Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Knapp.

Herr Minister Döring, Sie haben vieles ausgeführt, was richtig ist und was auch wir unterschreiben können.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Aber Sie haben gesagt: „war stets bemüht“, „wir bemühen uns stets“. Sie wissen, was es heißt, wenn in einem Arbeitszeugnis steht „war stets bemüht“.

(Heiterkeit bei der SPD)

„War stets bemüht“ heißt „hat es nie erreicht“. Ich möchte Ihnen ja zugute halten: Ich glaube manchmal wirklich – das sage ich, ohne Sie zu loben; denn sonst würde ich mit meiner Fraktion Probleme bekommen, und das möchte ich nicht; dazu habe ich auch keinen Grund –, Sie würden gern etwas mehr machen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr richtig!)

werden aber hier im Land im Kabinett blockiert. Ich sage Ihnen auch, warum. Bei der Großen Wasserkraft – die wird ja immer angesprochen – gibt es ja Konsens. Das ist ja in Ordnung. Aber mit der Großen Wasserkraft allein – nicht nur mit Rheinfelden, sondern auch mit Gambsheim und Iffezheim – können wir eine Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg um etwa einen Prozentpunkt erreichen. Sie wollen in zehn Jahren aber von einem Anteil von etwa 7,5 % – ich nenne einmal einen Mittelwert – auf etwa 15 % kommen. Dazu kann die Große Wasserkraft einen Prozentpunkt beitragen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Immerhin!)

Das ist zwar ein großer Teil, aber dann ist es aus mit der Großen Wasserkraft. Dann gibt es im Moment nichts mehr zu nutzen. Dann müssen Sie aber noch 6,5 Prozentpunkte auf anderen Wegen erreichen, und das ist der Bereich, in dem man ansetzen und etwas tun muss.

(Abg. Schmiedel SPD: So ist es!)

Jetzt sage ich etwas zur Windkraftnutzung. Sie haben die Regionalverbände angesprochen. Wir haben im Nordschwarzwald einen Standort für einen Windpark ausgewiesen. Dort hat die EnBW 14 Anlagen geplant, sich jedoch zurückgezogen, weil sie gesagt haben: Bei der gegenwärtigen Stimmung im Land ist es völlig unmöglich, einen solchen Windpark zu bauen.

(Abg. Schmiedel SPD: Mit dieser Regierung! – Ge- genruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Völlig unmöglich! Fragen Sie mal bei der EnBW nach. Sie, Herr Minister, wissen es wahrscheinlich selber mindestens genauso gut wie ich. Die haben sich zurückgezogen, weil sie es bei der Stimmung, die es derzeit im Land zur Windkraft gibt, nicht hinbekommen, dort etwas zu bauen.

Jetzt möchte ich Sie einmal in Ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsminister ansprechen. Sie sagen wohl, Sie hätten das Geld nicht. Es steht aber in Ihrem Gutachten, dass jeder Euro an Fördermitteln Investitionen in Höhe von 20 € auslöst. Das sind ja wirklich Investitionen, die sich selbst bezahlt machen. Das sprechen wir ja auch an anderer Stelle immer wieder an. Wir müssen dafür sorgen, dass wir nicht nur die Forschung im Land fördern und umsetzen, sondern als Wirtschaftsminister muss Ihnen daran gelegen sein, dass die Forschung auch zu mehr Arbeitsplätzen im Land führt, und da haben wir ein ganz eindeutiges Defizit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die antragstellende Fraktion ist damit einverstanden, dass der Antrag für erledigt erklärt wird. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Mehr Marktwirtschaft in der Agrarproduktion – Drucksache 13/1119

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion bei gestaffelten Redezeiten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Teßmer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß natürlich auch, dass das Datum meines Antrags der 1. Juli vorigen Jahres ist. Der Inhalt hat aber noch nichts an Aktualität verloren, und wir haben damit vielleicht die Gelegenheit, kurz auf zwei, drei Entwicklungen einzugehen.

Erste Entwicklung: In den Fünfzigerjahren hat man nach den verlorenen Kriegen und der Hungersnot gesagt: „Nie wieder Hunger in Europa!“ Das halte ich auch nachträglich für richtig. Man hat von den Landwirten verlangt, dass sie Masse produzieren, dass sie viel und preiswert – ich sage eher preiswert als billig – produzieren, und das haben sie auch gemacht. Das hatte zur Folge, das wissen wir auch noch, dass irgendwann eine Überproduktion an Nahrungsmitteln in Europa entstanden ist. Weil man damals noch Geld hatte, hat man eine Preisgarantie gegeben und hat das zu viel Erzeugte per Intervention abgelagert. Der Produzent, der Landwirt hat unbewusst oder bewusst sich gar nicht mehr um die Vermarktung und um die Preise kümmern müssen, sondern nur um die Produktion.

Dann kam die Entwicklung der Achtziger- und Neunzigerjahre, und irgendwann richtete sich die Produktion nicht mehr nach der Nachfrage, sondern nach der Höhe der Zahlungen der Intervention. Das hatte zur Folge, dass wir eine ganze Reihe agrarischer Produkte erzeugt haben, die wir eigentlich nicht mehr brauchten oder die man anderswo wesentlich billiger und preiswerter produzieren konnte. Dann hat man sich – das halte ich durchaus für richtig – mit den Landwirten darauf verständigt, dass man Ausgleichszahlungen für Dinge, die die Produktion behindert haben, zahlt. Sie hören, da kommt das Wort Subvention nicht vor, weil es nicht passt. Wir haben auch Auflagen erteilt – siehe SchALVO –, und wir haben Anreize geschaffen, dass man unsere schöne Kulturlandschaft, zum Beispiel von BadenWürttemberg, erhält und dass das ein Wert ist, der auch den Steuerzahler Geld kosten darf. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.

Jetzt im Augenblick ist wichtig, dass unsere Landwirte aufpassen müssen, dass sie die Ausgleichszahlungen und Ersatzleistungen nicht als einzig sicher berechenbares Einkommen bekommen. Herr Minister, es ist ja recht lieb, wenn ich von Ihnen lese, dass Sie die Modulationsmittel schon verteilen; aber leider lehnen Sie sie im Bundesrat ab. Ich hoffe, wir bekommen sie trotzdem, weil wir sie brauchen könnten.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Was wir von der SPD mit unserem Fraktionsantrag erreichen wollen, ist etwas ganz anderes, nämlich etwas Zusätzliches. Unsere Landwirte wollen – das weiß jeder, der sich mit denen beschäftigt – eigentlich gesunde Nahrungsmittel produzieren und den Preis, den sie als Input hineinstecken, auch wieder herauskriegen. Da beginnt unsere Aufgabe. Das ist eine politische Aufgabe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, Sie haben in Ihrer Pressemitteilung wunderbar gesagt – die ist noch nicht so alt –:

Mit unserer integrierten Agrar- und Strukturpolitik können wir versuchen, manches aufzufangen, der Trend bleibt aber für alle gleich.

Das klingt so wie vorhin der Satz von Herrn Döring, er habe sich bemüht.

(Abg. Walter GRÜNE: Redlich bemüht! – Minister Dr. Döring: Stets!)

Ja, redlich bemüht. Wir wissen aber alle, dass die jetzigen Zahlungen und die Preise mit und ohne WTO nicht ausreichen, um die Kosten einigermaßen hereinzubringen, obwohl wir beim Maschineneinsatz optimieren und Ähnliches. Ich gehe davon aus, dass Ihr Ministerialdirigent Ihnen ein hervorragendes Beispiel vom letzten Sonntag aus dem Neckar-Odenwald-Kreis mit nach Hause gebracht hat. Das ist auch alles korrekt und richtige Agrarpolitik.

Was aber fehlt, ist, dass wir unseren Landwirten wieder beibringen – da müssen Sie schon ein bisschen was tun –, dass sie wieder Marktwirtschaft lernen. Das haben wir ihnen nämlich systematisch abgewöhnt. Das ist kein Vorwurf, das kann auch niemand vorwerfen, denn in der Landwirtschafts

politik im Bund waren alle Parteien in der Regierung vertreten. Sie erinnern sich sicher an Herrn Ertl; das war kein SPDler. Es waren mal von uns welche, mal von der CDU welche. Der Trend war damals anders. Jetzt heißt das Gebot: Wie bringen wir Landwirten bei, dass sie für das, was sie an Arbeitskraft hineinstecken, ordnungsgemäße Preise bekommen? Da wird uns jetzt von Ihnen gesagt: „Jawohl, das klappt. Wir machen da große Verbraucheraufklärung.“ Das stimmt, wirkt aber gerade immer 14 Tage nach jeder kleinen Skandalmeldung. Danach kaufen die Leute wieder das Billigste, weil es genauso gut aussieht. Ob es genauso gut ist, ist eine andere Frage.

Aber ich möchte mich einfach auf jemand anderen als Zeugen berufen und Sie ein bisschen sensibilisieren. Das ist Herr Professor Golter. Er steht ja nun nicht im Verdacht, der SPD nahe zu stehen. Aber das Vermächtnis von Herrn Golter hieß – das war die letzte Juniwoche im vorigen Jahr; deswegen auch dieser Antrag –:

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

„Bauern, hört auf, euch auf reine Staatseinnahmen zu verlassen, sondern fragt wieder, was uns der Markt geben kann.“ Da gibt es gute Beispiele. Denken Sie einmal an die Tabakbauern. Im Blick auf die Gesundheit ist das ein etwas gefährliches Beispiel.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das gilt aber nicht für die Größe der Anbaufläche. Die Tabakbauern haben sehr genau verstanden und haben die Tabakanbaufläche vergrößert, weil in diesem Bereich ein Markt besteht. Die Tabakbauern benötigen auch keine Stützungsgelder. Wir haben bei anderen immer wieder gesagt: Wenn es nicht geht, müssen wir unsere bäuerliche Landwirtschaft fördern. Dagegen habe ich nichts. Aber dass die Waren unter dem Erstehungspreis verkauft werden müssen, ist auch ein Fehler der Gesellschaft.

Das Vermächtnis von Herrn Golter muss doch heißen: Was kann die Landesregierung, die Bundesregierung – –

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Das sind die Handelskonzerne, die die Preise drücken!)

Das sind nicht nur die Handelskonzerne. Ich gehe darauf gleich ein, liebe Frau Kollegin. Danke für den Zwischenruf.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Seien Sie froh, dass Sie überhaupt einen Zwischenruf bekommen!)

Ja, ich bin doch froh. Sie dürfen auch einen machen. Ich sage Ihnen: Kümmern Sie sich darum, dass das Einheitsforstamt bleibt. Dann hätte ich es auch leichter.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Dann könnten Sie we- nigstens dem Zwischenrufer Recht geben!)

Aber Sie können ja, wenn Sie im Europaparlament sind, sagen: Achtung, das gilt nicht für Baden-Württemberg.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: So machen wir es! – Heiterkeit)