Protokoll der Sitzung vom 01.02.2002

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das müssen Sie Ih- rem Ministerpräsidenten sagen!)

Sie wissen, er hat Veränderungen durchgesetzt, und mir ist bekannt, Frau Kollegin Dederer, dass er das unterschrieben hat, aber wir müssen auch in den nächsten Jahren an weiteren Verbesserungen arbeiten.

(Abg. Schmiedel SPD: Er wollte das so haben!)

Er wollte es, lieber Herr Kollege Schmiedel, natürlich nicht so. Denn Sie kennen ja die Ausgangslage, wegen der der Klageweg beschritten werden sollte, und ich will ganz deutlich sagen: Sozialdemokratisch regierte Länder haben verhindert, dass wir in Baden-Württemberg weitere Verbesserungen erreichen konnten.

(Beifall bei der CDU)

Wir liefern 2002 mit 2,3 Milliarden € rund drei Viertel der Summe ab, die wir im Landeshaushalt Gott sei Dank noch immer investieren können. Wir halten in Baden-Württemberg dennoch Kurs: heraus aus der Verschuldung.

Ich will Ihnen deutlich sagen: Ich habe die Beratungen im Finanzausschuss komplett abgesehen von 20 Minuten und einigen Pausen mitverfolgt. Mir ist kein einziger Antrag der SPD und der Grünen bekannt, der auf Einsparungen gezielt hätte.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD Abg. Boris Palmer GRÜNE: Straßenbau!)

Mir ist ein Antrag bekannt, den ich einmal als einen Beitrag der besonders wenig qualifizierten Kategorie bezeichnen möchte. Es ist der Antrag, in dem Sie für die Regionalmessen 106,8 Millionen DM gefordert haben

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Euro!)

Euro , in einer Situation, in der Standorte überhaupt noch kein Interesse angemeldet hatten.

(Abg. Fischer SPD: Das stimmt doch gar nicht! Soll ich Ihnen den Antrag holen?)

Ich sage Ihnen gleich, Mannheim ist interessiert. Es fehlt ein kompaktes Konzept dessen, was Sie als SPD im Detail machen wollen. Beispielsweise ist in Ihrem Antrag Villingen-Schwenningen angesprochen, obwohl von dort noch nichts Beratungsfähiges vorliegt. Aber der eigentliche Punkt ist Folgender, Herr Kollege Fischer: Sie bieten Deckung ab 2007 an. Ich sage Ihnen deutlich: Ich habe es noch nie erlebt, dass jemand zum Haushalt 2002/03 einen Antrag stellt und die Deckung für die Ausgaben ab 2007 anbietet. Lesen Sie bitte Ihren eigenen Antrag nach ab 2007.

(Abg. Schmid SPD: Lesen Sie ihn nach!)

Ich habe ihn gründlich gelesen. Er ist im Grunde genommen nicht beratungs- und haushaltsfähig. In den Ausschussberatungen hatte ich dies auch angemerkt, und Sie haben mir bei dieser Feststellung nicht widersprochen.

(Zurufe der Abg. Fischer, Schmid und Schmiedel SPD sowie des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Lieber Herr Kollege Palmer, die Straßenbaudebatte um gleich das zweite Thema aufzugreifen haben Sie heute Morgen mit dem etwas verunglückten Bankräubervergleich geführt. Ich will Ihnen deutlich sagen: Das war nach meinem Dafürhalten etwas verstiegen. Aber es gab in dieser Debatte nur wenige Entgleisungen, und einer musste ja eine Entgleisung setzen. Insofern haben Sie nach dem statistischen Mittel sogar über das hinausgegriffen, was der Fraktionsstärke entsprechen würde.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU: Das war kein Sparan- trag! Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Lieber Herr Palmer, ich sage Ihnen sehr klar: Sie haben ja gesagt, Sie wollten bei den tatsächlichen Investitionen nicht einsparen. Sie sind mit dem Finanzierungsweg nicht einverstanden. Wir haben ausführlich über diese Frage debattiert. Der Finanzierungsweg ist korrekt und wird von der Regierungsmehrheit befürwortet und getragen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, neben den polemischen Hinweisen, die man aus den Debatten kennt, kommt man nicht umhin, einfach noch ein paar Fakten zu erwähnen, über die es hier im Haus Konsens gibt.

Ich stelle fest, dass die Landesregierung, die sie tragenden Fraktionen und auch der Finanzausschuss, der hier im Land

auch Haushaltsausschuss ist, insgesamt sehr gut gearbeitet haben, dass in einem guten Klima beraten wurde und dass namentlich der Minister mit seinen Beamtinnen und Beamten eine sehr kollegiale und in den meisten Punkten inhaltlich überzeugende Beratung mit uns realisiert hat.

Eines ist klar: Wenn wir gestern von einem blauen Brief gelesen haben, dann hat das nichts mit einem Grundschulzeugnis zu tun, sondern damit, dass der Bundesminister der Finanzen hiermit eine Vorwarnung bekam, auch mit dem Hinweis auf die Situation in den Ländern. Wenn ich dann aber die Länder einmal differenziert anschaue, kann ich sagen, dass Baden-Württemberg im Sinne des Bundesministers der Finanzen stabilisiert hat, während andere Bundesländer, deren Regierungen ihm parteipolitisch näher stehen, finanzpolitisch destabilisiert und entscheidend zu diesem blauen Brief beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU Abg. Schmiedel SPD: Aber der hat doch einen blauen Brief nach Stuttgart ge- schickt?)

Wenn nämlich der Bundesminister der Finanzen einmal differenziert auswerfen würde, was wie ich vorhin mit den Zahlen angedeutet habe die einzelnen Länder bezogen auf sein Problem leisten oder nicht leisten, käme er zu dem Ergebnis ich würde mir wünschen, er würde es einmal öffentlich ansprechen und bekunden , dass die Länder Baden-Württemberg und Bayern gemeinsam mit Hamburg auf dem Stabilitätskurs seine treuesten Verbündeten sind. Ich meine, Herr Eichel sollte diese Situation einmal ansprechen.

Eine weitere Frage, die sich daraus entwickelt: Wenn der Bundesminister der Finanzen weiterkommen will, muss er meines Erachtens einen Weg der systematischen Entschuldung in allen Bundesländern koordinieren, damit sie dies vergleichbar mit Baden-Württemberg und Bayern tun und sich dieses Themas annehmen und daran arbeiten. Ich nenne noch einmal die eingangs erwähnte Zahl: Es kann nicht sein, dass man die Situation bei uns immer weiter verbessern will, aber in anderen Bundesländern eine extrem hohe Pro-Kopf-Verschuldung hinnimmt; in Niedersachsen sind es zum Beispiel 245 € Neuverschuldung pro Kopf in diesem Jahr, in Baden-Württemberg nur 89 €.

Schließlich stehen wir hier in einer gemeinsamen Verantwortung, und der Weg von 2,7 zu 3 % ist nicht weit.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir alle auch würdigen und sehen sollten, wenn wir Konsolidierung im Landeshaushalt fahren, auf welcher Basis der Steuerschätzung und mit welchen Spielräumen wir dies machen müssen. Wir müssen objektiv feststellen, dass die Spielräume enger geworden sind. Nach der Steuerschätzung vom Mai 1997 konnten der Bund, die Länder und die Kommunen für 2002 mit Steuereinnahmen in Höhe von 974,7 Milliarden DM rechnen. Im November 2001 belief sich die Schätzung nur noch auf 904,6 Milliarden DM. Sie sehen, der Plafond ist niedriger geworden, weil eben aus den großen Versprechungen des Jahres 1998 nichts geworden ist. Die Halbierung der Zahl der Arbeitslosen hat nicht stattgefunden. Der Genosse der Bosse hat lediglich bewirkt, dass heute die ganz, ganz großen Unternehmen keine Körper

schaftsteuer mehr bezahlen, während die gesamte Last in Baden-Württemberg sind es mittlerweile 60 % der relevanten Einnahmen bei den Lohn- und Einkommensteuerzahlern und bei den Mittelständlern liegt, die sozusagen das letzte Drittel noch auffüllen. Wir haben eine Situation, in der die Dinge verschoben haben, und zwar zulasten der kleinen Leute, zulasten der kleinen Unternehmen und zugunsten der großen Strukturen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Quatsch! Zurufe von der SPD: Steuerreform, Kindergelderhöhung!)

Ich darf Sie auch darauf hinweisen: Wenn ich sehe, wie der Bund Beschaffungen tätigt, zum Beispiel im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Innern, stelle ich auch fest, dass durch Konzentration der Beschaffungen die Dinge zulasten des Mittelstands und zugunsten der Großindustrie laufen. Wir können das gerne einmal gemeinsam in einem Seminar diskutieren.

(Zurufe von der SPD: Oh! Da brauchen wir kein Seminar!)

Meine Damen und Herren, es ehrt meine Partei, dass wir seit 1998 keinen einzigen Vorwurf vernommen haben, wir würden den Bundeskanzler und den Bundesminister der Finanzen blockieren. Ich habe diesen Vorwurf, der bis 1998 in aller Munde war, noch nie zulasten der Union gehört.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Aber ich frage: Was sollten wir auch blockieren? Es gibt ja kaum Vorschläge, über die man beraten kann.

(Beifall bei der CDU Abg. Schmid SPD: Steuer- reform! Abg. Schmiedel SPD: Was ist mit der Zuwanderung?)

Ich will auf die aktuelle Diskussion zum Vergleich zwischen dem ersten Quartal 2002 und dem ersten Quartal 2001 eingehen. Einige Zeitungen haben zu Recht sehr kritisch angemerkt, Baden-Württemberg müsse im Hinblick auf seine Erwartungen sehr aufmerksam sein. Die Maßstäblichkeit sagt aber auch, dass das erste Quartal 2001 exzellent war, sodass für das erste Quartal 2002 der statistische Maßstab besonders schwierig ist.

Nachdem Sie gestern eine Art Investitionsprogramm gefordert haben, meine Damen und Herren von der SPD ich habe es heute der Presse entnommen , frage ich mich, aus welchen Anträgen, die Sie hier im Hause gestellt haben, sich ein solches Investitionsprogramm denn speisen sollte. Sie haben keine Anträge gestellt, die in ein solches Programm zusammenzuführen wären. Deshalb ist auch Ihre Forderung, ein solches Programm aufzulegen, nicht begründet. Lieber Herr Kollege Schmiedel, Sie können nicht hier ständig in den Plenardebatten sagen: „Ihr gebt zu viel Geld aus“ und dann Anträge einbringen, deren Annahme immer mehr Geld kosten würde, ohne einen einzigen Einsparungsvorschlag zu machen, und dann, wenn eine Statistik kommt, die Ihnen günstig erscheint, sagen: Wir fordern ein großes Investitionsprogramm. Ich glaube, das ist eine

Forderung, die auch in der Öffentlichkeit nicht aufgenommen wird und die auch nicht glaubwürdig ist.

(Beifall bei der CDU Abg. Wieser CDU: Man merkt, dass er in der Bundesliga gespielt hat!)

Ihr Antrag für das Jahr 2007 in Bezug auf diesen einen substanziellen Anteil, den Sie fordern, nämlich mit den Mitteln für die Regionalmessen gegenzufinanzieren, zeigt darauf wollte ich noch einmal eingehen , dass Sie im Grunde überhaupt nicht mit einer Regierungsübernahme im Jahr 2006 rechnen; sonst könnten Sie sich ja nicht jetzt im Jahr 2002 schon eine solche Last für das Jahr 2007 finanzmathematisch aufbürden, weil Sie diese dann schultern müssten. Ich glaube aber, dass dieser Kelch an Ihnen vorübergehen wird.

Meine Damen und Herren, ich will mit einigen Sachpunkten direkt in Auswirkungen des Handelns des Bundesministeriums der Finanzen hineingehen. Ich glaube, dass wir in Baden-Württemberg Beamtinnen und Beamte haben, die wirklich eine ausgezeichnete Arbeit leisten. Herr Finanzminister, ich habe mir unsere Bearbeitungszahlen im Land noch einmal angeschaut.

Allein rund 6 Millionen Anträge müssen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Hauses und des nachgeordneten Bereichs pro Jahr bearbeitet werden. Davon sind etwa 600 000 Anträge allein wegen des unsinnigen 630-DMGesetzes, das uns der Bund vorgegeben hat, gestellt worden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben für die Steuerverwaltung motivierende Verbesserungen erreicht. In der Fraktion betrieben das namentlich die Kollegen Herrmann, Dr. Scheffold und Fraktionsvorsitzender Oettinger. Wir haben von 2003 bis 2006 387 Stellenhebungen im mittleren Dienst gegen Ihre Prognose, dass dies nicht möglich sei ; wir haben, beginnend in diesem Jahr, bis 2005 452 Stellenhebungen eine analoge günstige Entwicklung im gehobenen Dienst und eine analoge günstige Entwicklung bei der Justizverwaltung. Wir haben auch erreicht, dass wir beim Einzelplan des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport 1 700 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg anstellen werden.

Meine Damen und Herren, Solidität, finanzpolitische Seriosität ist die eine Seite. Wir haben sie gehalten, und trotzdem: Dort, wo Akzente zu setzen sind, ist dies gelungen ein Kraftakt. Sie könnten dieses mit Stolz mit uns gemeinsam gutheißen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Abg. Wieser CDU: Ich bin seit 17 Jahren nicht befördert worden!)

Lieber Herr Kollege Wieser, ich meine, wir sollten das im Einzelgespräch machen. Es wird sich sicherlich Hilfe ergeben, weil wir so viele gute Beschlüsse haben, sodass dies freitagnachmittags lösbar ist.

Ich will einen Punkt ansprechen, den wir in den kommenden Jahren gemeinschaftlich bearbeiten sollten und der mir etwas Gedanken macht. Ich bin im Finanzausschuss ein

Neuling, und ich rege an, über diesen Punkt über Parteigrenzen hinweg nachzudenken. Es geht um die Mischfinanzierung als dem allgemeinen Thema bis hin zu vielen Einzelleistungen an andere, die Baden-Württemberg zusätzliche Kosten bringen.

Ich nenne Ihnen zwei Beispiele, die mir aufgefallen sind und bei denen ich mich frage, warum wir das auf Dauer mittragen. Es gibt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin. Dazu wird 2005 die Lasten- und Kostenverteilung neu geregelt. Wir sollten analog zu Bayern die Finanzierung entsprechend reduzieren, weil Rot-Rot in Berlin so leistungsstark ist, dass es den preußischen Kulturbesitz viel besser erhalten kann, als wenn es unser süddeutsches CDU-kontaminiertes Geld vereinnahmen und verplempern müsste.