Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Der Rechnungshof spricht dem SWR ein, wenn auch – das mag in der Rolle des Rechnungshofs oder der Rechnungshöfe, denn es sind ja zwei, liegen – verhaltenes Lob aus.

Mit der Fusion sollte ein Beitrag zur notwendigen Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geleistet werden. Weitere Ziele der Fusion waren und sind, eine größere wirtschaftliche Einheit zu schaffen, die dann auch mehr Gewicht in der ARD haben würde. Außerdem sollten landes- und regionalspezifische Programminhalte gestärkt werden. Insofern hat dieser Erfahrungsbericht durchaus eine inhaltliche Komponente, was ja auch von niemandem infrage gestellt wird.

Wie aus dem Prüfungsbericht des Rechnungshofs hervorgeht, wurden die Forderungen nach neuen Programmstrukturen im Hörfunk und im Fernsehen im Wesentlichen erfüllt. Dafür hat der Südwestrundfunk auch das uneingeschränkte Lob dieses Hauses verdient, meine Damen und Herren.

Die Fusion konnte mit einem sozialverträglichen Standortausgleich erreicht werden. Beim vorgesehenen Stellenabbau hat der SWR Erhebliches geleistet, auch wenn die ursprüngliche Zielgröße von 650 Stellen bis zum Jahr 2003 wohl nicht ganz eingehalten werden kann. Die Rechnungshöfe konstatieren, dass die Programmbereiche beim Stellenabbau zurückhinken. Meine Damen und Herren, ich meine aber, dass dies am heutigen Tag den Blick auf das bereits Erreichte, nämlich den Abbau von 394,4 Stellen, nicht trüben darf. Hier wurde doch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Südwestrundfunks Erhebliches geleistet.

Fazit: Der Südwestrundfunk ist dem von der FDP/DVP mit der Fusion verfolgten Ziel in der Berichtsperiode wieder ein gutes Stück näher gekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, bevor ich weiter das Wort erteile, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir auf der Zuhörertribüne Gäste haben, denen unser besonderer Gruß gilt. Es ist eine Delegation aus der Teilrepublik Serbien der Bundesrepublik Jugoslawien. Die Delegation, die vom Vorsitzenden des Bildungsausschusses des Parlaments der Republik Serbien, Herrn Professor Dr. Predrag Stojanovic, geleitet wird, besteht aus Bildungsexperten und führt heute Gespräche im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und mit unserem

Ausschuss für Schule, Jugend und Sport zum Thema „Muttersprachlicher Zusatzunterricht“. Begleitet werden unsere serbischen Gäste vom Generalkonsul der Bundesrepublik Jugoslawien in Stuttgart und einem Vertreter der jugoslawischen Botschaft sowie vom Vorsitzenden unseres Ausschusses für Schule, Jugend und Sport, Herrn Kollegen Wintruff.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Verehrte Gäste aus Serbien, herzlich willkommen im Landtag von Baden-Württemberg. Ich darf Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt mit erfolgreichen und informativen Gesprächen wünschen.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Salomon.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Der Chef selbst geht in die Bütt!)

Drei Jahre gibt es jetzt den SWR, und wir hätten vor drei Jahren, als die Fusion hier mit großer Mehrheit beschlossen wurde, nicht gedacht, dass wir in drei Jahren schon so weit sein werden, wie wir heute sind. Es gab ja damals allenthalben große Irritationen. Es gab Irritationen, was aus den Kultwellen SDR 3 und SWF 3 wird. Man hat damals den Untergang des SDR hier in der Region beklagt. Man hat die Chancen wahrscheinlich zu wenig gesehen. Die Hörer haben rebelliert. Es gab fast Volksaufstände. Ich übertreibe jetzt etwas.

Wenn man das jetzt drei Jahre später Revue passieren lässt, muss man sagen: Es wird doch nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Meine zwei Vorrednerinnen und mein Vorredner haben es betont: Die Fusion hat sich bewährt und rentiert, auch wenn man nicht verleugnen kann – das sagt der Rechnungshofbericht, und das wird auch, wenn man ins Haus hineinhört, deutlich –, dass es allenthalben noch knirscht. Das kann ja nicht anders sein, wenn aus zwei Anstalten eine Anstalt gemacht wird, wenn es nach wie vor, aus politischen Gründen als Zweiländeranstalt im Staatsvertrag geregelt, notwendig war, drei Standorte zu erhalten – Mainz und Stuttgart sollten als Zentralen gestärkt, Baden-Baden sollte erhalten werden –, und dieses Ziel gleichzeitig erreicht werden sollte, indem man festgestellt hat, dass man das Programm im Hörfunk und im Fernsehen in weiten Teilen völlig überarbeiten muss und dass man noch 600 Stellen einsparen sollte, was einer Einsparung von ungefähr 20 % entsprochen hat, also eine wahre Herkulesaufgabe.

Man kann nach drei Jahren natürlich mäkeln und sagen, dieses und jenes sei noch nicht erfüllt worden. Man kann auch darauf eingehen. Man sollte aber zuerst einmal schauen, was denn erfüllt worden ist.

Dazu kann man sagen: Im Hörfunk sind von vier Wellen drei völlig reformiert worden. SWR 1 hat seine Hörerschaft in den letzten zwei Jahren mit Erfolg völlig ausgetauscht, einen völlig neuen Klangteppich gefunden. SWR 3 – mittlerweile die Fusion aus zwei Kultwellen zu einer – hat funktioniert, auch wenn es am Anfang Hörerproteste gege

ben hat. Aber SWR 3 ist der am meisten gehörte Sender im ganzen Sendegebiet und liegt mit weitem Abstand vor allen anderen. SWR 3 ist erfolgreicher als die beiden alten Wellen vorher einzeln waren. SWR 4 hat darüber hinaus die Regionalisierung geschafft, die ja auch Ziel dieses Staatsvertrags war: die Landesidentität zu stärken und das Land in seinen einzelnen Regionen abzubilden. SWR 4 ist selbst auch unglaublich erfolgreich.

Im Fernsehbereich funktioniert die Zulieferung zu den ARD-Hauptprogrammen gut. Der SWR liefert mehr, als sein nomineller Anteil an der ARD eigentlich erfordern würde. Das ist auch sehr positiv.

Das Problemkind aber – und darüber darf man nicht hinwegsehen – ist das dritte Fernsehprogramm. Frau Gräßle hat ja schon darauf hingewiesen. Das Problem ist inzwischen im Sender erkannt und wird jetzt mit einer großen Fernsehreform angegangen. Wir werden aber ein, zwei Jahre warten müssen, bis Ergebnisse vorliegen. Es kann ja nicht sein – wir haben das in den Gremien ausführlich behandelt –, dass dort lediglich ein gutes Informationsprogramm, ein gutes Politiknachrichtenprogramm besteht, dass es gute Infosendungen gibt, der Rest aber im Prinzip – ich überspitze das jetzt etwas – aus viel Kochstudio und dem „Fröhlichen Weinberg“ besteht,

(Abg. Drautz FDP/DVP: Gute Sendung!)

dass das Durchschnittsalter der Zuschauer bei 60 Jahren liegt. Wenn das das dritte Programm sein soll und dieses Programm bundesweit abgeschlagen auf dem zweitletzten Platz der dritten Programme liegt, wird es endlich Zeit, im dritten Programm eine richtige Fernsehreform zu machen. Wir haben in den Gremien gesagt, dass wir dem zustimmen. Die Verantwortlichen haben das Problem erkannt. Wir müssen das dritte Programm einfach peppiger machen. Ansonsten fragt man sich wirklich, wofür man für das dritte Programm überhaupt Gebühren bezahlt.

(Beifall bei den Grünen, Abgeordneten der FDP/ DVP und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Abg. Birgit Kipfer SPD: Das gehört in den Rundfunkrat, Herr Kollege!)

Hier ist auch schon angesprochen worden, dass das Fusionsziel, 600 Stellen abzubauen, bis zum Jahr 2003 wahrscheinlich nicht erreicht wird, sondern man wohl nur auf 400 Stellen kommen wird und dass gleichzeitig – und das mahnt der Rechnungshof zu Recht an – der gesamte Umbau damit verbunden wurde, weg von den Planstellen zu kommen und Aufgaben an freie Mitarbeiter auszulagern. Es ist natürlich nicht das Ziel, einerseits Planstellen zu sparen und Personal abzubauen, um andererseits die Personalkosten der freien Mitarbeiter explodieren zu lassen. Das heißt, wir müssen natürlich den Druck auf dem SWR lassen, diese von der Fusion erhofften Synergieeffekte auch tatsächlich umzusetzen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das muss passieren, und der Druck dazu darf nicht nachlassen.

(Abg. Bebber SPD: Da gibt es aber keine Zahlen!)

Bei aller Wertschätzung, die ich dem Intendanten gegenüber an den Tag lege, muss ich sagen: Er redet die Dinge manchmal schön.

Ich weiß natürlich, dass man bei einem öffentlich-rechtlichen Sender nicht einfach mit einem großen Besen durchkehren kann. Man muss dort auf vielerlei Empfindlichkeiten Rücksicht nehmen, muss auch Rücksicht darauf nehmen, dass im Haus teilweise Ängste vor Veränderungen herrschen. Trotz allem unterstützen wir den SWR in diesem Prozess. Wir glauben, dass dieser Prozess in den letzten drei Jahren auch erfolgreich war. Aber lassen Sie mich für meine Fraktion sagen: Sie dürfen in den Anstrengungen nicht nachlassen.

Ich will zum Schluss in einem letzten Gedanken noch eine Lanze für das öffentlich-rechtliche Fernsehen brechen, weil bei allem, was wir in den letzten 10, 15 Jahren an Veränderungen in der Medienlandschaft erlebt haben, eines doch klar sein muss: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – man muss dazu einmal in andere Länder schauen, wo es so etwas nicht gibt – ist ein sehr, sehr hohes Gut. Wenn ich jetzt an die letzten Wochen und Monate seit dem 11. September denke, muss ich sagen: Die öffentlich-rechtlichen Sender und besonders der SWR haben sich bei der Berichterstattung ausgezeichnet. Die aktuelle Berichterstattung in den Nachrichten, in Sondersendungen, in Brennpunktsendungen, im Hörfunk und im Fernsehen hat sich gegenüber dem ausgezeichnet, was im privaten Rundfunk gelaufen ist. Man muss sagen: Hut ab, hier ist engagierter Journalismus, unabhängiger Journalismus geleistet worden. Das ist der Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Demokratie. Das ist noch einmal ganz deutlich geworden, und da will ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SWR von dieser Stelle aus einmal ganz deutlich Dank sagen.

Die Botschaft, die von hier ausgehen soll, lautet: Machen Sie Ihren Job weiter! Das gilt für die Leute unten im Sender genauso wie für die oben. Die Richtung stimmt. Die Fusion hat sich im Wesentlichen bewährt. Vor Ihnen liegen harte Jahre; aber ich denke, die Anstrengung lohnt sich.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

Das Wort erhält Herr Minister Dr. Palmer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung an Ihre Adresse, Frau Kipfer. Wir sind der Gesetzgeber, wir haben den Staatsvertrag gemacht. Wir sollten uns nicht selber zu stark relativieren, indem wir uns das Recht absprechen, über einen Fusionsbericht differenziert zu sprechen. Wir können nicht nur über Struktur- und Finanzfragen sprechen, sondern wir müssen natürlich auch über Personalfragen und über Programmfragen sprechen. Das ist das selbstverständliche Recht eines Parlaments und einer Regierung. Wir greifen damit nicht in die Programmautonomie ein.

(Minister Dr. Christoph Palmer)

Sogar der SWR ist in der Auseinandersetzung und in der Diskussion bereit zuzugestehen, dass er sich mit einem Parlament darüber auseinander setzen muss, was auf den Weg gebracht worden ist, was erreicht worden ist und was noch nicht erreicht worden ist. Deshalb mein dringender Appell, uns nicht selber zu relativieren, sondern hier im Parlament die Debatte gegenüber dem SWR fair und offen zu führen, wie wir es im Großen und Ganzen auch gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Insgesamt hat sich die Fusion bewährt. Das wird von niemandem ernsthaft bestritten werden können. Es war ein großer Erfolg der Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie der Anstalten SWF und SDR, die Fusion hinbekommen zu haben.

Insbesondere vor dem Hintergrund nicht gelungener Wirtschaftsfusionen wird erst richtig verständlich, wie stark die in den vergangenen drei Jahren erreichten Erfolge zu Buche schlagen. Es ist nicht einfach, zwei unterschiedliche Unternehmenskulturen, die sich in 50 Jahren an unterschiedlichen Standorten ausgeprägt haben, zusammenzubringen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass dies relativ geräuschlos gelungen ist, und es ist keine Selbstverständlichkeit, dass dies in dieser Form innerhalb von drei Jahren erreicht worden ist. Deshalb würde ich schon sagen: Das Glas dieses Fusionsberichts ist nicht halb leer, sondern halb voll, und das sollten wir einmal festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Theu- rer FDP/DVP: Ihr Wasserglas ist noch ganz voll!)

Das war ein schöner Bezug; man konnte auf etwas deuten, Herr Kollege.

Der Südwestrundfunk hat die Forderungen zur Rundfunkneuordnung durch die Schaffung von auf die Landesgrenzen bezogenen Sendegebieten und für beide Länder einheitlichen Programmstrukturen in Hörfunk und Fernsehen erfüllt. Auch der Rechnungshof hat dies in seinem im Übrigen guten und analytischen Bericht so zum Ausdruck gebracht.

Wir haben in der Landesregierung den Eindruck, dass sich zunehmend auch programmbezogene Erfolge einstellen. Das Profil der Programme wird klarer, die Landesidentität wird stärker berücksichtigt, und die Akzeptanz der Hörer und Seher steigt, allerdings differenziert. Man muss, wie in der Debatte auch schon erfolgt, sicher zwischen Fernsehund Hörfunkprogrammen unterscheiden.

Bezüglich des Fernsehens will ich einmal festhalten, dass mittlerweile eine alte Forderung auch dieses Hauses erfüllt worden ist: Wir erfüllen unsere Zulieferquote zur ARD; wir liegen sogar darüber. Was noch nicht ganz befriedigend ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Zulieferung im aktuellen Bereich. Baden-Württemberg ist in den aktuellen Kultur-, Wirtschafts- und Politiksendungen bisher unzureichend repräsentiert. Insbesondere in den Sendungen von „ARD aktuell“, bei „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ könnte sich das Land noch stärker abbilden. Dies wird übrigens durchaus auch von der ARD-Programmkoordination so gesehen. An dieser Stelle haben wir

noch etwas Nachholbedarf, aber insgesamt erfüllen wir die Programmquote innerhalb der ARD.

Was völlig unbefriedigend ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen – das ist von Herrn Dr. Salomon und Frau Dr. Gräßle angesprochen worden –, ist die Ausrichtung unseres Landesfernsehprogramms. Wir sind die Nummer 6 von acht Anstalten mit einer Quote von 5,7 %. Das kann uns nicht zufrieden stellen. Das dritte Programm hat noch kein stimmiges Gesamtprofil.

Aber auf der anderen Seite muss man nicht auf die Gäule einschlagen, weil der Intendant und die Geschäftsleitung dies auch so sehen und seit Frühjahr in einer grundlegenden Programmstrukturreform begriffen sind, die – dann, wenn die Strukturreform umgesetzt ist – sicherlich auch zu einer höheren Akzeptanz dieses dritten Fernsehprogramms führen wird.

Beim Hörfunk haben wir eine ganz andere Entwicklung. Er wird zunehmend akzeptiert. Die Angebote werden gehört. Ich glaube, dass die Umgewöhnungsphase durch die neuen Frequenzen und die neuen Sendeplätze bei SWR 1 und SWR 3 langsam zu Ende geht. Auch die Media-Analyse zeigt ja steigende Akzeptanz und steigende Zahlen auf. Mit SWR 4 hat sich mittlerweile ein Renner in der ganzen Bundesrepublik Deutschland etabliert, und SWR 3 ist das am dritthäufigsten gehörte Programm bundesweit unter den ARD-Einzelprogrammen, sodass ich sagen muss, dass im Hörfunkbereich die Fusion eigentlich bereits sehr, sehr weit vorangekommen ist.

Was die Landesregierung für nicht befriedigend hält, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist allerdings die Entwicklung der Personalstruktur des Senders. Es ist auch nicht überzeugend – wie im Ständigen Ausschuss geschehen –, die Einsparverpflichtung von 650 Personalstellen bis zum Jahr 2003 zu relativieren, indem man sie als eine nicht besonders konkrete Zielbeschreibung definiert. Nein, diese Einsparverpflichtung von 650 Stellen war schon der Anspruch an sich selbst, den man sich 1997 gegeben hat,