Protokoll der Sitzung vom 18.04.2002

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU Abg. Flei- scher CDU: Saublöd!)

Stellen Sie sich mal die Situation vor: Wir könnten unseren Anteil an Wasserkraft im Land fast verdoppeln, dürfen es aber nicht. Aber wir dürfen Windrädle bauen, die kaum die halbe Zeit laufen. Also das wäre glatt eine Kniffelfrage für PISA.

Nun zur Erdwärme. Wir haben dafür in Baden-Württemberg meist gute Voraussetzungen. In jedem Flusstal oder Tal eines kleinen Baches kann man durch wenige Meter Bohrungen das Grundwasser erreichen und dann Sonden einführen und die Wärme erschließen. Das ist kein Problem, und die Zahl der Genehmigungen steigt inzwischen erfreulich.

Bei der Solarenergie ist es so, dass wir für Photovoltaik wohl eher ein mittelprächtiger Standort sind. Aber normale Solarkollektoren, die bei uns etwa 50 % des warmen Wassers eines Haushalts liefern können, finden sich erfreulicherweise fast auf jedem Neubau. Auch jeder Heizungsbauer, der etwas auf sich hält, bietet seiner Kundschaft Solarkollektoren an. Das läuft wunderbar.

(Abg. Knapp SPD: Das ist eine andere Sonne!)

Sie sehen, wir haben viele Potenziale, und viele davon sind noch längst nicht genügend erschlossen. Wir können beim Einsatz der erneuerbaren Energien in unserem Land noch sehr viel tun, aber die Verbreitung, meine Damen und Herren, wird nur steigen, wenn die Konzepte vernünftig sind und sich auch auf Dauer rechnen. Ein Konzept wie das der Windenergienutzung, das in jüngster Zeit sogar darauf angewiesen ist, mit immer höheren Pachtbeträgen den Grundstücksbesitzern ihre Äckerle abzulocken und mit immer abenteuerlicheren Gewinnprognosen den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, diskreditiert sich irgendwann einmal von selbst, spätestens wenn die hohe Einspeisevergütung niedriger wird.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Es gibt zwei Sichtweisen. Wenn ich allein die Windenergie für sinnvoll halte, egal, aus welchen Gründen, muss ich natürlich Windräder bauen. Wenn ich aber den Anteil der erneuerbaren Energien in unserem Bundesland steigern möchte, muss ich die Potenziale nutzen, die optimal vorhanden sind. Das sind bei uns im Land eben Biomasse, Wasser, Erdwärme, aber nicht die Windenergie.

(Anhaltender Beifall bei der CDU Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP Abg. Knapp SPD: Oh! Abg. Fischer SPD: Was soll der Beifall?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema erneuerbare Energien, das Thema Windkraft und auch das Thema Verdoppelungsbeschluss sind an sich abendfüllende Themen. Die Große Anfrage und die damit verbundenen Anträge sind derartig detailliert und das Thema ist auch so emotional geladen, dass ich den Mut des Präsidiums bewundere, dazu unbegrenzte Redezeit zuzulassen. Ich möchte diesen Mut nicht überstrapazieren und deshalb zwei Themen unter dem Gesamtkomplex besonders herausstellen. Das eine ist natürlich das Thema Verdoppelungsbeschluss ein Zwischenbericht zwei Jahre nach dem Beschluss, acht Jahre vor dem Ziel ist ja Hauptgegenstand der Großen Anfrage , und das Zweite ist das Thema Vorrang- und Ausschlussgebiete für die Windkraft.

Zum Verdoppelungsziel: Es ist richtig, Herr Witzel, dass das Wirtschaftsministerium in der Antwort auf die Große Anfrage in schöner Offenheit sagt, dass unter den gegebenen finanziellen Bedingungen des Programms ein Gesamtziel finanziell bis zum Jahr 2010 nicht dargestellt werden kann. Wir haben übrigens einen neueren Antrag gestellt, der demnächst im Wirtschaftsausschuss behandelt wird, weil in der Zwischenzeit das Wirtschaftsministerium auch gutachterlich tätig geworden ist. In der Stellungnahme zu diesem Antrag wird noch deutlicher und mit noch schönerer Offenheit gesagt, dass es etwa 38 Millionen € mehr pro Jahr bedarf gestaffelt, zunächst sind es 18 Millionen €, dann sind es 36 Millionen € und dann 83 Millionen € , um diesen jährlichen finanziellen Investitionsbedarf von 750 Millionen € bewältigen zu können.

Es ist auch richtig ich begrüße das sehr , dass nun von der Landesregierung darangegangen wird, das noch weiter detailliert zu untersuchen, und zwar sowohl, welche Instrumente man gezielt einsetzt das muss man bei Finanzknappheit immer prüfen , als auch, wie das mit den Gesamtfinanzen aussieht. Aber auch am Ende dieses Gutachtens wird klar sein ich glaube, da sind wir alle Realisten , dass man in diesem schönen Land schon mehr Geld gebrauchen könnte. Aber ich kann Ihnen sagen: Mehr Geld könnten wir für die Betreuungsangebote gebrauchen, mehr Geld könnten wir für den Straßenbau gebrauchen, mehr Geld vielleicht auch für die Bundeswehr und, und, und.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Stuttgart 21!)

Wenn wir jetzt einmal alles Kampfgetöse weglassen, ist die Frage, was wir unter den gegenwärtigen Umständen zielgerichtet tun.

Zunächst einmal finde ich es gut, dass man an dem Verdoppelungsbeschluss festhält und nicht sagt: In den acht Jahren tut sich nichts. Man tut vor allem deshalb gut daran, weil in diesem angeblichen Jammertal der Nutzung der erneuerbaren Energien einiges in diesem Lande geschieht.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Sie werden gleich fragen: Warum? Wir haben vorhin gehört das hat die Kollegin Brenner sehr deutlich dargetan : Wir haben einen breiten Zuwachs an erneuerbaren Energien in diesem Lande.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP Abg. Walter GRÜNE: Dank der Bundesregierung! Zu- ruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Ich sage mit genauso schöner Offenheit: Man mag die Bundesprogramme ordnungspolitisch ansehen, wie man will; in diesem Punkt sind sie wirkungsvoll.

(Bravo-Rufe von der SPD und den Grünen De- monstrativer Beifall bei der SPD und den Grünen Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wer wird das bestreiten? Ich füge jetzt aber eines hinzu. Das betrifft das Thema Mitnahmeeffekte und die Frage, inwieweit man das zusätzlich mit eigenen Programmen macht. Eines entgeht der Öffentlichkeit ganz offenbar ich

habe das in dieser Debatte auch noch nicht gehört, deshalb bringe ich es ein : 22 % aller Förderbescheide des Bundes für Solaranlagen gehen nach Baden-Württemberg.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das ist weit mehr, als dem Bevölkerungsanteil entspricht. Warum ist das so?

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Sicherlich weil die Bürger und übrigens auch die Unternehmer in diesem Lande

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Cleverer sind!)

besonders aufgeschlossen für das Thema erneuerbare Energien sind. Das betrifft übrigens auch die Unternehmer und auch die großen Unternehmen, von denen Sie immer sagen: Die dürfen ja eigentlich gar nichts Gutes tun. Diesen Eindruck habe ich immer. Ich weise darauf hin, dass das Mannheimer Versorgungsunternehmen MVV immerhin dreistellige Millionenbeträge für Biomasseanwendung, für Windenergie- und für Solarnutzung ausgibt. Das sollte man eigentlich auch einmal erwähnen. Das ist nämlich auch Geld, das diesem Ziel zugute kommt. Da gibt es nicht gutes oder schlechtes Geld, sondern es gibt insgesamt Unterstützung.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Aber diese überdurchschnittlich hohen 22 % nach BadenWürttemberg gegangenen Förderbescheide machen ganz deutlich, dass zusätzliche Förderung vom Land ganz offenbar weitestgehend Mitnahmeeffekte hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Denn sonst müssten ja Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern, die ein Vielfaches an Komplementärfinanzierung dazugeben, auch einen vielfachen Anteil haben. Das ist überhaupt nicht der Fall. Alle Fachleute wissen das. Wenn man schon zielgerichtet und mit Prioritäten mit dem Geld umgeht, dann wird man Mitnahmeeffekte vermeiden wollen. Man wird schon gar nichts da tun, wo gar kein Geld nötig ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen. So schlecht liegen wir übrigens gar nicht. Wenn wir nach oben schauen, dann sind natürlich Nordrhein-Westfalen und Bayern und übrigens auch Niedersachsen weit entfernt. Aber wir liegen von allen Bundesländern immer noch auf Platz 4. Das sollte man an dieser Stelle nicht ganz vergessen.

Die Förderung des Bundes ich sage es noch einmal: ob sie ordnungspolitisch richtig ist, dazu kommen vielleicht nachher noch ein paar Bemerkungen ist zumindest wirkungsvoll. Sie ist, wie ich meine, sehr üppig. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass es in der Regel gar keines Zuschusses für solarthermische Nutzung mehr bedarf. Das ist Stand der Technik. Fragen Sie doch einmal bürgernah, wie Sie sind Ihre Händler am Ort. Die sagen Ihnen: „Mir ist es weitgehend Wurst, ob es für solarthermische Maßnahmen noch einen Zuschuss gibt, denn die Zuschüsse sind

nicht höher als das, was im qualitativen Angebot an unterschiedlichen Preisen besteht.“ Die sagen: „Wir brauchen endlich Klarheit, weil wir nicht wollen, dass die Bürger immer in der Hoffnung, es werde etwas gefördert,“ Sie kennen die schwäbische und die badische Mentalität

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Die schwäbi- sche!)

„so lange warten. Die wollen Klarheit haben, und dann werden sie es auch machen.“ Das ist dieser Punkt.

Der zweite Punkt ist: Bei der Windkraft brauchen wir Planungssicherheit, damit investiert und auch beschleunigt investiert werden kann. Aber für viele sind die Maßnahmen Abschreibung, Einspeisevergütung durch das ErneuerbareEnergien-Gesetz bereits so vorteilhaft, dass sie gar nicht mehr aus ökologischen Gründen investieren, weil Windräder für viele vermeintlich Geldrotationsdruckmaschinen sind,

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

solange eine Einspeisevergütung in dieser Höhe besteht. Da brauchen wir nicht noch Geld hinterherzuwerfen.

(Beifall des Abg. Döpper CDU Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Das wäre hinausgeworfenes Geld. Da brauchen wir Planungssicherheit. Auf dieses Thema komme ich nachher noch zu sprechen.

(Unruhe)

Es ist ganz richtig da unterstütze ich meine Kollegin von der CDU ausdrücklich : Die Förderung soll anstoßen. Die Förderung soll Innovation geben. Aber die Förderung muss darauf ausgerichtet sein, dass die Wirtschaft und die Gesellschaft in die Lage versetzt werden, erneuerbare Energien auf Dauer ohne solche zusätzlichen Landessubventionen einzusetzen. Das muss das Ziel sein.

Deshalb setzt das Land sehr richtig auf Forschung als Schwerpunkt in unserem Lande. Das ist sozusagen auch unsere „Duftnote“, und auf diesem Gebiet wird Herausragendes geleistet. 27 % aller Mittel, die in Deutschland in der Forschung für erneuerbare Energien ausgegeben werden, werden in Baden-Württemberg ausgegeben. Das führt zu großen Erfolgen. Denken Sie an all die Institute ich will sie gar nicht aufzählen , die hier gegründet wurden. Das ist unser Exportschlager!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das wirkt sich natürlich auf die Wirtschaft aus. Deshalb müssen wir diese Forschung breit ansetzen und auf alle regenerativen Branchen ausdehnen, ob wir diese Techniken bei uns anwenden oder nicht. Wenn nicht, wollen wir sie wenigstens exportieren; das ist selbstverständlich. Aber das, was wir in Baden-Württemberg umsetzen da haben Sie Recht, Frau Brenner , muss für die Anwendung in diesem Land sinnvoll sein. Da muss man unterscheiden. Das ist natürlich die Biomasse, und das ist die große Wasser

kraft, die man nutzen muss. Ich füge hinzu, dass wir meinen das sehen wir vielleicht ein wenig differenziert, aber das schadet ja nichts; wir sind ja keine Kappenmannschaft, sondern eine Koalition , dazu gehört auch die Windenergie.

Ich möchte noch kurz auf ein anderes Thema zu sprechen kommen. Sie haben vorhin gesagt, Herr Witzel, das würde „zu gegebener Zeit“ geschehen. Wenn ich dem Bürger sage, ich würde ihm „zu gegebener Zeit“ antworten, dann ist er sicher mit mir böse.