Zweitens: In der Koalitionsvereinbarung steht die Ankündigung eines Programms, das insbesondere Maßnahmen zur fächerspezifischen Qualifizierung der Lehrkräfte umfasst. Das Land startet dazu eine Medienoffensive im Staatsanzeiger.
Sie lachen noch. Das Lachen wird Ihnen möglicherweise gleich vergehen. – Am 12. Dezember lesen wir über Herrn Staatsminister Palmer: „Ferner sollen nach den Worten Palmers 50 Millionen Euro in die multimediale Lehrerausund -fortbildung fließen.“ Schön gesagt!
Am 19. Dezember teilt uns das Ministerium mit, dass dies nicht stattfinden kann, weil dies nicht gemeinnützig ist, die Stiftung es nicht bezahlt und das Geld auch nicht etatisiert ist.
Jetzt noch etwas zu der viel gescholtenen Bundesregierung. Obwohl nicht zuständig, hat diese Bundesregierung 34,9 Millionen DM im Rahmen des Zukunftsprogramms für berufliche Schulen in Baden-Württemberg bereitgestellt, damit in Baden-Württemberg die Multimediaausstattung der beruflichen Schulen auf den modernsten Stand gebracht werden kann. Das ist fast genauso viel, wie das Land selber aufgebracht hat. Das ist die Leistung der Bundesregierung ohne deren Zuständigkeit, Herr Ministerpräsident. Sie sollten eigentlich auch einmal ein Lob aussprechen, dass Sie dieses Geld bekommen haben.
Kommen wir zur Unterrichtsversorgung. Herr Teufel in der Regierungserklärung: „Eine gute Unterrichtsversorgung ist und bleibt unser Hauptanliegen.“ Jetzt kommt der Finanzminister: „Das besonders gute und hohe Niveau der Unterrichtsversorgung an den Schulen in unserem Land soll mit 3 000 neuen Stellen weiter ausgebaut werden.“
Die Wirklichkeit: Nach wie vor sind Unterrichtsausfälle auch im Pflichtstundenbereich an der Tagesordnung. Zu Schuljahresanfang wurden in Baden-Württemberg nach wie vor Förder- und Ergänzungsstunden sowie Arbeitsgemeinschaften reihenweise gestrichen. An den Berufsschulen fallen wöchentlich 25 000 Pflichtunterrichtsstunden aus, weil es dort zu wenig Lehrer gibt. Die Klassen werden immer größer. Wir haben jetzt im Realschul- und im Gymnasialbereich Durchschnittsklassen von 27 Schülerinnen
und Schülern. Seit Frau Schavan Ministerin ist, hat sich die Zahl der besonders problematischen Großklassen mit mehr als 30 Schülern an den Gymnasien verdoppelt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Erst vor wenigen Tagen hat uns Frau Schavan schriftlich mitgeteilt, dass an den Gymnasien die durchschnittliche Relation der Schüler je Klasse aufgrund der zunehmenden Schülerzahlen weiter ansteigen werde. Das ist die Situation.
Richtig schwierig, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird es, wenn Sie das einmal durchrechnen, erst im Schuljahr 2003/2004, wenn der Fremdsprachenunterricht flächendeckend eingerichtet wird. Das erfordert 400 Deputate pro Jahr, und durch Auslaufen des Vorgriffstundenmodells gehen 870 Deputate verloren. Insgesamt werden also 1 270 Deputate benötigt, eingestellt werden aber nur 1 230 Lehrerinnen und Lehrer. Das heißt, dass noch nicht einmal für diesen Bereich voll eingestellt wird, und dabei wird in diesem Schuljahr nicht einmal berechnet, dass wir 9 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler bekommen.
Das gibt einen Versorgungseinbruch par excellence. Nichts wird dazu gesagt, wie dieser Versorgungseinbruch geregelt werden kann, und in der milden Sprache der Frau Schavan heißt es: Es gibt Versorgungseinbußen durch das Vorgriffstundenmodell. Nur durch Gesundbeten, Frau Ministerin, wird es nicht besser. Sie werden uns schon klarlegen müssen, und zwar möglichst in diesem Jahr, wie ab 2003 die drohenden Einbrüche in der Unterrichtsversorgung tatsächlich vermieden werden können. So weit zur Unterrichtsversorgung.
Wenn für die wirtschaftliche Entwicklung Bildung und Ausbildung der Menschen immer wichtiger werden, dann hängt die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheidend von der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen ab.
Fazit, die Wirklichkeit im Landeshaushalt ist: Der Anteil des Frankenberg-Etats am Gesamthaushalt geht nach den Plandaten kontinuierlich zurück, er nimmt ab. Das muss der Minister selber auch schon festgestellt haben. Im Bund hingegen wird zum vierten Mal in Folge die Investition in Bildung und Forschung erhöht. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, gegenüber Ihrer Regierungszeit gibt es eine Steigerung um 15,5 %, und im Jahr 2002 wird es in der Bundesrepublik Deutschland den größten Etat für Bildung und Forschung in der bundesdeutschen Geschichte geben. Das ist die eine Seite. Da sieht man, wie Sie kontinuierlich im Bereich der Forschung und Lehre heruntergehen.
Jetzt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, komme ich zu einem Situationsbericht, der mir persönlich noch viel größere Sorgen macht. Es geht um die Politik für ältere Menschen. Sie haben bei der gesamten Situation noch gar
nicht berücksichtigt, dass wir einen dramatischen Versorgungseinbruch an Beschäftigten in den Alten- und Pflegeheimen haben. Die Alten- und Pflegeheime in Baden-Württemberg suchen nach Pflegekräften und haben keine. Es gibt dazu überhaupt keine Antwort aus der Landesregierung. Es gibt auch kein Angebot an Pflegekräften für zu Hause. Da würde mich schon einmal interessieren, was der Sozialminister und was diese Landesregierung zu diesem extrem menschlichen Problem sagen, dass Angehörige Personal brauchen, weil sie die Pflege nicht mehr selber leisten können. Sowohl zu der Situation im Pflegebereich in den Heimen wie auch zu der zu Hause wird nichts gesagt. Auf der einen Seite ist man gegen die Greencard, weil man die Leute nicht hereinlassen will, und gegen Zuwanderung ist man auch, obwohl man das Problem dadurch regeln könnte.
Da würden wir schon einmal gerne wissen, wie das geregelt werden soll, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Zuwanderung macht man zum Wahlkampfthema, um das kaputtzumachen, und auf der anderen Seite hat man keine Pflegekräfte. Und es wird in Baden-Württemberg noch viel schlimmer; denn wir brauchen ja in den nächsten zehn Jahren 10 000 neue Pflegeplätze.
Dies bedeutet, dass wir im Investitionsbereich 1,5 Milliarden DM für diese neuen Pflegeplätze brauchen. Wir brauchen – geschätzt – 1,6 Milliarden DM für die Sanierung der Altenpflegeheime. Das sind insgesamt 3,1 Milliarden DM. Nach dem Landespflegegesetz muss das Land davon 40 % zahlen. Das sind 1,24 Milliarden DM. Wir müssten jedes Jahr rund 124 Millionen DM im Investitionsbereich für diese Pflegeplätze für die älteren Menschen in unserem Land zur Verfügung stellen.
Das haben wir doch überhaupt nicht. Bis 2005 erreichen Sie diesen Betrag nie, im Gegenteil, Sie haben da eine Lücke von insgesamt 40 Millionen DM. Das Versprechen des Sozialministers im Wahlkampf lautete: „Die Mittel für den Pflegeheimbau werden ab 2002 um 50 % aufgestockt.“ Ich stelle fest: Auch dieses Wahlversprechen wurde nicht gehalten; dies wurde nur versprochen.
Bei der Landesarbeitsmarktpolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir eine gezielte Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg. Immerhin sind es 100 000 Menschen, über ein Drittel unserer Arbeitslosen.
Vor diesem Hintergrund verstehen wir überhaupt nicht die dramatischen Kürzungen in der Landesarbeitsmarktpolitik. Die sind unsozial und beschäftigungspolitisch verfehlt.
Wenn wir über 100 000 Langzeitarbeitslose haben, müssen wir dort etwas tun, damit die in Lohn und Arbeit kommen. 2001 hatten wir noch 17,7 Millionen Euro, nächstes Jahr werden wir noch 11,4 Millionen Euro haben, und im Jahr 2003 sollen wir gerade noch 5 Millionen Euro für diese Gruppe der Menschen, die Langzeitarbeitslosen in BadenWürttemberg, zur Verfügung haben. Das ist ein Skandal,
Wir werden vor allem die mittelständischen Unternehmen im Land nach Kräften fördern. Mittelstand, Handwerk, freie Berufe: Die Kleinen sind es, die unser Land groß machen.
Das Wirtschaftsministerium hat dem Handwerkskammertag ohne jegliche Konsultation die Kürzung der Mitfinanzierungsanteile des Landes an den laufenden Kosten der ergänzenden überbetrieblichen Ausbildung
um 20 % zum 1. Januar 2002 mitgeteilt.... Diese Entscheidung ist im Handwerk auf Empörung und Unverständnis gestoßen.
Der dem Handwerk zuordenbare Teil der überbetrieblichen Gewerbeförderung (wurde) von über 10 Millionen DM im Jahr 1992 auf 2,7 Millionen DM im Jahr 2001