Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Jetzt aber! – Abg. Drexler SPD: Wann? Welche?)

Wir wollen eine Verwaltungsreform umsetzen. Die FDP/ DVP hat einen Antrag vorbereitet, der auf unserem Dreikönigsparteitag diskutiert wird.

(Abg. Drexler SPD: Und dann?)

Darin werden wir konkrete Vorschläge machen,

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

wie die Verwaltungsstruktur im Land Baden-Württemberg gestrafft werden kann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir laden alle anderen Fraktionen dieses Hauses ein, eigene Vorschläge zu machen, wie die Verwaltung in unserem Land reformiert werden kann.

(Abg. Drexler SPD: Und dann stimmt ihr im Land- tag zu!)

Frau Kollegin Dederer, wir würden uns wünschen, dass die Grünen und auch die Sozialdemokraten

(Abg. Junginger SPD: Wir sind dabei!)

in den Ländern, in denen sie an der Regierung sind, ebenfalls bereit wären, entsprechende Reformen vorzunehmen.

(Abg. Drexler SPD: Wir sind hier für Baden-Würt- temberg zuständig! – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Wir nehmen Sie beim Wort!)

Wir als Baden-Württemberger brauchen eine Länderneugliederung im Bund. Es kann doch nicht sein, dass das Saarland die Kindergartenplätze kostenlos anbietet und gleichzeitig am Tropf der Bundesergänzungszuweisungen hängt.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Heike Dederer GRÜNE: CDU-regiert!)

Es kann doch nicht sein, dass die Lehrer in Niedersachsen eine höhere Besoldung erhalten als bei uns.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Die FDP/DVP-Fraktion wird in den anstehenden Beratungen alles daransetzen, den kommunalen Finanzausgleich stabil zu halten, um damit die Situation für unsere Kommunen erträglich zu halten. Wir fordern Sie in diesem Haus auf – das ist das Entscheidende, was wir von Ihnen erwarten –, konkrete Vorschläge zur Sanierung des Landeshaushalts zu machen und den Protest gegen die Maßnahmen, die die von CDU und FDP/DVP geführte Landesregierung jetzt vorgelegt hat, einzustellen oder bessere Vorschläge vorzulegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Dederer.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben hier immer von Steuererhöhungen gesprochen.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Das habt ihr gemacht, liebe Heike!)

Da muss ich Sie doch fragen: Was ist denn mit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer? Was ist mit unserer Einkommensteuerreform? Was ist letztlich auch mit der Reform der Körperschaftsteuer und mit den betreffenden Einbrüchen? Das alles sind doch gigantische Steuersenkungen. Diese haben Sie hier nicht erwähnt, und sie führen – das muss man hier leider feststellen – nicht zu dem Effekt, den Sie gern hätten,

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Das Ergebnis der Kör- perschaftsteuerreform ist ein Skandal!)

nämlich zu einer Dynamisierung der Wirtschaft.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Das, was Sie vorschlagen, ist eine Scheindynamik. Sie bauen auf eine Scheindynamik. Sie hoffen mit Ihren Maßnahmen auf ein Wirtschaftswachstum von 2 oder 3 %. Das ist heutzutage illusorisch.

(Abg. Wieser CDU: Ja, hoffen Sie nicht mehr auf Wachstum?)

Das sind aus finanzpolitischer Sicht Luftbuchungen. Das ist unseriös. Ich will Ihnen das gern noch einmal darlegen.

Schauen Sie sich einmal die Wachstumsraten in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs an, und vergleichen Sie die Dekaden miteinander. Dann werden Sie feststellen, dass wir ein permanent sinkendes Wirtschaftswachstum haben. Das wird man nicht mehr umkehren können. Wir werden nicht mehr Wachstumsraten wie nach dem Krieg haben.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Diese Zeiten sind vorbei. Das Einzige, was auf Dauer helfen wird, ist eine Aufgabenreduzierung. Wir brauchen weniger Staat; da stimme ich Herrn Kollegen Theurer zu.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Nur müssen wir das hier im Land endlich angehen. Deswegen bitte ich Sie, auch einer Verwaltungsenquete zuzustimmen, in der wir alle im Landtag zusammensitzen und über dieses Thema diskutieren können. Da sind Sie gefragt, und da bitte ich um Ihre Mithilfe.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Scheuer- mann CDU)

Ich möchte noch einen Punkt von Ihnen aufgreifen, Herr Theurer. Dabei ist nicht nur mir kalt geworden, sondern auch Herrn Kleinmann als Pfarrer in Ihrer Fraktion: Bei der Frage, ob ein Mensch mehr oder weniger gilt, wenn er gibt oder wenn er nimmt, gilt doch noch immer unser Grundgesetz, wonach alle Menschen in diesem Land gleich sind, egal ob sie zu den so genannten Leistungsträgern gehören oder zu den Empfängern.

(Abg. Wieser CDU: Es sind nicht alle gleich gut gekleidet, Frau Dederer!)

Wir haben hier nämlich einen Sozialstaat.

(Beifall bei den Grünen)

Zur Körperschaftsteuer möchte ich ganz kurz sagen: Ich habe es unserem Finanzminister schon ein paar Mal erklärt, aber offensichtlich versteht er es immer noch nicht, was mir doch etwas zu denken gibt: Die Einbrüche bei der Körperschaftsteuer im Jahr 2001 kamen durch die Systemumstellung zustande.

Erstens haben die Unternehmen im Jahr 2001 nach altem Recht, nach Ihrem Recht letztmalig die Möglichkeit genutzt, Verluste aus Beteiligungen steuerlich geltend zu machen. Das geht nicht mehr; das haben wir abgeschafft.

(Abg. Wieser CDU: Im Nachhinein!)

Zweitens haben die Unternehmen im Jahr 2001 verstärkt Dividenden ausgeschüttet, auf denen Steuerguthaben früherer Jahre gelastet haben.

Drittens hat die konjunkturelle Entwicklung eben dazu geführt, dass die Unternehmen ihre Körperschaftsteuervorauszahlungen angepasst haben.

Das war im Jahr 2001. Politisch gewollt war eine Senkung auch von Ihnen. Das macht ungefähr ein Drittel des Einbruchs aus. Der Rest aber kam durch die Systemumstellung vom alten auf das neue Recht. Für das alte Recht, meine Damen und Herren, waren Sie von der CDU/CSU und von der FDP verantwortlich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Unverantwort- lich! – Abg. Junginger SPD: Hat er es jetzt begrif- fen?)

Ich würde jetzt gerne schließen mit einem Zitat von Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und Mitbewohner in meiner Heimatstadt:

(Abg. Scheuermann CDU: Der verdient wenigstens noch Geld!)

Einen Standort kann man auch kaputtreden.

(Abg. Wieser CDU: Daran arbeitet die Bundesre- gierung!)

Was wir heute brauchen, ist eine konstruktive Grundhaltung, die Probleme gemeinsam, das heißt über die Parteigrenzen hinweg, mit allen gesellschaftlichen Gruppen anzugehen.