Protokoll der Sitzung vom 06.02.2002

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden. Genau das wollen wir auch.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber nichts passiert! Was haben Sie denn gemacht?)

Frau Bregenzer, das darf Ihnen nachher der Kollege noch darlegen.

(Abg. Fischer SPD: Sie reden doch für die FDP/ DVP! Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Wir sind immerhin schon so weit gekommen, dass man Ethik als Wahlfach an den Pädagogischen Hochschulen studieren kann.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Aber nur für Reallehrer! Nicht für Grund- und Hauptschulleh- rer!)

Das reicht mir noch nicht; das ist völlig richtig. Das werden wir auch noch ergänzen.

Wir unterscheiden uns bei der Gleichrangigkeit. Ich sage Ihnen: Die Neutralität des Staates ist ein schwer erkämpftes Gut des 19. Jahrhunderts, nicht zuletzt durch den Liberalismus. Ich will keine Vorordnung der Kirche vor dem Staat, und ich will keine Vorordnung des Staates vor der Kirche.

Wir bleiben bei der Neutralität, und das heißt: Wenn ich einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht will, dann muss der Inhalt er kann nicht vom Staat gemacht werden von den Religionsgemeinschaften formuliert werden, und zwar

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wie lange noch? Abg. Christine Rudolf SPD: Was haben Sie in drei Jahren gemacht?)

innerhalb der Schranken des Grundgesetzes.

(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Kretschmann GRÜNE: Das will doch gar niemand! Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Natürlich. Sie wollen doch die Gleichrangigkeit. Herr Kretschmann, Sie wollen Ethik mit bekenntnisorientiertem Religionsunterricht gleichsetzen. Dazu sagen wir als FDP/ DVP ein klares Nein. Da machen wir nicht mit. Es bleibt die Vorordnung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und weil der Staat zur Neutralität verpflichtet ist, kann ein Schüler, eine Schülerin oder die Erziehungsberechtigten sagen: Ich möchte an diesem Unterricht nicht teilnehmen. Sie können sich abmelden

(Zurufe der Abg. Carla Bregenzer SPD und Renate Rastätter GRÜNE Abg. Carla Bregenzer SPD: Wohin geht er dann?)

und dann Ethikunterricht besuchen. Und so bleibt es. Deshalb keine Gleichrangigkeit, sondern eine Gleichwertigkeit.

Nächster Punkt: Vorhin ist von Herrn Bayer die Finanzierungsfrage angesprochen worden. Herr Bayer, da stimme ich Ihnen zu. Ich habe vor drei Jahren schon einmal zum gleichen Thema gesprochen. Die Meinung der FDP/DVP ist, dass wir mit dem Fach Ethik an den weiterführenden Schulen beginnen sollten ab Klasse 5 und nicht wie bisher ab Klasse 8 und dies Zug um Zug in Angriff nehmen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wie lange noch? Abg. Christine Rudolf SPD: Was haben Sie jetzt in drei Jahren gemacht?)

Weiter: Wir sollten es ermöglichen, dass an den Pädagogischen Hochschulen und den Hochschulen für das Fach Ethik qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden, um damit die Gleichwertigkeit zu erreichen. Wir schaffen es aus finanziellen Gründen höchstwahrscheinlich nicht, Ethik auch schon ab den Klassen 1 bis 4, also an den Grundschulen, einzuführen.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Sie schaffen gar nichts! Bisher haben Sie noch nichts geschafft!)

Über die Finanzierung, Herr Bayer, sind wir uns völlig einig.

Der letzte Punkt betrifft die Rechtsproblematik, meine Damen und Herren. Es wäre schön gewesen, wenn die Grünen einen Rechtsberater herangezogen hätten.

(Abg. Zeller SPD: Die fragen den Pfarrer Klein- mann!)

Das ist eine gute Idee.

(Zurufe der Abg. Carla Bregenzer und Christine Rudolf SPD)

Liebe Frau Kollegin, wer war denn sieben Jahre lang Assistent am Lehrstuhl für Kirchenordnung? Sie oder ich?

(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Fischer SPD: Sie haben doch hier noch nichts eingebracht!)

Die Rechtsproblematik besteht darin: Wenn Sie die Gleichrangigkeit von bekenntnisorientiertem Religionsunterricht und dem Fach Ethik wollen, dann müssen Sie tatsächlich Artikel 7 des Grundgesetzes ändern.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Doch, Frau Rastätter. Lassen Sie sich das sagen. Sie müssen Artikel 7 des Grundgesetzes ändern, denn dort steht der bekenntnisorientierte Religionsunterricht, aber nichts von Ethik. Wir sind der Meinung: Wir lassen es, wie es ist.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Das Grundrecht auf bekenntnisorientierten Religionsunterricht als ordentliches Schulfach bleibt, wie es ist. Ethik bleibt Ersatzfach. In Sachen Ethik ist wegen der Gleichwertigkeit noch einiges zu tun.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Wann machen Sie das?)

Ansonsten ist das System sehr gut.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Rau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Vorredner haben gesagt, was die Schule heute für die Entwicklung der jungen Menschen zu leisten hat. Frau Rastätter hat gesagt, Kinder und Jugendliche sollten in ihrer Suche nach Orientierung ernst genommen werden, und Herr Bayer hat die Frage aufgeworfen: Wo erlebt und lernt man gemeinsame Werte, wenn nicht in der Schule?

Diese Dinge, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind ja unstrittig. Der Erziehungsauftrag der Schule ist Allgemeingut nicht nur in diesem Hause, und ich glaube, dass wir gerade in den Bildungsplänen, die Gültigkeit haben ich nenne die Grundschule einmal als Beispiel, weil wir hier ja mehrfach über die Grundschule gesprochen haben , eine sehr moderne und uns auch zusammenführende Definition der Erziehungsaufgabe sehen können.

Ich glaube, dass durch den Antrag etwas anderes bezweckt wird, auch wenn das gerade in Zwischenrufen in Richtung des Kollegen Kleinmann heftig bestritten wurde; natürlich findet auch eine Debatte über den Stellenwert des Religionsunterrichts statt.

(Staatssekretär Rau)

(Abg. Kleinmann FDP/DVP und Abg. Wacker CDU: So ist es!)

Sonst hätten Sie vermutlich einen anderen Antrag vorgelegt,

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Der ist noch da!)

als nun im Schulgesetz die beiden Fächer Religion und Ethik gleichstellen und damit die Rechtslage, die wir aus der Verfassung ableiten, gravierend verändern zu wollen.

In der Beurteilung der Verfassungslage sind wir uns seit der letzten Runde in dieser Sache vor drei Jahren nicht näher gekommen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Alle Jahre wieder!)

Wir sehen, dass Sie dem Parlament wieder das Gleiche vorlegen.

(Abg. Fischer SPD: Weil sich nichts getan hat!)