Nein, die Verbände haben eine ganz andere Strategie; das wissen Sie auch. Da geht es überhaupt nicht um Räume. Die müssen sich auch fragen lassen, wie sie die Bildungspolitik eigentlich noch mitgestalten wollen. So drastisch sage ich das jetzt. Das ist doch schlichte Verweigerung, die da passiert. Da werden Dinge miteinander vermischt, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben.
Deshalb sage ich das noch einmal, damit das klar festgestellt wird: Wenn ein Schulleiter mir sagt, in seiner Schule könne er das räumlich alles nicht schaffen, dann werden wir eine Lösung finden. Aber 2004 gibt es keinen neuen Raumbedarf. Es sind die Klassen 5 betroffen.
Was den Mittagstisch angeht, wissen wir, dass an 30 % aller Gymnasien schon heute ein Mittagstisch angeboten wird, mit entsprechender Infrastruktur.
Im Übrigen ist jetzt noch ein ganzes Schuljahr lang Zeit, und es geht auch hier wiederum nur um Veränderungen für einen einzigen Jahrgang, nämlich für die Klasse 5. In dieser Klasse 5 wird in der Regel an einem Nachmittag Unterricht sein.
Deshalb lautet meine herzliche Bitte: Wenn Sie schon solche Argumente ins Feld führen, dann bleiben Sie nahe an der Wahrheit und erfinden Sie keine Geschichten – das sage ich auch anderen; Sie haben diese ja nur übernommen, weil sie Ihnen gerade recht kommen –, mit denen man alle möglichen Leute verunsichert und eine bildungspolitische Weichenstellung verhindern will. Sie ist nicht zu verhindern. Sie wird 2004 kommen: bei uns ebenso wie in der Mehrheit aller Bundesländer in Deutschland.
Damit komme ich zum zweiten Punkt: Zu meiner „verheerenden“ Bildungspolitik gehörten die starre Dreigliedrigkeit und die Verweigerung längerer Lernzeiten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Win- truff SPD: Ja, das stimmt! – Abg. Capezzuto SPD: Das stimmt!)
Applaus. – Können Sie mir erklären, warum – wenn Sie das verheerend finden – der Bremer Bürgermeister Scherf
und sein Bildungssenator Lemke, beide Sozialdemokraten, jetzt in ihrem Koalitionsvertrag mit dem Koalitionspartner vereinbaren,
(Abg. Wintruff SPD: Das ist ein Fehler! – Abg. Röhm CDU: Weil sie baden-württembergische Er- gebnisse wollen, deshalb!)
Können Sie das erklären? Damit tun sie das, was auch andere Länder tun. Aber das ist eine eigene Debatte; ich mache das Fass hier jetzt gar nicht auf. Aber irgendwie ist alles, was Sie da bewerten, ein bisschen schwierig zusammenzubringen mit ganz klaren Entwicklungen, die wir derzeit – übrigens in großem und parteienübergreifendem Konsens – in der Kultusministerkonferenz haben. Dort gibt es mehr Konsens, als Ihnen lieb sein kann. Deshalb sollten Sie sich wenigstens einmal bei dem einen oder anderen Parteifreund erkundigen, wo sie in ihren bildungspolitischen Debatten gerade stehen.
(Abg. Zeller SPD: Die äußern sich über die Frau Schavan schon deutlich! – Zurufe der Abg. Carla Bregenzer und Wintruff SPD)
Dritter Punkt: Was passiert im Jahr 2012? Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass im Jahr 2012 überhaupt keine außergewöhnliche Situation eintreten wird. Auf Deutschland insgesamt bezogen wird es eine Abiturientenzahl geben, die den Zahlen aus den Jahren 2007 und 2008 entspricht, mit beiden Jahrgängen.
Zweitens zeigen die bisherigen Erfahrungen – diese Zahl gilt jetzt nicht nur für Baden-Württemberg, sondern auch generell –, dass aus dem jeweils aktuellen Abiturientenjahrgang maximal 43 % noch im gleichen Jahr ihr Studium beginnen. Es gibt eine große Bandbreite zwischen denen, die sofort beginnen, und denen, die nach einem Jahr, nach zwei Jahren oder bis zu drei oder vier Jahre später beginnen. Sie kennen die Gründe; das ist eine breite Palette.
Insofern ist auch sachlich falsch, wenn der Eindruck erweckt wird, dass 2012 nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in anderen Ländern zwei vollständige Abituri
entenjahrgänge aufträten, die doppelt so umfassend wären wie in den Jahren zuvor einzelne Abiturientenjahrgänge, und als seien diese Abiturienten zu 100 % auf dem Weg in das sofort beginnende Wintersemester. Beides ist nicht so, sondern es verteilt sich.
Nein, die Zahl von beiden Jahrgängen im Jahr 2012 entspricht etwa den Zahlen von 2007, 2008. Es ist nicht einfach die Verdoppelung, weil das mit der Entwicklung der Schülerzahlen in Deutschland zu tun hat. Sie wissen, dass in den neuen Bundesländern bis zum Jahr 2012 ein Schülerrückgang um 60 % zu erwarten ist
und dass bei uns der Schülerzuwachs schon bis zum Jahr 2007 abgeschlossen ist. Daraus ergeben sich diese Perspektiven. Ich nenne sie nur, weil ich auch finde, dass hier mit realistischen Perspektiven gearbeitet werden soll.
Drittes Thema: Fremdsprachen. Es gibt zum Thema Fremdsprachen ganz unterschiedliche Meinungen. Das gilt für die Fremdsprache ab Klasse 1, das gilt für die zweite Fremdsprache ab Klasse 5, und – Frau Rastätter, Sie haben das schöne Beispiel genannt – es gilt für zwei Fremdsprachen für alle.
Es gibt Leute, die zwei Fremdsprachen für alle Schularten befürworten. Das ist durchaus eine interessante Idee, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir über den Ergänzungsbereich in Haupt- und Realschulen solche Angebote schaffen werden. Ich halte das auch für sinnvoll. Ich möchte es deshalb nicht verpflichtend machen, weil der entscheidende Unterschied im Profil zwischen Realschule und Gymnasium bisher war, denjenigen, die keinen sprachlichen Begabungsschwerpunkt haben, durch andere Schwerpunkte eine Startchance in der Orientierungsstufe zu geben und ihnen nicht gleich eine zweite Fremdsprache zu vermitteln. Das halte ich für wichtig. Es betrifft vor allem die mathematisch-naturwissenschaftlich begabten Schüler.
Wir sollten die Unterschiedlichkeit der Profile, die wir haben, nicht dadurch kaputtmachen. Aber niemand, der schon in der Realschule mit der zweiten Fremdsprache beginnen will, wird daran gehindert werden.
Nein, wir müssen auch in der nächsten Entwicklungsphase, die immer stärker das Thema Durchlässigkeit im Blick hat, unterschiedliche Lernwege und auch Lernzeiten schaffen. Sie haben es gesagt: Wir haben in Wirklichkeit jetzt für die Erreichung des Abiturs zwei Lernzeiten. Über die Realschule dauert es 13 Jahre, über das allgemein bildende Gymnasium 12 Jahre.
Das ist eine weitere vernünftige Differenzierung im Sinne unterschiedlicher Lernzeiten in jeweils unterschiedlichen
Profilen. Vor allem für die mathematisch-naturwissenschaftlich begabten Schüler wird der Weg über die Realschule und dann über das technische oder ökonomische Gymnasium hochinteressant sein.
Letzter Satz: Man kann sich in solchen Debatten natürlich auf den Standpunkt stellen: Wir brauchen erst in allem ideale Rahmenbedingungen, ehe wir weiter darüber reden.
Das haben Sie gemacht. Frau Rastätter hat gesagt: erst einmal kleinere Klassen, bessere Rahmenbedingungen, keine Deputatserhöhung. Wissen Sie, das funktioniert nicht.
und dass zum Beispiel diejenige Grundschule, die wirklich Klassen mit 31 Schülern hat – Klassen mit 31 Schülern gibt es nur noch 0,8 % überhaupt im Land –, durchaus sagen wird: „Es gibt Schritte, die wir noch nicht tun können.“ Aber die durchschnittliche Klassengröße in der Grundschule liegt bei 21 Schülern, und deshalb ist jetzt vieles möglich.
Herr Zeller, gucken Sie doch jetzt nicht so konsterniert. Sie haben in Ihrem Manuskript Vorwürfe an mich stehen.