Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

Ich nehme Sie beim Wort, Frau Kollegin.

Herr Minister, ganz klar und deutlich: Wir müssen – das machen Sie auch; aber wir hören damit eigentlich immer zu früh auf – die Einnahmen der Landwirte durch tatsächliches Verkaufen fördern. Da sagen mir alle immer so unbekümmert: Die sollen selbst vermarkten. Das heißt, der Bauer und seine Frau, die schon jetzt zwölf Stunden am Tag arbeiten, sollen dann weitere vier Stunden arbeiten. Das ist nicht leistbar.

Sie haben gute Ansätze bei einigen Vermarktungsorganisationen, die sich zusammengeschlossen haben. Da könnte man vielleicht noch etwas mehr tun. Die EU lässt übrigens zu, dass die Länder das machen. Also munter los!

Das Dritte ist – da muss ich Ihnen den Vorwurf machen, dass Sie nicht einmal ein Biodieselauto fahren; ich fahre eines –, dass Sie überall da, wo der Landwirt Rohstoffe – –

(Abg. Walter GRÜNE: Aber er fährt ab und zu selbst!)

Ja, aber nur, wenn der Fahrer ein Eis isst. Das ist zu wenig für die Wirtschaft.

(Heiterkeit)

Herr Stächele, meiner Ansicht nach müssen Sie Ihr Ministerium und die Ihrem Ministerium nachgeordneten Behörden dazu anleiten, dass der Landwirt dort, wo er Rohstofflieferant sein könnte – da kriegt er nämlich nicht die Aldi-Ketten „auf den Kopf“ –, dies auch sein darf. Da liegt es stark im Argen.

Was haben Sie mir in der Stellungnahme geantwortet? Wie viel Euro Sie pro Hektar bei den Umweltmaßnahmen ausgeben. Schön, dass wir da Spitze sind. Das sind aber keine Einkommen für die Landwirte.

Ich möchte mit meiner Rede dazu beitragen, dass das Ministerium nicht nur sagt, was der Landwirt pro Hektar aus Brüssel und Berlin bekommt, sondern dass Sie sagen, was der Landwirt durch eigene Verkaufserlöse erzielt. Dabei müssen wir ihm helfen. Wenn Sie gute Ideen haben, kann ich dazu vielleicht in der zweiten Runde noch etwas sagen. Da liegt es in Baden-Württemberg im Argen. Deswegen werden wir auch über Abschnitt II des Antrags abstimmen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kiefl.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Richtungswende, lieber Herr Kollege Teßmer – weg von den Preisstützungen über die Marktordnung und über den Abbau der Marktordnungen –, haben wir 1992 in einem ersten Schritt vollzogen.

(Abg. Teßmer SPD: Gehabt als Idee, aber nicht ge- macht!)

Gemacht bei einem Teil, beim Getreide. Insofern ist nicht nur der Antrag überholt, sondern auch das berühmte Vermächtnis, von dem Sie gesprochen haben. Denn Preise wie

9 € für einen Doppelzentner Weizen oder 28 Cent für das Kilogramm Milch oder 100 € für ein Mastschwein decken bei etwa zwei Drittel unserer Betriebe die Produktionskosten nicht. Das heißt, ohne Ausgleichszahlung funktioniert das nicht.

(Abg. Teßmer SPD: Habe ich nicht infrage ge- stellt!)

Aber die Richtungswende hin zu mehr Markt ist – die Preise für die Produkte beweisen es – bereits vollzogen.

(Abg. Teßmer SPD: Nein!)

Sie wird noch weitergehen. Das ist klar. Wir sind nicht am Ende. Und dass die Selbstvermarktung nur eine Nische ist, da sind wir uns einig. Darüber haben wir schon oft gesprochen. Wir pflegen die Direktvermarktung, aber wir verlassen uns nicht darauf, weil es nur wenige Bauern betrifft. Das ist der erste Fakt.

Zweiter Fakt ist, dass die Pflege, aber auch das Offenhalten – ich würde sagen, erst das Schaffen – von Kulturlandschaft durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung, insbesondere auch in den benachteiligten Gebieten, ermöglicht wird. Das ist aber kein Marktprodukt, und das wird kein Marktprodukt werden.

(Abg. Teßmer SPD: Das habe ich auch gesagt!)

Ich kann Weizen, Fleisch, Butter und was weiß ich aus aller Herren Länder zukaufen, aus Brasilien, Argentinien oder Dänemark, aber ich kann niemals das Allgäu, den Schwarzwald oder das Bodensee-Hinterland zukaufen. Landwirtschaft schafft Landschaft. Darüber besteht wohl Konsens, davon gehen wir aus.

Jetzt der erste Warnsatz in dieser Richtung. Das möchte ich auch allen „Freihändlern“ – ich sage dies einmal so salopp – ins Stammbuch schreiben, unserer Gesellschaft und den Freihändlern. Die zentrale Fragestellung bei diesem Thema lautet für mich: Wenn wir bei der Nahrungsmittelproduktion mehr Markt wollen – und die Entwicklung in dieser Richtung wird weitergehen; ich glaube, darüber sind wir uns auch einig –, dann muss man wissen – und man muss dann auch eine entsprechende Politik machen –, wie durch umweltgerechte nachhaltige Landwirtschaft – verbraucherschützend, tierschützend, umweltschützend – im internationalen Vergleich die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur erhalten, sondern zunehmend gestärkt werden kann. Das ist in diesem Zusammenhang die Kernfrage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Kein vernünftiger Mensch – das haben Sie auch gesagt, obwohl das Frau Künast macht – verlässt sich darauf, wenn er verantwortliche Politik machen und Rahmenbedingungen gestalten will, dass die Politik bei den Nahrungsmitteln sozusagen mit dem Einkaufskorb geschieht. Sie wollte das ja, sie hat an die Bioproduktion appelliert, aber das funktioniert natürlich nicht. Das wissen wir in der Zwischenzeit ja auch.

(Abg. Walter GRÜNE: Etwas anderes macht ihr mit dem HQZ auch nicht!)

Wir verlassen uns nicht allein auf das HQZ.

Die Kernfrage lautet nun: Wer schafft die Rahmenbedingungen? Das macht zum einen Brüssel, die EU, das macht zum anderen Berlin, und das macht zum Dritten Stuttgart.

Ganz kurz: Die EU ist heute nicht das Thema. Die treffen sich übrigens, Herr Minister, heute oder morgen.

(Abg. Walter GRÜNE: Heute!)

Ich glaube, zur Stunde tagt der Agrarrat.

(Abg. Teßmer SPD: Aber nicht wegen Baden- Württemberg!)

Nein, nicht wegen Baden-Württemberg, aber wegen der Rahmenbedingungen für die EU-Landwirtschaft. Ich will nur erwähnen – das ist hier im Hause bekannt –, dass Baden-Württemberg eine etwas andere Vorstellung von der favorisierten Betriebsprämie als Fischler hat. Wir haben unsere Vorschläge gemacht. Daher will ich jetzt darauf nicht eingehen.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Die EU ist natürlich ein wichtiger Punkt, gar keine Frage. Aber es würde den Rahmen meiner Rede sprengen, wenn ich dies weiter ausführen würde.

Ich möchte etwas zu uns, zu Stuttgart, und natürlich auch zu Berlin sagen. Denn hier kann man gestaltend auf die Wettbewerbsfähigkeit Einfluss ausüben.

Ich sage jetzt gleich ganz deutlich: Wir in Stuttgart – ich formuliere das so; wenn der Minister etwas anderes sagt, ist mir das natürlich mehr als recht – haben unsere Spielräume ausgereizt, was dies angeht. Ich komme bei dem einen oder anderen Programm noch einmal darauf zurück.

Ich denke an die Umweltprogramme – die werden ja in dem Antrag auch genannt. Wir reizen diese Umweltprogramme in der Spitze der Bundesrepublik mit über 100 € aus.

(Abg. Teßmer SPD: Natürlich! Aber das ist doch kein Einkommen für die Landwirte!)

Moment! Ich kann Ihnen nachher aus der Umfrage der Universität Hohenheim zitieren, wie das die Bauern und die Programmnutzer in Baden-Württemberg bewerten.

(Abg. Teßmer SPD: Das ist in Ordnung, aber kein Einkommen!)

Natürlich ist das Einkommen, zum Teil macht es bis zu 50 % des gesamten Einkommens aus. Sie kennen das wahrscheinlich.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Ich sage jetzt einmal: Wir haben dies ausgereizt.

Jetzt gehen wir die Wettbewerbsbedingungen durch, die uns Berlin schafft, die uns Frau Künast schafft.

(Abg. Teßmer SPD: Nicht die Frau Künast! Das war doch bei anderen Ministern wie bei Herrn Bor- chert auch nicht anders!)

Die Frau Künast. Dann ist es halt die rot-grüne Bundesregierung; ich sage dies einmal pauschal. Ich wollte das personifizieren, und jetzt gehen wir das einmal der Reihe nach durch.

Sie haben die Modulation angesprochen.

(Abg. Walter GRÜNE: Eine gute Sache! Eine sehr gute Sache!)