Es ist ein unendliches Trauerspiel mit Ihnen. Ich wehre mich dagegen, dass Sie Fortschritte in der Zeitung verkündigen und hier im Parlament mit Rücksicht auf Ihren Ko
alitionspartner keinen Schritt in eine moderne Drogenpolitik zu gehen bereit sind. Das ist ein Trauerspiel. Ich rahme Ihnen diese lange Liste der leeren FDP/DVP-Versprechungen ein. Die können Sie sich irgendwo hinhängen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Haußmann, man muss sich ja bei der Debatte schon fragen, um was es Ihnen eigentlich geht. Geht es Ihnen um die Drogenpolitik in Baden-Württemberg oder darum, einen Keil zwischen CDU und FDP/DVP zu treiben?
Ich habe ja dafür großes Verständnis. Als Opposition würde ich das auch machen. Das ist doch selbstverständlich. Da nutzt man ja jedes Scheinargument.
Frau Lösch, Sie haben durchaus qualifizierte Beiträge geleistet und haben ein differenziertes Bild der Drogenpolitik hier geliefert.
Ich denke, wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Es ist wirklich eine Frage der Wertigkeiten. Sie dürfen ausstiegsorientierte Angebote nicht ohne Not aufgeben. Sie wollen in der Drogenpolitik einen Paradigmenwechsel, und das wäre ein falscher Weg. Baden-Württemberg hat das ausdifferenzierteste Angebot in der Drogenpolitik. Das wird uns von allen Fachleuten bestätigt. Sprechen Sie einmal mit Professor Mann – der einzige Lehrstuhl für Suchtmedizin in Deutschland ist an der Universität Heidelberg/ Mannheim ansässig –, der uns das genauso bescheinigt. Daher glauben wir, dass wir auf einem guten Weg sind.
(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Wo kommen denn Ihre Drogentoten her? Erklären Sie das einmal! Das ist halt echter Zufall, oder?)
Jetzt nennen Sie die Drogentoten. Darüber kann man natürlich diskutieren. Sie haben Recht, dass da zufällige Elemente eine Rolle spielen. Wenn Drogenabhängige aus Frankfurt nach Heilbronn fahren und sich da einen goldenen Schuss setzen und dann hier in der Drogenstatistik mitgezählt werden, haben wir eben entsprechend andere Zahlen. Wenn in der Schweiz Drogenabhängige abgeschoben werden und in Lörrach landen, dann haben Sie einen Anstieg der Zahl von Drogentoten in Lörrach. Das ist doch selbstverständlich.
Selbst das Gutachten über die Drogentoten, das in Auftrag gegeben wurde, gibt doch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Zahl der Drogentoten direkt von diesen Angeboten der Überlebenshilfe abhängig ist. Da müssen Sie schon ein bisschen genauer lesen, wenn Sie ein entsprechendes Bild dazu aufbauen wollen.
Lassen Sie mich noch auf zwei oder drei Punkte eingehen, die in der Diskussion angesprochen worden sind. Genauso, wie wir die Fixerstuben für falsch halten,
halten wir die ambulante Heroinabgabe für falsch, weil wir denken, dass hier ein falsches Signal gegeben wird, wenn Leute in ihrer Sucht gehalten werden. Das passiert auch bei der ambulanten Heroinabgabe. Da ist eben kein Anreiz dafür da, auszusteigen.
Die Drogenabhängigen brauchen einen gewissen Druck vom Staat, zumindest eine gesellschaftliche Ächtung dieser Droge, um letzten Endes vielleicht doch noch in die Therapie zu gehen und auszusteigen.
Wenn Sie die Erfahrungen in der Schweiz betrachten: Da wird ja jetzt in bestimmten Bereichen Heroin auf Krankenschein abgegeben. Da sehen wir in diesen Städten im Rahmen von Modellversuchen im Vergleich mit Methadon,
dass manche Therapieeinrichtung nicht mehr genügend Abhängige bekommt und dass Therapieeinrichtungen schließen müssen.
(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Die müssen schlie- ßen, weil sie keine Gelder von Ihnen bekommen! Deshalb schließen die!)
Stellen Sie sich einmal das Bild vor: Der Staat gibt nur noch Heroin ab, und wir kriegen niemanden mehr in die Therapie hinein. Das wollen wir nicht. Wir wollen den Betroffenen, den Patienten, den Abhängigen aus ihrer Sucht heraushelfen. Danach werden wir unsere Angebote ausrichten.
(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Ruth We- ckenmann SPD sowie Brigitte Lösch und Kretsch- mann GRÜNE)
Wo kommen wir denn hin? Wo ist denn das Ziel? Sprechen Sie einmal mit den Leuten in Nordrhein-Westfalen, die diese Fixerstuben betreiben. Was haben die denn für Ziele? Die Leute in dieser Stube zu halten, dass sie weiterhin fixen. Sie haben aber keinerlei Angebote, die Leute wirklich aus der Sucht herauszuholen. Das ist ein falscher Weg.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Sie sollten ein biss- chen mehr differenzieren! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Sagen Sie doch mal etwas zu Baden- Württemberg!)
Wenn Sie sehen, was sich da in der Dealerszene um diese Fixerstuben herum entwickelt, glaube ich auch nicht, dass Sie dieses vom Städtetag ordnungspolitisch gedachte Element, die Leute aus dem Straßenbild wegzubringen, letzten Endes verwirklichen können. Da geht es doch nicht um die Hilfe für die Patienten und die Abhängigen, sondern da geht es um rein ordnungspolitische Gesichtspunkte.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Vielleicht der Ge- werbeverein oder der Herr Schill, aber bestimmt nicht die Städte!)
Frau Lösch, ein bisschen kenne ich mich schon mit der Thematik aus. Als Narkosearzt ist mir der Umgang mit Betäubungsmitteln nicht ganz fremd,
Wenn ich mit Patienten und Abhängigen spreche, dann sagen mir alle oder ein großer Teil, 95 %, dass letzten Endes der Druck, die Ächtung vom Staat, die Repression für sie mit ein entscheidendes Element gewesen ist, aus der Sucht herauszukommen.
Deswegen werden wir selbstverständlich unsere Angebote weiterentwickeln. Wir sind für alles offen, was ausstiegsorientiert ist. Wir machen ja auch Modellprojekte, zum Beispiel über die Landesstiftung. Wir arbeiten mit Kindern von Suchtkranken. Dafür stehen 1,5 Millionen DM zur Verfügung.