Die beiden vorliegenden Berichte sind für uns Anlass, heute eine erste Bilanz zu ziehen, die an den Fusionszielen gemessen werden muss, nämlich Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Stärkung der Landesidentität und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit.
Erlauben Sie mir bitte, erst einmal Dank zu sagen an den SWR, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an die Geschäftsleitung für die Bereitschaft zu Veränderungen und die bislang erbrachten Leistungen der Fusion. Man spürt: Die Herausforderungen der Fusion hat das Haus angenommen und in Gestaltungsaufgaben übersetzt. Wir
wünschen dem gesamten SWR dazu weiterhin Mut und Erfolg. Wir anerkennen die Schwierigkeiten, aber bitten, nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben.
Dank gebührt auch dem Rechnungshof, der mit detaillierten Betrachtungen erstmals Zahlen zu den wirtschaftlichen Ergebnissen der Fusion bereitstellt. Der Bericht des Rechnungshofs – da werden Sie mir zustimmen – ist kein spektakulärer Bericht voller pikanter Details, wie wir es bei Prüfungen von Rundfunkanstalten bereits erlebt haben. Wir haben es mit einem sehr seriösen Bericht zu tun, einem Bericht, der das Haus strukturell durchgeht und deutlich macht: Im SWR herrscht Transparenz beim Umgang mit dem Geld des Gebührenzahlers, und der Mitteleinsatz ist einigermaßen verantwortungsvoll.
Der Bericht zeigt aber auch, dass die Bilanz doch gemischt ist. Es werden nicht alle Stellschrauben bedient. Das Stichwort dafür ist Personalabbau. Wir haben diese Frage mit dem wortgewaltigen SWR-Intendanten bereits im Ständigen Ausschuss diskutiert. Wir meinen, es kann nicht sein, dass zwei Anstalten zusammengefasst werden und der Abbau der vorhandenen Doppelstrukturen lediglich 400 Stellen betrifft. Ohne Personalvorschau im mittelfristigen Bereich, die wir einfordern werden, wird es künftig nicht mehr gehen.
Durch den Rechnungshofbericht haben wir auch gesehen, dass Rationalisierungspotenziale und Synergien noch nicht voll genutzt werden und hausinterne Abläufe dringend optimiert werden müssen. Bemühungen, realistische Sendekosten pro Minute zu ermitteln, stecken im Haus leider noch in den Kinderschuhen. Aber genau dies und anderes mehr würden wir erwarten.
Die Gremien des SWR und alle, die von diesem Haus in den SWR entsandt wurden, sind dazu aufgerufen, sich intensiv mit den Prüfergebnissen auseinander zu setzen. Der Verwaltungsrat wird dies in einer Sondersitzung tun, und dann muss ein Fahrplan zur Umsetzung des Rechnungshofberichts her, eine Prioritätenliste, die zeigt, worum es eigentlich geht.
Uns muss es darum gehen, ein noch besseres Programm mit noch mehr Qualität im deutschen Südwesten anzubieten, ein Programm, das die Menschen in unserem Land als ihr Programm für Baden-Württemberg annehmen. Es muss uns auch darum gehen, dass das Land in den Programmen des SWR abgebildet wird und dass der SWR als zweitgrößte Anstalt innerhalb der ARD dort eine stärkere Rolle spielt als bisher, angefangen von der Aktualität bis hin zur Unterhaltung. Im dritten Programm – erlauben Sie mir diese Anmerkung – macht die Vorgabe 30 % Erstsendungen noch lange kein gutes, wirklich interessantes Programm, das ins Land hinaus Ausstrahlung hat.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Nein, als Kompli- ment! – Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf des Abg. Bebber SPD)
Um es ganz klar zu sagen: Wir stellen die Frage nach den Inhalten. Wir stellen die Frage: Was kann mit begrenztem, künftig noch knapperem Geld besser und möglichst optimal gemacht werden? Hier stellt sich auch die Frage, ob wir wirklich noch mehr Internet, noch mehr teuren Fußball und noch mehr teure Spielfilme zulasten der anderen Programmteile brauchen.
All diese Fragen nach dem Inhalt und dem Geld werden – so müssen wir bisher leider feststellen – mit sehr viel Abwehrhaltung diskutiert, unter anderem mit dem bereits klassisch gewordenen Totschlagargument der Vorgaben des Staatsvertrags. Ja, meine Damen und Herren, der Staatsvertrag macht Vorgaben, weil wir den SWR in zwei Bundesländern mit drei Standorten wollten und weil wir ihn in diesen beiden Bundesländern auch in der Fläche, in Außenstudios, vertreten sehen wollen. Aber der Staatsvertrag ist kein Schutzschild, mit dem man sich gegen Veränderungen wappnen kann. Wo, bitte, steht im Staatsvertrag geschrieben, dass für „SWR 1 – Der Abend“, Hörfunkprogramm, für die Sendestrecke ab 19:30 Uhr aus Baden-Baden praktisch genauso viel Geld zur Verfügung stehen muss wie für das aktuelle Programm tagsüber?
Der Rechnungshof legt eindrucksvoll dar, dass manche Steigerungsraten beim Programm trotz Vorgaben des Staatsvertrags eigentlich nicht zusammenpassen. Ich möchte betonen, dass jede dieser Vorgaben des Staatsvertrags auch im Einvernehmen mit den damaligen Intendanten, die heute noch handelnde Personen sind, getroffen wurde.
Wir von der CDU-Fraktion sind bereit, mit dem SWR über eine realistische Novellierung des Staatsvertrags zu beraten, möchten den SWR damit aber keinesfalls aus seiner Verantwortung für eine Erhöhung der Schlagzahl, was die Fusionsergebnisse angeht, entlassen. Dafür sehen wir im Rechnungshofbericht eine gute Hilfe und Wegweisung. Die CDU-Landtagsfraktion bittet den SWR und die zuständigen Gremien, diese zu nutzen.
Ich erlaube mir, dieses hohe Haus daran zu erinnern, dass wir die letzte Gebührenerhöhung mit einer von einer breiten Mehrheit getragenen Entschließung und der Aufforderung zu mehr Wirtschaftlichkeit verabschiedet haben. Ich betone auch, dass sich der SWR auf die freundschaftliche Begleitung des weiteren Fusionswegs durch die CDULandtagsfraktion verlassen kann. Der Gebührenzahler kann darauf zählen, dass wir unseren Einfluss in diesem Haus und in den Gremien des SWR im Sinne einer verbesserten Wirtschaftlichkeit geltend machen und nutzen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, wenn dieses Haus drei Jahre nach der Fusion von SDR und SWF zum SWR eine Bilanz zieht und sich fragt, ob die Entscheidung, diese Fusion mit einem Staatsvertrag in Gang zu setzen, richtig war.
Auch die SPD-Fraktion war für diese Entscheidung. Wir hatten im Übrigen damals die Rundfunkenquetekommission beantragt, und ich denke, es war richtig, sich die medienpolitischen Sachverhalte vor Augen zu führen. Wir wollten eine starke öffentlich-rechtliche Anstalt schaffen, weil wir so die Zukunftsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems in Deutschland in der Konkurrenz zu global operierenden privaten Medienunternehmen sichern wollten.
Wir können heute sagen: Die Operation ist gelungen, auch wenn das medienpolitische Umfeld äußerst schwierig war. Wer die Landschaft beobachtet hat, weiß, wie viel da passiert ist: Der Rundfunkstaatsvertrag wurde mehrfach geändert, es war ein Kampf um Sportrechte auszustehen, der ARD-Finanzausgleich wurde verändert. Auch hatte der Intendant des neuen Senders gleich von Anfang an den ARD-Vorsitz, was die Sache nicht einfacher machte.
Das Ganze ist auch gelungen, obwohl im Staatsvertrag sehr schwierige Punkte geregelt waren, unter anderem der Standortausgleich zwischen Stuttgart, Baden-Baden und Mainz.
Inzwischen ist der Sender optimiert worden. Die Hörfunkprogramme finden allseits Anklang, und auch das dritte Fernsehprogramm hat die Auflage erfüllt, dass es sowohl in Baden-Baden als auch in Rheinland-Pfalz jeweils mindestens 30 % Landesanteil enthält. Die Auflagen haben auch mehrfach erhöhte Kosten nach sich gezogen. Es ist eben nicht so, dass sich dann, wenn man zwei Sender zusammenfügt, automatisch Synergieeffekte ergeben, sondern die Auflagen im Staatsvertrag zur Programmausweitung und zu den Standortausgleichen waren zu erfüllen und haben zusätzliche Kosten nach sich gezogen.
Aber sich hier im Parlament in Details zu ergehen verbietet sich, weil in einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt die Frage, mit welchem finanziellen Aufwand die programmlichen Inhalte erarbeitet werden, in den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalt selbst – und nur dort, Frau Dr. Gräßle – zu diskutieren und zu entscheiden sind.
Nach unserer Überzeugung darf die Politik nur den Rahmen setzen. Alles andere ist Sache der autonomen Anstalt selbst – und das ist gut so. Das hat das Bundesverfassungsgericht so entschieden, um der Politik Grenzen bei der Einflussnahme auf eine Anstalt zu setzen, die im breiten Sinne die Meinungsvielfalt in unserem Land trägt.
Es gibt, um das finanzielle Gebaren einer Rundfunkanstalt zu beurteilen, nicht nur den Landtag, sondern vor allem die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, den Rechnungshof und die Wirtschaftsprüfer. In Bezug auf die Höhe der Rundfunkgebühren, Frau Dr. Gräßle, kann der Landtag
auch nur dann anders entscheiden, wenn er den Vorschlag der KEF aus sozialpolitischen Gründen nicht mittragen kann.
Sie, Frau Dr. Gräßle, wollen sogar mit dem SWR über eine Änderung des Staatsvertrags verhandeln. Sie wissen genauso gut wie ich, dass dies die Sache der Regierungen von zwei Bundesländern ist
Im Übrigen – das möchte ich noch hinzufügen – spielt die CDU bei dieser ganzen Diskussion eine sehr merkwürdige Rolle.
(Unruhe und Zurufe, u. a. des Abg. Drexler SPD: Vorsichtig formuliert! – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Wir sind außergewöhnlich, aber nicht merk- würdig!)
Der Fraktionsvorsitzende bellt nach außen, weil er von Zeit zu Zeit meint, er müsse sich den privaten Medienunternehmen anbiedern, die Gremienmitglieder, die auch hier vertreten sind, Frau Dr. Gräßle genauso, bellen aber nicht nach innen, sondern ziehen innen ihren Schwanz ein,
(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Drexler SPD: Frau Gräßle! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Wie meinen Sie das? Kollege Theurer möchte den Vorhalt präzi- siert haben!)
nur im Landtag selber versuchen sie, Politik zu machen, obwohl sie hier gar nichts zu sagen haben, sondern dies in den Gremien stattfinden sollte.
Das alles bringt den Südwestrundfunk nicht um. Der Südwestrundfunk ist eine starke Anstalt, die ihren Weg autonom weitergehen wird. Die SPD-Fraktion wird den SWR dabei offensiv begleiten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war nie Ziel der FDP/DVPLandtagsfraktion, in die gesetzlich garantierte Autonomie des Südwestrundfunks einzugreifen, und dies wird auch zukünftig nicht der Fall sein. Dies zu diskutieren ist nicht Aufgabe des Landtags, sondern in der Tat Aufgabe der dafür zuständigen Gremien. Allerdings ist die Beratung des
heute vorliegenden zweiten Erfahrungsberichts über die Fusion von SWF und SDR zum SWR die Gelegenheit zu einer Zwischenbilanz darüber, ob die Rundfunkneuordnung in unserem Land gelungen ist oder nicht.
Die FDP/DVP-Fraktion stand immer uneingeschränkt zur Senderfusion. Sie steht immer noch zu dieser Fusion, meine Damen und Herren. Mit dem Eintritt der FDP/DVP in die Landesregierung ist der Dreiklang bedeutender Reformen verbunden: Bankenfusion, Energieversorgerfusion und Senderfusion. Der vorliegende Erfahrungsbericht zeigt, dass diese Fusion richtig war.