Protokoll der Sitzung vom 19.12.2001

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Drexler SPD: Über Ihre Versprechungen!)

Über Baden-Württemberg können Sie nicht geredet haben.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Drexler: Doch!)

Wenn Sie über Baden-Württemberg geredet haben, dann haben Sie hier ein Zerrbild gezeichnet,

(Abg. Drexler SPD: Ich habe über Ihre Verspre- chungen geredet!)

das jenseits jeglicher Realität ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich will sehr gern auf die angesprochenen Punkte zurückkommen und Ihnen sagen: Der vorliegende Haushaltsentwurf gibt uns allen eine gute Möglichkeit,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wortbrüche zu ver- schleiern!)

Bilanz zu ziehen über das, was in den letzten beiden Jahren in Baden-Württemberg gemacht worden ist – eine, wie ich glaube, sehr erfolgreiche Bilanz –, und gibt uns gleichzeitig einen Ausblick,

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

das heißt, er benennt Entwicklungsperspektiven, die für die Zukunft des Landes von großer Bedeutung sind.

Meine Damen und Herren, es geht in diesem Haushalt in der Tat um zwei Dinge: um Sparen auf der einen Seite – darauf komme ich zurück – und insbesondere um das Gestalten auf der anderen Seite. In dem Umfang, in dem es gelingt, in diesem Haushalt sowohl zu sparen als auch zu gestalten, können wir sagen, welche Qualität dieser Haushalt aufweist.

Ich will dies gern an einigen wenigen Schwerpunkten der Landespolitik deutlich machen.

Ich habe vor sechs Monaten bei der Aussprache über die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten einen besonderen Schwerpunkt auf die Familienpolitik gelegt. Wir wissen, dass die Familie die grundlegende Institution unserer Gesellschaft ist. Wir müssen die Familie stärken und unterstützen, damit sie sich auch unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen bewähren kann. Ich weiß um den Wert traditioneller Familienstruktur. Aber wir dürfen auch nicht die Augen vor veränderten gesellschaftlichen Realitäten verschließen.

Wenn es eine Definition für eine gute Familienpolitik gibt, dann ist es die, dass wir sagen, meine Damen und Herren: Familie ist immer dort, wo Kinder sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Oelmayer GRÜNE: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Deshalb darf es kein Armutsrisiko sein, Kinder zu haben.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Auch darf es keine dauerhafte Beeinträchtigung der beruflichen Chancen insbesondere der Frauen darstellen, Kinder zu erziehen.

(Beifall der Abg. Christine Rudolf SPD – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Meine Damen und Herren, die Novelle des Kindergartengesetzes in der letzten Legislaturperiode war ein Erfolg: mehr Angebote mit erweiterten Öffnungszeiten,

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

mehr Ganztagsangebote, mehr altersgemischte Gruppen. Das gilt selbstverständlich auch für die Konzeption der verlässlichen Grundschule mit einer ergänzenden Betreuung.

Ich bitte Sie, einmal in die Gemeinden zu gehen und mit den Beteiligten zu sprechen. Dann werden Sie feststellen, dass sowohl unser Kindergartengesetz – eines der besten in der Bundesrepublik Deutschland – als auch die verlässliche Grundschule von den Beteiligten in den Gemeinden in hervorragender Weise angenommen werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Natürlich wissen wir, wo Defizite bestehen. Deshalb habe ich vor sechs Monaten gesagt: Wir wollen zusammen mit den Kommunen, deren originäre Aufgabe dies ja ist, die Ganztagsangebote für Kinder bedarfsgerecht ausbauen und eben nicht nur für Kinder im Kindergartenalter, sondern auch für Kinder unter drei und über sechs Jahre.

Meine Damen und Herren, genau dies geschieht in diesem Haushalt. Mit diesem Doppelhaushalt vollziehen wir einen Einstieg in die Förderung von Kinderkrippen und Tagespflegeplätzen, und wir bauen gleichzeitig die Förderung von ergänzenden Betreuungsangeboten an den verlässlichen Grundschulen und im Ganztagsbereich weiter aus.

Ich will Ihnen, Kollege Drexler – er ist gerade draußen –, sagen: Das, was wir hier machen, ist wesentlich mehr als das, was die SPD in ihrer Regierungszeit zustande gebracht hat. Denn sie hat in dieser Richtung überhaupt nichts getan – damit das auch klar ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Entscheidend ist aber, dass wir mit unserer Politik dazu beitragen, die Freiheit der Wahl zwischen unterschiedlichen Lebensentwürfen vor allem für Frauen real zu gewährleisten. Denn eine Beschränkung darf nicht stattfinden. Es darf nicht sein, dass wir hier die Rolle der Familienfrau unter Inkaufnahme von dauerhaft nicht aufholbaren beruflichen Nachteilen und dort die berufliche Karriere unter Verzicht auf Kinder haben. Meine Damen und Herren, eine solche Alternative, eine solche Fragestellung, eine solche Beschränkung darf es nicht geben.

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Wir werden mit dieser Politik, im Haushalt nachlesbar, diese Freiheit der Wahl für die betroffenen Frauen zum ersten Mal in erheblich größerem Umfang verwirklichen können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Bebber SPD: Vereinzelter Beifall! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Was macht ihr mit den Alleinerziehenden?)

Zweitens habe ich die hohe Priorität der Bildungspolitik hervorgehoben. Diese Bildungspolitik genießt nach wie vor in der Koalition höchste Priorität. Wir haben mit insgesamt 1 040 zusätzlichen Stellen die Unterrichtsversorgung im laufenden Schuljahr gesichert und dafür Sorge getragen, dass die feste Krankenstellvertreterreserve fortgeführt werden kann. Im Doppelhaushalt 2002/2003 kommen rund

3 000 Stellen neu hinzu. Wir haben dies vor der Landtagswahl angekündigt. Dies wird umgesetzt – kontinuierlich, bedarfsgerecht und verlässlich auch in schwierigen Zeiten. Es bleibt dabei, meine Damen und Herren: Bildungspolitik ist für diese Koalition nach wie vor Schwerpunktthema.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ganz genau!)

Die Verlässlichkeit, die wir bei der Unterrichtsversorgung an den Tag legen, werden wir auch in den inhaltlichen Fragen der Bildungspolitik an den Tag legen. Wir wollen den fächerübergreifenden Unterricht ausbauen, wir wollen verstärkt wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge vermitteln. Wir wollen keinen Wettlauf um immer neue Inhalte und Fächer, sondern wir wollen die Konzentration des Unterrichts auf ein unverzichtbares Grundlagen- und Orientierungswissen

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

als gesichertes Fundament lebenslangen Lernens. Vor allem wollen wir einen Unterricht, der wieder mehr neugierig macht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Wunderbar!)

Wir haben vereinbart und erste Schritte dazu getan, die Eigenständigkeit der Schule zu stärken. Wir wollen die Gestaltungsräume der einzelnen Schulen erweitern. Das beginnt mit der Budgetierung von Haushalten, geht über die Möglichkeit der Schulen, Lehrer selbst auszuwählen, bis hin zur eigenständigen Profilierung einer Schule.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, diese Leitmotive – mehr Autonomie, mehr Wettbewerb und mehr Leistung –, die wir in der Hochschulpolitik bereits erfolgreich durchgesetzt haben, müssen, wenngleich in veränderter Form, auch für die Schulen gelten. Denn eines gilt für Hochschulen und für Schulen, für das gesamte Bildungssystem generell: Eigenverantwortung und Wettbewerb bedeuten immer auch mehr Leistung und mehr Qualität. Genau diese Dinge müssen besser erreicht werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich nenne als dritten Schwerpunkt die Wissenschaftspolitik. Auch die Kollegen, die vor mir geredet haben, haben dieses Thema zu Recht angesprochen. Ich denke, dass wir die Hochschullandschaft unseres Landes in der vergangenen Legislaturperiode stark und positiv verändert haben. Wir konnten sie auch deshalb positiv verändern, weil sie von der Zukunftsoffensive II profitiert hat. Genau dies wird in dieser Legislaturperiode ebenso geschehen.

Meine Damen und Herren, bei allen tagesaktuellen Diskussionen über einzelne Projekte der Zukunftsoffensive, bei allen tagesaktuellen Diskussionen über die eine oder andere Maßnahme der Landesstiftung, die dem einen oder anderen nicht so gefällt, darf doch ein Grundgedanke nicht in den Hintergrund gedrängt werden: Auf diesem Wege ist es uns gelungen, das Vermögen des Landes einer Verwen

dung zuzuführen, die uns alle den höchsten materiellen wie immateriellen Nutzen für unser Land erwarten lässt, indem wir in die Köpfe der jungen Menschen, in Bildung und Ausbildung, Wissenschaft, Forschung, neue Technologien investieren. Es gibt keine bessere Investitionsmöglichkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

Für den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg waren die Reformgesetze der letzten Legislaturperiode wichtig, denn sie haben den Weg – ich habe darauf hingewiesen – zu mehr Autonomie, zu mehr Wettbewerb und zu mehr Leistung gewiesen. Wir werden die leistungsbezogene Mittelzuweisung Schritt für Schritt weiter ausbauen.