Protokoll der Sitzung vom 19.06.2002

Über einzelne Punkte unseres Antrags würden wir gern im Ausschuss vertieft weiter diskutieren; dazu ist das Forum des Plenums nicht geeignet. Wir suchen auch nicht unbedingt die Konfrontation, sondern wir suchen die Kooperation mit Ihnen, um die Möglichkeiten des Landes in Zukunft besser zu nutzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Gräßle.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute das ist mal sicher ist nicht der Tag der SPD: Heute Morgen schwach angefangen und dann stark nachgelassen und jetzt ziemlich am unteren Ende der Skala.

(Heiterkeit bei der CDU Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und jetzt kommen Sie!)

Es ist nicht mehr zu unterbieten.

(Abg. Birzele SPD: Und Sie sind der Gipfel!)

Früher hat man in diesem Raum debattiert, weil man anderer Meinung war und sich über die Dinge inhaltlich auseinander setzen wollte.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt kommen Sie mal zum Thema, Frau Kollegin!)

Jetzt zu sagen, eigentlich hätten wir noch auf der dritten oder vierten Stelle hinter dem Komma etwas anzumerken, ist, finde ich, mit Verlaub, ziemlich kleinlich.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt! Zum Thema!)

Das, was da relativ aggressiv abgefragt und in der Begründung mit entsprechend aufgeblasenen Backen geäußert wurde, ist jetzt wie ein Kartenhaus zusammengefallen, wie eine Seifenblase geplatzt.

Sie haben gesehen, dass diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen nicht nur wach sind und den „Weckruf“ nicht brauchen, auch nicht von „Baden-Württemberg: Connected“, sondern schon längst hellwach auf dem Gebiet

sind. Das haben Sie gesehen. Das kann ich auch nur bestätigen.

(Beifall bei der CDU Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Die Landesregierung hat sich des Bereichs der Informations- und Kommunikationstechnologie mit einer tief gehenden und zukunftsweisenden Analyse und einer beispielhaften Gründlichkeit angenommen, und sie hat im Bewusstsein der Schlüsselbedeutung dieser Technologien für unser Land zahlreiche aufeinander abgestimmte, einander ergänzende und gegenseitig bereichernde Initiativen unternommen, die bereits erste gute Erfolge zeitigen.

(Abg. Schmiedel SPD: Wie kommen die Unterneh- men dann auf ihre Kritik, wenn das so grundlos ist?)

Die Kritik halten die Unternehmen inzwischen auch nicht mehr für so angemessen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, da sind zwei Züge einfach aneinander vorbeigefahren, ohne so gut informiert zu sein, wie es hätte sein sollen.

Ich muss auch sagen: Ich bin unserem Ministerpräsidenten Erwin Teufel sehr dankbar dafür; denn er ist der zentrale Impulsgeber für die Stärkung des Technologiestandorts Baden-Württemberg,

(Zurufe der Abg. Schmiedel SPD und Boris Pal- mer GRÜNE)

für die baden-württembergische Informations- und Kommunikationsindustrie.

(Unruhe bei der SPD)

Also, außer Zwischenrufen habt ihr hier wirklich nichts zu sagen; das ist bedauerlich.

(Widerspruch bei der SPD)

Denn manchmal könnte ja auch eine Opposition zu etwas gut sein.

(Unruhe Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Liebe Freunde von der SPD, der Ministerpräsident hat hier ein Thema zur Chefsache gemacht und zeigt, dass es sehr wohl funktionieren kann, wenn etwas zur Chefsache geworden ist. Davon könnte der Kamerad Schröder im Übrigen reichlich lernen.

(Abg. Capezzuto SPD: „Genosse“ heißt das! Was heißt hier „Kamerad“? Gegenruf des Abg. Herr- mann CDU: „Rentner“ ab September! Unruhe)

Herr Schmiedel, was Sie zur E-Signatur gesagt haben und zu der Frage, wo wir bei der Kommunikations- und der Informationstechnologie stehen, hat natürlich auch etwas

mit der lahmen, schlaffen Hand dieser Bundesregierung zu tun, und es wäre nur fair gewesen, wenn Sie dies dazugesagt hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was ist der Stand der Dinge? Sie haben eine Führungsrolle des Landes eingefordert. Diese Führungsrolle ist da; ich werde es Ihnen gleich vortragen. Aber die Führungsrolle des Bundes und auch dieses Kanzlers vermisse ich; denn gerade dieses Problem der E-Signatur ist ja ein altes Problem und wird schon lange auf Bundesebene hin- und hergeschoben. Das muss bundesweit geregelt werden und ist nur eingeschränkt Ländersache.

Ich möchte Ihnen schon sagen, wie es wirklich aussieht und dass Sie hier ein Zerrbild zu zeichnen versucht haben. Wir sind bei der Unternehmenssoftware und bei den Unternehmensdiensten weltweit auf dem zweiten Platz. Wir sind Silicon-Ländle. Wir haben nach Silicon Valley den höchsten Marktanteil durch unsere Unternehmen hier. Trotz der Krise wächst die baden-württembergische IT- und Medienbranche. Laut der Umsatzsteuerstatistik in Baden-Württemberg steigerten die Unternehmen ihren Umsatz im Jahr 2000 um 20 %. Der umsatzstärkste Internet- und E-Business-Dienstleister in Deutschland sitzt in Sankt Georgen. Baden-Württemberg weist die höchste Wachstumsrate von Unternehmensgründungen am Neuen Markt auf. Nirgendwo sonst ist diese Steigerungsrate höher als bei uns.

(Abg. Capezzuto SPD: Senegal!)

Im Ranking für Unternehmensgründer so sagt es eine Studie von Ernst & Young liegt Stuttgart auf Platz 3 nach Köln und München. Gerade die Region Stuttgart ist der Schrittmacher für diesen Technologiebereich. Herr Schmiedel, da hätte ich von Ihnen auch erwartet, dass Sie ein Wort zu der wirklich bedeutenden Rolle der Region Stuttgart in diesem Bereich sagen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Abg. Schmiedel SPD: Genau in der Region Stuttgart wird kritisiert, wie wenig vom Land aus passiert!)

Wir haben mit der Senderfusion des SWR die Voraussetzungen geschaffen, dass wir mehr Geld in der Fernsehproduktion haben, und zwar genau da, wo es hinmuss. Was wir in der Zukunft brauchen, ist Software im Fernsehbereich. Software über alles. Da haben wir, glaube ich, gute Voraussetzungen geschaffen. Wir sind das Land mit der höchsten Innovationskraft. Wir sind die forschungsintensivste Region in ganz Europa. Ich möchte auch die 170 Studiengänge im Bereich Medien und Medienwirtschaft, im Bereich IT und Kommunikationstechnologie an Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien zu erwähnen nicht vergessen.

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist Lobhudelei!)

Das ist keine Lobhudelei. Ich habe mich im Gegensatz zu Ihnen vorbereitet und war selber überrascht, wie viele sehr positive Ansätze wir in diesem Land zu verzeichnen haben. Ich war auch überrascht, zu sehen, wie gut unsere bisherige

Politik auf diesem Sektor gewesen ist und wie sehr sie greift und wie zielgenau sie ist.

(Abg. Schmiedel SPD: Bloß komisch, dass die Wirtschaft kritisiert!)

Im Ranking der Akzeptanz von E-Commerce bei InternetNutzern belegt unser Land mit 43 % auch einen Spitzenplatz. Das ist ein Zeichen für die Aufgeschlossenheit gegenüber den neuen Technologien.

Die mittelständische Beteiligungsgesellschaft MBG ist zur führenden Risikokapitalgeberin von ganz Deutschland aufgestiegen, eine ganz wichtige Einrichtung, gerade für die Start-up-Unternehmen. Diese MBG würde übrigens gerne noch mehr machen, wenn die Bundesregierung denn dazu bereit wäre und die Unternehmen auch ließe durch eine entsprechende Steuerpolitik und durch eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge sowie durch eine Stärkung des Mittelstands anstatt durch seine Schwächung.

Welcher Entwicklung sehen wir uns gegenüber, wenn wir in die Zukunft blicken? Die Informations- und die Kommunikationstechnologie verschmelzen immer mehr mit Medien und der Medienkultur, eine Entwicklung, der sich das Land ebenfalls sehr offensiv und offen stellt. Ich darf Sie hier an das Leitbild zum Medienstandort Baden-Württemberg erinnern, das unter der Regie von Staatsminister Dr. Palmer erarbeitet wurde und das sehr interessant ist, weil es sich gerade dieser neuen Entwicklung verschrieben hat und fragt, was wir jetzt tun müssen, um auch in zehn oder fünfzehn Jahren diese Spitzenstellung beizubehalten, eine sehr schwierige Frage, weil wir es ja mit einem schnell wechselnden Markt zu tun haben.

Dieses Leitbild fügt sich sehr geschlossen und sehr harmonisch in das Gutachten von Roland Berger ein. Sie wissen, das ist das Gutachten, das uns ein ganzes Maßnahmenbündel um die Clusteridee herum empfiehlt. Das Schlagwort heißt: Stärken stärken. Genau dies tun wir mit dem Programm „do IT“, das die MFG verwaltet und das Sie auch angesprochen haben. Bevor es Ihnen eingefallen ist, Herr Schmiedel, am 16. Oktober 2001 diesen Antrag zu stellen, hat die Landesregierung bereits gehandelt und am 25. September 2001 das Impulsprogramm mit 15 Millionen € aufgelegt. „do IT“, ein Programm mit 450 Millionen €, ist sehr interessant, weil es zielgenau den Informations- und den Kommunikationstechnologiebereich in einer Vernetzung der Unternehmen und einer Unterstützung des kleinen Mittelstands, der Start-up-Unternehmen, der Hochschulen, der Banken, der Verbraucher, der Kunden und auch der Regierung stärkt. „do IT“ halte ich für eine faszinierende Initiative, weil sie in die Wirtschaft hineinhört, also gerade das tut, was Sie fordern, weil sie die Bedürfnisse und den Bedarf vor Ort erfährt, aufgreift und dieses dann umsetzt.

Gern möchte ich auch die Gelegenheit benutzen, allen Mitarbeitern der MFG, die daran beteiligt sind und sich sehr engagieren, um „do IT“ zum Erfolg zu verhelfen, zu danken. Das ist eine tolle Geschichte. Gerade heute findet ein Seminar zum Thema „Erfolgreiches E-Mail-Marketing“ statt, ein Seminar, das seit langem ausgebucht ist. Das ist nur einer der Punkte, wo Sie sehen, dass da ein Programm sehr erfolgreich am Laufen ist. Ich glaube, wir können damit auch sehr zufrieden sein.

Deshalb kann ich Ihre Ansicht überhaupt nicht teilen, wenn Sie sagen, da gebe es verschiedene Gremien, die alle arbeiteten. Das hoffe ich doch, dass die alle arbeiten. Und Sie sehen, dass sie auch erfolgreich arbeiten. Es gibt in diesem großen Bereich der IT und der Kommunikationstechnologie natürlich unterschiedliche Bereiche, die alle abgedeckt werden. Deshalb gibt es auch unterschiedliche Gremien und unterschiedliche Funktionen. Dazu gehört BITS Baden-Württemberg. Dazu gehört der Lenkungsausschuss. Dazu gehören auch weitere Gremien, zum Beispiel der Verein Connected. Das sind alles Beratungsorgane und -organisationen auch für die Landesregierung. Ich finde es immer sehr schön, wenn sich Regierende beraten lassen. Sie sehen daran, dass die Impulse dieser Organisationen auch umgesetzt werden, dass man es hier mit Beratung sehr ernst meint.