Protokoll der Sitzung vom 27.03.2003

wonach das Land eingeteilt wird in Flächen, auf denen Windkraftnutzung erfolgen kann und sonst nichts, Vorrang

gebiete, und Flächen, auf denen keine Windkraftnutzung möglich ist, greifen Sie erheblich in das Grundrecht auf Eigentum ein.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das ist ein ganz erheblicher Eingriff.

(Zuruf des Abg. Hillebrand CDU)

Deshalb folgt daraus zwingend, dass die Flächen, die als Vorranggebiete ausgewiesen werden, auf denen ein Eigentümer also nichts anderes als eine Windkraftanlage errichten darf, auf denen keine andere Nutzung erfolgen darf, sehr gering gehalten werden.

(Abg. Dr. Birk CDU: Beim Hornauer wollte er auch eingreifen! – Gegenruf der Abg. Marianne Wonnay SPD: Da haben Sie schon intelligentere Zwischenrufe gemacht!)

Nach dem, was bisher stattfindet, sind das weit unter 1 %.

Wenn Sie im Umkehrschluss dann als „schwarze Nummer“ alle anderen Gebiete für die Windkraftnutzung ausschließen, dann heißt das: Sie reduzieren die Windkraftpotenziale im Land auf Gebiete weit unterhalb der Möglichkeiten

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

und schränken damit die Nutzung der regenerativen Energien ein.

Damit produzieren Sie beileibe nicht mehr Rechtssicherheit, sondern sie provozieren eine Fülle von Teiländerungen der Regionalpläne, um die Regionalplanung an von Kommunen zusammen mit Investoren gewünschte Standorte anzupassen. Sie provozieren Zielabweichungsverfahren,

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

um dann konkrete Standorte zu ermöglichen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Regelung am Ende keinen Bestand haben wird. Aber dass Sie sich von Ihrem schwarzen Koalitionspartner eine solche unliberale Gesetzesinitiative haben aufdrängen lassen, zeigt schon die Kräfteverhältnisse in dieser Koalition.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Das ist ein dicker Hund!)

Ein zweiter Punkt: Die Lebensqualität in unserem Land

(Zuruf von der CDU: Ist gut!)

hängt zunehmend auch davon ab, wie die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung gewährleistet wird. Deshalb gilt es in der Regionalplanung einen vernünftigen Ausgleich zu finden zwischen dem vorhandenen Interesse nach großflächigem Einzelhandel und dem notwendigen Erhalt von wohnungsnaher Kaufkraft in den Städten. Sie weichen nun die regionalen Steuerungsmöglichkeiten auf, indem Sie die Möglichkeit der gebietsscharfen Ausweisung von Vorrangstandorten für großflächigen Einzelhandel abschaffen. Das heißt, Sie öffnen in den zentralen Orten am Rande der Siedlungen im Einzugsbereich von Nachbarstädten viele weitere

Potenziale, großflächigen Einzelhandel anzusiedeln, und leisten dadurch unguten Entwicklungen Vorschub.

Wir lehnen dies ab, weil wir glauben, dass der Weg richtig ist, den zum Beispiel die Region Stuttgart beschritten hat, nämlich durch eine Teiländerung des Regionalplans in Kooperation mit den zentralen Orten Vorrangflächen für großflächige Einzelhandelsstandorte gebietsscharf auszuweisen. Ob dies noch Bestand hat, wenn Ihr Vorhaben Gesetzeskraft erlangt, ist sehr zweifelhaft. Wir erwarten diesbezüglich Ihre offene Diskussion auch im Ausschuss, da ich annehme, dass wir uns wenigstens in der Zielsetzung einig sind.

(Zuruf von der CDU: Das ist geklärt!)

Dann muss man fragen, ob die Instrumente, die Sie in das Landesplanungsgesetz einbringen wollen, tatsächlich geeignet sind, um dieses Ziel zu erreichen.

Ein dritter Punkt, den wir kritisieren und ablehnen, ist, dass Sie die regionale Steuerung der Siedlungsentwicklung schwächen. Sie wollen quantifizierte Vorgaben für die Siedlungsstruktur herausnehmen. Alle Fachleute sagen uns: Ohne quantifizierbare Vorgaben lassen sich Siedlungsschwerpunkte nicht mehr richtig definieren und lässt sich vor allem Eigenentwicklung nicht steuern. Deshalb leisten Sie mit dieser Vorgabe der Entwicklung eines Siedlungsbreis Vorschub und stören im Grunde genommen gute regionale Ansätze, die es in unseren Regionalverbänden gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Viertes: Sie wollen Zielabweichungsverfahren auf die Regierungspräsidien delegieren. Wir sind der Meinung: Wenn Regionalplanung richtigerweise demokratisch legitimiert und formuliert wird, dann soll im Einzelfall auch die Abweichung von der Generalzielsetzung von dem demokratisch legitimierten Gremium erlaubt werden, nämlich dem Regionalverband. Dies ist die richtige Systematik. Wir wollen kein weiteres Auseinanderfallen von Planung und Genehmigung.

Mit diesen Vorschlägen werden wir also in die Ausschussberatung gehen. Wir hoffen, Sie sind nicht auf Ihre Holzhammersteuerung bei der Windkraft festgelegt. Sie haben gesagt, Sie wollen die Feinsteuerung. Wenn Sie schon sagen, dass Sie die kommunalen Gremien stärken wollen, dann überlassen Sie doch die Feinsteuerung in vielen Bereichen –

(Abg. Dr. Birk CDU: Statt Holzhammer Holzhack- schnitzel!)

Vorranggebiete, Ausschlussgebiete und alles, was dazwischen liegt – den kommunalen Gremien und der Entscheidung im Einzelfall. Das wäre ein liberaler Ansatz.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Jawohl!)

Setzen Sie sich gemeinsam mit uns gegen Ihren schwarzen Koalitionspartner durch, dann wird die Sache gut.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will bei meinen Ausführungen nicht zu sehr in die Tiefe gehen, soweit es um die zahlreichen Neuregelungen geht, die unstreitig und unproblematisch sind – unstreitig weil unproblematisch und unproblematisch weil unstreitig. Ich will mich nachher im zweiten Teil, der etwas umfangreicher sein wird, auf die Veränderungen konzentrieren, die in der Vergangenheit und wohl auch noch in der Gegenwart den Gegenstand der Auseinandersetzungen bilden, die zum Teil ja einigermaßen erregt geführt werden.

Unproblematisch ist sicherlich der eigentliche Schwerpunkt des Gesetzes, nämlich die überfällige Angleichung und Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes. Dass dies schon bis Ende 2001 hätte geschehen sollen, ist richtig. Die Verspätung ist entschuldbar, Herr Schmiedel, mit oder ohne unrichtig zitierte Bibelstellen.

Die Anpassung an die Begriffsbildung und die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes sind im Interesse einer einheitlichen raumordnerischen Ausweisung natürlich absolut sinnvoll. Die Leitlinie der Nachhaltigkeit, das heißt der Blick auf künftige Generationen, darf auch bei der Ordnung und Entwicklung des Raumes nicht fehlen. Da wird noch manches gefordert, was man auch noch in die Stellungnahmen schreiben könnte. Aber vieles ist hier Lyrik. Es kommt weit mehr auf die Umsetzung an als auf das, was in den einzelnen Regionalplanungen tatsächlich ausgewiesen wird.

Mehr Flexibilität wird überall gewünscht. Warum also nicht auch bei der Regionalplanung? Deshalb genügt es, wenn man die Träger öffentlicher Belange einmal anhört. Aufgrund der Zusammenarbeit kennt man ja in etwa die Vorstellungen. Einmal anhören genügt.

Richtwerte – das haben Sie angesprochen – in der Regionalplanung und in der Siedlungsstruktur haben sich in der Vergangenheit häufig als falsch, hemmend und geradezu kontraproduktiv erwiesen. Also sage ich: Weg damit!

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Herr Schmiedel, wir haben sie in der Regionalplanung mit den Wohneinheiten selbst aufgehoben, und die Anpassungen, wie viele Einwohner pro Hektar es sein dürfen, haben hinten und vorn nicht gestimmt.

Das so genannte Gegenstromprinzip bei der Regionalplanung passt hervorragend in unser Bundesland. Das heißt, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, und die Teile haben sich einzufügen und unterzuordnen. Aber das Ganze wiederum ist auch durch die Entwicklung der Teilräume bestimmt. Einheit und Vielfalt zugleich durch regionale Planung – wunderbar! Wer wollte widersprechen?

Zum Thema Planerhaltung: Dass ein unter vielen Mühen und großem Zeitaufwand erstellter Plan nicht wegen kleinster Formfehler nichtig wird, wenn solche Fehler überhaupt keinen Einfluss auf die Abwägung hatten oder korrigierbar sind, und dass nach einem Jahr Rügefrist auch endlich einmal Ruhe im Karton sein muss, zeigt in wohltuender Weise, dass inzwischen offenbar auch Gesetzgeber in der Lage sind, sich unbürokratischen Gedankenwelten zu öffnen.

Die nun generell vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit passt nicht nur gut in die demokratische Landschaft. Sie ist, Herr Schmiedel, eben auch genau dort notwendig, wo über einen Regionalplan Verbindlichkeit gegenüber Außenbereichsvorhaben nach § 35 durchgesetzt wird. Das ist rechtlich möglich und eben nicht bedenklich – jedenfalls nicht rechtlich bedenklich, wie Sie sagten.

All das findet unsere Zustimmung.

Bevor ich zum Hauptpunkt, der Nutzung der Windkraft, komme, noch einige wenige Bemerkungen zu einigen Wünschen der kommunalen Landesverbände.

Da ist zum einen die Forderung, das Abweichungsverfahren – Sie haben das ja auch selbst eingebracht – den Regionalverbänden selbst und nicht den Regierungspräsidien zu übertragen. Das fordert auch der Industrie- und Handelskammertag. Dabei schwingt die generelle Überlegung mit, Zuständigkeiten von den Regierungspräsidien auf die Regionalverbände zu übertragen. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen, dass Regionalverbände weiterhin Planungsverbände bleiben und keine Behörden werden – eindeutig: grundsätzlich nicht.

(Abg. Fischer SPD: Das ist ein Fehler, Herr Ho- fer!)

Es ist eine unterschiedliche Meinung.

Einigen anderen Forderungen der kommunalen Landesverbände konnten wir nachkommen. Allerdings verstehe ich einen Punkt nicht. Großflächiger Einzelhandel ist mit den Planungsinstrumenten Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebiete begriffsnotwendig verbunden. Es freut mich, dass der Gesetzgeber dort, wo beschließende Ausschüsse, also der Planungsausschuss, tätig werden können, keine Vorgabe macht, sondern sagt: Das können Regionalverbände aufgrund ihrer Erfahrung auch selbst festlegen.

Nun noch zum wichtigsten Thema, der Windkraft. Wir sind nicht nur für die Nutzung der Windkraft. Wir sagen nicht „Windkraft ja und Landschaftsschutz nein“ und auch nicht umgekehrt.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Das sagen wir auch nicht!)