Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 37. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Dienstlich verhindert sind Herr Ministerpräsident Teufel, Frau Ministerin Dr. Schavan und Herr Minister Köberle.
Aktuelle Debatte – Die so genannte „Offensive für den Mittelstand“ der Bundesregierung – Erwartungen und Enttäuschungen der mittelständischen Betriebe und deren Beschäftigten in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der CDU
Das Präsidium hat eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion, gestaffelt, festgelegt, die in zwei Runden verbraucht werden soll.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Die so genannte ‚Offensive für den Mittelstand‘ der Bundesregierung – Erwartungen und Enttäuschungen der mittelständischen Betriebe und deren Beschäftigten in Baden-Württemberg“ ist für die CDU-Fraktion ein hochaktuelles Thema. Wir alle wissen, dass die Situation im Mittelstand existenzbedrohlich ist. Der Mittelstand hat die höchste Abgaben- und Steuerlast zu tragen. Die derzeitige Bundesregierung lässt den Mittelstand, Selbstständige und Freiberufler im Stich und hat kein Konzept, wie aus dieser Misere herauszukommen ist.
Wir erwarten im Februar die ersten Demonstrationen des Mittelstands. Der Mittelstand ist nicht mehr bereit, diese Politik der rot-grünen Bundesregierung hinzunehmen. Deshalb werden wir, die CDU-FDP/DVP-Koalition einschließlich der Landesregierung, seitens des Landes alles tun, um unseren Beitrag dazu zu leisten, dass der Mittelstand am Standort Baden-Württemberg auch in den nächsten Jahren eine Chance hat.
Es gibt eine Reihe von herben Enttäuschungen für den Mittelstand. Ich möchte beispielhaft das Scheinselbstständigkeitsgesetz nennen und das 325-€-Gesetz, das Sie 1998 geändert haben. Mittlerweile haben Sie diese Änderungen teilweise wieder zurückgenommen. Dadurch ist eine erhebliche Verunsicherung und wirtschaftliche Belastung für den Mittelstand eingetreten.
Schauen Sie sich einmal die Zahl der Unternehmensinsolvenzen an: Allein im Jahr 2002 gab es bundesweit über 40 000 Insolvenzen. Das waren ein Drittel mehr als im Vorjahr. In Baden-Württemberg waren es 18 % mehr als im Vorjahr. Davon sind allein in Baden-Württemberg rund 25 000 Arbeitsplätze betroffen und stehen auf dem Spiel.
Während Rot-Grün bei spektakulären Rettungsaktionen wie Holzmann und Mobilcom die Millionen nur so über den Tisch schiebt, wartet der Mittelständler, der Handwerksbetrieb, wenn er in einer dramatischen, wirtschaftlich schwierigen Situation ist, vergeblich auf den einschwebenden Kanzler.
Jetzt versuchen Sie mit einer Initiative „pro mittelstand“, einige Beruhigungspillen in den Mittelstand hineinzuverteilen.
nicht ungeschickt verpackt, aber im Ergebnis ohne Substanz und Perspektive für Wachstum und Beschäftigung im Mittelstand des Landes.
Die rot-grüne Regierung in Berlin arbeitet mit viel versprechenden Worthülsen: Job-Center, Minijob, Ich-AG, SmallBusiness-Act.
Das alles sind Mogelpackungen, die nichts zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland und des Standorts Baden-Württemberg beitragen.
Die Minimalbesteuerung für Existenzgründer und Kleinstbetriebe: Existenzgründer und Kleinstbetriebe mit einem Umsatz von bis zu 17 500 € sollen die Hälfte ihrer Einnahmen pauschal als Betriebsausgabe absetzen können. Das klingt ja zunächst einmal sehr verlockend und interessant. Aber wenn man einmal dahinter schaut, was im Ergebnis herauskommt, stellt man fest: Weniger als 10 % der Kleinunternehmen im Land werden von dieser Regelung profitieren. Selbst die rot-grüne Bundesregierung geht davon aus, dass es für den Mittelstand, für das Handwerk, für den Kleinunternehmer nur zu einem Entlastungsvolumen von 50 Millionen bis 60 Millionen € kommt. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass die derzeitige rot-grüne Bundesregierung Zusatzbelastungen von 6 Milliarden € durch Steuererhöhungen und 9 Milliarden € durch zusätzliche Sozialabgaben zumutet. Das kann nicht die Mittelstandspolitik sein, die in dieser Situation erwünscht ist. Unser Mittelstand leidet darunter, dass er zu wenig Eigenkapital hat, dass die Rahmenbedingungen im Steuerrecht und in der Sozialgesetzgebung nicht mehr stimmen.
Arbeiten Sie lieber daran, Strukturreformen zu entwickeln, die zu einer wesentlichen Entlastung des Mittelstands führen, damit es in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg auch weiterhin Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Mittelstand gibt.
Ein weiteres Beispiel: Masterplan Bürokratieabbau. Auch das hört sich toll an. Es ist immer schön, so etwas ins Schaufenster der rot-grünen Bundesregierung in Berlin zu stellen. Wir im Land sind seit einigen Jahren beim Thema Bürokratieabbau, Bürokratiekostenabbau auf dem Weg.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht auch zu Ihnen ein Mittelständler in die Wahlkreissprechstunde kommt, um Sie auf diese Missstände aufmerksam zu machen.
Ich betone nochmals: Im Land sind wir dabei, Bürokratie abzubauen. Eine neue Arbeitsgruppe der Landesregierung ist eingerichtet, um hier noch Zusätzliches zu bewirken. Rot-Grün dagegen hat im Bereich Bürokratie eher noch zusätzlich etwas aufgebaut. Liebe Frau Haußmann, gerade bei den 325-€-Jobs oder beim Thema Scheinselbstständigkeit haben Sie so große bürokratische Hürden aufgebaut, dass in diesem Bereich in erheblichem Umfang Arbeitsplätze verloren gegangen sind.
Sie haben die Eigeninitiative abgewürgt. Sie haben mit dem Scheinselbstständigkeitsgesetz junge Existenzgründer in den Ruin getrieben. Deshalb verstehe ich nicht, dass Sie sich in dieser Sache auf diese Art und Weise hier im Parlament aufführen.
Ich erinnere, Herr Kollege Oelmayer, auch noch an ein paar weitere Unbequemlichkeiten, die wir Rot-Grün zu verdanken haben.
Erstens: Anfang dieses Jahres kam die fünfte Stufe der Ökosteuer. Da hieß es einmal ganz groß von einem Bundesarbeitsminister: Wir machen eine Rentenreform und werden die Rentenversicherungsbeiträge stabilisieren. Das Gegenteil ist eingetreten. Der Rentenversicherungsbeitrag steigt auf ungeahnte Größen, auf deutlich über 20 %, und zusätzlich belasten Sie jeden Bürger noch an der Tankstelle mit der Ökosteuer für den Rentenbeitrag. So sieht kein Zukunftsreformkonzept für die Sicherung der Sozialversicherungssysteme aus.