Protokoll der Sitzung vom 26.03.2003

(Abg. Capezzuto SPD: Handball!)

Eishockey: Mir fallen jede Menge Sportarten ein, bei denen hohe Begeisterungsfähigkeit und Sachkunde bei den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg, bei Jung und Alt, bestehen. Darauf setze ich. Die deutsche Bewerbung wird durch Stuttgart gestärkt, weil Stuttgart weltweit eine beliebte und bekannte Sportstadt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Ein weiterer Punkt kommt bei der Bewerbung hinzu: Stuttgart ist durch seine Wirtschaft, seine Produkte, seine Arbeitsplätze bekannt.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Seine Menschen!)

Die Menschen, die hier bei Porsche, Daimler oder Bosch arbeiten, die für Weltprodukte stehen, legen in der ganzen Welt ein gutes Zeugnis für Know-how und Handwerk, für Präzision und Qualität ab. Ich baue darauf, dass der Wirtschaftsstandort Stuttgart und Baden-Württemberg,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig!)

finanz- und wirtschaftsstark, exportorientiert, weltoffen und weltweit bekannt, in den nächsten Tagen in der Evaluierung der Entscheider eine stärkere Rolle spielt, als er in der NOK-Bewertung gespielt hat.

Kurzum: Es lohnt sich zu kämpfen. Es geht jetzt überhaupt nicht darum, zu mäkeln; es geht vielmehr darum, nochmals Tempo zu machen. Ich sehe eine konkrete Chance, und ich fordere uns alle auf, durch Mundfunk in den nächsten Wochen das uns Mögliche zu tun,

(Zuruf von der SPD: Was? Mundfunk?)

damit Stuttgart am 12. April nicht Fünfter, nicht Vierter, nicht Dritter, nicht Zweiter, sondern vielleicht Erster und damit nationaler Bewerber werden kann.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

(Abg. Seimetz CDU: Der kann sich doch anschlie- ßen! Dann sind wir schneller fertig! – Abg. Dr. Birk CDU: Der schließt sich an!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wollen die Olympischen Spiele im Jahr 2012 bei uns in Stuttgart haben. Wir werden in den verbleibenden Wochen bis zur Entscheidung des NOK alles Menschenmögliche tun, um diese Etappe auf nationaler Ebene zu gewinnen. Diese Feststellung ist gleich zu Anfang notwendig, damit kein Zweifel aufkommt, dass der bisherige Verlauf des nationalen Entscheidungsverfahrens weder unser Engagement noch unsere Zuversicht beeinträchtigt hat.

(Beifall bei der SPD, der CDU und den Grünen so- wie Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich denke, was bisher war, ist für uns alle eher ein Ansporn als ein Grund zur Entmutigung gewesen.

Nun gibt es für die verbleibende Zeit allerdings ein Friedensabkommen zwischen den konkurrierenden Städten und Regionen. Dieses Abkommen verpflichtet zur Fairness. Ich denke, ich verletze dieses Fairness- und Friedensabkommen nicht, wenn ich sage: Wenn es uns abverlangt wird, wenn es notwendig ist, um unserer Bewerbung zum Erfolg zu verhelfen, dann werden wir auch das Menschenunmögliche tun, um klar zu machen, wo in Deutschland der beste Platz für Olympia ist: Das ist Stuttgart!

(Lebhafte Zustimmung und Beifall bei allen Frakti- onen – Zurufe von der SPD: Jawohl! – Abg. Dr. Birk CDU: Sehr gut!)

Ich will mich in meinem Beitrag auf einige wenige Aspekte beschränken, von denen ich glaube, dass sie im bisherigen Entscheidungsverlauf nicht angemessen gewürdigt wurden.

(Abg. Dr. Birk CDU: Der Mann gehört ins NOK!)

Als Erstes will ich auf die Reihung der kandidierenden Städte eingehen, die eine Bewertungskommission des NOK vor wenigen Tagen vorgelegt hat. Vorauszuschicken ist, dass ich ausdrücklich nicht die Kommission kritisiere, auch nicht das Ergebnis und auch nicht die Indiskretionen, die absichtsvoll in die Presse gestreut wurden.

(Zuruf von der SPD: Aha!)

Was ich kritisiere, ist der Versuch einer Standortfindung für eine Olympiade, die in ein Raster von 16 Kriterien zu pressen ist. Ich verstehe gut, warum das gemacht wird. Dahinter steht und stand die Hoffnung, mit vermeintlich objektiven, unbestechlichen Kriterien zu einer optimalen Entscheidung zu kommen, die überdies auch noch den Vorteil hat, wegen ihres objektiven, unbestechlichen Anscheins allgemein akzeptiert zu sein, selbst von den Unterlegenen. Jetzt haben wir gelesen, dass es dabei unter Umständen sogar zu handwerklichen Fehlern kam. Das käme dann zu allem Übel noch hinzu.

Entscheidend aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass man sich bei solchen Entscheidungen aus Ängstlichkeit und Absicherungsbedürfnis allzu gern der Diktatur der Zahlenwerker unterwirft. Diese 16 Kriterien sind als solche meinetwegen schon richtig; aber ihre Messung ist nicht hart und vor allen Dingen nicht belastbar. Sie sind vielmehr weich, windelweich,

(Zurufe von der SPD: Wachsweich!)

und sie können, erst recht, wenn sie in Abständen des Dezimalbereichs liegen, von einem geschickten und erfahrenen Unternehmensberater so hingedreht werden, wie es im Ergebnis passen soll.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Röhm CDU)

Man mag mir nun vorwerfen, ich käme auf dieses Argument, weil Stuttgart in diesem NOK-Ranking nicht so gut abgeschnitten hat, wie ich es mir gewünscht hätte. Dieses Argument zieht meines Erachtens aber nicht, denn die Kandidaturen liegen im Ergebnis dieser Vorausbewertung, in ihren Chancen ja so dicht beieinander, dass sich das NOK ohne Gewissensbisse auf jede Bewerbung einlassen könnte.

(Abg. Bebber SPD: Richtig!)

Mir geht es um etwas anderes. Wir müssen den Mut finden, auch komplexe Entscheidungen aus Überzeugung und aus Erfahrung zu treffen und nicht mit den Hilfskrücken von scheinobjektiven Verfahren. Oder übersetzt ins Verständliche: Wer die Weltoffenheit einer Bevölkerung und ihre Aufgeschlossenheit für fremde Kulturen, ihre Begeisterung für sportliche Leistungen und ihr aktives und passives Engagement im Sport klein gewichtet, stattdessen aber einspurige Kreisverkehre als Manko ankreidet, der wird unter Umständen nicht zu einer optimalen Entscheidung gelangen – um eine Redeweise zu pflegen, die meinen hohen Respekt vor dem NOK zum Ausdruck bringt.

Zweitens will ich zum Motiv unserer Olympiabewerbung einiges ansprechen. Wer die konkurrierenden Bewerber, ihre Ausgangssituation und ihre Aktivitäten aufmerksam zur Kenntnis genommen hat, der kann durchaus Unterschiede erkennen. Ich möchte einen dieser Unterschiede in eine zentrale, in der Form zweigeteilte Frage kleiden und damit verdeutlichen. Die Frage lautet: Was kann uns die Olympiade nützen? Oder aber: Wie können wir der Olympiade nützen? Ich glaube, dass wir uns unter diesem Aspekt in einer Sondersituation befinden. Stuttgart und Baden-Württemberg verbinden mit Olympia weder die Hoffnung auf die Schaffung einer eigenen regionalen Identität, noch wollen wir mithilfe von Olympia Entwicklungsrückstände aufholen. Für uns ist Olympia auch kein Vehikel zur Stadtsanierung.

Deshalb stellen wir nur die Frage: Wie können wir der Olympiade nützen, wie können wir der olympischen Idee so gut wie möglich für wenige Wochen Heimat geben, um ihr damit für weitere Jahrzehnte Strahlkraft zu verleihen? Darin liegen unser klares Bekenntnis und unser eindeutiges Motiv, und ich bin sicher, dass diese Eindeutigkeit auch andere überzeugen wird.

Und drittens, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich daran erinnern: Welche vergangenen Olympiaden sind uns denn eigentlich im Gedächtnis geblieben? Mir fällt Lillehammer 1994 ein, Sydney und natürlich auch Salt Lake City im vergangenen Jahr. Was hat diese Olympiaden so eindrucksvoll gemacht?

(Abg. Capezzuto SPD: 1936!)

Warum waren wir am Ende dieser Spiele jeweils so wehmütig, was hat diese Wehmut ausgelöst, und was hat sie

von den anderen, eher zu vergessenden, unterschieden? Ich denke, ich kenne den Grund für den Nimbus dieser Olympiaden und ihrer Standorte. Es ist dort jeweils gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Herz und Geist alles das zu überstrahlen, was zu Beginn des 21. Jahrhunderts notwendigerweise mit dem größten Sportereignis der Welt verbunden ist: der kalte Anschein der Hochtechnologie, die unverhüllte Kommerzialisierung, der kaum beherrschbare Massenauftrieb, die erbarmungslose Leistungskonkurrenz unter Menschen, die dafür und nur dafür gelebt haben. Herz und Geist haben diese Erscheinungen überwinden können. Damit ist ein Maßstab in der Welt geschaffen worden, an dem sich künftige Olympiaden messen lassen müssen.

Erinnern wir uns an die zuletzt zu Ende gegangenen Weltmeisterschaften der Behinderten im nordischen Skisport und daran, welches freundliche Signal von Baiersbronn aus in die Welt gegangen ist. Wir in Baden-Württemberg, wir in Stuttgart haben dieses Herz und diesen Geist. Herz und Geist, das sind die ausschlaggebenden Pfründe, die, so meinen wir, der Ministerpräsident und der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart in den nächsten Tagen noch rüberbringen müssen, vor allen Dingen bei der Präsentation am 12. April, wenn es gilt, die Sportbegeisterung, das, was diese Region ausmacht, vorzustellen. Dann erhält Stuttgart am 12. April den Zuschlag als nationaler Bewerber für die Austragung der Olympischen Spiele 2012, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Dann können wir guten Gewissens versprechen, dass die Welt an uns die Maßstäbe von Lillehammer, von Salt Lake City und von Sydney anlegen darf. Wir sind so, wir können es, und wir wollen es.

Ich schließe mit einem Bild, das in der Wirtschaft und in der Wissenschaftsszenerie geläufig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist keine Abwertung anderer Städte, aber mir ist das aufgefallen. Das Bild lautet: Düsseldorf hat eine Universität, Hamburg hält sich eine Universität, Tübingen aber ist eine Universität! Wenn ich das auf Olympia übertrage, so würde das heißen: Düsseldorf würde Olympia haben, Hamburg würde sich Olympia halten, Stuttgart aber wird Olympia sein mit Herz und Geist und allem, was wir dazu tun können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Herrmann CDU: Jetzt muss es ja hinhauen! – Weiterer Zuruf von der CDU: Jetzt kann nichts mehr schief ge- hen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich mit allen Fraktionen dieses Hauses darüber, dass wir heute auch als Landtag von Baden-Württemberg einmütig und mit großer Überzeugung und großer Freude neben dem Land Baden-Württemberg, neben der Region und neben der Stadt Stuttgart gewissermaßen im Schlussspurt ein eindeutiges und klares Bekenntnis dazu abgeben können: Wir halten Stuttgart für d i e Olympiastadt. Wir kämpfen miteinander dafür, dass

Stuttgart Olympiastadt 2012 werden wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Natürlich bin ich enttäuscht darüber, dass die NOK-Bewertung zu einem Ergebnis geführt hat, mit dem man nicht zufrieden sein kann. Aber das ist noch längst kein Anlass, den Mut sinken zu lassen. Ganz im Gegenteil, auch hier gilt die alte Fußballerweisheit: Der Ball ist rund, und das Spiel dauert 90 Minuten. Am Ende wird sich entscheiden, wer die Nase vorn hat.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten diese NOK-Bewertung zwar ernst nehmen, aber auch nicht überbetonen. Denn im Grunde ist es doch so, dass der Abstand zwischen dem Fünften und dem Ersten minimal ist – nicht nur zwischen dem Fünften und dem Vierten, sondern auch zwischen dem Fünften und dem Ersten. Man kann das eigentlich nur mit einem Satz zusammenfassen: Alle fünf Städte, ausdrücklich auch Stuttgart, sind in höchstem Maße olympiatauglich.

(Abg. Zeller SPD: Aber wir sind besser!)

Ich will nicht das NOK kritisieren. Da sind wir uns einig, Herr Kollege Drexler. Darum kann es nicht gehen. Aber ich halte es für richtig, wenn jetzt in diesen Tagen der Oberbürgermeister dieser Stadt in einem Schreiben auch an die Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg noch einmal auf ein paar, ich will einmal sagen, Ungereimtheiten hinweist. Ich will jetzt gar nicht die Petitesse „Kreisverkehr und Einbahnstraße“ ansprechen. Darüber will ich mich nicht unterhalten.