Protokoll der Sitzung vom 01.02.2002

(Abg. Teßmer SPD: Ist doch gar nicht wahr! Abg. Walter GRÜNE: 1 Milliarde DM ist für euch nichts? Das ist ja interessant!)

Wir haben beim Management der Krise saubere Arbeit geleistet, und das Vertrauen der Verbraucher in das Rindfleisch ist wieder hergestellt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Zurufe von der SPD Unruhe)

Herr Kollege Teßmer, das kann man nicht wegreden. Fakten sind Fakten, und die stimmen.

Mit dem vorgelegten Haushaltsplan sind die Voraussetzungen für eine weitere Zukunftssicherung der heimischen Landwirtschaft und für die Weiterentwicklung der ländlichen Räume gegeben.

(Abg. Wieser CDU: Da ist ja eine Unruhe im Saal, Herr Präsident! Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Ihre Leute reden ja alle! Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Auch wenn es der Opposition wehtut: Ich muss sagen, lieber Kollege Teßmer, die allergrößten Verunsicherungen für unsere Landwirte kommen nicht aus Brüssel, von der WTO oder durch die EU-Osterweiterung, sondern sie kommen ganz einfach von der Berg-und-Tal-Fahrt der rot-grünen Agrarpolitik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Lachen des Abg. Walter GRÜNE)

Sie sollten mir das einfach abnehmen.

(Lachen bei der SPD Abg. Walter GRÜNE: Fa- sching rückt näher!)

In aller Klarheit: Ich lebe im Gegensatz zu Ihnen auf einem Bauernhof, und ich weiß, worum es geht.

(Beifall bei der CDU Abg. Marianne Wonnay SPD: Aber Sie leben nicht von agrarischen Ein- nahmen!)

In aller Kürze einige Beispiele, warum dieser Haushalt nach unserer Meinung für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum und die Menschen, die dort leben, maßgeschneidert passt.

Agrarumweltprogramme sind das besondere Markenzeichen der baden-württembergischen Agrarpolitik, und diese bewährte Politik der Regierungskoalition von CDU und FDP/DVP ist seit jeher am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert. Die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie, die Umsetzung von Natur- und Umweltschutzzielen mit den Beteiligten und nicht gegen sie

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

und Ausgleich für Leistungen sind Leitlinien unserer Politik. Mit dem Agrarumweltprogramm MEKA und mit der SchALVO haben wir in Baden-Württemberg europäische Maßstäbe gesetzt. Im Rahmen der Reformen zur Agenda 2000 haben wir die Förderung der ländlichen Räume neu geordnet und alle Maßnahmen zusammengefasst und dann auch von der EU genehmigt bekommen. Mit dem von der EU bis 2006 genehmigten MEKA II stehen 145 Millionen € im Jahr 2002 und 148 Millionen € im Jahr 2003 zur Verfügung. Das ist eine gewaltige Aufstockung, ein Gewaltakt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Auch hier hat Baden-Württemberg einen Spitzenplatz. Nur in Bayern wird betragsmäßig mehr Geld ausgegeben. Allerdings hat unser Nachbar erheblich mehr landwirtschaftliche Flächen. Hier wird umweltgerechte Landbewirtschaftung gefördert, und es werden Leistungen für intakte Kulturlandschaften belohnt.

Wir haben in Baden-Württemberg unsere Maßnahmen mit dem Entwicklungsplan in Brüssel im Gegensatz zu Frau Künast durchsetzen können und ein gut durchdachtes und praxisgerechtes Paket vorgelegt. Wir haben nicht schlampig und einseitig argumentiert. Somit können wir in BadenWürttemberg bis zum Jahr 2006 für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume 1,6 Milliarden € einschließlich EUMitteln zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Wir sind auch dabei, den Strukturwandel sozialverträglich abzufedern. Im Jahr 1999 gab es im Land noch 63 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe unter zwei Hektar. Das ist ein hoher Anteil an Klein- und Mittelbetrieben. Mehr als die Hälfte der Höfe bewirtschaften weniger als zehn Hektar Nutzfläche. In Niedersachsen ist es ein Drittel. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt bei uns nur 23 Hektar. Sie wissen auch, dass die Zahl der Betriebe in den letzten 20 Jahren um fast die Hälfte reduziert wurde. Es gibt ein Bündel von Maßnahmen, um diesen unvermeidlichen Strukturwandel abzufedern. Ich nenne wenige Beispiele, wo aktives Geld in die Hand genommen wird: 27 Millionen € insgesamt für soziale Maßnahmen im Dorfbereich, für die Förderung der Beratungsdienste und für das landwirtschaftliche Regionalprogramm.

Meine Damen und Herren, einige wenige Sätze zum Verbraucherschutz, dem wir höchste Priorität einräumen. Ich weise darauf hin, dass die Lebensmittelüberwachung bereits zum 1. Januar 2000 neu organisiert wurde. Es sind Einrichtungen zur Untersuchung geschaffen worden, die den vielseitigen neuen Aufgaben gerecht werden. Dies hat sich auch in der BSE-Krise bestens bewährt. Wir setzen in Baden-Württemberg besondere Maßstäbe bei diesem vorbeugenden Verbraucherschutz. Ich habe das vorhin schon erwähnt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP)

Dies hat sich auch im Obstbaubereich bewährt. Die schwarzen Schafe spüren, dass man ihnen auf die Finger schaut. Handeln statt Reden schafft Vertrauen, auch für die Verbraucher. Insgesamt hat das Land 107 Millionen DM oder 54,7 Millionen € für die BSE-Gefahrenabwehr bereitgestellt. Es wurden auch 144 neue Stellen dafür geschaffen. Die bisher von der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen waren in jeder Hinsicht das darf man mit Fug und Recht so feststellen zielführend. Ich nenne die rasche Einführung flächendeckender BSE-Tests und die Verbraucheraufklärung. Auf allen Ebenen Futtermittel, Lebensmittel, BSE-Diagnostik haben diese Maßnahmen entscheidend dazu beigetragen, dass das Vertrauen in Rindfleisch und in die Lebensmittel wieder hergestellt werden konnte.

Baden-Württemberg wird auch 2002 die Bauern nicht im Stich lassen. Deshalb haben die Regierungsfraktionen beschlossen, die von der BSE-Krise besonders betroffenen Rinderhalter mit einer Finanzhilfe von weiteren 3,9 Millionen € zu unterstützen, indem die Beiträge zur Tierseuchenkasse für 2002 auf null gestellt werden.

Meine Damen und Herren, wir werden im Doppelhaushalt den ländlichen Raum weiterhin stärken. Auf unsere Politik ist Verlass. Wir sind berechenbar. 75 % der Landesfläche sind ländlicher Raum. 42 % der Bevölkerung leben dort, 38 % sind versicherungspflichtig Beschäftigte. Damit ist der ländliche Raum in Baden-Württemberg anders als in vielen Bereichen des EU-Gebiets dicht besiedelt. Statt Abwanderung gibt es Zuwanderung in den ländlichen Raum.

(Abg. Wieser CDU: Abstimmung mit den Füßen!)

Dort wächst die Bevölkerung landesweit um 15 %, in anderen Bereichen nur um 7 %. Der ländliche Raum hat den geringsten Anteil an Erwerbslosen im Land

(Beifall bei der CDU)

und auch im Bundesgebiet. Das sollten Sie sich von der Opposition hinter die Ohren schreiben.

(Zuruf von der SPD: Wohin bitte?)

Unsere Raumschaften stehen gut da.

Meine Damen und Herren, nun wenige Sätze zum zentralen Förderinstrument „Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum“: 740 Millionen DM wurden in den letzten Jahren weitergegeben. Diese haben 5 Milliarden DM an Investitio

nen ausgelöst und 10 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ist eine Superbilanz.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP Abg. Wieser CDU: Das ist präventive Ar- beitsmarktpolitik!)

Auch hier ist Handeln besser als Reden. Den überaus erfolgreichen Kurs mit dem ELR und der in aller Kürze ausgeführten aktuellen Politik für die Landwirtschaft und für den ländlichen Raum werden wir im Interesse der Menschen fortsetzen. Mit dem vorgelegten Haushaltsplan schaffen wir einmal mehr die Voraussetzungen durch richtige Prioritäten. Es ist die richtige Mitte, kein Ausschütten mit dem Füllhorn, sondern ein gezielter Einsatz der Steuermittel.

Es würde Ihnen gut anstehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, meine Damen und Herren, dem Einzelplan 08 Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Ihre Zustimmung zu geben.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Teßmer.

Herr Präsident, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Hauk CDU: Sehr obrigkeitshörig!)

Es wäre schön, wenn Sie auch Höflichkeitsgebote annähmen. Das wäre gar nicht schlecht für Sie, Herr Hauk.

Herr Minister, ich darf Ihnen zunächst ein kleines Kompliment machen. Endlich sehen wir wieder, wer im Landwirtschaftsministerium das Sagen hat. Damit ist das nette Erlebnis wieder zu Ende, das wir bei einem Jubiläum gehabt haben, als wir gefragt haben, ob die Ministerin reden werde. Da wurde uns gesagt, nein, der MD komme selbst. Insofern ist es ganz gut, dass ich jetzt wieder weiß, wer der Ansprechpartner ist.

Ich darf meine Ausführungen beginnen mit einem herzlichen Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, in den Landesanstalten für Forst-, Weinund Gartenbau und den Landwirtschaftsämtern zumindest in den meisten.

Herr Minister, Sie haben sich in Ihrem Haus etabliert, nicht jedoch nach dem, was wir in der Zeitung lesen konnten im Kabinett, sonst hätte Ihr Ökoprogramm vom Oktober auch die Zustimmung des Herrn Ministerpräsidenten und von drei Ministerkollegen gefunden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Glück auf!

Wir haben festgestellt darüber sind wir uns einig, Herr Drautz, weil Zahlen nicht lügen können , dass sich der Strukturwandel leider immer noch nicht einpendelt. Wir stellen fest, dass die Tendenz zu größeren Einheiten bundesweit besteht. Bei uns im Land ist von 1992 bis 2001 ein Minus von 17 680 Betrieben festzustellen, und wir sind

jetzt gerade noch bei 63 220. Das muss nicht ganz so schlimm sein, wie es klingt. Denn wir hören gleichzeitig auch, dass das reale Einkommen der Landwirte von 2000 auf 2001 zugenommen hat: in der EU um 2,7 %, in Deutschland um 15,7 % und in Baden-Württemberg um 19 %.

Da möchte ich klar und deutlich sagen: Das trifft allerdings den gesamten Rinderbereich nicht. Es wäre unfair, diesen hier mit einzubeziehen und die Nöte in diesem Bereich zu vergessen. Da gebe ich Ihnen auch durchaus Recht. Ich halte es für richtig, was Sie da machen: die Landwirte nicht dafür zu bestrafen, dass Testgebühren anfallen. Denn daran sind die Landwirte nicht schuld. Insofern gibt es da keine Probleme.

Wir haben gehört, dass unsere beiden Bauernpräsidenten das sehr nett kommentieren. Die sagen nämlich: Trotz der allgemein besseren Einkommenssituation ist die Stimmung in den Betrieben durch Pessimismus gekennzeichnet. Ich kenne so manchen Arbeitnehmer im ländlichen Raum, der bei 19 % Einkommenssteigerung auch gern ein bisschen Pessimismus hätte, aber vielleicht trotzdem damit zufrieden wäre. Aber wir sehen natürlich auch, dass der Pessimismus durch die fehlende Zukunftsperspektive verursacht wird. Eine Zukunftsperspektive enthält dieser Haushalt aber leider nicht.