Die Reform unserer Hochschulen werden wir auch mit dem neuen Wissenschaftsminister mit Entschiedenheit vorantreiben.
Unser baden-württembergischer Weg heißt auch zukünftig: Partnerschaft zwischen Land und Hochschulen auf der Grundlage von mehr Eigenverantwortung und mehr Freiheit. Wenn für die wirtschaftliche Entwicklung Bildung und Ausbildung der Menschen immer wichtiger werden, dann hängt die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheidend von der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen ab. Deshalb unser Motto: Die besten Köpfe in BadenWürttemberg halten und nach Baden-Württemberg holen – als Forschende, als Lehrende und als Lernende.
Bei der Forschungsförderung orientieren wir uns ganz wesentlich an den Themen und Fragestellungen, die im Gutachten von Roland Berger zur Zukunftssicherung des Landes identifiziert wurden.
Wir werden die Hochschulen auch mit einer leistungsorientierten Dienstrechtsreform dabei unterstützen, noch besser, noch attraktiver zu werden. Wir haben schon heute das differenzierteste Hochschulsystem Deutschlands, das unterschiedlichsten Bedürfnissen und Begabungen Rechnung trägt. Wir wollen jedem die nach Eignung, Neigung und Befähigung bestmögliche Ausbildung zugänglich machen. Wir setzen dabei auch auf den Einsatz neuer Lernmedien, auf Studienangebote, die sich an internationalen Standards orientieren, und auf bedarfsgerechte Abschlüsse.
Gelegentlich werde ich gefragt: Wenn ich einen einzigen Aspekt der deutschen Universität verändern könnte, welcher würde es sein?
Meine Antwort lautet: Den Universitäten das Recht zu geben, sich ihre Studenten... frei auszuwählen.
Gute Studenten wollen an gute Universitäten, die daher gute Professoren haben müssen, die wiederum Universitäten vorziehen würden, an denen die Studenten gut sind.
Das sind nicht meine Worte, sondern die von Gerhard Casper, der bis vor kurzem Präsident der hoch angesehenen kalifornischen Stanford University war. Sie beschreiben aber ganz genau den Schwerpunkt, den wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen haben: Die Hochschulen bekommen das Recht, ihre Studenten selbst auszuwählen, und die Studenten bekommen das Recht, ihre Hochschule selbst auszuwählen. Ich habe den neuen Wissenschaftsminister und auch unsere Kultusministerin in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz gebeten, mit allen politischen und rechtlichen Mitteln dieses Ziel anzustreben. Wir wollen weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsfreiheit, wir wollen Auswahl und nicht Zuteilung. Deshalb werden wir mit den anderen Ländern über den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen verhandeln
Meine Damen und Herren, für die Zukunft von Kindern und jungen Menschen sind gute Schulen und Hochschulen von herausragender Bedeutung. Aber noch wichtiger ist die Familie. Familie ist nicht von gestern, sondern eine Lebensform mit Zukunft. Die überwältigende Mehrheit der jungen Menschen wünscht sich, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben. Werte wie Treue und gegenseitige Verantwortung erleben geradezu eine Renaissance. Bei 80 % der Familien – so hat der Konstanzer Familienforscher Kurt Lüscher ermittelt – leben Großeltern, Eltern und Enkel an einem Ort. Das ist doch ein erstaunliches Ergebnis, auf dem man aufbauen kann.
Das heißt nicht, dass sich nichts geändert hätte: Familien haben heute andere Strukturen, sie sind vielfältiger geworden und anderen, oft größeren Belastungen ausgesetzt als früher. Gerade deshalb brauchen sie auch in Zukunft besonderen Schutz. Alle familienwissenschaftlichen Studien zeigen: Wenn es in der Familie stimmt, dann stimmt es in aller Regel auch in der Schule, im Beruf und im Zusammenleben mit anderen. Die Leistung der Familien kann deshalb gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie sind durch nichts zu ersetzen. Von den Leistungen der Familien lebt unsere Gesellschaft wie selbstverständlich, ohne zu merken, dass sie wertvolle soziale Ressourcen nutzt, manchmal ausbeutet, die sich nicht von selbst erneuern.
Der Zusammenhalt des Staats wird zerstört, wenn die Sicherungsfunktion der Familie entbehrlich erscheint:
Ohne Familie gibt es keine wirksame Erziehung, ohne Erziehung keine Persönlichkeit, ohne Persönlichkeit keine Freiheit.
Familie gestalten die Eltern durch ihre Entscheidungen. Der Staat hat sie zu akzeptieren und zu unterstützen. Wir wollen eine echte Wahlfreiheit für Frauen und Männer zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Landesregierung wird deshalb in dieser Legislaturperiode eine Offensive zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf starten.
Wir werden uns eng mit den Städten, Gemeinden und Kreisen abstimmen, weil es sich um eine gemeinsame Aufgabe handelt und diese nur gemeinsam und in Stufen finanzierbar ist.
Wir werden die verlässliche Grundschule bedarfsgerecht ausbauen und optimieren. Wir werden neben den bestehenden Horten an der Schule die Einrichtung weiterer Betreuungsangebote am Nachmittag unterstützen. Das Angebot an Ganztagsschulen werden wir bei Bedarf und in Abstimmung mit den Schulträgern ausbauen. Dies wird insbesondere an Hauptschulen geschehen, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag unter erschwerten Bedingungen erfüllen müssen.
Wir arbeiten daran, die Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter bedarfsgerecht zu unterstützen. Wir wollen dabei auf dem bestehenden Angebot an altersgemischten Gruppen und Tagespflegestellen aufbauen. Ich werde darüber mit den kommunalen Landesverbänden in wenigen Wochen ein erstes ausführliches Gespräch führen.
Mein Ziel sind umfassende Betreuungsangebote vor Ort, die den Bedürfnissen von Kindern und Eltern entsprechen. Eltern, Kindergartenträger, die Kommunen als Schulträger und Träger der Jugendhilfe sowie das Land müssen hierbei ihrer je eigenen Verantwortung gerecht werden.
Wir wollen den Eltern ihre Erziehungsaufgaben nicht abnehmen, sondern wir wollen sie bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben unterstützen. Nicht die Erziehung aller Kinder durch staatliche Einrichtungen, sondern eine größere Wahlfreiheit für die Eltern bei der Gestaltung ihres Familien- und Berufslebens ist unser Ziel. Wir werden dabei auch in Zukunft genau darauf achten, dass Frauen, die ganz oder für einige Jahre die Erziehung der Kinder und die Familienarbeit zu ihrem Beruf machen, nicht benachteiligt oder diskriminiert werden.
Meine Damen und Herren, ich trete deshalb dafür ein, dass wir unsere Ressourcen verstärkt zugunsten der Familien umschichten. Deshalb plädiere ich dafür, die familienpolitischen Leistungen zusammenzufassen, sie in ein Familiengeld umzuwandeln und stufenweise auf die Zielmarke von
1 200 DM im Monat für jedes Kind in den ersten drei Lebensjahren anzuheben. Der Bund muss endlich seiner Verantwortung für die Familien gerecht werden.
(Abg. Birzele SPD: 16 Jahre Kohl! – Abg. Drexler SPD: Wer hat denn das Bundesverfassungsge- richtsurteil gekriegt?)
(Abg. Drexler SPD: Sie brauchen einen Vitamin- stoß! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Wenn ich Ih- nen zuhöre, brauche ich kein Valium!)
Ich schüttle den Kopf darüber, dass ich am Freitag dieser Woche im Bundesrat über eine Vorlage der Bundesregierung für eine Kindergelderhöhung von sage und schreibe 30 DM für das erste und zweite Kind abstimmen soll. Darüber schüttle ich aus mehreren Gründen den Kopf. Erstens, weil diese Bundesregierung zum dritten Mal das Kindergeld ausschließlich für das erste und zweite Kind erhöht und nicht für das dritte und jedes weitere Kind, obwohl jedem klar sein muss, dass man leichter ein Kind unterhalten kann, als man drei, vier oder fünf Kinder unterhalten kann.
Ich schüttle den Kopf darüber, dass man bei einer Inflationsrate von über 3 %, wie wir sie im Augenblick haben, und bei einer Ökosteuerbelastung, die alles längst aufgezehrt hat, die Familien mit einer Erhöhung des Kindergeldes um 30 DM abspeist. Darüber schüttle ich den Kopf.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Abg. Drexler SPD: Das hätten Sie doch machen kön- nen!)
Sie haben mich durch Ihre Zwischenrufe herausgefordert. Ich schlage vor, dass wir uns zusammensetzen,
und zwar auf Bundesebene und auf Landesebene, und versuchen, diesen Paradigmenwechsel und diesen finanziellen Kraftakt zugunsten der Familien in den nächsten Jahren stufenweise tatsächlich gemeinsam zu realisieren.
Meine Damen und Herren, ich sehe das Familiengeld nicht als Erziehungsgehalt; denn Erziehung von Kindern lässt sich nicht monetarisieren, und Eltern sind keine Angestellten des Staates. Das Familiengeld berücksichtigt den Aufwand der Eltern für ihre Kinder und anerkennt ihre Erziehungsleistung. Es wäre ein herausragendes gesellschaftspolitisches Signal.
Meine Damen und Herren, das Land Baden-Württemberg hat im öffentlichen Dienst einen Teilzeitbeschäftigungsanteil von 31 %. Sie werden weit und breit suchen können, bis Sie einen Arbeitgeber finden, der einen Teilzeitbeschäftigungsanteil von über 30 % hat. Wir werden mit der Wirtschaft über die Bereitschaft zu mehr Teilzeitarbeitsplätzen und flexibleren Arbeitszeiten reden, vor allem aber über den beruflichen Wiedereinstieg. In einer Zeit, in der sich die Arbeitswelt rasant verändert, fürchten viele Frauen, nach einer Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit zugunsten ihrer Familie den Anschluss zu verlieren. Ich nehme diese Sorge sehr ernst.