Protokoll der Sitzung vom 17.10.2002

(Abg. Dr. Caroli SPD: Doch, das wird fortlaufend gemacht!)

Der hoheitliche Naturschutz funktioniert. Ich habe leider die Zahlen nicht dabei, was wir alles auf dem hoheitlichen Weg ausgewiesen haben. Aber der Vertragsnaturschutz bietet uns doch die einzigartige Chance, die Menschen dafür gewinnen zu können.

(Abg. Walter GRÜNE: Das wollen wir doch alle!)

In dem Moment, wo Sie hoheitlich tätig werden, hat man draußen den Eindruck: „Jetzt kommt wieder die Käseglocke, jetzt kommt wieder ein Riegel. Aus, basta, null!“

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sie brauchen ein integriertes Konzept!)

Wir erzielen Akzeptanz in Baden-Württemberg allein deswegen, weil wir ganz konsequent, auch wenn es viel Geld gekostet hat, den Weg des Vertragsnaturschutzes beschritten haben. Wir waren auch immer bereit und mutig genug, zu sagen: Es geht auch immer wieder um „Schützen durch nützen“. Also lassen Sie um Gottes willen insbesondere bei diesem großen und schwierigen Problem und der großen Herausforderung von Natura 2000 diese Grabenkämpfe zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz, sondern helfen Sie mit, dass wir das zusammenführen, dass wir überzeugen. Vertragsnaturschutz ist nicht das Einzige, aber er hat Vorrang. Das wurde Gott sei Dank mittlerweile auch bundesrechtlich anerkannt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Walter, Sie können nicht von Kürzungen reden. Wir haben eine Änderung vorgenommen. Das war damals umstritten, keine Frage. Aber die jetzt zuständigen Landratsämter verfügen doch immerhin durch eine Aufstockung über insgesamt 22 Personalstellen, um Naturschutzverwaltung gut und effektiv betreiben zu können.

(Abg. Walter GRÜNE: Die sind woanders abgezo- gen worden!)

Ich halte es auch nicht für richtig, wenn der Zungenschlag hineinkommt: „Natura 2000 bitte ohne Forstverwaltung! Die können das nicht.“ So wollten Sie es nicht sagen. Wir werden den Weg einschlagen, dass die Forstverwaltung mit ihrem ganzen Know-how und in Kooperation mit der Naturschutzverwaltung die Verwirklichung der Projekte von Natura 2000 angeht. Anders können Sie das gar nicht machen.

Kollege Drautz hat nach dem Finanzrahmen gefragt. Was sich da in den nächsten Wochen abspielt, ist ja hinlänglich bekannt geworden. Mein Ressort, aber auch andere müssen jetzt liefern. Es ist überhaupt keine Frage, dass an allen Ecken und Enden eines solchen Ressorts Einsparmöglichkeiten geprüft werden müssen. Denn die Summen, um die es jetzt geht, können Sie nicht aus der Portokasse bezahlen. Es ist richtig, alles, was gute Wünsche sind, vorzutragen. Das muss sich allerdings letztlich wieder an der Finanzrealität messen lassen.

(Minister Stächele)

Noch eines – ich weiß gar nicht, was daran schlimm ist –: Baden-Württemberg hat 8,6 % der Landesfläche nach Brüssel gemeldet.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wie lange hat es ge- dauert?)

Jetzt wird von dem einen oder anderen Verband beanstandet, da oder dort sei nicht genügend gemeldet worden. Brüssel ist dabei, zu prüfen. Ich warte diese Prüfung ab. Ich kann nur sagen: Wir sind schon allein mit dem, was jetzt ausgewiesen ist, an allen Ecken und Enden beschäftigt. Wir haben alle Hände voll zu tun, um das umsetzen zu können. Wenn man meint, man müsse noch mehr ausweisen, bitte ich um den Nachweis. Das kann nicht willkürlich sein, sondern man muss ganz konkret sagen: Das sind die schutzbedürftigen Belange. Daraus ergibt sich in der Summe das Ziel im Rahmen von Natura 2000. Dann diskutieren wir darüber. Ich bin bereit, über alles zu diskutieren. Aber ich bin noch viel mehr bereit, von Ihnen einstimmige Beschlüsse zu erhalten, wenn es darum geht, die Dinge im Parlament finanziell umzusetzen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes wird an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft überwiesen. – Erheben sich dagegen Einwendungen? – Enthaltungen? – Zustimmung.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung auswahlrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich – Drucksache 13/1345

Ich erteile das Wort Herrn Minister Dr. Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landesregierung bringt hiermit einen Gesetzentwurf zur Verstärkung des Selbstauswahlrechts der Studierenden durch die Hochschulen ein. Es geht um die Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen, aber auch um die Auswahl der Hochschulen durch die Studierenden.

Das Gesetz hat einen doppelten Inhalt. Der erste ist die Verstärkung der Selbstauswahlquote in Fächern mit landesweitem Bewerberüberhang von 40 % auf 90 % im Rahmen eines Numerus clausus, und der zweite Gesetzesteil betrifft Fächer und Fachgebiete mit besonderen fachspezifischen Anforderungen, für die eine hundertprozentige Selbstauswahl, und zwar eine kapazitätsunabhängige Selbstauswahl, durchgeführt werden kann, sodass also die Auswahl der Studierenden nicht von der Zahl der ausgewiesenen Studienplätze abhängig ist.

Das Ziel, das wir damit verfolgen, ist eine bessere Abstimmung zwischen der Studierfähigkeit, der Studierneigung

und den Anforderungen der Studiengänge an die Studierenden, also neudeutsch ausgedrückt: ein besseres Matching zwischen der Motivation und der Befähigung der Studierenden und den Anforderungen in den Studiengängen. Wir wollen erreichen, dass damit die Abbrecherquoten sinken, dass sich die Studienzeiten verkürzen, weil die Geeigneteren die entsprechenden Fächer studieren, und wir wollen vor allem erreichen, dass es eine bessere Motivation zwischen Lehrenden und Studierenden gibt, und letztlich auch, dass es eine bessere Betreuungsmentalität der Professorinnen und Professoren gibt. Wenn sie sich schon zu Beginn des Studiums von Studierenden darum kümmern müssen, wer für einen Studiengang geeignet ist, und die Auswahlprozeduren durchführen müssen, dann ist die erste Begegnung von Professorinnen und Professoren mit Studierenden schon eine, in der sie sich um diese Studierenden kümmern müssen. Dieses Kümmern im besten Sinne des Wortes ist etwas, woran es uns im deutschen System wahrscheinlich noch weit mangelt, jedenfalls verglichen mit anderen Ländern.

Das Abitur wird durch diese Selbstauswahl keineswegs entwertet. Allenfalls wird das Lernen in der Schule auf Noten hinter dem Komma abgeschafft. Aber das Abitur wird inhaltlich gestärkt; denn für das Selbstauswahlverfahren kommt es mehr auf den Inhalt des Gelernten als auf die Dezimalstellen hinter dem Komma bei den erworbenen Noten an.

Was den Aufwand betrifft, so wird die Selbstauswahl Dienstaufgabe der Professorinnen und Professoren. Man kann erwarten, dass Professorinnen und Professoren in der so genannten vorlesungsfreien Zeit eine Woche oder zehn Tage dafür opfern, sich darum zu kümmern, wer für einen Studiengang geeignet ist und wer nicht, und dass dies auch ohne eine Mehrvergütung geschehen kann. Wer immer amerikanische Qualität und angelsächsische Verfahren will, muss auch bereit sein, die entsprechende Arbeit dazu zu leisten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir werden im Bündnis für Lehre Mittel bereitstellen, um Mustersatzungen zu entwickeln. Wir sind etwa in Informatik und in Jura bereits dabei, entsprechende Muster zu entwickeln, ohne dass dies verpflichtend ist. Es sind Angebote an die Hochschulen.

Manche sprechen von Überregulierung. Hier muss man sehen, dass diese Auswahl nur für Fächer mit Bewerberüberhang gilt. Gibt es keinen Bewerberüberhang, dann gibt es auch keine Notwendigkeit zur Auswahl.

Zum Zweiten: Was nicht mehr möglich ist, ist ein reiner Numerus clausus, also eine reine Auswahl durch Noten, wie das bis jetzt der Fall war, sondern man muss Auswahlverfahren durchführen, wenn man die Zulassung beschränkt.

Wir haben allerdings vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Vergangenheit in das Gesetz eingebracht, dass wir bei neuen Studiengängen das Verfahren der Selbstauswahl verpflichtend machen können. Als das Land die Selbstauswahl von 40 % bei landesweitem Bewerberübergang einführte, hat keine einzige Universität, außer einer mittelgroßen nordbadischen Universität, Selbstauswahlverfahren durchgeführt. Wir können also nicht unbedingt darauf vertrauen,

(Minister Dr. Frankenberg)

dass bei aller Autonomie das Notwendige auch getan wird, wenn es nicht sozusagen einen Mindestdruck auch durch den Gesetzgeber gibt. Wir haben ja als Parlament die Verpflichtung, wenn wir etwas für richtig halten, auch dafür zu sorgen, dass es nach Möglichkeit gemacht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hauk CDU: Sehr richtig!)

Bei der Frage der Kriterien bei der Ausgestaltung der Verfahren haben wir die größtmögliche Freiheit gegeben. Man muss aber auch sehen, dass es Rechtssicherheit geben muss. Der Hochschulzugang ist ein hohes verfassungsrechtliches Gut. Das kann in der Ausgestaltung nicht der Beliebigkeit der Hochschule überantwortet werden. Deshalb muss es Mindeststandards der Verfahren geben, die rechtssicher sind und die auch vor Verwaltungsgerichten Bestand haben. Insofern haben wir eine Abwägung zwischen Vorschriften der Gestaltung und einer möglichst großen Gestaltungsfreiheit gegeben. Wir werden uns nur ein Beanstandungsrecht vorbehalten – also keine Genehmigung, sondern ein Beanstandungsrecht –, wenn wir Rechtsprinzipien der Selbstauswahl verletzt sehen.

Unser Ziel ist es, meine Damen und Herren, die Selbstauswahl auch verstärkt auf die Verfahren, die über die ZVS laufen, auszudehnen, entweder die ZVS völlig zu überwinden oder, wofür es gewisse Hoffnung gibt, in der Kultusministerkonferenz eine Einigung über eine erhebliche Modifikation der ZVS-Verfahren zu erreichen.

Die bisherige Erfahrung mit der Selbstauswahl in den entsprechenden Ländern, aber auch bei uns zeigt, dass die Ziele verbesserter Studierfähigkeit erreicht werden. Jura ist das erste Fach, das jetzt aus der ZVS herausgenommen worden ist. Ausgerechnet die am stärksten nachgefragte Universität Heidelberg hat ein wirkliches Selbstauswahlverfahren durchgeführt. Es zeigt sich also auch, dass man Selbstauswahl bei hohem Bewerberüberhang durchführen kann. Übrigens tun das auch fast alle Fachhochschulen. Etwa im Bereich internationaler Business-Studiengänge hat Heilbronn von 1 000 Bewerbern 70 ausgewählt. Bei anderen Fachhochschulstandorten sieht es ähnlich aus. Es hat dort keine Klagen über unzureichende Ausstattung, Kosten oder Ähnliches gegeben.

Halten wir es mit den Worten von Herrn Casper, dem ehemaligen Präsidenten der Stanford University, der gesagt hat, er verstehe überhaupt nicht, warum die deutschen Hochschulen nicht die wichtigste Maßnahme der Qualitätssicherung der Lehre in Angriff nähmen, nämlich die Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es! Sehr richtig!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Klunzinger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf. Wir werden ihm zustimmen.

Ich brauche auf die inhaltlichen Ausführungen zum Gesetz nicht einzugehen. Unsere Fraktion stimmt mit dem Herrn Minister überein. Wir begrüßen die Zielrichtung. Die Novelle stärkt die Autonomie. Sie fördert die Profilbildung, und sie führt auch zu mehr Wettbewerb. Auch die überwiegend positiven Stellungnahmen im Anhörungsverfahren zeigen sehr deutlich, dass hier ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde.

Nur zu wenigen Aspekten im Detail. Der Herr Minister hat mit Recht betont, dass beim Auswahlverfahren sehr genau beachtet werden muss, dass das Verfahren und die darauf fußenden Entscheidungen gerichtsfest sind; denn es handelt sich immerhin um Entscheidungen mit grundrechtlicher Relevanz im Hinblick auf die Berufsfreiheit. Insofern kommt in der Tat der Rechtsaufsicht im Zuge der Sanktionierung der Satzungen eine starke Verantwortung zu. Ich begrüße, dass den Hochschulen hier in Form von Vorgaben eine Hilfe an die Hand gegeben wird.

Ich möchte noch eines betonen: Ein besonderes Anliegen unserer Fraktion war es, dass auch das ehrenamtliche Engagement bei der Motivationsprüfung im Auswahlverfahren berücksichtigt wird; denn wir meinen, dass etwa eine Tätigkeit als Übungsleiter im Sportbereich sehr wohl auch ein Qualifikationsmerkmal für Motivation und Eignung ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Kritisch wird es, wie so oft, im Bereich des Geldes und der Kosten. Wir sind uns alle einig, dass es zu einem Mehrbedarf und zu einem Mehraufwand kommen wird. Dies mit Einsparungen zu verrechnen, die sich aus der steigenden Qualität der ausgewählten Studenten ergibt – so die Ausführung in der Gesetzesbegründung –, versprüht einen neuartigen finanzpolitischen Charme. Aber wir werden sicher über das eine oder andere noch zu reden haben, auch über die jüngst aufgekommene Frage, ob man etwa Gebühren erheben müsste, wie dies ja auch in Amerika der Fall ist.

Abschließend zwei Feststellungen. Das Selbstauswahlrecht der Hochschulen entspricht einer langjährigen Forderung von Hochschulen und Wirtschaft, und es ist in der Tat geeignet, sehr viel Positives an der Hochschule zu bewirken, Abbrecherquoten zu senken und Studienzeiten zu verkürzen. Der Gesetzentwurf ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir werden ihm zustimmen.