Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Wir hätten es nicht!)

würden Sie das Anliegen nicht vertreten. Darum geht es mir. Denn wenn wir das ernsthaft wollen und wenn wir der Meinung sind, Parteien sollten hier möglichst herausgehalten werden, dann müssen wir dies wirklich nach allen Seiten tun, dürfen hier aber nicht eine Scheindiskussion führen,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Heuchlerisch!)

die sich letztendlich nur um politische Macht dreht.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ansprechen – meine Redezeit ist leider zu Ende gegangen –: Ich finde es schon seltsam, wenn man jetzt per Gesetz ein neues Mitglied im Medienrat wieder „rausstimmen“ möchte.

(Abg. Hauk CDU: Entschuldigung, die Geschäfts- grundlage ist nicht mehr da!)

Natürlich ist die Geschäftsgrundlage noch da. Es gibt eine Nachfolgeorganisation. Wenn die Geschäftsgrundlage nicht mehr da wäre, Herr Kollege Hauk, hätte die neue Kollegin im Medienrat

(Abg. Junginger SPD: Nicht bestätigt werden kön- nen!)

ihre Arbeit gar nicht aufnehmen dürfen.

Der Punkt ist doch der: Die Mitglieder des Medienrats werden für fünf Jahre gewählt.

(Abg. Junginger SPD: 2006!)

Es wäre allen gut angestanden, wenn man – darüber kann man ja diskutieren, dass man sagt: Die haben zukünftig keinen Sitz mehr – eine Lösung gefunden hätte, wie sie auch die SPD vorschlägt, dass man mit dem Wegfall des Sitzes so lange wartet, bis die Wahlperiode abgelaufen ist. Das sind jetzt noch vier Jahre. Ich finde, das wäre eine saubere Lösung gewesen.

(Abg. Junginger SPD: Gebot des Anstands!)

Leider wollen Sie etwas anderes. Vielleicht stimmen Sie auch noch dem SPD-Antrag zu. Ich würde das als eine sehr kollegiale Haltung ansehen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Dr. Palmer.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst einmal: Frau Kipfer, ich bin etwas verwundert über den Vorwurf hektischer Aktivität. Wir haben das Gesetz ordentlich vorbereitet. Unsere Medienpolitik ist auch durch langen Atem geprägt. Unlängst wurde hier vom Kollegen Schmiedel der Vorwurf erhoben, dass wir schlafmützig seien im Hinblick auf die Förderung des Multimedia- und Softwarestandorts. Jetzt sind es hektische Aktivitäten. Irgendwie müsste man sich einmal auf eine Linie einigen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Wir betreiben eine rationale, kalkulierbare und für den Medienstandort Baden-Württemberg erfolgreiche Politik, und die wollen wir fortsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Zunächst einmal – das ist vom Kollegen Walter richtig gesagt worden –: Es ist eine kleine Novelle. Wir haben 1999 eine durchgreifende Veränderung des Landesmediengesetzes vorgenommen und passen jetzt einige Bestimmungen an. Nach dreieinhalb Jahren ist das einfach notwendig.

Einer der Inhalte ist ein umfassendes Verbot von Radiound TV-Lizenzen für parteibeteiligte Unternehmen. Bitte tun wir nicht so, als ob wir hier verfassungspolitisches Neuland beschreiten würden. Mit Ausnahme der Treuhandverhältnisse ist eine vergleichbare Regelung unwidersprochen seit vielen Jahren im Medienrecht Schleswig-Holsteins verankert. Hessen hat seit dem Jahr 2000 eine entsprechende Bestimmung, Thüringen hat sie gerade verabschiedet, Bayern wird sie verabschieden. Es gibt eben aktuellen Anlass dafür, dass wir meinen, man muss rechtzeitig einen Riegel vorschieben.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Würden Sie meine Frage bitte noch beantworten?)

Ich habe sie vorhin leider nicht mitbekommen.

(Abg. Birgit Kipfer SPD meldet sich zu einer Zwi- schenfrage. – Abg. Birgit Kipfer SPD: Herr Präsi- dent! – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, Sie gestatten eine Zwischenfrage der Frau Abg. Kipfer?

Ja, gern.

Frau Kipfer, bitte.

Herr Minister Palmer, ich hatte Sie gefragt und bitte Sie um eine Antwort, ob Sie die Meinung der hessischen Landesanstalt für Medien teilen, dass selbst eine Beteiligung von 0,1911 % an einem Medienunternehmen aufgrund des hessischen Mediengesetzes, mit dem unser Gesetz jetzt wortgleich ist, zu einer Entflechtung dieses Unternehmens führen muss.

Frau Kipfer, ich bewerte nicht irgendwelche mir nicht bekannte Rechtsauffassungen der hessischen Medienanstalt, sondern wir wollen in diesem Land politisch keine Medienbeteiligungen von Parteien. Das ist das politische Ziel, und dieses Ziel setzen wir mit dem Gesetz um.

(Beifall bei der CDU)

Nun will ich gern einräumen – und deshalb auch den Streitwert etwas heruntersetzen –, dass in Baden-Württemberg nach unserem Kenntnisstand derzeit keine Parteibeteiligungen der SPD bestehen. Aber schon in unserem Mitstaatsvertragsland Rheinland-Pfalz, mit dem wir gemeinsam den SWR betreiben, ist es anders. So ist die SPD-eigene Holding DDVG in Rheinland-Pfalz zu 9,2 % an den Radiosendern RPR 1 und RPR 2 beteiligt, 9,7 % der Anteile hält weiter die Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG, an der wiederum die SPD-Holding DDVG mit 20,4 % größter Anteilseigner ist. Da kann man, Herr Drexler, nicht sagen, das seien historisch überkommene Beteiligungen aus Printmedien, die Sie nach 1945 zu Recht zurückbekommen haben, sondern das sind neue Beteiligungen.

Privaten Rundfunk gibt es in Deutschland seit 15, 20 Jahren. Natürlich verfolgt eine Partei mit einer Beteiligung auch das Ziel einer Einflussnahme, und das wollen wir nicht haben. Deshalb werden wir in Baden-Württemberg einen Riegel vorschieben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Schmid SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Abg. Kipfer?

Gern.

Bitte schön, Frau Kipfer.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass eine Kommission beim Bundespräsidenten in einem Gutachten zur Parteienfinanzierung ausdrücklich festgestellt hat, dass es ein legitimes Anrecht von Parteien ist, sich an Medienbetrieben zu beteiligen?

Ja. Frau Kipfer, das habe ich schon im Ausschuss gesagt. Das ist mir bekannt. Ich habe das auch extra noch einmal mitgebracht. Diese unabhängige Kommission des Bundespräsidenten hat damit etwas gemeint, was ich Ihnen gern auch hier einräume, nämlich die so genannten Tendenzmedien der Parteien. Jede Partei soll eine Parteizeitung haben, jede Partei soll ein Mitteilungsblatt haben.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das geht darüber hinaus! Das war damit nicht gemeint!)

Jede Partei soll darüber hinaus ihre Mitglieder, Sympathisanten

(Unruhe bei der SPD)

(Minister Dr. Christoph Palmer)

und Freunde mit Informationen versorgen können. Aber eben die Kommission, die Frau Kipfer angesprochen hat, verweist auf eine vorgenannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1986. Anlass war eine Klage der SPD-Bundestagsfraktion gegen das damalige niedersächsische Mediengesetz, das die CDU verabschiedet hatte, mit dem Verbot von Parteibeteiligungen, allerdings nur für abhängige Medienunternehmen. Die Kommission verweist auf die vorgenannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der eine Beschränkung der Tätigkeit der Parteien im Medienbereich für verfassungsgemäß erachtet worden ist – also das genaue Gegenteil dessen, was Sie sagen.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Insoweit, als sie Mehr- heitsbeteiligungen hält! Genau darauf habe ich in meiner Rede hingewiesen!)

Deshalb wollen wir die SPD im Land gar nicht erst in Versuchung führen. Wir wollen das sauber regeln.

(Lachen bei der SPD – Abg. Junginger SPD: „Wir machen unsere Spendenskandale“, ja?)

Bitte kommen Sie gar nicht erst auf die Idee, hier Medienbeteiligungen zu begründen. Wir schieben mit diesem Gesetz einen Riegel vor. Das ist unsere politische Absicht.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Zweiter Punkt – darüber kann man reden –: Die SPD sagt, wir sollten einen Beteiligungsbericht der LfK haben. Ich bin für mehr Transparenz. Ich habe im Ausschuss angeboten und wiederhole das hier: Wir haben eine Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienwesen, die bisher nur für bundesweit tätige Veranstalter zuständig ist. Ein Baden-Württemberger, Herr Professor Mailänder, ist Vorsitzender dieser Kommission. Ich bin gerne bereit, in die Rundfunkkommission der Länder einen Vorschlag zur Erweiterung des Auftrags dieser Kommission einzubringen. Im Übrigen wird innerhalb der LfK ohnehin alles offen gelegt. Jedes Mitglied eines Gremiums der LfK bekommt alle Informationen.

Lassen Sie mich nach diesen zwei Hinweisen zur Debatte noch einmal in Erinnerung rufen, was wir mit diesem Gesetzentwurf darüber hinaus beabsichtigen.