Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Da hatten wir im Schnitt 1,3 %. Seit 1998 haben wir 1,6 % im Schnitt. Ich würde sagen: Seien Sie einfach ruhig, machen Sie Ihren Wahlkampf im Hinterzimmer, denn da gehört er hin, aber blamieren Sie sich hier nicht ständig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jetzt in etwas ruhigerer Tonlage zu diesem Haushalt. Ich glaube, von dem wollten Sie ablenken. Schaut man den Haushalt an, muss man eines feststellen: Mir ist es, wenn man von den Lehrerstellen absieht da will ich Sie ausdrücklich loben , nicht gelungen, in diesem Haushalt eine Schwerpunktsetzung zu erkennen. Für neue Schwerpunkte das ist das eigentliche Problem an diesem Haushalt muss die Landesregierung ständig Sonderhaushalte machen, Schattenhaushalte fahren ich nenne jetzt nur die Mittel aus der Landesstiftung oder, was meines Erachtens auch schlimm ist, auf die Kommunen zurückgreifen.

Ich will es im Einzelnen belegen: Das neue Investitionsprogramm Straßenbau, das Ihnen, Herr Oettinger, besonders wichtig ist, wie wir gehört haben, finanzieren Sie schlichtweg am Haushalt vorbei, das heißt, darüber beschließen wir hier gar nicht. Sie beschließen stattdessen, dass die L-Bank ihren Beitrag für das Land um 15 Millionen € pro Jahr erhöht. Die Frage ist nur, ob sie das erwirtschaften kann. Daran haben nicht nur wir Zweifel. Sie haben sich auch gescheut, diese offizielle Erhöhung des Bankbeitrages einzustellen, weil Sie wahrscheinlich selber Zweifel haben.

Die L-Bank gibt dieses Geld dann an die Baufinanz, die das Ganze vorfinanziert, und wir müssen über den Haushalt die Kapitalkosten finanzieren. Das ist vielleicht schlau gedacht, aber, Herr Pfister und Herr Oettinger Sie legen großen Wert auf Seriosität , seriös ist das Ganze nicht. Für das Parlament sind solche Vorfinanzierungen höchst problematisch, weil sie gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit verstoßen. Das müssten auch Sie erkennen.

(Zuruf von der CDU)

Sie setzen damit nur eine Übung aus der Vergangenheit fort, die Sie mit dem Sonderprogramm begonnen haben, und versehen es jetzt zusätzlich mit dem Sahnehäubchen, dass der Bankbeitrag durch die Hintertür erhöht wird.

Im Prinzip das haben wir schon mehrmals besprochen ist es mit der Zukunftsoffensive nicht viel anders. Da werden viele sinnvolle Dinge angestoßen, Herr Pfister. Wenn Sie etwas eröffnen, sage ich nicht, dass das schlecht ist. Wir haben uns nur immer gegen die Art der Finanzierung gewandt. Aber diese Sachen gehören in den Haushalt und nicht in einen Schattenhaushalt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Problem dabei ist die Gemeinnützigkeit. Das ist unbestritten. Sie selber, Herr Finanzminister, haben bei der Einbringung Ihrer Rede angesprochen, dass Projekte für 250 Millionen DM, also ein Viertel der ganzen Zukunftsoffensive, sich nach ernsthafter Prüfung als nicht gemeinnützig herausgestellt haben. Jetzt sagen Sie aber schon bei der Einbringung: Wir wollen diese Mittel natürlich ausgeben, wir wollen aber nicht gleichzeitig in die Nettoneuverschuldung gehen. Damit haben Sie indirekt nichts anderes gemacht, als einen Nachtragshaushalt angekündigt. Daran kommen Sie überhaupt nicht vorbei.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, ich kann nur an die Landesregierung appellieren, nach neuen Wegen zu suchen, wie wir für künftige Veräußerungen von Beteiligungen aus der Landesstiftung aus dieser Gemeinnützigkeitsfalle herauskommen. Es kann doch nicht auf Dauer angehen, dass wir Landeseigentum verkaufen und überhaupt nicht frei darüber verfügen können. Das schränkt den geringen Handlungsspielraum, den wir haben, zusätzlich ein.

Lassen Sie mich noch sozusagen eine Fußnote anbringen: Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass wir die Konstruktion dieser Stiftung sowieso für einen völligen Murks halten. Es ist das alte Lied, dass man Steuern zahlt, aber wenn man Geduld gehabt hätte, hätte man überhaupt keine Steuern zahlen müssen. Aber: Im Prinzip Steuern zu zahlen, Schulden zurückzuzahlen und dann mit den Zinsersparnissen neue Aufgaben zu finanzieren, das halten wir für die einzig seriöse Art, mit Veräußerungsgewinnen umzugehen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, wenn es das nächste Mal um Veräußerungsgewinne geht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie sind dem nicht gefolgt. Gut, es ist so. Aber was ist spätestens dann, wenn der Verkauf der Gasversorgung Süddeutschland zur Entscheidung ansteht? Dann muss eine Lösung gefunden werden. Oder wollen Sie den Veräußerungsgewinn dann wieder in die Gemeinnützigkeitsfalle treiben? Es gibt eine Lösung. Wir behaupten, dass wir eine haben. Wir sind Ihnen gerne behilflich, diese Lösung gemeinsam anzustreben.

Ein weiteres Problem, das bei dieser Art der Finanzierung auftritt, wenn man nicht dauerhaft neues Geld auftreibt, sondern nur einmalig einen dicken Batzen ausgibt, ist das der Folgekosten. Wir haben das in den Beratungen angesprochen. Die Antwort, die der Finanzminister gegeben hat, war alles andere als befriedigend.

Schauen wir uns doch einmal Ihre Schwerpunkte im Bereich der Hochschulen, der Fachhochschulen und der Berufsakademien an. Ich bin gespannt, wie Sie dort, wo bei neuen Stellen k.w.-Vermerke ausgebracht wurden, dann, wenn die Programme ausgelaufen sind, politisch erklären wollen, dass diese Stellen gestrichen werden. Darauf bin ich gespannt. Da ist der nächste Ärger doch schon vorprogrammiert. Dort, wo keine Stellen ausgebracht wurden, wie zum Beispiel beim Ausbau der Berufsakademien, müssen Sie diese Stellen anschließend regulär über den Haushalt finanzieren. Das ist auch in Ordnung. In Ordnung ist nur nicht, dass Sie sich heute schon für spätere Jahre binden. Dazu kann ich nur sagen: Viel Spaß jetzt schon! Seriös ist das auch nicht.

(Beifall bei den Grünen)

Ich muss, auch wenn dies schon oft gesagt wurde, einfach wiederholen: Das alles wäre vermeidbar gewesen, wenn Sie, Herr Teufel, nicht auf Teufel komm raus im Wahlkampf Segnungen über das Land hätten verstreuen wollen, wie dies ja mittlerweile üblich zu sein scheint. Wahrscheinlich glauben Sie heute noch daran, dass Sie nur wiedergewählt worden sind, weil Sie die Zukunftsoffensive III im Wahlkampf so toll verkauft haben.

Nun zum dritten Punkt, dem ungenierten Griff in die Taschen der Kommunen. Es scheint ja mittlerweile ein Markenzeichen dieser Regierung geworden zu sein, vollmundige Versprechungen zu machen und in der Bevölkerung Erwartungen zu wecken, aber dann, wenn es um die Ausführung geht, Dritte zu belasten, nämlich die Kommunen.

An erster Stelle will ich die Ausstattung der Schulen mit Computern nennen. Man kennt das Spiel ja. Es geht folgendermaßen: Die Landesregierung erkennt, wie wichtig ein Thema ist, und schürt damit Hoffnungen bei Eltern, bei Lehrern und bei Schülern. Mit diesen Hoffnungen werden dann vor Ort die Kommunen konfrontiert; an sie werden die Ansprüche gerichtet. Sie schüren dann im Wahlkampf diese Hoffnungen noch zusätzlich und machen ein Feuer drunter. Und jetzt stellt sich heraus ätsch, bätsch , dass die Kommunen die Ausstattung mit Computern aus der eigenen Tasche bezahlen dürfen, weil wieder mal im kommunalen Finanzausgleich umgeschichtet wurde. Sie stellen sich hin, machen eine Pressekonferenz und verkaufen das als Ihren Erfolg. Das halten Sie für eine seriöse Politik.

(Beifall bei den Grünen)

Das wäre eigentlich schlimm genug, aber diese Übung hat bei Ihnen System. Das hat bei Ihnen Methode. Sie machen das bei der Kinderbetreuung genauso. Der Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird von Ihnen gerade einmal mit 10 % Landesmitteln gefördert. Den Rest müssen die Kommunen finanzieren. Herr Pfister stellt sich hin und sagt, es sei eine historische Leistung, dass es die FDP erreicht habe,

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

dass man auch im letzten Bundesland gemerkt habe, dass es ein Problem gebe. Ich gratuliere Ihnen zu dieser historischen Leistung; es ist wirklich gut, dass Sie in der Regierung sind.

(Beifall bei den Grünen Abg. Walter GRÜNE: Das war das Projekt 18 Promille!)

Wer den Ausbau der Kindergärten in den Neunzigerjahren finanziert hat, das waren ausschließlich die Kommunen. Man hat den Betrag, den die Kommunen bekommen, vor zehn Jahren einmal festgeschrieben und regelt den Rest über den Vorwegabzug. Wenn die Landesregierung nun sagt: „Jedes Jahr steigern wir unsere Ausgaben für die Kindergärten“, dann ist das ein Taschenspielertrick. Nicht Sie steigern die Ausgaben für die Kindergärten, sondern die Kommunen haben die Ausgaben für die Kindergärten in den Neunzigerjahren gesteigert. Deswegen ist das, was Sie hier machen, umso perfider.

(Beifall bei den Grünen)

Lassen Sie mich an dieser Stelle eines hinzufügen: Wenn Sie Ihre Vorgehensweise jetzt auch auf die Schulkinderbetreuung übertragen, widerspricht das eklatant der bisherigen Praxis und bedeutet eine weitere Kostenverlagerung auf die Kommunen. Wir wehren uns dagegen, dass Sie so vorgehen. Wir wehren uns dagegen, dass ein Erwin Teufel, der weiß, dass er nicht mehr zur Wahl antritt, eine Politik nach dem Motto macht: Nach mir die Sintflut; soll sich doch der oder die Nächste darum kümmern und mit den Kommunen klarkommen; ich mache Politik nach Gutsherrenart.

(Abg. Hauk CDU: So sieht vielleicht Ihr Politik- verständnis aus!)

Wir wehren uns dagegen; mit uns läuft es so nicht.

(Beifall bei den Grünen)

Stattdessen muss etwas ganz anderes stattfinden, und zwar etwas, was wir schon lange eingefordert haben und was überfällig ist, nämlich eine Debatte über die Frage: Was ist eine gesamtgesellschaftliche und damit gesamtstaatliche Aufgabe und was nicht?

Wir brauchen gerade bei den Schulen und bei der Kinderbetreuung eine Neujustierung der Lastenverteilung. Sie kann aber nicht einseitig zuungunsten der Kommunen erfolgen. Sie bleiben eine Antwort auf diese Frage wie immer schuldig, und Ihr Prinzip lautet so wie das von St. Florian: Verschon mein Haus, zünd andere an! Das ist nicht die Art, wie wir mit dieser Frage umgehen wollen.

(Beifall bei den Grünen)

Nun zur mittelfristigen Finanzplanung; bei ihr veranschaulicht sich ja das ganze Dilemma. Es handelt sich um dünn bedrucktes Papier, wo in einer einfachen Rechnung dargelegt wird: Im Jahr 2006 haben wir keine Nettoneuverschuldung mehr.

Dabei muss man beachten, dass umgekehrt die Deckungslücke, die jetzt schon vorhanden ist, von Jahr zu Jahr steigt und Sie im Jahr 2006 bis zu 1,4 Milliarden € einfach nicht finanziert haben. So ist es. Das ist Ihre „seriöse“ Haushaltspolitik. Wenn man sie sich genau ansieht, kann man feststellen: Sie haben keinen blassen Schimmer, wie Sie 2006 zu einer schwarzen Null kommen sollen; davon haben Sie überhaupt keine Ahnung.

(Beifall bei den Grünen)

Das ist das, was Sie uns als seriöse Haushaltspolitik verkaufen wollen.

Zur seriösen Haushaltspolitik kann ich Ihnen nur eines sagen. Ich habe in meiner Haushaltsrede angemahnt, dass wir endlich zu strukturellen Änderungen kommen müssen. Ich habe angemahnt, dass wir endlich eine funktionale Verwaltungsreform und eine dezentrale Ressourcenverantwortung brauchen und dass wir bei allen Behörden und bei allen Ministerien im ganzen Land eine Aufgabenkritik brauchen. Das wollen Sie nicht hören. Andere Länder sind da viel weiter. In Baden-Württemberg passiert nichts.

Ein nächster Punkt, den Herr Pfister so stolz erwähnt hat: die Haushaltsstrukturkommission. Ich kann nur sagen: Die Haushaltsstrukturkommission ist eine Koalitionsrunde. Sie wird sich damit begnügen, dass der eine dem anderen das Schäufelchen wegnimmt und versucht, den anderen über den Tisch zu ziehen. Strukturelle Änderungen werden da nicht herauskommen.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Wenn die Haushaltsstrukturkommission einen Sinn haben soll, dann muss sie Dinge beschließen, die wehtun, und dann muss man das auch durchsetzen. Man setzt es aber am besten dann durch, wenn man alle einbezieht. Ich bin bereit, in einer Haushaltsstrukturkommission mitzuarbeiten, und kann mir nicht vorstellen, dass sich Herr Drexler dem verschließen würde. Nehmen Sie uns mit ins Boot! Dann sprechen wir einmal über strukturelle Fragen, und dann sprechen wir darüber, was man mitmachen kann und was man nicht mitmachen kann. Vielleicht kommt man dann einmal zu einem Ergebnis.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, wir haben die Schwerpunkte unserer Arbeit bei der Haushaltseinbringung deutlich dargestellt. Wir haben uns bemüht, unsere Schwerpunkte in den Beratungen deutlich zu machen. Wir haben uns auch bemüht, die Schwerpunkte seriös zu finanzieren, indem wir Sparvorschläge gemacht haben, indem wir eigene Vorschläge eingebracht und eigene Akzente gesetzt haben.

Die Anträge, mit denen wir in die weitere Beratung und in die zweite Lesung gehen werden, will ich noch einmal deutlich machen: Es geht im Wesentlichen um drei Bereiche. Das Erste ist der Bereich der Ökologie und in diesem Fall der Bereich der erneuerbaren Energien. Er spielt bei

Ihnen überhaupt keine Rolle mehr. Sie haben hier auf null gekürzt. Ich finde, das kann sich ein Land wie BadenWürttemberg, das bezüglich der Arbeitsplätze von der Energiewende, die die Bundesregierung eingeleitet hat, wie kein anderes Land profitiert, einfach nicht erlauben. Sie müssen hier eigenes Geld in die Hand nehmen und können sich nicht immer nur auf andere verlassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dazu kommt von uns ein eigener Antrag.

Jetzt komme ich zu dem ganzen Bereich der Kinderbetreuung von unter Dreijährigen. Ich habe es schon angesprochen: Ihre 10 % Kostenbeteiligung sind ein Witz. Man muss da wirklich Geld in die Hand nehmen: deutlich mehr Geld für Krippen, deutlich mehr Geld für Tagesmütter. Und man muss ein neues Programm auflegen. Man weiß spätestens seit der PISA-Studie aber man hätte es auch früher wissen können , dass die Kinder mit den Müttern in vielen Bereichen, auch im Kindergartenbereich, auch Deutschunterricht und Sprachförderung bekommen sollten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei den Grünen)