Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Genau!)

Das wird nicht nur eine Nullrunde, sondern es wird zur Minusrunde, gerade auch für die Patienten. Denn eines ist doch klar: Wenn sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern, wenn der Arzt die Zeit nicht mehr hat, wenn das Personal nicht mehr da ist, wer leidet dann darunter? Der Patient und sonst niemand.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es!)

Denkt eigentlich niemand mehr an die Patientinnen und Patienten?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Genau! – Abg. Schmiedel SPD: Jetzt ein- mal die Alternative!)

Lieber Herr Schmiedel, ich bin gerne bereit, bis um 17:00 Uhr zu sprechen. Die Alternativen stelle ich Ihnen innerhalb von einer Stunde dar. Aber wir haben das im Wahlkampf

(Minister Dr. Repnik)

gemacht; wir haben das hier schon vier-, fünf- oder sechsmal diskutiert.

(Abg. Kübler CDU: So ist es! Aber manchmal braucht es halt ein weiteres Mal! – Abg. Schmiedel SPD: Der Wahlkampf ist vorbei! Auch die Oppositi- on muss Alternativen bringen! – Abg. Seimetz CDU: Der Schmiedel begreifts nicht!)

Wir haben die Alternativen hier schon im letzten Jahr mindestens dreimal diskutiert. Da müssen Sie halt auch zuhören und dürfen nicht ein solches Kurzzeitgedächtnis haben.

(Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wohin führt das? Die qualitätsbewusst arbeitenden Ärzte werden demoralisiert werden. Für Patienten wird weniger Zeit zur Verfügung stehen. Ich sage Ihnen: Der Ärztemangel wird sich verschärfen. Junge Mediziner werden keine Chance mehr sehen, einen solchen Beruf zu ergreifen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Keine Perspektive mehr da! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber jetzt sollten Sie nicht auf die Tränendrüse drücken, sondern etwas Konstruktives bringen!)

Dennoch wird gerade im Bereich der GKV keine Entlastung entstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein zweites Beispiel: Nullrunde für Krankenhäuser und Psychiatrische Zentren – Nullrunde! Auch wenn hier DRGs eingeführt werden sollten und es dort Entlastung geben sollte: Es ist im nächsten halben Jahr gar nicht zu verlupfen, wie viele da plötzlich Verträge abschließen sollten.

Eines ist doch klar: Die BAT-Schere in den Krankenhäusern wird sich noch weiter öffnen. Wir hatten doch schon in den letzten Jahren das Problem, dass viele Krankenhäuser nicht mehr kostendeckend arbeiten konnten und Abteilungen schließen mussten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Und da gab es noch kein Vorschaltgesetz! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber das Vorschaltgesetz verschlechtert das!)

Moment, liebe Frau Haußmann: wegen des BAT und der Budgets. Es ist doch richtig, Frau Haußmann, dass die BAT-Schere weiter aufging – 3 % bis 3,5 % bzw. 4 % – und das Budget um 0,8 % bis 1,2 % gewachsen ist. Das heißt, die Krankenhäuser mussten für diese Budgetierung schon in den letzten Jahren Personal entlassen. 70 % der Ausgaben der Krankenhäuser sind Personalkosten, weitere ca. 10 % andere Fixkosten. Die Krankenhäuser – ich kann nur für Baden-Württemberg sprechen – haben sich in den letzten Jahren wirtschaftlich gestärkt und betriebswirtschaftlich organisiert,

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ausgemustert!)

sodass sie, wenn jetzt kein Geld mehr nachfolgt, nur am Personal sparen können – in einer Zeit, in der wir immer kürzere Liegezeiten haben, eine immer kürzere Verweildauer, immer mehr Patienten, und in der die Arbeit schwieriger wird.

(Abg. Wintruff SPD: An allem ist die SPD schuld, oder wie?)

Wenn jetzt auch noch weniger Personal zur Verfügung steht, werden wir im Pflegepersonalbereich ein noch größeres Problem bekommen. Da können wir Werbung machen, so viel wir wollen – Sie, ich oder wer auch immer –: Da sagen uns die Pflegekräfte: „Ohne uns. Auf unserem Rücken tragt ihr das nicht aus. Wir können diese Arbeit auf Dauer nicht mehr verkraften.“ Das führt zu einer Unterversorgung mit Personal in Krankenhäusern.

Eines ist doch klar – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, ich hatte vorher angekündigt, dass ich Ihnen helfe, die Empfehlungen des Präsidiums zu berücksichtigen. Sie haben bereits wesentlich mehr Redezeit verbraucht, als für eine Fraktion in beiden Runden vorgesehen ist.

Herr Präsident, ich weiß dies. Aber die Berücksichtigung der Redezeit ist ja eine Bitte und keine Anordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wintruff SPD: Aber jetzt genug des Gejammers! – Abg. Schmiedel SPD: Entweder Alternativen oder aufhö- ren! – Abg. Wintruff SPD: Wir können es ja nicht mehr hören! – Gegenruf von der CDU: Weil Sie die Wahrheit nicht hören können!)

Dass Sie das nicht gern hören, verstehe ich ja.

(Abg. Wintruff SPD: Davon wird einem ja schlecht!)

Nein, das glaube ich nicht. Und wenn Ihnen schlecht wird, dann haben Sie vielleicht das Problem, dass Sie irgendwann keinen Arzt mehr finden, der Sie bei Ihrer Schlechtigkeit auch noch behandelt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD)

Ich möchte nur noch einmal den Bereich Krankenhaus, Frau Haußmann, herausstellen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Jetzt hören Sie doch auf mit dem Druck auf die Tränendrüse!)

Die Gewerkschaft ver.di ist ja für die Krankenhausangestellten mitverantwortlich.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das interessiert die nicht!)

Die reden doch heute schon darüber, dass sie eine Steigerung um mindestens 3 % haben wollen, denn daran messen sie ihren Erfolg. Wenn wir von einer Nullrunde ausgehen und davon, dass in den Krankenhäusern ca. 1,5 Millionen Menschen arbeiten, haben wir mit ca. 40 000 Entlassungen zu rechnen, weil diese Steigerung nicht mehr bezahlbar ist.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ja, so ist es! – Abg. Win- truff SPD: Oh lieber Gott! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist halt so! Das ist ein Fakt!)

(Minister Dr. Repnik)

Ich sage Ihnen eines: Es gibt einen Montgomery vom Marburger Bund. Das ist dieser „Wir für Schröder“-Montgomery. Der gehört der SPD an.

(Abg. Alfred Haas CDU zur SPD: Jetzt zuhören!)

Der hat gesagt: „Die Nullrunde wird wie ein Schweizer Käse durchlöchert werden müssen.“ Meine verehrten Damen und Herren, die Nullrunde führt zur Arbeitsplatzvernichtung in Krankenhäusern und zu einer schlechteren Patientenversorgung. Auf Baden-Württemberg heruntergerechnet bedeutet das ca. 2 000 bis 3 000 Arbeitsplätze weniger.

(Abg. Wintruff SPD: Das sind Lobbyisten, reine Lobbyisten! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Versteht doch endlich mal, dass das Lobbyis- mus für die Patienten ist!)

Lieber Herr Wintruff, ich habe noch nie bei irgendeiner Rede, die Sie gehalten haben, wenn es um Verbesserungen im Schulbereich ging, zu Ihnen gesagt: Weil Sie Lehrer sind, sind Sie Lobbyist.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Für die Kinder!)

Ich war immer der Meinung, dass es um die Kinder geht. Heute geht es um die Patienten und nicht um irgendwelche Lobbyisten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Schmiedel SPD: Aber auch die Opposition muss eine Alternative bringen! Welche Alternative hat die Opposition? – Abg. Carla Bregenzer SPD: Wenn Sie jetzt über die Alter- native reden, sind Sie ganz schnell fertig, weil Ihnen dazu nichts einfällt!)

Jetzt lassen Sie mich noch einmal den Punkt „Maßnahmen zur Senkung der Arzneimittelkosten, Auswirkungen auf die Apothekenversorgung, Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt“ ansprechen. Frau Lösch, woher Sie die Horrorzahl von 30 % Steigerung im Arzneimittelbereich haben, entzieht sich wirklich jeder Kenntnis. Das ist mit Sicherheit die falsche Zahl. Im Übrigen – das hat Herr Hofer aufgezeigt – sprechen wir über ein Segment von 15 % der gesamten Kosten. Damit soll man das ganze System sanieren!

Jetzt ist Folgendes geplant: Wenn man das so umsetzt, wie es vorgesehen ist, führt das in den Apotheken zu einem Rückgang des Rohertrags – für die, die es nicht wissen: Rohertrag ist der Ertrag vor Steuern – um 50 %. Ich sage Ihnen heute schon voraus, dass das Apothekensterben

(Abg. Wieser CDU: Man kann nicht jeden Apothe- ker zum Minister machen!)

gerade in der Fläche vorprogrammiert sein wird, wenn das Geplante so umgesetzt wird.