Im Übrigen verlangen wir ja von Bruchsal jetzt unmittelbar die Evaluation aller Studiengänge, um die Qualität der Leh
re zu sichern – also nicht erst 2008, wenn das Akkreditierungsverfahren wieder aufgegriffen wird, sondern unmittelbar jetzt –, um sicherzugehen, dass wir das Geld, das wir jetzt sozusagen kreditieren, für eine, was das Studium betrifft, wirklich fundierte Sache geben. Die kritischen Anmerkungen des Wissenschaftsrats sind dagegen ja im Wesentlichen forschungsbezogen. Die Problematik liegt auch darin, dass man in einer Universität nicht in erster Linie eine lehrbezogene Einrichtung sieht, sondern eine Einrichtung, in der Lehre und Forschung gleichgewichtig sind. Das macht es für eine private Initiative umso schwerer, im Kontext von Universität akkreditiert zu werden. Es ist leichter, wenn dies unter dem Signum „Fachhochschule“ geschieht, weil diese per se anwendungs- und lehrbezogen ist.
Insofern haben sich beide, sowohl der Wissenschaftsrat als auch die Landesregierung, die Entscheidung überhaupt nicht leicht gemacht, sondern haben in wechselseitiger Verantwortung diese Entscheidung getroffen. Es ist aber auch, Frau Bauer, völlig klar, dass die Verfahren, die jetzt anhängig sind, unter Berücksichtigung der Erfahrungen des Verfahrens von Bruchsal gesehen werden müssen und dass etwas, was der Wissenschaftsrat jetzt sozusagen am Beginn seiner eigenen Erfahrung mit Akkreditierung gemacht hat, nämlich ein Verfahren einmal auszusetzen, die absolute Ausnahme sein wird. Auch das muss man wissen. Man muss aber auch sehen, dass es dem Wissenschaftsrat bei der Aussetzung nicht nur um den Fall Bruchsal ging, sondern auch um die Selbsterkenntnis, dass man noch zu wenig Erfahrung auf diesem Gebiet hat und nicht selbst dazu beitragen will – das war ein großer Tenor der Diskussion –,
Insofern war die Aussetzung auch etwas, was der Wissenschaftsrat selber mit vorgeschlagen hat, um hier für sich selber eine verantwortliche Entscheidung zu fällen.
Jeder, der den Wissenschaftsrat kennt, weiß, dass sich dieser von keiner Landesregierung beeinflussen und umstimmen lässt. Er ist Gott sei Dank ein sehr unabhängiges Gremium, in dessen Verwaltungskommission ja der Bund die Hälfte der Stimmen hat. Also auch der Bund hat diesem Verfahren so, wie es jetzt getroffen worden ist, zugestimmt.
Aktuelle Debatte – Bedeutung der Agenda 2010 für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Es gelten die üblichen Redezeiten: je fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und je fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vorweg bemerken, dass ich mich mit dieser Aktuellen Debatte ein wenig schwer tue. Das mag überraschen,
denn an sich ist es ja für einen Liberalen eine Genugtuung, zu sehen, wie sich der Bundeskanzler vehement, einschließlich Rücktrittsdrohung, für Themen einsetzt,
die aus seinem Lager und nicht nur dort vor noch gar nicht langer Zeit als Neoliberalismus angeprangert wurden. Wenn man sieht, wie solche notwendigen Reformbestrebungen verbal derartig diffamiert werden, darf man sich nicht wundern, wenn einem diese Wertung auch aus den eigenen Reihen entgegengehalten wird.
Auch ist das Bild, das die SPD und weite Teile der Grünen hier bieten, an sich eine Steilvorlage für den politischen Gegner. Da sieht man live im Fernsehen zunächst einmal Standing Ovations für den Bundeskanzler. Kaum haben sich die Damen und Herren wieder hingesetzt, gehen sie – teilweise jedenfalls – daran, die angekündigten Maßnahmen zu zerreden oder gar im Schulterschluss mit den Gewerkschaften Barrikaden aufzubauen.
denn die Menschen in diesem Land erwarten Hilfe. Man fährt dieses Land an die Wand, wenn die notwendigen Reformen nicht schnell durchgeführt werden. Die Menschen, die Arbeit suchen, brauchen die Hilfe jetzt und nicht irgendwann einmal.
Deshalb will ich mich, so gut es eben geht, der Polemik auch weitgehend oder am besten ganz enthalten und zunächst feststellen, dass die Maßnahmen, die der Bundeskanzler ankündigt, nach unserer Überzeugung – und wohl nicht nur unserer – nur Minimalreformen sind, ein erster Schritt,
um die entsprechende Veränderung und Aufbruchstimmung überhaupt einmal zu initiieren. Wir von der FDP/DVP wer
Nur wollen wir dabei wenigstens sicher sein, dass das Ganze im Gesetzgebungsverfahren schließlich nicht verwässert wird – einige sagen ja schon ganz ungeniert, das werde ihr Ziel sein –, sondern eben auch umgesetzt wird.
Alle sechs führenden Wirtschaftsinstitute einschließlich des Sachverständigenrats haben der Bundesregierung deutlich ins Stammbuch geschrieben: Deutschland steht wirtschaftsund finanzpolitisch vor einem Scherbenhaufen. Ohne durchgreifende Reformen wird die Schwächeperiode weiter anhalten und die Arbeitslosigkeit steigen. In der in der vorletzten Woche erschienenen 18. Ausgabe der „WirtschaftsWoche“ steht zu lesen – ich zitiere –:
Die Vorschläge der Agenda 2010 hätte man binnen weniger Wochen verabschieden müssen.... Wenn wir noch weitere zehn Jahre warten, werden wir hier 20 % Arbeitslosigkeit haben.
Das Land steckt definitiv in der Krise. Das hat nichts mehr mit Konjunkturabschwung zu tun. Viele in der SPD sehen das auch so, aber die große Mehrheit wohl noch nicht.
Wenn sich der Mut zu umfassenden Reformen nicht durchsetzen wird, dann wird Deutschland in die Zweitklassigkeit zurückfallen. Dann können wir uns in Baden-Württemberg, an unserem Wirtschaftsstandort auf den Kopf stellen und Musterknabe sein, so viel wir wollen: Wir werden es nicht schaffen.
Nun zweifeln Beobachter nicht daran, dass der Bundeskanzler seine Mehrheit bekommen wird, denn unter den Reformgegnern einschließlich der Gewerkschaften besteht überhaupt kein Konsens. Was wir heute Morgen gehört haben – sich noch weiter verschulden –, ist nun wirklich kein Konzept. Sie haben kein Konzept.
Für die richtigen Schritte kann der Kanzler im Übrigen notfalls auf die Zustimmung der FDP und, wie ich denke, auch der Union rechnen.
Die große Gefahr sehen wir vor allem darin – lassen Sie mich das noch sagen –, dass man, wenn schon die ersten Schritte derartige Schwierigkeiten bereiten, dann möglicherweise sagt: Das wars; alles andere wird abgeblasen, findet nicht mehr statt.
Alle arbeitsrechtlichen und tarifrechtlichen Vorschriften müssen auf den Prüfstand. Steuersenkungen müssen vorgezogen werden. Wer sagt, das ginge nicht, dem empfehle ich
den Subventionsbericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zur Lektüre. Wir brauchen auch mehr Marktwirtschaft. Reformmaßnahmen sind nicht Sozialabbau. Ich zitiere – mit Genehmigung des Präsidenten – Herrn Jürgen Offenbach aus den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 24. März 2003:
Die soziale Debatte ist die einer fortgeschrittenen Realitätsverweigerung. Ist eine horrende Staatsverschuldung sozial? Ist Massenarbeitslosigkeit sozial? Ist es nicht auch eine soziale Frage, wie viel Geld ganz normale Sparer und Kleinaktionäre seit drei Jahren verlieren? Ist es sozial, wenn die deutsche Bevölkerung über drei Jahre hinweg Europas Schlusslicht bleibt? Ist es sozial, das geringste Wachstum aller EU-Länder zu haben?
Arbeitslosigkeit ist ein hartes Schicksal; da wollen wir mit Herz und Verstand helfen. Aber bei Scheinarbeitslosigkeit hilft nur Härte. Deshalb unterstützen wir unseren Wirtschaftsminister, wenn er eine Bundesratsinitiative ankündigt und Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs fordert, wonach über 20 % der arbeitslos Gemeldeten dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.