Protokoll der Sitzung vom 19.12.2001

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was Teufel und Döring hier veranstalten, ist doch Mittelstandsmobbing in Reinkultur, unabhängig davon, dass man auf die Lehrlinge, die in diese Ausbildung gehen, überhaupt keine Gedanken verschwendet.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden das im Haushalt ändern. Wir werden für den baden-württembergischen Mittelstand etwas tun, was diese Regierung nicht tut.

(Zuruf von der SPD: Mittelstandsmobbing! – Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist schon längst getan, Herr Kollege!)

Ich habe einen Haushaltsplan vorliegen, der das vorsieht, aber in der Rede des Finanzministers zur Einbringung des Haushalts ist davon nichts angedeutet. Wir müssen von dem ausgehen, was man uns sagt, wobei ich nachher auf etwas kommen werde, bei dem man davon ausgehen muss, dass etwas anderes gemeint ist.

Ich fahre jetzt fort und komme zum JUMP-Programm. Die Landesregierung kürzt beim Landesprogramm „Jugend – Arbeit – Zukunft“ so, dass das Programm faktisch vor dem Aus steht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die SPD-geführte Bundesregierung dagegen investiert mit dem JUMPProgramm 2 Milliarden DM in die Zukunft junger Menschen.

(Abg. Mack CDU: Mit Mitteln des Arbeitsamts! Aber die sind nicht mehr im Bundeshaushalt! Da habt ihr nämlich 2 Milliarden gekürzt!)

Allein in Baden-Württemberg werden in diesem Jahr rund 10 000 Jugendliche im Rahmen dieses Programms gefördert. Das ist angesichts von über 30 000 Jugendlichen, die in Baden-Württemberg arbeitslos sind, wichtig und auch dringend erforderlich. Auf der einen Seite wird hier über Arbeitslosigkeit gesprochen – das Landesprogramm streicht man fast auf null –, und auf der anderen Seite macht die Bundesregierung das Richtige und fördert die Jugendlichen. Das ist der Unterschied zwischen Rot-Grün und CDU-Politik.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Wegen der Nullverschuldung gibt es große Ankündigungen, die Wirklichkeit des Haushalts besteht aber aus anderem: Kreditaufnahmen im Jahr 2002 über 1,99 Milliarden DM und im Jahr 2003 über 1,73 Milliarden DM. Damit liegt die Regierung im Doppelhaushalt mit 1 Milliarde DM über dem unteren Limit für die Kreditaufnahme der eigenen mittelfristigen Finanzplanung des Jahres 2000. Ich stelle das nur einmal fest.

Wir sehen auch nicht, wie die Landesregierung aufzeigen kann, dass sie zur Nullverschuldung kommt. Aber die Landesregierung ist selber schuld, und zwar Herr Teufel mit den die Regierung tragenden Parteien. Denn die Landesstiftung, die Sie eingerichtet haben, ist aus vielen Gründen sehr verhängnisvoll. Man hat diese Landesstiftung ohne Not eingerichtet. Ich werde nachher noch darauf zurückkommen. Man hat die Landesstiftung eingerichtet, damit man vor der Landtagswahl noch möglichst viele Förderbescheide unter das Volk bringen konnte, um zu zeigen, dass es noch Geld gibt.

(Abg. Capezzuto SPD: Persilschein!)

Ich werde nachher noch auf einige Beispiele kommen, aus denen sich die Unsinnigkeit ergibt. Man hat in dieser Stiftung praktisch 5 Milliarden DM Landesvermögen gebunden und kann wegen der Gemeinnützigkeit dieses Geld

nicht für das ausgeben, wofür es dringend benötigt wird: für Bildung, Kindererziehung, Schulen und auch für die innere Sicherheit. Hätte man zugewartet, wie wir das empfohlen haben, und diesen Verkauf erst bis zum Januar 2002 getätigt, dann hätte man mit Kaufoptionen arbeiten können. Das Staatsministerium hat noch in der Presse verkündet, dann hätte man den Kaufpreis nicht bekommen. Man hätte es so verkaufen können: Einen Beherrschungsvertrag mit der EdF machen und erst im neuen Jahr das Eigentum übertragen. Das wäre gegangen, Herr Ministerpräsident. Die Stadt Stuttgart hat das gemacht und keine Steuern gezahlt. Sie kann ihren Haushalt sanieren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Hätten wir das auch so gemacht, hätten wir 5 Milliarden DM Schulden abbauen können und auch noch einen Zinsvorteil in Höhe von einer halben Milliarde DM gehabt. Das muss man sich einmal vorstellen: in einem Doppelhaushalt eine halbe Milliarde Zinsvorteil! Die hätten wir jetzt einsetzen können, im Übrigen auch dafür, um die Neuverschuldung nicht so hoch zu setzen. Aber das ist eine völlig unsinnige Konstruktion.

Die Tatsache, Herr Kollege Oettinger, dass Sie auch noch die Landesbeteiligungen der BW-Bank und an der Gasversorgung Süddeutschland in diese Stiftung eingebracht haben, die Sie jetzt verkaufen wollen, aber den Erlös dann drin lassen müssen,

(Abg. Hauk CDU: Währungsverwechslung!)

zeigt, dass diese Konstruktion völlig schwachsinnig ist. Ich glaube auch, dass das alle Abgeordneten von CDU und FDP/DVP wissen. Deswegen sind sie nämlich so still und nicken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD)

Sie haben nicht den Mumm, das abzuschaffen. Wir werden Sie im nächsten Jahr aber stellen, weil es darauf ankommt, in diesem Land endlich etwas anders zu machen und nicht unnötige Projekte zu unterstützen. Wir haben sonst im Landeshaushalt kein Geld mehr für die dringend notwendigen Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Herr Finanzminister, ich fordere Sie auf, nächstens Klartext zu reden. Wir haben jetzt erfahren, dass die Zukunftsoffensive III nicht so finanziert werden kann, wie das ursprünglich geplant war. Man spricht von 250 Millionen DM, die nicht über die Landesstiftung laufen können, weil sie nicht für gemeinnützige Projekte eingesetzt werden sollen. Man will diese Projekte jetzt über den öffentlichen Haushalt finanzieren. Dafür muss dann ein Teil des öffentlichen Haushalts durch die Landesstiftung finanziert werden. Hier wird hin und her jongliert. Wir haben gelesen, es handle sich um Professorenstellen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie hätten bei der Einbringung des Haushalts hier wirklich Klarheit und Wahrheit schaffen müssen und das nicht einen Tag vorher in einem Hintergrundgespräch der Presse erzählen dürfen. Das Parlament ist schon der Mittelpunkt, dem Sie berichten sollten. Ich

fordere Sie auf, das auch zu tun, damit alle wissen, was Sie mit diesem Haushalt – 250 Millionen DM sind ja keine Kleinigkeit – vorhaben, welche Projekte nicht über die Landesstiftung finanziert werden können und wie Sie das überhaupt finanzieren wollen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die Landesstiftung macht auch Dinge, die – ich sage es einmal vorsichtig – recht eigenartig sind. Sie entwickelt sich auch zum Selbstbedienungsladen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Jetzt, Haas!)

Die Landesstiftung stellt im Landkreis Emmendingen 400 000 DM für einen sozialen Hilfsfonds zur Verfügung. Nur in einem Landkreis! Zufällig ist der Vorsitzende dieses Hilfsfonds der CDU-Abgeordnete Haas.

(Abg. Göschel SPD: Herr Haas ist stiften gegan- gen! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Der Haas hat rote Löffel! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Er ist zufällig auch Mitglied im Aufsichtsrat der Landesstiftung und kann in eigener Sache tätig werden.

(Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Vorgang ist deswegen so eklatant, weil der Ministerpräsident als Aufsichtsratsvorsitzender großzügig 400 000 DM für einen Wahlkreis

(Abg. Hauk CDU: Ist ja gar nicht wahr!)

für ein Projekt eines Parteifreundes zur Verfügung stellt,

(Abg. Hauk CDU: Ist ja gar nicht wahr! Das ist ein gemeinnütziger Verein!)

während für den gleichen Zeitraum im Landeshaushalt ähnliche Beträge für soziale Einrichtungen flächendeckend gestrichen werden.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Ursu- la Haußmann SPD: So ist es!)

Erstes Beispiel: Die Selbsthilfegruppen chronisch Kranker im Land erhalten in den nächsten beiden Jahren 360 000 DM weniger als in diesem Jahr für ihre wichtige Arbeit.

Nächstes Beispiel: Die 14 Aidshilfeeinrichtungen im Land erhalten jetzt 10 % weniger Zuschuss.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Rechtzeitig bekannt gegeben nach dem Weltaidstag!)

In einem Bereich wie Aids ist eine Kürzung überhaupt nicht nachzuvollziehen, nachdem die Landesstiftung 400 000 DM für ein Projekt wie das im Landkreis Emmendingen hinauswirft.

(Abg. Capezzuto SPD: Genau! Beschämend!)

Zweiter Fall: Der private Elternverein der CDU-Multiaktivistin Frau Heinisch erhält aus der Landesstiftung für einen Zeitraum von drei Jahren 1,2 Millionen DM für eine neu zu gründende Elternakademie.

(Abg. Göschel SPD: Unfassbar! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wer ist denn die Frau Heinisch?)

Ich sage Ihnen nur zum Vergleich: Der im Schulgesetz vorgesehene offizielle Landeselternbeirat erhält für seine ehrenamtliche Arbeit gerade einmal 130 000 DM jährlich, und die ebenfalls im Gesetz vorgesehenen Gesamtelternbeiräte erhalten überhaupt keine Landesmittel.

(Abg. Hauk CDU: Was hat das damit zu tun? – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: Das ist ja peinlich! Das stinkt zum Himmel! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das sind halt keine CDU-Mitglieder!)

Wenn Sie diesen Vergleich ziehen, Herr Hauk, stellen sie fest, dass das schwer etwas damit zu tun hat.

Der dritte Vorgang: Angeregt vom früheren Amtschef im Staatsministerium, Lorenz Menz, und dem ehemaligen Staatssekretär im Kultusministerium, Rudolf Köberle, soll über die Landesstiftung auch noch eine Singestiftung eingerichtet werden.

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Carla Bregenzer SPD: Na toll! – Zuruf des Abg. Dr. Sa- lomon GRÜNE)