Das wäre nicht so schlimm, wenn Jürgen Schneider in seiner Lieblingsklinik zu den Konditionen gegessen hätte, die
auch für Otto Normalverbraucher gelten. Der muss nämlich im Normalfall ohne ein dickes Geschäftsführergehalt auskommen.
Dem war aber nicht so. Und der Vorwurf ist, dass er mit einem erheblichen Preisnachlass rechnen konnte. Ich sage Ihnen, auch dies lief unter dem Motto: Man kennt sich und tut sich Gutes.
Mit Mitarbeiterinnen bei der LVA, die nicht kooperieren wollten oder sich nicht kooperativ gezeigt haben, ist so steht es auch im Sieber-Gutachten
man nicht gerade sehr zimperlich umgegangen. Insbesondere das ärztliche Personal musste öffentlich darum kämpfen, dass der sozialmedizinische Aspekt von den Juristen nicht einfach eingesackt wurde. Der Fall Sieber selbst ist ein Beispiel dafür.
eine große Bandbreite von Einschüchterungsmaßnahmen. Und er hat sich nicht gescheut, sich sehr schnell von Leuten zu trennen, die nicht bereit waren, zu kooperieren. So ging es Dr. Sieber. Er gehört zu den Ärzten, die die LVA loshaben wollte und die in ganz kurzer Zeit Kündigungsschreiben erhalten haben. Im Fall des Herrn Dr. Sieber war jedoch das Recht nicht auf der Seite der LVA; denn Herr Dr. Sieber gewann den von ihm angestrengten Arbeitsgerichtsprozess mit Glanz und Gloria inklusive des Berufungsverfahrens, das von der LVA draufgesetzt wurde.
Spätestens nach diesem Ereignis hätte in dem System der Selbstverwaltung, in dem sich ja viele Leute mit vielen Unterschriften kontrollieren, etwas auffallen müssen, zum Beispiel auch der Aufsichtsbehörde, dem Sozialministerium. Da stellt sich für mich natürlich die Frage: Wo war die Aufsichtsbehörde?
Zu dieser Zeit hat das Sozialministerium, wie ich vorhin schon sagte, noch die Dienst- und Rechtsaufsicht gehabt. Erst seit dem 1. Januar 2001 wurde die Dienstaufsicht auf den LVA-Vorstand übertragen. Das Sozialministerium als Rechtsaufsicht hat sich offensichtlich darauf eingerichtet, anstatt zu prüfen oder auch einmal das, was an Begründungen von der LVA vorgelegt wurde, kritisch zu hinterfragen, das einfach zu ignorieren oder einfach abzunicken. So hat das Sozialministerium im November 2000 überhaupt zum ersten Mal erfahren, dass das Sieber-Gutachten dem LVA-Vorstand vorliegt. Unmittelbar darauf hat das Sozialministerium und jetzt zitiere ich aus der Stellungnahme zu unserem Antrag um Übersendung dieses Gutachtens gebeten. Es heißt dann weiter:
Mit Schreiben vom 28. November 2000 teilten die alternierenden Vorstandsvorsitzenden mit, das Gutachten
könne dem Sozialministerium nicht übersandt werden, da es ihnen von den Betroffen mit der Bitte um Vertraulichkeit und eine auf den Vorstand bezogene Verwendungsbeschränkung übergeben worden sei. Außerdem sei nach jetzigem Stand davon auszugehen, dass sich kein vorwerfbares Verhalten ergeben werde.
Meine Frage ist: Warum lässt sich eine Aufsichtsbehörde, die sowohl die Dienst- als auch die Rechtsaufsicht hat, mit einer solchen Antwort abspeisen? Diese Frage muss sich wirklich jedem stellen.
Erst als Dr. Sieber das Gutachten am 10. Januar 2001, nachdem die LVA auch mit dem Berufungsverfahren abgeblitzt war, selbst dem Sozialministerium zugeleitet hat, wurde das Sozialministerium als oberste Rechtsaufsicht langsam aktiv. Aber auch da galt noch die Devise: Nichts überstürzen! Man ließ erst einmal die Landtagswahl vorbeiziehen, wartete die Wahl von Jürgen Schneider im Juni 2001 ab. Dann ist der Druck so groß geworden, dass gehandelt werden musste. Inzwischen waren nämlich wachsame Journalisten auf den Plan getreten, die nicht locker ließen
und mit ihren Recherchen der Aufsichtsbehörde auf die Sprünge halfen. Es gab einen Personalwechsel im Sozialministerium und eine Aussage von Sozialminister Dr. Repnik, dass er die Angelegenheit sehr ernst nehme und das Prüfungsamt für die Sozialversicherung mit einer Sonderprüfung beauftragt habe. Das war im August 2001.
Heute wissen wir auch das haben wir im letzten Jahr, als wir den Antrag gestellt haben, noch gar nicht gewusst , dass die dicken Brocken, die wir jetzt über die Medien erfahren, erst jetzt langsam ans Tageslicht kommen. Bekannt war der Vorwurf der rechtswidrigen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung im Amt. Dazu kommt jetzt noch die unzulässige Verwendung von Haushaltsmitteln, die Verschiebung von Haushaltsmitteln in die Versorgungsrücklage. 8,6 Millionen DM eingesparte Verwaltungsverfahrenskosten sind gesetzeswidrig in den Pensionsrückstellungsfonds überführt worden.
Das ist nicht nur ein Vorwurf, Kollege Noll. Wenn Sie heute die Zeitung gelesen haben, wissen Sie, dass die LVA daraus die Konsequenzen gezogen hat und 4 Millionen aus der Versorgungsrücklage in den bundesweiten Ausgleichstopf der Rentenversicherer zurückbezahlen wird. Das ist doch ein Schuldeingeständnis.
Der dritte dicke Brocken sind die aus dem Nachtragshaushalt 1999 finanzierten Zuwendungen an Rehabilitationseinrichtungen. Dazu ist festzustellen, dass sich in der Gesamtbetrachtung ergibt, dass die LVA, gemessen an den Bewertungsmaßstäben, die sich aus der Landeshaushaltsordnung ergeben, bei der Gewährung der Zuwendungen nicht entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verfahren ist. Daraus resultieren Vermögensschäden in Form von Zinsverlusten aufgrund verfrüht ausge
zahlter Zuwendungen bzw. nicht notwendiger oder zu hoher Zuwendungen angesichts der bei den Zuwendungsempfängern vorhandenen Finanzlage. Auch hier gilt wieder: Man kennt sich und tut sich Gutes auf Kosten der Allgemeinheit und der Leute, die Versicherungsbeiträge in die LVA einbezahlen.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wer? Wer sind die, die sich kennen und Gutes tun? Abg. Scheuermann CDU: Wer tut wem Gutes? Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Nennen Sie doch einfach mal drei Namen!)
Das sind die Leute, die im Vorstand der LVA bzw. in den Kliniken sitzen. Jetzt frage ich Sie: Wer hat die Aufsicht über die LVA? Ist das nicht das Sozialministerium? Also, bitte schön!
Der Prüfbericht liegt dem Sozialministerium nun vor. Man weiß, dass sich wesentliche Teile der Vorwürfe bestätigt haben. Das sieht man auch an der Rückzahlung. Indiz dafür ist natürlich auch, dass sich auch die Staatsanwaltschaft damit beschäftigt.
Wir erleben derzeit auch, dass der LVA-Vorstand damit anfängt, sich aus unserer Sicht noch viel zu wenig von seinem Geschäftsführer zu distanzieren.
Wir denken, die geschilderten Vorgänge in der LVA sind von großem öffentlichem Interesse und sollten auch dem Landtag ich möchte es einengen: den Mitgliedern des Sozialausschusses zur Kenntnis gebracht werden, zumindest die Teile, die nicht Gegenstand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind. Deshalb haben wir einen Ergänzungsantrag gestellt, zu dem ich um Ihre Zustimmung bitte. Die Mitglieder des Sozialausschusses sollten bei der nächsten Sozialausschusssitzung, wenn der LVA-Prüfbericht auf der Tagesordnung steht, diesen Prüfbericht bekommen.
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte zu dem am Montag gefällten Vorstandsbeschluss der LVA sagen. Wir haben schon der Presse gegenüber gesagt, dass wir enttäuscht sind. Wir haben uns einen Neubeginn anders vorgestellt. Ein Neubeginn kann nur ohne Herrn Schneider funktionieren. Wir hätten eine völlige Freistellung Jürgen Schneiders von seinen Geschäften nach § 78 des Landesbeamtengesetzes der ein Verbot der Führung von Dienstgeschäften verlangt, wenn zwingende Gründe vorliegen erwartet. Das wäre auch die einzig saubere Lösung gewesen.
Stattdessen gibt es jetzt eine weiche Freistellung. Ich finde, mit dieser weichen Freistellung von Jürgen Schneider, der sich jetzt damit beschäftigen soll, die Vorwürfe aus dem Prüfbericht aufzuarbeiten, soweit sie ihn nicht betreffen, wurde der Bock zum Gärtner gemacht.
Gerade wenn man die Bewertung des Prüfberichts kennt, wie es bei den Leuten vom Vorstand diese Worte richten sich sowohl an Herrn Haible als auch Herrn Bliesener und vom Sozialministerium der Fall ist, frage ich mich, wie man einen solchen weichgespülten Beschluss fassen kann.
Ich fordere das Sozialministerium auf, seine Möglichkeiten als Rechtsaufsichtsbehörde schonungslos auszunutzen und wie Sie es in der Presse angekündigt haben, Herr Sozialminister Dr. Repnik zu überprüfen, ob mit dieser weichen Freistellung nicht tatsächlich ein Rechtsverstoß vorliegt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Lösch hat aus meiner Sicht den Beleg dafür geliefert, dass die Grünen mit der Rechtsstaatlichkeit in unserer Demokratie noch nicht umgehen können.
(Beifall bei der CDU Oh-Rufe von der SPD und den Grünen Abg. Fleischer CDU: Sehr gut! Noch nie was von rechtlichem Gehör gehört!)
Zum einen empfehle ich Ihnen, Frau Lösch, einmal nachzulesen, wie Selbstverwaltung bei uns funktioniert, wie Sozialversicherungswahlen aussehen, wie Vertreterversammlungen zustande kommen, wie Vorstände gewählt werden und wie die Verantwortlichkeiten sind. Das haben Sie völlig missverstanden, wenn Sie heute hier sagen, das Sozialministerium sollte sich um alles kümmern. Dann können wir die Selbstverwaltung abschaffen.
Das haben Sie nicht gesagt, aber Ihrem Antrag ist das annäherungsweise zu entnehmen. Sie kritisieren die Selbstverwaltung, haben aber überhaupt nicht aufgezeigt, wo die Verantwortlichkeiten liegen.
(Beifall bei der CDU Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Es gibt eine Kontrollfunktion! Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was macht die Aufsichts- behörde? Welche Funktion hat dann die Aufsichts- behörde?)
Die Aufsichtsbehörde hat Aufsichtsfunktion. Sie können aus der Stellungnahme des Sozialministeriums eindeutig entnehmen, wo die Aufsichtspflichten liegen. Meines Erachtens ist es unzutreffend, dass das Sozialministerium wie Sie behauptet haben irgendetwas zurückgestellt oder verheimlicht hätte. Es hat eben so lange gedauert, bis die Ergebnisse so, wie Sie Ihnen über die Presse vorliegen, zutage getreten sind.
Ich finde es auch unrichtig, Frau Kollegin Lösch, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, es gäbe ein Sieber-Gutachten. Es gibt eine gutachterliche Stellungnahme des Bruders jenes Arztes, der 1988 einen Arbeitsgerichtsprozess angestrengt hat.
Ihre Einlassung, es hätten Filz, Misswirtschaft und Selbstbedienungsmentalität vorgeherrscht, ist durch nichts belegt. Sie betreiben eine Vorverurteilung. Deshalb komme ich zu