozialer Betreuung erfolgt. Wir haben diese psychosoziale Betreuung nur für ca. ein Drittel der Substituierten. Wenn wir jetzt wollen, dass die psychosoziale Betreuung ausgebaut wird, brauchen wir auch dafür wieder Personal. Deshalb kann es einfach nicht sein, dass die Antwort des Sozialministeriums auf die Briefe der kommunalen Landesverbände, die darstellen, dass sie ganz dringend Unterstützung brauchen, lautet, dass es einen Antragsstau von 40 Stellen gebe, dass man aber leider nichts machen könne. Dann kann man aber, finde ich, nicht sagen, Prävention sei die wichtigste Säule in der Suchtpolitik von Baden-Württemberg. Das stimmt dann einfach nicht.
Zum Zweiten: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Na gut, die Politik der ruhigen Hand oder was es da alles gibt.
Ja, da ist ja etwas Wahres dran. Aber man muss einfach auch einmal sehen: Erstens ist das heute in dem neuen Landtag unsere erste Diskussion zur Suchtpolitik. Ich finde es wichtig, dass man in eine Diskussion darüber einsteigt, wie die Suchtpolitik sich weiterentwickeln soll. Zweitens, finde ich, kann man schon ganz realistisch sagen: Wir diskutieren diese Themen nicht erst seit gestern, sondern wir diskutieren diese Themen schon seit Jahren. Ich finde, nach fünf Jahren kann man schon erwarten, dass das eine oder andere zu Ende überlegt worden ist. Es würde mich dann schon interessieren, wie die Ergebnisse dieser Diskussion aussehen.
Es gibt Studien in der Schweiz. In der Schweiz laufen ja die Modellversuche mit „Gassenzimmern“ schon lange. Da gibt es ausgewertete Studien. Da muss man nicht bei Adam und Eva noch einmal anfangen,
sondern da kann man sich auf Ergebnisse beziehen, und diese kann man dann auch in die Suchtpolitik in BadenWürttemberg einfließen lassen.