Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die vorgelegte Beschlussempfehlung zur Änderung der Geschäftsordnung des 13. Landtags, die wir bisher nur vorläufig aus der 12. Legislaturperiode übernommen haben, sieht einige wenige Veränderungen vor.
Die erste ist die Frage der Anhörungsrechte der kommunalen Landesverbände, die zurückgeht auf das Urteil des Staatsgerichtshofs, die wir aber bisher auch ohne Geschäftsordnungsvorschrift so gehandhabt haben. Ich denke, diese Lösung hat sich bewährt, und wir werden sie deshalb in die Geschäftsordnung aufnehmen.
Zum Zweiten geht es um Veränderungen in der Debattenstruktur bei Aktuellen Debatten und vorgezogenen Initiativen. Auch dort hat sich die bisherige Probepraxis, anstelle einer Aktuellen Debatte eine vorgezogene Initiative, einen Antrag, eine Regierungsvorlage etc. zur Beratung heranziehen zu können, bewährt, und deshalb auch der Vorschlag, dies in die Geschäftsordnung des Landtags aufzunehmen.
Das Dritte, meine sehr verehrten Damen und Herren, erleben wir heute, haben wir in den vergangenen beiden Plenarwochen erlebt und werden es in abgewandelter Form auch in den nächsten Plenarsitzungen erleben: Es geht um die Frage der Verbesserung der Debattenstruktur insbesondere in Bezug auf die Redezeiten und die Redestruktur. Bei den Redezeiten haben wir zwischenzeitlich den dritten Pro
belauf mit unbegrenzten Redezeiten, der sich, denke ich, im Großen und Ganzen in den beiden vergangenen Plenarwochen mehr oder minder bewährt hat. Aber ich glaube, es zeichnet sich auch ab, dass man wahrscheinlich differenzierte Lösungen anstreben muss.
Ich will einer endgültigen Bewertung nicht vorgreifen, weil dazu ja noch weitere Probeläufe erforderlich sein werden. Ich denke daran, dass ein weiterer Probelauf auch hinsichtlich so genannter fraktionsbudgetierter Redezeiten stattfinden kann. Erst nach Abschluss dieser Probeläufe werden wir endgültig darüber befinden können, wie wir letztendlich verfahren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Geschäftsordnungskommission hat sich sehr ausgiebig über die Frage der Debattenstruktur und damit auch ein Stück weit des Erscheinungsbilds und der Lebendigkeit der Debatten, auch des Landtags und seiner Wirkung nach außen, nicht nur auf die hier im Saal sitzenden Zuhörer, sondern auch auf die, die Debatten zum Teil am Fernsehschirm verfolgen können, beschäftigt. Es gab eine ganze Reihe von Vorschlägen, die sich mit der Intensität der Debatten beschäftigt haben, und zwar immer unter dem Aspekt: Wie können Debatten lebendiger gestaltet werden? Ich gestehe als Mitglied der Geschäftsordnungskommission unumwunden zu, dass ich mir die eine oder andere neue Regelung hätte vorstellen können.
Aber kehren wir zu der Grundfrage zurück, wie Landtagsdebatten aktueller und lebendiger gestaltet werden. Ich denke, das ist weniger es ist vielleicht auch ein Teil, aber nur ein kleiner Teil eine Frage der Form, sondern vielmehr eine Frage der politischen Inhalte und auch der politischen Präsentation.
Da muss man ein Stück weit Selbstkritik mitbringen, was die eigene Fraktion angeht, aber ein Stück weit auch die Opposition herausfordern. Wir beklagen häufig, dass in diesem Haus bundespolitische Themen eine eher zu große Rolle spielen gerade in den Aktuellen Debatten , verkennen aber, dass der Landtag, wie heute früh auch zu Recht gesagt wurde, durch die Zunahme der konkurrierenden Gesetzgebung und die Zunahme des Ländereinflusses im Bundesrat auf die Bundesgesetze formal an Kompetenzen eher etwas verloren hat, während die Länderregierungen aber nicht als Einzelne, sondern nur in der Summe formal an Kompetenzen im Bundesrat gewonnen haben.
Ich bin schon der Meinung, dass der Landtag an dieser Kompetenzverlagerung im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung teilhaben muss. Unsere Aufgabe muss es allerdings sein, nicht einfach das, was auf bundespolitischer Ebene passiert, nachzubeten, sondern die aktuellen Bezüge und Auswirkungen auf unser Bundesland Baden-Württemberg stärker als in der Vergangenheit darzustellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir machen uns überhaupt nichts vor: Wenn wir einmal an die Debatten der vergangenen Wochen und Monate denken, stellen wir fest, dass man zum Teil in festgestrickten Ritualen verharrt. Insbesondere meine Damen und Herren von der Opposition, das kann ich Ihnen nicht ersparen wenn Sie alles, was in Berlin von Rot-Grün beschlossen wird, unkritisch und weitestgehend unkommentiert übernehmen,
(Unruhe bei der SPD und den Grünen Beifall des Abg. Fleischer CDU Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Wir sind sehr kritisch!)
dann tragen Sie eben gerade nicht dazu bei, den Föderalismus zu stärken und die Landesinteressen in den Mittelpunkt zu rücken, sondern dann tragen Sie eher
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir kritisch! Abg. Drexler SPD: Ist das eine Geschäftsordnungsdebatte?)
Herr Kollege Drexler, Sie haben den Zusammenhang offensichtlich immer noch nicht verstanden dazu bei, dass sich das Selbstbild dieses Parlaments im Niveau ein Stück weit senkt, wenn man nämlich nur noch die Debatten, die in Berlin geführt werden, nachahmt.
Ihre Rede heute früh war ein erneuter Beweis dafür: Sie sind von der Meinungsführerschaft der Regierung und Regierungsfraktionen in diesem Parlament regelrecht umzingelt, und alle Ausbruchsversuche daraus sind bisher bei Ihnen gescheitert.
Sie, Herr Drexler, haben heute früh zu Recht aus der Karlsruher Rede des Ministerpräsidenten zitiert, als er sagte
Deshalb lassen Sie mich das zum Fazit machen : Wenn wir einerseits heute die Änderung der Geschäftsordnung beraten und uns andererseits in der Geschäftsordnungskommission über Inhalte, die Debattenstruktur und auch das Erscheinungsbild, die Debattenkultur und die Wirkungsweise dieses Parlaments nach außen, aber zum Teil auch nach innen beschäftigen, dann liegt es vor allem auch an uns, die Inhalte entsprechend darzustellen und zu vertreten. Da, glaube ich, haben wir noch einiges an Nachholbedarf. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, können einiges dazu beitragen, dass manches in diesem Parlament spannender wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben vor einem Jahr die Geschäftsordnung des 12. Landtags vorläufig für den 13. Landtag übernommen und kommen erst jetzt dazu, einige wenige Vorschläge zur Änderung der Geschäftsordnung im Landtag zu debattieren. Ich halte diesen Verfahrensablauf für nicht erfreulich.
Wir haben in der Geschäftsordnungskommission eine ganze Reihe von Vorschlägen vorgelegt, um die parlamentarischen Debatten, die parlamentarischen Abläufe effektiver und lebendiger zu gestalten. Leider waren die Fraktionen der CDU und auch der FDP/DVP nicht bereit, den Großteil dieser Vorschläge zu übernehmen.
Als eine Schwierigkeit dabei hat sich insbesondere erwiesen, dass in der Koalition auch Geschäftsordnungsfragen, also Parlamentsfragen, als Koalitionsfragen angesehen werden, so wie auch beim Abgeordnetengesetz,
anstatt Parlaments- und Abgeordnetenstatusfragen als das zu behandeln, was sie sind, nämlich Aufgabe des gesamten Parlaments ohne Vorfestlegungen in Regierungskoalitionen.
Deshalb kommt es dazu, dass einige Fragen, bei denen für eine andere Regelung eine Mehrheit im Parlament besteht, in der Geschäftsordnung nicht so geregelt werden konnten, wie die Mehrheit es gern gehabt hätte. Ein Beispiel: Wir haben bei den Beratungen in der Geschäftsordnungskommission vorgeschlagen das können Sie dem Bericht auf Seite 14 der Drucksache unter Ziffer 2 entnehmen , das Berechnungsverfahren Hare/Niemeyer bei Besetzungen innerhalb des Parlaments zugrunde zu legen. Darüber besteht eine Übereinstimmung von SPD, Grünen und FDP/DVP. Die CDU ist nicht bereit, auf den Vorteil, den ihr das Höchstzahlverfahren gewährt, zu verzichten, obwohl andere Parlamente nun das Verfahren Hare/Niemeyer haben. Weil leider beide Koalitionspartner dies als eine Koalitionsfrage ansehen, wird das, was die Mehrheit des Parlaments will, nicht realisiert.
Wir haben damals dadurch, dass wir es zur Koalitionsfrage gemacht haben, einige wesentliche Besserstellungen für die kleinen Fraktionen erreichen können,
und der Herr Kollege Pfister und damals der Herr Kollege Kuhn bzw. der Herr Kollege Döring haben dies sehr dankbar anerkannt. Dies war also die Stärkung von Minderheitenrechten, die dadurch möglich war und die vorher von Ihnen, der CDU, allein bei absoluter Mehrheit leider überhaupt nie realisiert worden ist. Deshalb ist mein Appell an das ganze Haus, Parlaments- und Abgeordnetenstatusfragen nicht als Fragen von Koalitionen, sondern als Fragen zu behandeln, die das ganze Haus betreffen und bei denen alle Abgeordneten nach ihrer persönlichen Überzeugung entscheiden sollten.
Wir haben in den dargestellten Punkten der heutigen Vorlage Einigkeit erzielt. Ich brauche darauf nicht weiter einzugehen.
Wir haben aber zum Beispiel über ein Rederecht im Parlament für den Datenschutzbeauftragten des Landes und für den Präsidenten des Rechnungshofs keine Einigung erzielt. Wir haben leider auch über die Einführung einer geschlechtsneutralen Formulierung keine Einigung erzielt. Es ist pikant, die Begründung zu lesen, die hier steht:
Der vom Kommissionsmitglied der Grünen unterstützte SPD-Vorschlag wurde vom Präsidenten und vom Abgeordneten der CDU aus Gründen der sprachlichen Klarheit und Lesbarkeit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir haben in der Geschäftsordnungskommission der Herr Kollege Hauk hat es angedeutet auch bei zwei Punkten Übereinstimmung erzielt: zunächst bei einem Modell, mit dem man im Bundestag sehr gute Erfahrungen gemacht hat, nämlich bei der Kurzintervention. Die hat die Geschäftsordnungskommission in den Vorschlag an das Präsidium aufgenommen. Ferner hat die Geschäftsordnungskommission den Vorschlag aufgenommen, wonach bei Aktuellen Debatten die Mitglieder der Regierung schon nach der ersten Runde reden sollten, damit sich eine wirkliche Debatte innerhalb des Parlaments, aber auch zwischen Parlament und Regierung entwickelt. Leider sind diese Vorschläge dann im Präsidium seitens der CDU-Fraktion nicht akzeptiert worden, weshalb sie jetzt nicht in dem gemeinsamen Antrag des Präsidiums enthalten sind.