Protokoll der Sitzung vom 16.10.2002

(Abg. Capezzuto SPD: Allerhand! Unglaublich ist das ! – Abg. Hauk CDU: Ich sage noch einmal: Ihre Schlussfolgerung ist falsch!)

Wir haben einen Paragraphen in der Gemeindeordnung, um den es geht: Das ist der § 21 der Gemeindeordnung. Jetzt geht es Ihnen darum, den Koalitionsvertrag umzusetzen. Den habe ich hier in der Hand. In diesem steht nichts von Fristen oder von Zusammenfügung usw. Da stehen genau die Dinge drin, die im Gesetzentwurf stehen: Quorum, Abschaffung des Positivkatalogs.

(Zuruf des Abg. Heinz CDU)

Herr Kollege Heinz, jetzt regen Sie sich doch nicht auf! Das ist kein Grund zum Aufregen.

(Abg. Heinz CDU: Doch! – Abg. Capezzuto SPD: Der hat doch sonst nichts zu tun!)

Sie sollten sich einfach hier hinstellen und sollten sagen, dass für Sie die parteipolitische Fahne inklusive Ihrer Koalitionsvereinbarung Vorrang vor der Einigkeit in diesem Parlament hat. Das wäre wenigstens ehrlich.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich will aber zur Sache selber auch noch zwei, drei Aussagen machen,

(Beifall des Abg. Hillebrand CDU)

wobei das eine nicht zur Sache war, Herr Kollege. Ich glaube, das Quorum brauchen wir nicht ernsthaft zu diskutieren. Bürgerentscheidsmöglichkeiten haben ja nur dann Sinn, wenn die Entscheidung, die unter Beteiligung eines großen Prozentsatzes von Bürgerinnen und Bürgern getroffen wird, dann auch umgesetzt wird und Realität daraus erwächst. Wir haben zum Beispiel den letzten Bürgerentscheid bei der Bodenseefähre erlebt, der wiederum an dem Quorum gescheitert ist. Hätten wir das Quorum damals schon auf 25 % oder, wie wir meinen, besser auf 20 % abgesenkt gehabt, dann hätte dieser Bürgerentscheid umgesetzt werden können und aus der Partizipationsmöglichkeit wäre Realität erwachsen.

Deswegen sage ich ganz klar: Dieses Quorum muss abgesenkt werden. Wir sind bereit, kleine Schritte mit Ihnen zu gehen. Die CDU braucht lange. Ich weiß, das ist eine große Volkspartei, und sie muss viel und lange diskutieren. Aber ich glaube, bei einem Quorum von 25 % ist die repräsentative Demokratie nicht infrage gestellt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zur Frage des Positivkatalogs ist völlig klar: Grundsätzlich sollen alle Gemeindeangelegenheiten bürgerentscheidsfähig sein. Die wenigen anderen Fälle wie zum Beispiel die Haushaltssatzung müssen wir in dem Negativkatalog ausschließen.

Was mir an dem Gesetzentwurf der SPD nicht gefällt – das sage ich Ihnen ganz offen – –

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich bin doch noch gar nicht fertig. – Ich würde mich sehr freuen, wenn ich gemeinsam mit den Kollegen der CDUund der FDP/DVP-Fraktion einen Änderungsantrag zu dem Punkt einbringen könnte,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sehr gut! – Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

dass es keinen Sinn macht, die Bebauungspläne aus der Bürgerentscheidsfähigkeit herauszunehmen. Ich sage Ihnen auch, warum. Sie argumentieren doch sehr oft, Herr Innenminister, auch mit Bayern, und der dortige Innenminister, sicherlich ein sehr geschätzter Kollege von Ihnen – davon gehe ich einmal aus –, hat die Tatsache zu verzeichnen, dass in Bayern 25 % der Bürgerentscheide Bebauungspläne zum Gegenstand haben. Deswegen wäre es, glaube ich, ein falscher Weg, die Bebauungspläne herauszunehmen.

(Abg. Schmiedel SPD: Nein!)

Lassen Sie mich doch geschwind ausreden. – Zu argumentieren, man habe ja schon ein formalisiertes Verfahren im Baugesetzbuch usw. mit Beteiligungsmöglichkeiten, das halte ich nicht für stichhaltig. An dieser Stelle müssten wir dann, meine Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen des Hauses, einen gemeinsamen Änderungsantrag einbringen.

(Abg. Zeller SPD: Stellen Sie doch einen Ände- rungsantrag! – Große Unruhe und Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Keine Aufregung!

Darf ich um mehr Ruhe bitten.

(Anhaltende Unruhe)

Darf ich um mehr Ruhe im Saal bitten!

Das ist nett, Frau Präsidentin, sonst muss ich immer so laut reden.

Der letzte Punkt, den ich im Prinzip noch ansprechen möchte, betrifft die Sperrfrist. Auch hier liegt die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses auf unserer Wellenlänge.

(Zurufe von der CDU: Was? Um Gottes willen!)

Ich glaube, auch hierzu hätten Sie sich äußern sollen. Sperrfrist heißt, dass man erst nach drei Jahren ein abgelehntes Anliegen wieder einem Bürgerentscheid unterstellen kann. Wir und die SPD sagen, man müsste das schon nach einem Jahr tun können. Ich gebe Ihnen ja Recht: Wir können diese oder jene Frage

(Große Unruhe und Zurufe)

meine Damen und Herren, regen Sie sich doch nicht so auf! – im Gesetzgebungsverfahren in diesem Haus – da gibt es zwei Lesungen, da gibt es eine dritte Lesung, da gibt es Beratungen in den Ausschüssen – behandeln und uns damit auseinander setzen. Wir warten auch gern, bis die CDU auf ihrem nächsten Parteitag über die Frage entschieden hat, ob sie die Inkompatibilität der Bürgermeister in Kreistagen noch mit aufnehmen will. Auch das machen wir gern mit einem Änderungsantrag. Insofern steht dem allem nichts entgegen.

Ich darf Sie im Sinne der Kompetenz des Parlaments, meine Damen und Herren von der rechten Seite dieses Hauses,

auffordern, bei diesem Gesetzesvorhaben mitzumachen und es nicht aus koalitionstaktischen Gründen zu blockieren.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schneider.

(Unruhe und Zurufe)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Richtung Opposition bloß ein paar Klarstellungen. Ich habe den Eindruck, dass man sich letztendlich mit Nebensächlichkeiten befasst.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ach Gott! Welche?)

Ich will Ihnen, lieber Herr Oelmayer, einmal sagen, was letztendlich auf der kommunalen Ebene Sache ist. Ich rede hier nicht als Trockenschwimmer, sondern ich rede hier als kommunaler Praktiker.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das müssen Sie gerade mir sagen!)

Jetzt sage ich Ihnen einmal Folgendes: Wo wollen Sie denn mehr Bürgerbeteiligung machen? Sie haben doch gar kein Geld mehr. Das ist doch letztendlich der Punkt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das hat doch nichts mit Geld zu tun!)

Natürlich. Passen Sie einmal auf! – Wo wollen Sie denn Bürgerbeteiligung veranstalten? Wir haben zurzeit eine Erosion der kommunalen Finanzen wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Das ist Tatsache.

(Große Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um mehr Ruhe bitten.

Ich sage Ihnen, woher diese Erosion kommt, damit das politisch klar ist. Die kann ganz klar zugeordnet werden. Wir haben Belastungen auf der Landkreisseite, beginnend mit der unsäglichen Grundsicherung, mit der wir ab 1. Januar beginnen sollen,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der SPD: Oh!)

millionenschwer. Ein völlig sinnloses ideologisches Gesetz. Das ist die Wahrheit.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Da werden sich die Frauen im Land freuen! – Weitere Zurufe und große Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Schneider, gestatten Sie eine Zwischenfrage – –