Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung und fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort sollte ich jetzt Herrn Abg. Walter erteilen.

(Zuruf von der CDU: Wenn er da wäre!)

Er kommt.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Der ist extra noch beim Friseur gewesen!)

Herr Walter, Ihre Redezeit läuft bereits.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Unruhe)

Ich wusste nicht, dass der Herr Wirtschaftsminister heute so schnell fertig wird.

(Abg. Dr. Birk CDU: Der Walter ist ein Schläfer!)

Gehen Sie einmal zur EnBW, und dann kommen Sie wieder, Herr Birk. Dort geht es ja drunter und drüber, seit Sie dabei sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Birk CDU: Bei den Grünen, seit Sie dabei sind! – Abg. Fleischer CDU: Wieso, hat er Sie aufge- weckt?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über viele Jahrzehnte wurde eine Naturschutzpolitik betrieben, die auf Reservatsdenken konzentriert war. Man wollte in bestimmten Flächen Naturschutz haben und Naturschutz pflegen, und diese Politik ist gescheitert. Das hat man überall erkannt. Deswegen setzt man heutzutage auf großflächigen Naturschutz.

Gleichzeitig – und das ist ein weiterer positiver Aspekt – eröffnen sich dadurch für die Landwirtschaft natürlich auch neue Perspektiven, indem beispielsweise auf die Produktion hochwertiger Lebensmittel gesetzt wird.

Diesen Erkenntnissen konnte sich auch die Landesregierung nicht verschließen. Sie hat deswegen schon vor vielen Jahren 20 PLENUM-Gebiete beschlossen. Vor einigen Jahren hat sie auch neue Leitlinien der Naturschutzpolitik herausgebracht.

Das Problem, meine Damen und Herren, ist aber heute: Das Ganze geht nicht, wenn ich es nicht mit den entsprechenden Mitteln ausstatte. Genau da fehlt es aber in BadenWürttemberg. Ich zitiere einmal aus den Leitlinien der Landesregierung:

Die Ausgaben des Landes spiegeln nicht den tatsächlichen Bedarf wider.

Weiter heißt es:

Der zusätzliche Mittelbedarf für die Umsetzung der Gesamtkonzeption in sieben Projektgebieten liegt bei 6,5 Millionen DM jährlich.

Die Realität, meine Damen und Herren: Wir haben gerade zwei PLENUM-Gebiete in Baden-Württemberg. Rechnet man großzügigerweise noch Konstanz hinzu, sind es zweieinhalb. Von den sieben Gebieten, die zunächst einmal angestrebt waren, sind wir noch meilenweit entfernt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deswegen, Herr Minister, sind wir gespannt, was Sie hierzu im kommenden Doppelhaushalt vorlegen werden. Werden Sie den Erwartungen gerecht?

(Abg. Alfred Haas CDU: Immer!)

Werden Sie das, was von Ihrem eigenen Ministerium gefordert wird, tatsächlich finanziell umsetzen?

Wenn dem nicht so ist, können Sie diese Leitlinien einstampfen. Wie lange sollen wir da noch warten? Oder Sie geben die Leitlinien im nächsten Jahr, wenn das Haus der Geschichte eröffnet wird, Herrn Dr. Schnabel als Materialsammlung. Mehr bleibt dann davon aber nicht mehr übrig.

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Dagegen, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung mit der neuen Ministerin Künast gleich nach wenigen

Monaten ein Modellprojekt vorgelegt. Es heißt „Regionen Aktiv“, und damit soll der ländliche Raum gestärkt werden. Es soll nicht nur verbal neue Perspektiven geben, wie das in Ihren Leitlinien der Fall ist, sondern es sollen auch finanzielle Anreize geschaffen werden.

15 Gebiete, meine Damen und Herren, in der Bundesrepublik Deutschland bekommen die Chance, neue Perspektiven zu erarbeiten und umzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es doch geradezu fahrlässig, dass die Landesregierung diese Aktion hintertreibt. Da werden Briefe an untergeordnete Behörden geschickt, in denen es heißt: „Macht ja nicht mit!“, „Das ist ja nichts!“, „Da kommt nichts raus!“ Da werden ganz abenteuerliche Argumente ins Feld geführt.

(Unruhe)

Ich kann Ihnen das vorlegen. Beispielsweise sagt die Landesregierung,

(Abg. Fleischer CDU: Wie viel entfällt davon auf Baden-Württemberg?)

das Projekt sei nicht verfassungskonform, weil die Länder angeblich nicht genügend Mitspracherechte hätten. Herr Minister, wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen die Aktenvermerke aus Berlin mit, aus denen klar hervorgeht, was die Länder gesagt haben. Sie haben nämlich gesagt: „Wir wollen nicht darüber entscheiden, sonst sind wir dem politischen Druck aus den jeweiligen Regionen ausgesetzt.“ Weil es die Länder gewünscht haben, hat man eben gesagt: „Ihr sitzt nicht in der Jury.“

(Abg. Fleischer CDU: Wie viele hundert Millionen gehen denn nach Baden-Württemberg?)

Das Zweite ist: Man soll nach drei Jahren weiterfinanzieren. Das wurde gefordert, und das steht jetzt schon wieder drin. Woraus geht das hervor? Das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen.

Das schönste Argument, das ich wirklich schon witzig und drollig finde, ist, das Subsidiaritätsprinzip sei verletzt. Da will ich einmal fragen: Was verstehen Sie unter Subsidiarität? Die Projekte sollen aus den Regionen entwickelt werden, aus den Regionen kommen die Vorschläge. In den Regionen sitzen die Gruppen und die Akteure, die später alles umsetzen. Ja wie weit soll es denn noch heruntergehen? Wahrscheinlich zum CDU-Ortsverband. Wahrscheinlich ist das Ihre Subsidiarität.

Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Das ist kein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip, sondern der Verstoß gegen eine alte Regel, die von den Schwarzen in Anspruch genommen wird:

(Abg. Fleischer CDU: Das ist unglaublich!)

Der ländliche Raum gehört uns, und andere haben da nichts zu suchen und die Grünen schon gar nicht. Das ist Ihre Botschaft.

(Abg. Fleischer CDU: Wir sind die Einzigen für den ländlichen Raum!)

Meine Damen und Herren, es macht keinen Sinn, wenn Sie weiterhin Fundamentalopposition betreiben. Wenn die Parteipolitik höher steht als die Interessen des Landes, sind Sie als Regierung nicht an der richtigen Stelle.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, schon bei der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Bundesrat hat die Landesregierung die Landwirte im Land schmählich im Stich gelassen. Wenn Sie die Projekte schon nicht selber genügend fördern, weil Sie nicht genügend Geld haben, Herr Minister, sollten Sie einmal schauen, wie man beides verbinden kann. Sinnvoller, als sich über Parteigrenzen hinweg zu streiten, ist es, zu versuchen, möglichst viele der 15 Projekte nach Baden-Württemberg zu holen. Natürlich ist unser PLENUM-Projekt etwas Ähnliches, und wir haben es auch immer unterstützt. Aber wir haben auch immer die Gelder dafür gefordert und sie im Gegensatz zu Ihnen in den Haushalt eingestellt.

(Abg. Fleischer CDU: Wie viel Geld bringen sie denn?)

50 Millionen DM für 15 Projekte.

(Abg. Fleischer CDU: Für 15 Projekte!)

Ja, das können Sie durchrechnen.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist politische Hochsta- pelei, mein Lieber, was Sie da machen!)

Es ist doch einiges mehr als das, was Sie bringen.

Deswegen appelliere ich an Sie, Herr Minister – darauf können wir auch in der zweiten Runde näher eingehen –: Versuchen Sie doch, die Ansätze, die vom Namen her verschieden sind, die aber von der Intention her dasselbe wollen, miteinander zu verbinden! Das wäre doch viel sinnvoller, als Briefe mit irgendwelchen Scheinargumenten zu schreiben, warum das Ganze nicht funktioniere.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: So machen wir es ja auch! – Abg. Alfred Haas CDU: Magerer Applaus!)