Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Einzelplan 09: Sozialministerium

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses Drucksache 13/659

Berichterstatter: Abg. Seltenreich

Herr Abg. Seltenreich, wünschen Sie als Berichterstatter das Wort?

(Abg. Seltenreich SPD: Nein!)

Das ist nicht der Fall.

Das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 09 Sozialministerium eine Gesamtredezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt. Dazu kommt ein nach der Fraktionsstärke gestaffelter Redezeitzuschlag.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Haas das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzte Rede des Innenministers hat mit Dankesworten an das Finanzministerium geendet. Ich selbst möchte beginnen mit Dankesworten an das Finanzministerium, an die CDU-Fraktion und ihren Vorsitzenden, der für die sozialpolitischen Entscheidungen bei diesen schwierigen Haushaltsberatungen den richtigen Sensus entwickelt hat.

Wir haben trotz der notwendig gewordenen Einsparungen in der Größenordnung von 40,6 Millionen € in diesem Jahr und von 46,4 Millionen € im Jahr 2003 eine zukunftsgerichtete, von sozialer Gerechtigkeit geprägte Sozialpolitik in Baden-Württemberg gestaltet, meine Damen und Herren. Dies ist aus meiner Sicht auch deshalb begründet, weil den Oppositionsfraktionen nichts anderes eingefallen ist, als die bisherigen Haushaltsansätze, die gekürzt werden mussten, wieder einzufordern oder in einem Fall einen von uns mit neuen Konzepten ausgerichteten Antrag um einige Millionen Euro aufzustocken.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Warum gekürzt werden musste? Darauf komme ich gleich noch zu sprechen. Sie wissen natürlich nichts davon, dass wir eine hohe Verschuldung haben und bis 2006 die Nullverschuldung erreichen wollen.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Das wird auch an einer Sozialpolitik nicht vorbeigehen. Sie erwecken draußen den Eindruck, als könnte man eine Nullverschuldung erreichen, ohne dass es jemand merkt. Diese billige Sozialpolitik machen wir nicht mit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Abg. Wintruff SPD: Sozialpolitik auf dem Rücken der Ärmsten!)

Sie haben während der ganzen Beratungen und wir haben wieder einmal das schwere Los gehabt, uns in sechs Arbeitskreissitzungen ausschließlich über Einsparungen zu unterhalten keinen einzigen Einsparvorschlag gemacht, sondern zusätzliche Forderungen gestellt, und diese unehrliche Sozialpolitik, meine Damen und Herren, finde ich unverantwortlich, insbesondere unseren Partnern gegenüber, mit denen wir in diesem Land in der Sozialpolitik gut zusammenarbeiten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich sage für die Zukunft: Das wird nicht ohne weitere Kürzungen auch im Sozialbereich, nicht ohne weitere Umstrukturierungen oder Programmneuausrichtungen gehen, und wir werden das auch in Zukunft ohne konkrete Vorschläge der Opposition auf den Weg bringen. Es bleibt momentan die große und die klare Hoffnung, dass die Baden

Württemberg-feindliche Bundespolitik noch in diesem Jahr beendet wird.

(Widerspruch bei der SPD Zuruf der Abg. Brigit- te Lösch GRÜNE)

Ja, da können Sie ziemlich sicher sein. Man hört allenthalben, dass es eine Reihe von Sofortmaßnahmen gäbe ich denke insbesondere an die Gesundheitspolitik , wenn Sie dort endlich zu vernünftigen Reformen kämen. Viele Leute sagen ja, die rot-grüne Regierung solle endlich die Gesetze zurückziehen, die sie auf den Markt gebracht hat; dann ginge es in Deutschland wieder aufwärts.

(Beifall bei der CDU)

Ich will drei Themenbereiche ansprechen, die uns wichtig sind und in denen wir, glaube ich, auch Maßstäbe für die Zukunft unserer Sozialpolitik im Lande setzen.

Das ist zum einen das Thema Pflege und Altenpolitik. Dort werden wir in den nächsten Jahren wie vorausberechnet die zusätzlichen Pflegeplätze schaffen. Wir haben es geschafft, dass im Bereich des KIF die Ansätze von 43,4 Millionen € in diesem Jahr auf 57,7 Millionen € und im nächsten Jahr auf 60,6 Millionen € steigen. Wir haben Wort gehalten; wir werden die Altenhilfeeinrichtungen so schaffen, wie wir sie in diesem Lande entsprechend dem Bedarf brauchen.

Wir brauchen aber auch Vertrauen in die Pflege. Die Pflege verdient Vertrauen und Anerkennung. Auch dazu haben wir einiges auf den Weg gebracht zusammen mit dem Landespflegeausschuss, der ein Maßnahmenpapier zur Attraktivitätssteigerung in der Pflege erarbeitet hat. Es geht um eine sichere Rechtsgrundlage für die Ausbildungsumlage. Da müssen wir zu Potte kommen. Wir brauchen eine verbesserte Ausbildung im Bereich der Alten- und Krankenpflege. Das heißt, die Personalsituation muss von Grund auf verbessert werden.

Wir brauchen eine enge Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsverwaltung, den Trägern von Pflegeeinrichtungen und den Tarifpartnern. Das Ziel muss sein und das werden wir auch erreichen , dass es in Baden-Württemberg keinen Pflegenotstand gibt.

Wir müssen auch und das scheint mir sehr wichtig zu sein für den Pflegeberuf eine Positivassoziierung bekommen, damit das Berufsbild der Pflege in der Öffentlichkeit einen anderen Stellenwert bekommt. Auch dazu wird die Imagekampagne einen wichtigen Beitrag leisten.

Der Bund hat leider keinen entscheidenden Beitrag geleistet. Die unzulängliche Gesetzgebung im Bereich der Demenzerkrankungen endete in einer völligen Verbürokratisierung der Arbeit in der Pflege. Die Gesetzes- und Papiergläubigkeit von Rot-Grün ist das eigentliche Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP Abg. Wintruff SPD: Blablabla! Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zur Finanzierung! Machen Sie doch einmal einen ganz konkreten Vorschlag, Herr Haas!)

Gehen Sie einmal hinaus, und reden Sie einmal mit den Pflegekräften! Dann werden Sie genau dieses hören. Die

Papiergläubigkeit ist das größte Problem, und Sie haben es nicht geschafft, das Pflegeversicherungsrecht mit dem Heimrecht zu harmonisieren. Das ist völlig misslungen; ein bürokratisches Monstrum ist herausgekommen.

Wir werden in vielen Fällen und insbesondere auch hier zum Reparaturbetrieb verfehlter Bundessozialpolitik. Wir wissen doch seit langem, dass die Zahl der demenziell Erkrankten steigt und wir in diesem Bereich neue Herausforderungen haben. Das so genannte Pflegeleistungsergänzungsgesetz verdient diesen Namen nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich will, weil dies heute schon mehrfach angesprochen wurde, die Arbeitsmarktpolitik natürlich nicht auslassen. Aber auch dafür hat der Bund im Wahlkampf etwas versprochen und das Versprechen dann gebrochen. Denn der Bund führt seit der Regierungsübernahme die Steuermittel für die Bundesanstalt für Arbeit, für die Arbeitsmarktpolitik zurück, und das ist unverantwortlich.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Und was machen Sie? Sagen Sie etwas dazu!)

Ich sage es Ihnen gleich. Ich kann die Aufregung verstehen, denn der Bundeskanzler hat am 27. Juli 1998 ja gesagt: „Wenn wir es in den ersten Jahren nicht schaffen, die Arbeitslosigkeit deutlich zu senken, dann haben wir es nicht verdient, weiter zu regieren.“ Recht hat er, der Herr Schröder. Er ist gescheitert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Mit Showveranstaltungen kann man jetzt keine Arbeitsmarktpolitik machen. Das Bündnis für Arbeit ist gescheitert, wie Sie wissen. Das Problem sind nicht die Kürzungen in unseren Arbeitsmarktprogrammen, sondern ist die fatale Falle, in der sich Schröder befindet.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Rot-Grün hat den Arbeitsmarkt bis zur völligen Bewegungslosigkeit reglementiert. Das ist das eigentliche Problem in diesem Bereich.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wo ist denn die ak- tive Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung, Herr Haas? Sagen Sie doch dazu mal etwas!)

Das werde ich Ihnen gleich erläutern.

(Abg. Seimetz CDU: Die geringste Arbeitslosen- quote belegt das schon von ganz allein!)

Das Programm „Jugend Arbeit Zukunft“ ist für uns ein wichtiger Ansatzpunkt. Es wurde nicht auf null gefahren, wie Herr Drexler heute Morgen in seinem Delirium gesagt hat. Es wird nicht auf null gefahren; wir werden weiterhin 1 600 Jugendliche im berufsvorbereitenden Jahr haben, wir werden freiwillige Gemeinschaftsleistungen haben und Initiativen für Beschäftigung.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD Gegen- ruf des Abg. Döpper CDU: Ach, Frau Haußmann, Sie kommen doch nachher zu Wort!)

Sie reiten auf den alten Zahlen herum und haben gar nicht gemerkt, was wir alles verändert haben.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es!)

Im Vorfeld und Umfeld der Jugendsarbeitslosigkeit gibt es Jugendsozialarbeiter an Schulen. Ihre Zahl haben wir verdoppelt.

(Abg. Wintruff SPD: Wo nichts ist, kann man leicht verdoppeln! Nennen Sie doch mal die Ge- samtzahl!)

Wir haben die Zahl der Jugendberufshelfer verdoppelt, und wir haben Jugendagenturen, Clearingstellen und rollende „Jugendagentouren“; wir haben die gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Alles wird gut! Ja, ja! Abg. Schmiedel SPD: Nennen Sie mal die Zahlen!)