Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

be ich. Davor sind NRW und auch das eine oder andere neue Bundesland.

(Abg. Zeller SPD: Es sind 112 Schulen!)

Es sind 400 Ganztagsschulen.

(Abg. Zeller SPD: Mit den Sonderschulen!)

Natürlich zählen wir die Sonderschulen dazu. Wir haben nämlich Sonderschulen und entsprechend gute Ergebnisse. Sie wissen, dass wir an weit über 500 Schulen Ganztagsangebote haben.

Aber, meine Damen und Herren, zu den Ergebnissen der PISA-Studie gehört: Ganztagsschule mit schlechtem Unterricht ist nicht besser als Halbtagsschule mit schlechtem Unterricht. Deshalb gehört die Konzentration auf die Unterrichtsentwicklung gelegt und nicht auf die Frage: Ganztagsangebot oder nicht?

(Beifall bei der CDU – Abg. Zeller SPD: Das be- streitet doch niemand! – Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Guter Unterricht ist immer besser als schlech- ter, egal in welcher Schule!)

Der Schwerpunkt der Umstellung auf die Ganztagsschule liegt genau dort, wo es wichtig ist: bei einer Schülergruppe, die sich schwer tut, die keine Anregung außerhalb des Unterrichts hat. Deshalb wandeln wir unsere Hauptschulen in sozialen Brennpunkten um. Die ersten 130 sind umgewandelt worden, und diese Entwicklung wird sich konsequent fortsetzen.

Nächstes Stichwort: Autonomie. Wer auch immer jetzt sagt: „Wer die Schulen in die Freiheit entlässt, erhält bessere Leistungen“, wird durch PISA eines Besseren belehrt. Bei PISA steht ganz klar: Autonomie, Selbstständigkeit der Schule muss gekoppelt sein mit vergleichbaren Leistungsstandards.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb brauchen wir beides. Wir brauchen die Standards,

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Wir brauchen ein Evaluationssystem!)

wir brauchen ein Evaluationssystem.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das haben wir in Baden- Württemberg!)

So ist es. Wir haben eine Menge Vergleichsuntersuchungen eingeführt. Aber das wird fortgesetzt und verstärkt werden müssen.

Also: Autonomie der Schulen nur in Verbindung mit Leistungsstandards, mit vergleichbaren Ergebnissen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber die haben wir doch!)

Nur dann führt Autonomie der Schule zu besseren Leistungen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Deshalb ist Finnland so gut!)

Deshalb sind die Vorschläge im Haus des Lernens zum großen Teil total konträr zu dem, was PISA uns jetzt lehrt. Auch diese Debatte wird geführt werden, weil jetzt klar ist, dass Schulentwicklung nicht die Entwicklung eines irgendwie gearteten globalen Milieus bedeutet, sondern dass Schulentwicklung zunächst einmal im Kern Unterrichtsentwicklung bedeutet. Und dann kann guter Unterricht ergänzt werden durch andere Lernimpulse, durch andere Angebote. Vielfach beschäftigen wir uns mit vielen anderen Angeboten in Deutschland und in solchen Gutachten, aber nicht mit dem Kernstück, und das Kernstück ist guter Unterricht.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Dazu hätte es keiner Studie bedurft! – Abg. Pfister FDP/DVP: Guter Unterricht ist besser als schlechter Unterricht!)

Deshalb wiederhole ich es noch einmal, auch wenn Sie es überhören wollen: Wir haben in diesem Land schon wichtige Weichenstellungen geschafft. Zur Wahrhaftigkeit gehört, dass man nicht drei Monate vorher anfängt zu maulen, dass da möglicherweise noch Ergebnisse kommen, die selbstverständlich so sind, wie das gesagt wird. Da kann ich nur sagen: Zur ganzen Wahrheit von PISA gehört die erste und die zweite Stufe. Die zweite Stufe ist bedeutsam, weil sie die konkrete Auseinandersetzung mit Konzepten in Deutschland bedeutet, die konkrete Auseinandersetzung mit der Frage: Was wirkt wie? Das ist die eigentliche Kernfrage der Bildungspolitik. Nicht: Wem gefällt was, sondern: Was wirkt wie?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Das gilt vor allem für Sie!)

Meine Damen und Herren, die für die Aktuelle Debatte vorgesehene Dauer ist ausgeschöpft. Es sind deshalb keine Worterteilungen mehr möglich. Ich weise allerdings darauf hin, dass es in § 60 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung ausdrücklich heißt: „Auch die Mitglieder der Regierung und ihre Beauftragten sollen sich an diese Redezeiten halten.“ Die Regierung hat 32 Minuten und 41 Sekunden Redezeit gehabt.

(Abg. Alfred Haas CDU: Beraten Sie das doch mal im Präsidium, nicht im Plenum!)

Wir müssen einmal die Frage klären, wie künftig in einem solchen Fall verfahren werden soll.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses zu der Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 8. August 2000 – Fortschreibung des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg (LEP); hier: Anhörungsverfahren nach § 5 Abs. 2 und 3 des Landesplanungsgesetzes – Drucksachen 12/5447, 13/527

Berichterstatter: Abg. Fleischer

Ich rufe zusätzlich den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/573, auf.

Das Präsidium hat für die Aussprache gestaffelte Redezeiten mit einer Grundredezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

(Stellv. Präsident Birzele)

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Dr. Birk, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Fortschreibungsentwurf des vorliegenden Landesentwicklungsplans ist für uns ein tragfähiges Instrument der ausgewogenen Weiterentwicklung des Landes Baden-Württemberg in den nächsten 10 bis 15 Jahren. Die Ziele, nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse, günstige Wirtschaftsentwicklungsperspektiven, attraktive Wohnund Wohnumfeldbedingungen sowie gesunde Umweltbedingungen zu schaffen, sind mit dem vorliegenden Entwurf des Landesentwicklungsplans in weiten Teilen erreicht. Dieser Entwicklungsplanentwurf ist auch entscheidungsreif. Das Verfahren läuft bereits seit 1997. Nach der Vorlage des Entwurfs wurden über 1 000 Stellungnahmen durch Kommunen sowie Träger öffentlicher Belange abgegeben. Über 5 000 Einzeleinwendungen wurden geltend gemacht. Das Wirtschaftsministerium hat alle Stellungnahmen ausgewertet. Deshalb können wir heute den Beschluss fassen, den Landesentwicklungsplan durch Rechtsverordnung der Landesregierung im nächsten Jahr in Kraft zu setzen.

Wir, die CDU-Fraktion, haben parallel dazu eine Reihe von Anhörungen gemacht, bei denen wir uns mit Vertretern aus Kommunen, Landkreisen, Regionen sowie Repräsentanten der Kammern und Verbände ein präzises Stimmungsbild innerhalb des Landes eingeholt haben, und wir haben auch zentrale Änderungsanliegen dieser betroffenen Kreise mit aufgenommen. Auf dieser Grundlage wurde auch ein gemeinsamer Beschlussantrag von CDU und FDP/DVP im Wirtschaftsausschuss eingebracht, der dort auch mehrheitlich verabschiedet wurde.

Wir haben insgesamt 52 Änderungswünsche eingebracht. Wir halten diese Änderungswünsche in weiten Teilen für berechtigt und möchten auch die Landesregierung und speziell das Wirtschaftsministerium bitten, diese zu berücksichtigen.

Umso verwunderter sind wir, dass die SPD heute mit einem Antrag kommt, nachdem sie zumindest im Wirtschaftsausschuss doch in Teilen mit uns gestimmt hat – und in Teilen auch dagegen.

(Heiterkeit des Abg. Fleischer CDU)

Lieber Herr Kollege Schmiedel und liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD im Wirtschaftsausschuss, uns kommt es einfach so vor: Sie haben die Anhörungsphase des Landesentwicklungsplans verschlafen, sind aus Ihrem Winterschlaf gerissen worden und versuchen nun mit einem sehr dürftigen und aktionistischen Antrag etwas zu retten, was Sie bereits verloren haben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hofer FDP/ DVP)

Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wir werden diesem Änderungsantrag von Ihnen nicht zustimmen. Er ist in weiten Teilen erstens nicht berechtigt und zweitens auch handwerklich schlecht gemacht.

(Abg. Hauk CDU: Inkompetent!)

Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen. Sie fordern zum Beispiel, dass Gundelfingen aus dem Verdichtungsraum Freiburg herausgenommen und als Kleinzentrum ausgewiesen werden soll. Herr Kollege Schmiedel, Sie sind ja auch in der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart ein Kollege von mir, und Sie wissen daher: Dies ist Sache der Regionalplanung, aber nicht der Landesentwicklungsplanung. Deswegen können wir diesem Verfahren schon aus rein formalen Gründen so nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was wollen wir?

(Abg. Teßmer SPD: Das würden wir auch gern wissen! – Gegenruf des Abg. Hauk CDU: Das spä- te Erwachen der SPD!)

Wir wollen vor allem, dass bei zentralen Orten in sehr beschränktem Umfang, aber durchaus berechtigt, wenige Aufstufungen vorgenommen werden. Wir sind der Meinung, dass Aufstufungen weiterhin vorgenommen werden müssen. Dies ist aus fachlichen Aspekten begründet und führt in vielen Bereichen auch dazu, dass die Architektur des zentralörtlichen Netzes nicht gefährdet wird, sondern sich sinnvoll weiterentwickeln kann. Auf diese Aufstufungen möchte ich aber im Einzelnen nicht eingehen. Sie können nachvollziehen, dass sie berechtigt sind, und in den Fällen, wo es noch einen gewissen Abstimmungsbedarf gibt, bitten wir die Regierung, dies entsprechend zu prüfen.

Wir wollen auch bei der Festlegung von Entwicklungsachsen im Land für leistungsfähige Landes- und regionale Entwicklungsachsen sorgen. Wir haben bereits sehr starke Nord-Süd-Verbindungen, was im Landesentwicklungsplan zum Ausdruck kommt. Aber Ost-West-Verbindungen wie zum Beispiel die Linie Heilbronn – Stuttgart – LeinfeldenEchterdingen – Reutlingen – Tübingen – Riedlingen – Ravensburg sollten sicherlich noch stärker berücksichtigt werden.

Wir wollen aber auch, dass sich die Großräume in ihrem Entwicklungsbild entlang der Regionen und entsprechend ihres Potenzials gleichwertig entwickeln können. Deshalb ist die Region Stuttgart im Landesentwicklungsplan – und das begrüßen wir ausdrücklich – als europäische Metropolregion ausgewiesen. Dies ist ein Beschluss der Raumordnungsministerkonferenz aus dem Jahr 1995.