Aus Berlin, meine Damen und Herren, erhält der Mittelstand hingegen in aller Regel eher Steine statt Brot.
Mein Vorwurf an Rot-Grün in Berlin ist, dass es den Arbeitsmarkt leider immer weiter reguliert, anstatt ihn entschlossen zu deregulieren. Das 630-DM-Gesetz – eine Missgeburt, wie der finanzpolitische Sprecher der Grünen in Berlin dieser Tage gesagt hat –, die Verschärfung des Kündigungsschutzes und gesetzliche Teilzeitansprüche sind Beispiele für diese Negativentwicklung. Mein Vorwurf ist, dass Rot-Grün zu stark bürokratisiert, anstatt zu entbürokratisieren.
Entgegen allen Darstellungen, die wir von der Opposition, von Herrn Drexler gehört haben, ist Tatsache, dass die Lohnnebenkosten eben nicht sinken.
Sie sinken nicht unter 40 %, wie Sie das versprochen haben. Sie haben versprochen, dass die Lohnnebenkosten insgesamt unter 40 % sinken werden. Das Gegenteil ist der Fall.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das schadet den älteren Menschen mehr!)
Das alles schadet dem Mittelstand. Von der Steuerreform und der Schieflage dieser Steuerreform will ich überhaupt nicht sprechen.
Meine Damen und Herren, wer so handelt, wie Sie das getan haben, der nutzt nicht die Chancen, dem Abschwung entgegenzuwirken, sondern er verstärkt die Abwärtstendenzen.
(Abg. Drexler SPD: Wo, wann? Im Wachstum! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhart CDU: Wir spre- chen von 16 Jahren, Herr Kollege!)
Heute sitzen wir durch Ihre Politik im Bremserhäuschen, und dafür tragen ausschließlich Sie die Verantwortung.
Leider ist es so, dass die verfehlte Wirtschaftspolitik des Bundes automatisch auch die Erfolge der Konsolidierungspolitik unseres Landes gefährdet. Wir haben in den vergangenen Jahren die in den Haushaltsplänen veranschlagte Nettokreditaufnahme jeweils deutlich unterschreiten können. Wenn Sie sich die Zeit von 1998 bis 2000 anschauen und die veranschlagte Nettokreditaufnahme mit dem vergleichen, was dann tatsächlich aufgenommen wurde, werden Sie feststellen, dass 2 Milliarden DM weniger aufgenommen worden sind, als ursprünglich geplant war.
Ich gebe gerne zu, dass wir dabei durch eine günstige konjunkturelle Entwicklung unterstützt worden sind. Aber ent
scheidend ist doch, dass diese Mehreinnahmen von 2 Milliarden DM eben nicht – von einzelnen Schwerpunktbereichen einmal abgesehen – für zusätzliche Ausgabenprogramme verwendet worden sind,
Wir haben neben dem ersten ein zweites Stellenabbauprogramm auf den Weg gebracht – insgesamt 6 320 Stellen, darauf wurde hingewiesen. Ich will nur noch einmal in Erinnerung rufen: Diese 6 320 Stellen sind aus einem Korridor, der nur knapp 20 % des Stellenvolumens beträgt, entnommen worden, weil der 80-prozentige Korridor – Lehrer und innere Sicherheit – dafür nicht zur Verfügung stand. Wenn man das weiß, dann weiß man auch, wie hart dieses Stellenabbauprogramm war und ist. Ich füge aber ausdrücklich hinzu: Es gibt dazu keine Alternative. Wenn wir diesen Haushalt in Ordnung bringen wollen, müssen wir auch in der Zukunft alles dafür tun, dass der Personalkostenanteil am Haushalt unter 40 % gedrückt wird, meine Damen und Herren.
Der Herr Finanzminister hat am vergangenen Mittwoch die Einsparanstrengungen, die mit der Aufstellung des Doppelhaushalts verbunden waren, ausführlich dargestellt. Unabhängig von allgemeinen Entlastungen bei den Personalausgaben und den Zinsen ein Einsparvolumen im Umfang von 1,5 Milliarden DM quer durch alle Ressorts zu realisieren, das erforderte eine gewaltige Anstrengung.
Mit alldem konnten wir die Auswirkungen der Steuerschätzung vom Mai etwa ausgleichen, etwa ausgleichen auch die Belastungen des Haushalts durch weitere Mindereinnahmen, durch zwangsläufige Mehrausgaben und durch unabdingbare Prioritätensetzung wie Bildungspolitik, Antiterrorprogramm und anderes mehr. Damit konnte man das in etwa ausgleichen, ohne dass der Kurs der Haushaltskonsolidierung hätte verlassen werden müssen.
Aber die zusätzlichen Steuerausfälle, die uns jetzt mit der November-Steuerschätzung drohen, waren nur etwa zur Hälfte für die Jahre 2001 bis 2003 auszugleichen, nicht in vollem Umfang. Deshalb bleibt es dabei, dass der Rest nur über eine Erhöhung der vorgesehenen Nettokreditaufnahme ausgeglichen werden kann. Ich will aber deutlich machen, meine Damen und Herren: Die Erhöhung der Nettokreditaufnahme für das Jahr 2002 gegenüber der ursprünglichen Planung darf nur ein vorübergehendes Abweichen vom Kurs strikter Haushaltskonsolidierung sein.
Erstens: Das Wachstum der Steuereinnahmen muss sich ab 2003 wieder auf einem Niveau einpendeln, wie es der Steuerschätzung vom Mai zugrunde lag.
Zweitens: Wir müssen weitere Anstrengungen unternehmen, um eine Haushaltsentlastung zu erreichen. Das ist die Abteilung „Klassisches Sparen“.
Und drittens: Wir müssen unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen und unabhängig von klassischen Sparmaßnahmen dazu kommen, die Ausgabenseite des Haushalts auch in wirtschaftlich guten Zeiten auf einem sehr niedrigen Wachstumspfad zu verstetigen.
Dies erfordert ein noch schärferes Bewusstsein dafür, dass notwendige Prioritätensetzungen immer auch erfordern, zugleich Posterioritäten zu setzen. Wir können nicht einfach davon ausgehen, dass der Kuchen immer größer wird und dass dieser wohlfeil verteilt wird. Wer von einer solchen Politik ausgeht, der hat keine Chance, zu einer durchgreifenden Haushaltskonsolidierung zu kommen.
Lassen Sie mich einige wenige Beispiele nennen, um deutlich zu machen, dass neben Konjunkturentwicklung und neben klassischem Sparen wir in der Zukunft auch in die Strukturen des Haushalts eingreifen müssen. Das wird eine Aufgabe der Haushaltsstrukturkommission sein.
Erster Punkt: Meine Damen und Herren, ich bin sehr dafür, dass wir eine Diskussion darüber führen, dass Hauptschullehrer in der Zukunft nicht mehr die einzige Lehrergruppe sind, die ohne Beförderungsamt ist. Ich bin sehr dafür, dass auch für Hauptschullehrer ein Beförderungsamt eingeführt wird. Aber wenn wir dies tun, müssen wir gleichzeitig darauf achten, ob im gymnasialen Bereich zwischen den Studienräten und den Oberstudienräten in der Zwischenzeit nicht eine Pyramide entstanden ist, die auf dem Kopf steht. Es ist nicht in Ordnung, dass wir heute sehr viele Oberstudienräte und weniger Studienräte an den Schulen des Landes haben. Wir müssen diesen Stellenkegel wieder in Ordnung bringen.
Zweiter Punkt: Wir haben unseren Hochschulen, den Universitätsklinika und den Studentenwerken mehr Autonomie, mehr Eigenverantwortung gegeben. Das ist gut so. Aber wer den Hochschulen mehr Autonomie, mehr Eigenverantwortung gibt, der muss auch dazu stehen, dass an anderer Stelle, nämlich in den entsprechenden Abteilungen und Referaten des Wissenschaftsministeriums, Stellen frei werden, die abgebaut werden müssen, meine Damen und Herren.
Drittens: Dieses Motiv muss auch für das Verhältnis zwischen Schulen und Schulverwaltung gelten. Wir wollen – das habe ich gesagt – die Eigenständigkeit, die Eigenverantwortung der Schulen stärken. Aber wenn wir dies tun, muss im Zuge dieses Prozesses auch die Schulverwaltung einmal auf den Prüfstand gestellt werden.