falsch gehandhabt worden sind. Das ist natürlich eine gravierende Tatsache. Ich habe das schon öffentlich angesprochen. Wir werden uns auch mit diesen neuen Erkenntnissen und neuen Aspekten zu befassen haben.
Für technische Maßnahmen sind die Planungen seitens des KKP weithin abgeschlossen. Für Betriebsabläufe gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die das KKP in Gang gesetzt bzw. angekündigt hat. Wir bearbeiten das alles jetzt. Wir machen regelmäßige Treffen, beispielsweise morgen wieder, zusammen mit dem Bund und mit den Gutachtern.
Man kann im Moment vielleicht ganz grob sagen: Die Fachaufgaben sind weitgehend gelöst. Die Frage der Zulässigkeitsbewertung wird in den nächsten Wochen im Vordergrund stehen, und wir werden auch hier relativ bald zu einer hoffentlich gemeinsamen abschließenden Bewertung kommen können.
Nun zu KWO. KWO ist auch ein Ergebnis der von uns in Gang gesetzten Untersuchung. Es ist ja nicht so, dass wir sozusagen durch schicksalhafte Ereignisse auf Tatbestände gestoßen sind, sondern wir haben gezielte Fragen gestellt und gezielte Suchmaßnahmen ergriffen, und bei dieser Gelegenheit sind wir auf zusätzliche Probleme gestoßen. Die Ereignisse bei KWO sind nach unserer Einschätzung – und übrigens auch nach einer vorläufigen ersten Beurteilung durch die RSK, also der Reaktorsicherheitskommission, die sich damit befasst hat – grundsätzlich von anderer Qualität. Einen entsprechenden schriftlichen Bericht, der sehr differenziert ist und sehr kompliziert ist – und alles, was differenziert und kompliziert ist, spielt in der Regel in öffentlichen Debatten keine Rolle, aber das sind dann die Fakten, um die es geht –, haben wir dem Umweltausschuss vorgelegt.
Die RSK befasst sich jetzt mit KWO. Unsere vorläufige Einschätzung ist die: Die Störfallbeherrschbarkeit – das ist ja immer die wichtige Frage: hat es ein objektives Problem gegeben? – war mit großer Wahrscheinlichkeit im Blick auf die Sprühwasserreserve, um die es da zusätzlich ging, gegeben. Das war auch die erste Einschätzung der RSK, die im Übrigen gesagt hat: Wir wollen aber den Nachweis dafür noch bekommen.
Wir haben bei KWO zweitens nicht die Blindflugsituation, und wir haben dort drittens auch einen anderen Umgang mit der Problematik und bei der Aufarbeitung, nämlich ein sehr viel offeneres Vorgehen, als es bei KKP der Fall war.
Nichtsdestoweniger muss man aber eines sagen: Auch bei KWO ist – ich nenne es jetzt mal so – konsequent nachlässig mit Regeln des Betriebshandbuchs umgegangen worden. Das klingt jetzt wie ein Kompliment; das ist natürlich nicht als Kompliment gemeint. Aber es zeigt immerhin: Es war nicht die Blindflugsituation. Insofern werden auch bei KWO Konsequenzen zu ziehen sein.
Konsequenzen wird es übrigens auch geben, was die Betriebshandbücher anbelangt. Denn wir haben im Bundesvergleich außerordentlich unterschiedliche Regelungen in den Betriebshandbüchern, was die Anfahrphase anbelangt, was die Flutbehälter anbelangt. Das ist einer der Gründe, weshalb der Bund hier gefordert sein wird.
Insgesamt ist die Zuverlässigkeitsfrage bislang von allen Beteiligten, die sich mit KWO befasst haben, nicht in Zweifel gezogen worden. Das könnte theoretisch noch kommen – das will ich gar nicht ausschließen –, aber bisher ist es nicht so.
Wenn ich jetzt einmal einen kleinen Schlussstrich ziehe – ich lasse jetzt verschiedene andere Dinge weg: GKN I, GKN II usw. –, wenn ich eine kleine Zwischenbilanz ziehe, dann kann man sagen: Wir sind ungemein weit in die Analyse und die differenzierte Aufarbeitung der Probleme eingestiegen. Wir arbeiten auf der Fachebene auch sehr sachorientiert mit der RSK zusammen, und man kann feststellen, dass wir bereits einen erheblichen Erkenntnis- und Abarbeitungsfortschritt erreicht haben. Das sage ich auch im Blick auf die Situation in anderen Bundesländern.
Was mir bei dieser Gelegenheit auffällt, ist, dass wir uns bei den Meldekriterien – also: wann ist ein Ereignis mit welchem Tempo zu melden? – gerade bei zurückliegenden Ereignissen schon fragen können, ob es eigentlich richtig ist, dass man über ein Ereignis des Jahres 1997 noch eine Eil- und Sofortmeldung machen muss. Also, diese Frage kann man sich schon stellen. Denn die Eile hat immerhin eine Konsequenz: Wenn ich etwas schnell melden muss, kann das dazu führen, dass man nicht unbedingt sorgfältig arbeiten kann. Vor diesem Problem stehen wir angesichts der Fülle von Ereignissen, die wir jetzt über Jahre zurückverfolgt haben und mit denen wir jetzt sehr schnell umgehen müssen. Ich halte das für problematisch.
Man sollte im Blick auf die Zukunft festlegen, ob etwas eilbedürftig ist oder sogar sofort behandelt werden muss, und nicht bei der Abarbeitung alter Ereignisse.
Im Übrigen sollten wir, glaube ich, jetzt zu einer gewissen Normalität der Bearbeitung zurückkehren. Ich will Ihnen nur einmal ein Beispiel nennen: Ich habe gestern von zwei möglicherweise meldepflichtigen Ereignissen gehört, die sich auf KKP II – das ist ja zurzeit abgeschaltet – beziehen. Es geht um technische Probleme im Pumpenbereich. Wir werden jetzt zu untersuchen haben, ob das meldepflichtige Ereignisse sind.
Wir haben im Übrigen bei KKP I festgestellt, dass es in einem Raum eine kontaminierte Flüssigkeit gegeben hat, in den eine solche Flüssigkeit nicht gehört. Das ist wahrscheinlich ein Ereignis der Kategorie 0 mit einer Normalmeldung.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: So wie das ganze Mi- nisterium: ein Ereignis der Kategorie 0! – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Alles ganz normal!)
Ich will jetzt nur einmal sagen: Bislang sind solche Meldungen ganz normal eingegangen und ganz normal an den Bund und den Landtag weitergeleitet worden. Man hat dann einmal im Vierteljahr diese Meldungen zur Kenntnis bekommen. Zurzeit publizieren wir diese Meldungen aber, auch wenn es dadurch so erscheint, als würde ständig etwas Neues passieren. In der Öffentlichkeit wird das dann permanent als Störfall dargestellt, obwohl es Ereignisse sind, die bis vor wenigen Wochen noch niemanden interessiert haben; denn die Mitteilungen, die wir an den Landtag gemacht haben, haben in der Öffentlichkeit nie einen Niederschlag gefunden.
Deswegen ist der Umgang mit Ereignissen – die Darstellung in der Öffentlichkeit – ein eigenes Kapitel, das man bei dieser Gelegenheit auch kritisch überprüfen muss.
Zweiter Punkt: Aufsicht, Gutachter und Betreiber. Was haben wir hier in Baden-Württemberg für eine Situation, und wohin muss die Reise gehen? Sind wir mit Blindheit geschlagen? Ist der Tatbestand, dass 17 Jahre lang von einem Betriebshandbuch abgewichen worden ist, ein Indiz dafür, dass die Aufsicht Fehler begangen hat bzw. nicht nach den richtigen Regeln gearbeitet hat? Ich glaube, nein. Aber nichtsdestoweniger würde ich sagen: Wir werden auf diesem Gebiet einen Nachholbedarf haben.
Zunächst einmal muss es dabei bleiben: Wir werden keine hundertprozentige Kontrolle, kein gläsernes Kraftwerk bekommen – in dem Sinne, dass hinter jedem Mitarbeiter ein Aufsichtsbeamter steht. Es ist offenkundig, dass das nicht die richtige Regel sein kann. Wir würden den Betreiber aus seiner Verantwortung entlassen. Es wäre eine völlige Verkennung dessen, was vonseiten der Aufsicht überhaupt geleistet werden kann und geleistet werden muss. Deswegen die Frage: Wie ist die Aufsicht denn wirklich, und wie geschieht die Gutachtertätigkeit?
Wir orientieren uns an der Sicherheitsrelevanz. Vor zehn Jahren wurde die Gutachtertätigkeit in Baden-Württemberg vertraglich zum letzten Mal wesentlich neu konzipiert – 1991 zwischen uns und dem TÜV. Seither hat sich daran nichts geändert – übrigens auch nicht zur Regierungszeit des Umweltministers Schäfer, das nur nebenbei. Wir bewegen uns bei der Frage, was der TÜV tut und was nicht, was der Umfang seines Gutachtenauftrags ist, im Rahmen dessen, was andere Bundesländer ganz genauso machen.
Was ist der Rahmen? Die Schwerpunkte der Gutachtertätigkeit sind wiederkehrende Prüfungen an sicherheitstechnisch relevanten Einrichtungen. Um nur einmal eine Zahl zu nennen – man meint immer, die tun dort alle nichts, pennen, gucken weg oder was auch immer –: Pro Jahr und pro Block werden ungefähr 3 000 bis 4 000 Überprüfungen vorgenommen.
Es geht bei den begutachteten Gegenständen um Überprüfungen bei Änderungen von Anlagen und Änderungen von Betriebsweisen. Es geht bei der Gutachtertätigkeit darum, auch fremde Ereignisse daraufhin auszuwerten, ob sie bei dem jeweiligen Kraftwerk, für das man zuständig ist, ebenfalls vorliegen könnten. Es geht um den Schutz der Beschäftigten und der Öffentlichkeit vor einer Radioaktivitätsbelastung. Es geht um das gutachterliche Begleiten von Wartungsarbeiten. Es geht um Aufsichtsschwerpunkte nach Bedarf; so haben wir beispielsweise bei der WAK ganz andere Konsequenzen zu ziehen als beispielsweise beim KKP.
Um Ihnen ein Gefühl für den Umfang der Gutachtertätigkeit zu geben: Beim GKN sind pro Jahr ungefähr im Umfang von 2 000 Manntagen Mitarbeiter des TÜV vor Ort. 2 000 Manntage sind nicht ganz wenig. Beim KKP sind es 2 500 Manntage, beim KWO 500 Manntage. Das sind allein die Tage, an denen Mitarbeiter des TÜV vor Ort sind.
Das ist keine Kleinigkeit; es sind viele Mannjahre aufsichtlicher Tätigkeit. Übrigens sind auch unsere Mitarbeiter einen Tag pro Woche bei den Kraftwerksblöcken, um unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen.
Was ist nicht Gegenstand der Kontrolle? Das sind genau die Dinge, die hier eine Rolle gespielt haben. Nicht Gegenstand der Kontrolle war bisher die sichere Betriebsführung durch den Betreiber selbst, das heißt, das Handeln der jeweiligen Betriebsmannschaft, der Schichtmannschaft, und die Frage, ob sie nach den Regeln handelt, die im Betriebshandbuch vorgegeben sind.
Jetzt stellen wir fest: Genau da lagen die Lücken. Ebenso muss man feststellen: Genau an dieser Stelle muss der Betreiber nachsetzen, müssen augenscheinlich aber auch wir bei der Kontrolle nachsetzen. Das betrifft uns alle miteinander in der Bundesrepublik, denn es war in keinem Bundesland anders. Das haben wir in der Bundesrepublik alle miteinander aus diesem Fall zu lernen: dass es einen regelmäßigen lockeren und rechtswidrigen Umgang mit Betriebsvorschriften geben kann. Das kann natürlich nicht so bleiben.
Deswegen brauchen wir eine andere Sicherheitskultur, ein anderes Sicherheitsmanagement beim Betreiber und auch eine darauf bezogene, zusätzliche Kontrolle von außen.
Mit solchen strukturellen Fragen – weil auch von der ILK die Rede war – wie der Sicherheitskultur oder dem Sicherheitsmanagement befasst sich die ILK tatsächlich, aber losgelöst vom Einzelfall – lediglich durch konkrete Fälle ausgelöst. Die ILK bearbeitet die Sachverhalte nicht aktuell – das ist nicht ihre Aufgabe – sondern sie versucht, generelle Konsequenzen zu ziehen.
Übrigens einmal eine Randbemerkung zum Thema ILK und dazu, welche Flaschen darin säßen: Es ist schon von Professor Roos die Rede gewesen, der in der Fachwelt wirklich ein unumstrittener Experte ist. Ich nenne ein anderes Mitglied, Herrn Professor Eibel, der jetzt von der RSK angefordert wird, um in den Fragen tätig zu werden, für die er schon jetzt in der ILK zuständig ist, nämlich bezüglich der Bewertung von Gefahren durch terroristische Anschläge auf Kernkraftwerke. Das heißt, die RSK – das sozusagen edle, völlig pluralistisch und zutreffend zusammengesetzte Gremium – bedient sich in einer bestimmten Sachfrage eines führenden Kopfes der ILK. Daran mögen Sie sehen, dass dieses Bild, dass die einen der Wahrheit verpflichtet seien, während die anderen nur vertuschen wollten, nicht stimmt. Die Leute, die wir haben, werden national und international gerne in Anspruch genommen und sind gesucht.
Ich habe jetzt etwas zu dem gesagt, was auf der Betreiberseite in Zukunft geschehen muss, Stichwort: Sicherheitskultur, Sicherheitsmanagement. Dieser lockere Umgang mit den Vorschriften geht nicht, wir werden da die Aufsicht erweitern.
Erstens: Ich halte es für sehr sinnvoll, dass die Stichprobenkontrollen der Einhaltung der Betriebshandbücher nicht von demselben Gutachter gemacht werden, der auch sonst die Gutachtertätigkeit übernimmt. Das Prinzip, dass unterschiedliche Augen Unterschiedliches sehen, hat etwas für sich. Wenn die stichprobenhafte Kontrolle der Kernkraftwerke einerseits und die sicherheitstechnische Überprüfung andererseits von unterschiedlichen Institutionen durchgeführt wird, ist das sinnvoll. Das wird sicher eine Blickrichtung sein.
Eine zweite Blickrichtung ist – das haben wir schon gesagt, und das haben wir bereits in Gang gesetzt –, dass die meldepflichtigen Ereignisse auch nicht von demselben Gutachter gemacht werden sollen, der das Alltagsgeschäft gemacht hat. Die Jobrotation bei den Gutachtern wird eine Rolle spielen. Ich glaube, auch ein etwas erweiterter Gutachterauftrag wird notwendig sein. Ich sage einmal: Tut ihr lieben Gutachter nicht nur das, wozu ihr einen unmittelbaren Auftrag habt, sondern ergreift auch einmal an der einen oder anderen Stelle die Eigeninitiative und macht uns Vorschläge. Das geschieht in gewissem Umfang, aber das lässt sich noch ausbauen.
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Wenn Sie schon kei- ne Debatte wollen, dann kommen Sie doch bitte zum Ende!)
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Bei- fall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜ- NE: Dadurch, dass Sie keine Zwischenfragen zu- lassen, verhindern Sie jede Debatte!)
Wenn Sie unbedingt politische und polemische Bemerkungen haben wollen, dann sage ich Ihnen etwas, was ich eigentlich nicht sagen wollte.
Mich hat es gestört, weil es falsch war. Sie haben sich gegen meinen Vorwurf der Verleumdung nicht gewehrt, weil er richtig war.