Frau Schavan und Herr Pfister, Sie haben beide wieder an die Verantwortung der Eltern im Hinblick auf die Erziehungsleistungen erinnert. Ich kenne in Baden-Württemberg keine einzige ernsthafte Initiative, die dazu führen würde, die Kommunikation und die Zusammenarbeit von Eltern und Schulen zu verbessern.
Zeigen Sie erst einmal eine solche Initiative auf, bevor Sie Ihre Forderung hier im Landtag gebetsmühlenhaft wiederholen.
Ein Drittes, Frau Schavan: Sie sagen, die frühe Einschulung sei notwendig, weil die Kinder mit sieben Jahren
sonst in der Schule unterfordert würden. Sie blenden aber völlig aus, dass Sie auch für die Kindergärten als Bildungseinrichtungen verantwortlich sind.
(Beifall des Abg. Zeller SPD – Abg. Pfister FDP/ DVP: Das ist richtig! – Abg. Wacker CDU: Im El- ternhaus beginnt sie!)
Hier, Frau Schavan, haben Sie Ihre Hausaufgaben überhaupt nicht gemacht. Deshalb sprechen Sie dieses Thema auch wohlweislich nicht an.
Im Jahr 1990 ist an die Kultusminister der Länder der Auftrag ergangen, die Erzieherinnenausbildung zu reformieren, um sie auf das Niveau der Ausbildung in Europa zu bringen. Sie haben dies völlig verschlafen und vernachlässigt, weil Sie die Erziehung aus ideologischen Gründen nach wie vor ausschließlich im Bereich der Eltern sehen und nicht bereit sind, die großen Möglichkeiten der Kindergärten als Bildungseinrichtungen zu nutzen.
Etwas möchte ich noch zu den Ländern sagen, die bei den Leistungen ihrer Schüler an der Spitze stehen.
Aber eines ist noch nicht gesagt worden: Wenn wir uns anschauen, wie diese Länder ihre Bildungssysteme reformiert haben, während wir in unserem hochselektiven Bildungswesen eine soziale Auslese vorgenommen und damit die Abiturquote erhöht haben, stellen wir fest: Diese Länder haben ihr Bildungswesen systematisch entbürokratisiert und dezentralisiert. Sie haben die Eigenverantwortung der Schulen gestärkt. Sie haben den Lehrerinnen und Lehrern, den Gemeinden und den Eltern die Möglichkeit gegeben, die Bildung und den Unterricht in ihren Einrichtungen selbst aktiv zu reformieren.
Hier dagegen, in diesem Bundesland, darf man nicht einmal über die Frage diskutieren, ob Lehrer Berufsbeamte sein müssen.
Ganz zu schweigen davon, dass die Einstellung von Lehrkräften an der Schule daran scheitert, dass im Promillebereich die Auslese getroffen wird, wer an die Schulen kommt. Es geht nicht nach der Frage, wer besser ins Team, in das Kollegium passt.
Zum Schluss möchte ich noch eines sagen, Frau Schavan: Es ist ja schön, dass Sie jetzt auch die Lehrer loben. Allerdings ist das an den Schulen – diese Rückmeldung kann ich Ihnen geben – bis jetzt noch nicht angekommen.
Aber ich möchte darauf verweisen, dass immer noch zu viel Schelte durch Politiker betrieben wird. Ich erinnere nicht zuletzt an die Aussage eines CDU-Spitzenpolitikers im Landtag von Baden-Württemberg, der von „faulen Hunden“ sprach.
An diese Schelte über Lehrerinnen und Lehrer möchte ich erinnern. Es gibt auch Schelte an Schülerinnen und Schülern.
Die Kinder seien alle nicht mehr so, wie sie sein sollten – so, als könnten wir uns welche backen. Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Kinder und Jugendlichen in den Schulen müssen so genommen werden, wie sie nun mal ankommen.
Daran muss bei der Reform des Bildungswesens angesetzt werden. Die Schüler und Schülerinnen in Baden-Württemberg sind nicht dümmer als die in anderen Ländern.
wenn wir die richtigen Impulse setzen, wenn wir die richtigen Anreize schaffen, wenn wir die Schulen – Sie haben die Möglichkeit dazu, aber Sie tun es nicht – in die Freiheit entlassen und wenn wir die entsprechenden Unterstützungssysteme dafür bereitstellen.
(Abg. Fleischer CDU: Jetzt kommt die Zeitung! – Abg. Pfister FDP/DVP: Jetzt wirds „Zeit“! – Ge- genrufe von der SPD)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf einige Punkte, auf einige zentrale bildungspolitische Stichworte, die in der zweiten Runde genannt worden sind, eingehen.
Erstens: Das Zitat, von dem ich gesprochen habe, stammte überhaupt nicht aus der Zeitung, die Sie gelesen haben und die ich auch gerade gelesen habe. Es stammte vielmehr aus einer anderen Zeitung. Das ist in Nordrhein-Westfalen durch den Rundfunk gegangen und mir heute Morgen – –
Ich habe nicht die „Zeit“ genannt; ich habe gesagt: „in Zeitungen“. Das steht in mehreren Zeitungen in NordrheinWestfalen.
Zweitens: Wenn Sie aber dieses Interview meinen und dem Parlament den Eindruck vermitteln wollen, ich hätte ein Zitat benutzt, das eigentlich überhaupt nicht zu Äußerungen meiner Amtskollegin passe, dann lese ich jetzt weitere Zitate aus eben diesen – –