Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

(Abg. Seimetz CDU: Wenn wir dann nach Berlin schauen, da wird sich Herr Schlauch freuen!)

Ich glaube, das ist ein Gebot der Stunde.

(Abg. Seimetz CDU: Da wird sich Herr Schlauch freuen!)

Wenn wir davon reden, dass wir den Staat um- und abbauen müssen, dann fängt man am besten oben an und schafft überflüssige Posten ab.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Seimetz CDU: Der Rezzo wird sich freuen! – Abg. Dr. Birk CDU: Vogt und Rezzo werden sich freuen! – Weitere Zu- rufe von der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Stratthaus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mir gedacht, es ist ja nicht leicht, in eigener Sache zu reden. Als ich noch einmal nachgedacht habe, habe ich gemerkt: Es geht gar nicht um die eigene Sache. Denn alle Diskussionen, die geführt werden, und alle Veränderungen, die in der letzten Zeit vorgenommen worden sind,

(Abg. Bebber SPD: Treffen Sie ja gar nicht!)

haben immer nur für die gegolten, die neu Minister geworden sind. Insofern kann man frei von der Leber weg reden. 60 Jahre alt bin ich auch schon. Ihre Erhöhung würde mich also nicht mehr betreffen. Das wollte ich einmal vorausschicken.

Dann vielleicht doch noch zwei Bemerkungen zu der sehr sachlichen Diskussion. Es ist einige Male behauptet worden, in der Privatwirtschaft sei es üblich, dass man ein hohes Gehalt bekomme und davon die Altersversorgung bezahlen müsse. Die Unternehmen, die ich kenne, zahlen neben den hohen Vorstandsbezügen auch noch Altersbezüge, die so hoch sind, dass sie damit die halbe Regierung bezahlen könnten.

(Abg. Bebber SPD: Bis zu 60 %!)

(Minister Stratthaus)

Das wollen wir auch einmal mit aller Deutlichkeit sagen. Die Aussage über die Privatwirtschaft stimmt einfach nicht, auch wenn sie hier immer wieder gemacht wird.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Bebber SPD: Wir haben es auch nicht gesagt!)

Sie haben es nicht gesagt. Das ist auch nicht wichtig; ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen.

Auf eines hat Herr Oettinger auch schon hingewiesen: Natürlich wird jede Besoldungsänderung bei den Beamten automatisch, solange diese Anknüpfung besteht, auch eine Änderung bei den Ministern bedeuten. Das ist, glaube ich, ganz klar.

Lassen Sie mich ganz allgemein einiges sagen. Ich meine, das meiste ist wirklich gesagt worden. Ich will nur noch einmal den Standpunkt der Regierung klar machen. Dass in der heutigen Spardiskussion natürlich auch über die Besoldung der Regierungsmitglieder diskutiert wird, ist überhaupt keine Frage.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ist klar!)

Wir sind damit auch einverstanden.

Alles in allem liegen wir in Deutschland – ich glaube, das hat Herr Oettinger klar aufgezeigt – eher unter der Mitte als über der Mitte. Es ist kompliziert. Die Zeit, die man braucht, bis überhaupt eine Versorgung eintritt, ist bei uns am höchsten. Dafür ist die Versorgung, die dann eintritt, relativ hoch, während die Mindestaltersgrenze so ist wie bei allen anderen oder bei den meisten anderen Ländern auch. Es gibt manche Länder, in denen es wesentlich besser ist. Die Ministerbezüge während der aktiven Zeit sind in Baden-Württemberg eher schlechter als im Durchschnitt.

Dazu kommt, meine Damen und Herren: Die Bundesländer haben Größen von 600 000 bis 18 Millionen Einwohnern, 600 000 in Bremen, 18 Millionen in Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg liegt nach Bayern an dritter Stelle. Wenn Sie die Verantwortung mit der Größe des Landes korrelieren, dann liegen wir sehr weit unten. Darauf wollte ich einfach hingewiesen haben.

Es ist ganz klar – ich habe schon darauf hingewiesen –: Wenn wir Einsparungen vornehmen, muss man zumindest auch über diese ganze Angelegenheit diskutieren. Es muss eine gerechte, vor allen Dingen eine sachgerechte Bezahlung und Versorgung sein – ich werde dazu einige Gedanken äußern –, und es darf natürlich nicht zu einem Schnellschuss kommen. Aber ich glaube, darüber waren sich fast alle einig, die heute gesprochen haben.

Wir haben bereits im Jahr 1997 eine ganz beträchtliche Veränderung vorgenommen, was bedeutet hat, dass zwar zum Beispiel diejenigen, die 1996 ausgeschieden sind, die vier Jahre lang Minister waren, sofort 45 % bekommen haben und diese auch heute noch bekommen, aber wir haben im Jahr 1997 eine wesentliche Verschlechterung herbeigeführt. Was wurde damals beschlossen? Die Ministerversorgung sollte erst oder wird jetzt erst nach fünf Jahren eintreten. Vorher waren es vier Jahre.

(Abg. Bebber SPD: Wie die Legislaturperiode!)

Sie macht im Augenblick nur 40 % aus – bis zum Jahr 1996 hat sie 45 % ausgemacht –, und das Höchstruhegehalt wird jetzt erst nach 16 2/3 Jahren erreicht, früher nach 16 Jahren. Es sind damals also wirklich ganz entscheidende Einschnitte vorgenommen worden.

(Abg. Bebber SPD: Andere sagen, es war margi- nal!)

Marginal, ich bitte Sie. Wenn ich von fünf Jahren auf vier heruntergehe, dann kürze ich die Wartezeit um 20 %, andersherum erhöhe ich sie. Wenn ich von 40 % auf 45 % hinaufgehe, sind das fünf Prozentpunkte. Das sind bei 40 % Basiswert genau 12,5 % Unterschied.

(Abg. Bebber SPD: Größere Wartezeit zwei drittel Jahre!)

Bei der Wartezeit gebe ich Ihnen Recht. Aber da hat ein Minister von Anfang an schon 12 % mehr bekommen. So ist es bei denjenigen, die 1996 aufgehört haben. Das ist der jetzige Zustand.

Meine Ausführungen zu den Anforderungen an ein Ministergesetz will ich einmal ganz allgemein formulieren. Es geht natürlich darum, dass wir Menschen finden, die bereit sind, für eine gewisse Zeit eine sehr unsichere Position zu übernehmen – ich muss das noch einmal beschreiben –, eine Position, die so unsicher ist wie kaum eine andere, die in der Wirtschaft und in der Gesellschaft zu vergeben ist.

(Abg. Schmid SPD: Ron Sommer!)

Ja, „Ron Sommer“ ist gut. Das war noch unsicherer. Aber wenn ich an seine Versorgung denke, dann muss ich sagen: Das war ein schlechtes Beispiel.

Zum Ministeramt auf Zeit: Wir sind uns ja wohl einig, dass die Demokratie Regierungsämter auf Zeit vergeben will. Das ist überhaupt keine Frage. Deswegen muss das auch berücksichtigt werden. Wir müssen angemessene, nachvollziehbare Bezüge haben. Wir müssen vor allem daran denken, dass jemand bereit sein muss, seinen bisherigen Beruf, seine bisherige Arbeitsstelle aufzugeben, um eine neue Stelle zu übernehmen, die äußerst unsicher ist. Denn ein Minister oder ein Staatssekretär kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen entlassen werden.

Wenn heute zum Beispiel jemand nach vier Jahren entlassen wird oder selbst geht, aus irgendeinem Grund nicht mehr weitermacht, hat er überhaupt keine Altersversorgung. Im Bund hat er sie nach zwei Jahren. Der Bundeskanzler hat in seiner ersten Amtsperiode acht Minister „verbraucht“. Von daher würde er, wenn im Bund für die Begründung einer Altersversorgung eine Amtszeit von mindestens fünf Jahren gelten würde, gar keinen neuen Minister mehr finden. Im Bund wird eine Altersversorgung aber schon nach zwei Jahren begründet.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das halten sie noch aus!)

Ich glaube, das ist doch ein ganz entscheidender Unterschied.

Ein Weiteres, was oft vergessen wird, ist die Anrechnungsklausel, wenn jemand aus dem öffentlichen Dienst kommt.

(Minister Stratthaus)

Ich muss zunächst noch vorausschicken: Wir wollen ja gerade, dass tüchtige Menschen, die nicht im öffentlichen Dienst tätig sind – Freiberufler, Angestellte, Selbstständige –, auch bereit sind, ein solches Amt zu übernehmen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zurufe der Abg. Pfister FDP/DVP und Fischer SPD)

Aber erfahrungsgemäß sind es besonders viele aus dem öffentlichen Dienst. Wer aus dem öffentlichen Dienst kommt, erhält seine Altersversorgung als Regierungsmitglied nicht zusätzlich, sondern sie wird verrechnet. Ich will einmal ein Beispiel nennen: Wenn jemand 25 Jahre Oberbürgermeister war und nach fünf Jahren aus einem Regierungsamt ausscheiden würde, würde er sich schlechter stellen, als wenn er Oberbürgermeister geblieben wäre.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ja! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Ja, so ist es.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie eiern! Was ist denn das für eine Argumentation?)

Das ist doch kein Geeiere.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Doch!)

Vielmehr müssen Sie einmal ganz klar sehen: Wenn jemand zum Beispiel 20 Jahre Lehrer war und schließlich fünf Jahre Minister ist, erhält er nicht etwa einen Ruhegehaltssatz von 40 % plus seine Lehrerversorgung, sondern die Lehrerversorgung wird völlig weggestrichen. Das sind die Fakten. Die muss man bei dieser Gelegenheit einmal sehen. Die Anrechnungsklauseln schränken die Versorgung ganz entscheidend ein.

Meine Damen und Herren, es ist wirklich vieles und auch Richtiges gesagt worden. Ich habe auch nichts dagegen, dass man darüber diskutiert, ob man die Gehälter während der aktiven Zeit nicht erhöht und die Regierungsmitglieder verpflichtet, sich privat zu versichern.

(Beifall des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Moment, klatschen Sie nicht zu schnell. Jetzt greift die Versicherungsmathematik.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja, ist schon klar!)