Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Deshalb werde ich nicht zustimmen. Die Welt hat sich ja auch verändert.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Lachen bei der CDU)

Ja, natürlich hat sie sich verändert.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich hat sich die Welt verändert.

Ich komme noch einmal auf den regionalen Aspekt.

Sie haben vorhin gesagt: Wenn man – bei der Verwaltungsreform – einen Stein herausbricht, dann bricht das ganze Gebäude zusammen. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie

im Grunde genommen Ihren Vorschlag für sakrosankt erklärt haben. Nur in Kleinigkeiten sind noch Änderungen möglich. Wir gehen bisher nicht davon aus, und die FDP/ DVP habe ich auch nicht so verstanden. Wir wollen schon noch den einen oder anderen Stein unter die Lupe nehmen, um darüber zu diskutieren.

Dann, Herr Ministerpräsident, machen Sie einen ganz zentralen Fehler. Sie vergleichen Kommissionen außerhalb des Parlaments mit dem Wunsch der Grünen und der SPD, am Anfang der Wahlperiode des Landtags eine Kommission einzusetzen, eine Landtagskommission zur Verwaltungsreform. Das ist doch ein großer Unterschied! Das ist doch ein fundamentaler Unterschied! Ob ich ein Parlament beteilige oder etwas aus dem Parlament hinaus verlege, ist doch ein großer Unterschied. Niemand von den Oppositionsfraktionen hat eine Kommission außerhalb des Parlaments gefordert,

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

sondern wir haben gefordert, im Parlament eine Kommission einzusetzen und alle daran zu beteiligen, um, wenn schon eine Verwaltungsreform erfolgt, möglichst frühzeitig mitdiskutieren zu können. Das kann man nicht mit Kommissionen außerhalb des Parlaments vergleichen.

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Dann zur Region Stuttgart. Also, ich sage nur: Wenn Sie Hesse vorlesen, dann lesen Sie ihn ganz vor. Ich habe das hier – „Stuttgarter Zeitung“ vom 5. April –:

Langfristig muss und wird man in Richtung Zweistufigkeit gehen. Gegenwärtig ist in den großen Flächenländern, also Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen,

nach seiner Meinung –

die Dreistufigkeit... wohl... unverzichtbar,

zurzeit! –

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

um die Verbindung zwischen der ministeriellen und der kommunalen Ebene zu gewährleisten.

Wir sind da anderer Auffassung. Da gibt es auch andere Darstellungen. Aber langfristig, meint er, wird es zur Zweistufigkeit kommen.

Und jetzt ist die Frage: Ist das nun so eine Reform, die in die Langfristigkeit geht? Wir sagen: nein.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Natürlich ist er und sind viele der Auffassung, dass die Zweistufigkeit der Verwaltung besser wäre.

Und jetzt zur Polizei, Herr Ministerpräsident. Wenn Sie keine Rendite von 20 % durch die Veränderungen bei der Polizei erwarten, wenn Sie auch keine einschneidenden Einsparungen bei der Polizei erwarten, warum wollen Sie denn dann die Polizei überhaupt in die Landratsämter integrieren? Wo gibt es denn derzeit Schwachstellen? Wo ist denn die Schwäche-Stärke-Analyse?

Wir können zurzeit bei der Polizei überhaupt keine Schwächen feststellen. Insofern: Warum wollen Sie denn dann die Polizei eingliedern? Sie haben keinerlei Grund genannt, überhaupt keinen. Alle diejenigen, die sich bei der Polizei auskennen, sind dagegen. Und unter einem Innenminister Birzele hätte es dies – trotz seiner Zustimmung 1994 bei der Eingliederung von Sonderbehörden – sicherlich nicht gegeben, dass die Polizei in die Landratsämter eingegliedert werden soll.

(Abg. Hauk CDU: Sie haben damals doch auch zu- gestimmt!)

Die drei ja; ich sagte es ja schon. Wir haben aber auch damals nicht die Polizei ins Spiel gebracht. Es gibt für uns staatliche Durchgriffsmöglichkeiten auf jeden Fall bei Finanz, Justiz und Polizei. Und das ist vernünftig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Landratsämter sind doch staatlich! – Weitere Zurufe)

Ja, aber das ist falsch! Der Landrat ist doch nachher für die Finanzen zuständig, er ist für das Personal zuständig. Oder ist er das nicht? Was ist denn, wenn ich unter dem Stichwort Effizienzrendite nachher eine Diskussion über die Schließung eines Polizeipostens kriege und gesagt wird: „Den Polizeiposten könnte man woanders unterbringen“? Wer entscheidet? Doch wohl der Kreistag, wenn es um die Kosten geht. Wollen Sie das? Ich halte es für völlig falsch, die Kommune entscheiden zu lassen, ob aus Sicherheitsaspekten ein Polizeiposten dort oder dort ist. Das halten wir für falsch, Herr Kollege. Deswegen gibt es da eine Auseinandersetzung. Wenn er es nicht macht, muss er es aus der Kreisumlage zahlen, und wenn er es macht, dann reduziert er seine Polizeistellen.

Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ein Polizeieinsatz durch Hubschrauber im Landkreis Esslingen wird angefordert. Das kostet sehr viel Geld. Wer zahlt das jetzt? Der Landkreis? Oder gleicht das Land die Kosten für den Hubschraubereinsatz aus? Drei Hubschraubereinsätze, und der Landkreis Esslingen ist bei den Kosten eines Hubschraubereinsatzes pleite!

(Unruhe)

Es ist so, Herr Ministerpräsident.

Deswegen sage ich Ihnen: Das ist überhaupt nicht durchdacht! Gibt es da eine Kostenrechnung? Wird verglichen? Was passiert zum Beispiel bei einem Einsatz wie am Bodensee, wo der Bodenseekreis bei diesem nationalen Unglück des Absturzes Tausende von Polizeibeamten brauchte?

(Abg. Alfred Haas CDU: Wie in NRW!)

Gibt es dafür eine Rechnung? Das ist doch nun wirklich falsch.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wie in NRW!)

Sie können das nicht mit NRW vergleichen, und wenn Sie auf Nordrhein-Westfalen schauen, Herr Kollege, dann bezahlen Sie die Polizei hier so, wie sie bezahlt werden muss,

und lassen die Polizeibeamten 38,5 Stunden arbeiten. Machen Sie nicht immer das, was Ihnen gerade recht ist! Das geht nicht.

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der FDP/DVP)

Wir wissen doch, dass viele Landkreise ihre Aufgaben überregional nur noch mit Zweckverbänden regeln. Das ist doch die Wahrheit.

(Abg. Schneider CDU: Ja und?)

Aber Zweckverbände sind nun nicht das demokratische Mittel, das der Herr Ministerpräsident – –

(Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Zweckverbände sind doch nicht per se das demokratische Mittel. Wenn Sie der Auffassung sind, Zweckverbände seien demokratisch über die Bürger – – Herr Kollege, wenn Sie mir noch den Vogel zeigen, muss ich sagen:

(Abg. Schneider CDU: Das habe ich nicht ge- macht! Das habe ich nicht gemacht!)

Sie sind hier nicht im Kreistag.

(Unruhe)

Dass ich Ihnen das gleich sage. Auf diesem Niveau – und hier diesen zu machen – brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

(Abg. Blenke CDU: Er hat aber gerade gesagt, dass er das nicht gemacht hat! Nicht so dünnhäutig! Nur wer ratlos ist, wird dünnhäutig! – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU – Zurufe der Abg. Schmiedel und Teßmer SPD)

Sie sind hier Abgeordneter und nicht Landrat.