und für die Zeit danach Regionalschulen als Zusammenschluss von Realschulen und Hauptschulen einzuführen. Von Ihnen kommt dazu gar nichts.
Zweitens: Das Thema „Sprachförderung und individuelle Förderung“ ist vielleicht das wichtigste Thema überhaupt. Hierzu hat die Landesregierung noch immer kein stimmiges Konzept. Bei der Sprachförderung wird auf die Landesstiftung verwiesen, doch auch von dort haben wir seit langem nichts mehr gehört. Die von vielen Experten angemahnte Umstellung auf eine individuelle Förderung von Kindern ist bei Ihnen kein Thema. Schade eigentlich, denn dies wären die Punkte, die seit Monaten aktiv angegangen werden sollten, die Sie aber sträflich vernachlässigen.
Wir jedenfalls werden handeln und werden nach den gemeinsam im Schulausschuss beschlossenen Anhörungen zu diesen Themenbereichen die entsprechenden Gesetzentwürfe einreichen. Dann wollen wir sehen, ob Sie tatsächlich bereit sind, auf diese Reformvorschläge einzugehen.
Die Zahl der Hauptschülerinnen und Hauptschüler ohne Abschluss steigt weiter. Das hat erst vor wenigen Wochen
die Stellungnahme zu einem Antrag der Frau Kollegin Gurr-Hirsch wiederum deutlich belegt. Demnach verlassen 8 % der Hauptschülerinnen und Hauptschüler in BadenWürttemberg die Schule ohne Abschluss – eine erschreckende Bilanz, meine Damen und Herren.
Das ist die Bilanz Ihrer Schulpolitik. Dass inzwischen auch schon Betriebe Stützmaßnahmen für Hauptschulabsolventen anbieten, offenbart die ganze Misere des baden-württembergischen Schulsystems und ist eigentlich ein Armutszeugnis für dieses Land.
Höchste Zeit also, zu handeln und – das haben Sie nun richtig erkannt – schwache Hauptschülerinnen und Hauptschüler zu unterstützen, wenn sie Gefahr laufen, den Abschluss zu verpassen. Dies ist richtig und notwendig. Mit der Hilfe nach Ihrem Konzept kommen Sie aber zu spät. Eine späte Hilfe ist sicherlich besser als gar keine Hilfe.
Natürlich ist es wichtig, dass man den Hauptschülerinnen und Hauptschülern am Ende der Klasse 8 einen zweijährigen Bildungsgang anbietet – in Kooperation mit der Berufsschule –, damit sie noch die Chance bekommen, einen entsprechenden Hauptschulabschluss zu machen. Viel effektiver wäre es aber, meine Damen und Herren, gerade solche Schülerinnen und Schülern bei längeren gemeinsamen Lernzeiten durch ein System individueller Förderung frühzeitig zu fördern und nicht erst am Ende der Klasse 8.
Es wäre besser, sie gar nicht erst in eine solche Situation kommen zu lassen – getreu der Bildungsdevise der Unternehmensberatung McKinsey, die in Berlin genau dieses Motto hatte: „Besser früh investieren als spät fördern“.
Meine Damen und Herren, mit der Entscheidung, das achtjährige Gymnasium schon ab dem Schuljahr 2004/05 verpflichtend und flächendeckend einzuführen, haben Sie sich in ganz Baden-Württemberg isoliert.
Ich sage dies ganz bewusst. Schauen Sie sich an, was in den Drucksachen über die Anhörungsergebnisse steht. Niemand außer Ihnen, Frau Schavan, hält diesen Zeitpunkt für richtig oder zumindest für akzeptabel, wie in den Stellungnahmen eindeutig dokumentiert wird. Mehr noch: Inzwischen gibt es eine breite Allianz, die sich für eine Verschiebung der flächendeckenden Einführung ausspricht oder eine Korridorlösung bevorzugt.
Ich zähle sie Ihnen auf: der Landeselternbeirat, der Landesschulbeirat, der Landesschülerbeirat, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der Philologenverband, der Landkreistag, der Gemeindetag und auch der Städtetag. Alle sind sie gegen Ihre Pläne
(Abg. Seimetz CDU: Die Funktionäre machen das! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: Es ist doch gar keiner dafür! Es gibt niemanden, der da- für ist!)
Der Städtetag beispielsweise hat Sie aufgefordert, die besondere Situation mancher Schulen und Schulträger zu berücksichtigen und den Schulen bzw. den Schulträgern zu erlauben, das achtjährige Gymnasium zu einem späteren Zeitpunkt einzuführen. Zu Recht, denn Sie wissen: Viele Städte sind gar nicht in der Lage, bis zum Schuljahr 2004/05 dem Mehrbedarf an Räumen bei einem achtjährigen Gymnasium gerecht zu werden.
Der Stadt Laupheim im Landkreis Biberach zum Beispiel bürden Sie in ihrer schwierigen Haushaltssituation noch solche Aufgaben auf. Vor wenigen Wochen erst hat der Biberacher CDU-Landrat und -Abgeordnete Schneider an dieser Stelle noch davor gewarnt, den Gemeinden weitere Aufgaben aufzuhalsen, und hat groß über das Konnexitätsprinzip doziert. Ich frage mich, wo heute in diesem Zusammenhang seine Stimme bleibt, zumal Laupheim alles andere als eine SPD-Hochburg ist und selbst Ausgangspunkt einer landesweiten Unterschriftensammlung gegen das achtjährige Gymnasium zum Schuljahr 2004/05 war. Allein in Laupheim, Herr CDU-Landrat,
Auch Sie, Herr Schneider, interessiert es nicht, obwohl Sie doch nach Ihrer eigenen Aussage einmal angetreten sind, sich um die Interessen Ihres Wahlkreises zu kümmern. Nichts ist davon übrig geblieben.
Herr Röhm, damit Sie es noch einmal mitbekommen: Der Zeitpunkt für eine flächendeckende Einführung des achtjährigen Gymnasiums ist denkbar ungünstig.
(Abg. Röhm CDU: Sie haben doch drei Jahre ge- habt! – Abg. Pfister FDP/DVP: Herr Kollege Zel- ler, wir sind zehn Jahre zu spät!)
Es ist nicht nur so, dass die Gemeinden als Schulträger nicht oder bestenfalls schlecht vorbereitet sind. Aber hier könnte man ja sagen: Gut, dass die SPD-geführte Bundesregierung mit ihrem Investitionsprogramm für mehr Ganztagsschulen Ihnen zu Hilfe kommt und so ganz nebenbei Ihre antiquierte Doktrin, Ganztagsschulen nur für Brennpunktschulen zuzulassen, über den Haufen schmeißt. Sie sind ja froh, dass der Bund jetzt Ganztagsschulprogramme anbietet, denn über diesen Weg haben Sie die Möglichkeit, den Gymnasien bei der Einführung des G 8 zu helfen.
Allerdings sage ich Ihnen, Herr Pfister – und da könnten Sie, nachdem Sie sich ja in der Vergangenheit immer groß für Ganztagsschulen eingesetzt haben, der Regierung und der Ministerin einmal Dampf machen –: Nach wie vor besteht bei Ihnen das Prinzip Ganztagsschule nur für die so genannten Brennpunktschulen. Nur da sind Sie bereit, zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen. Sie sind nicht bereit, tatsächlich Ganztagsschulen einzuführen und die dafür notwendigen Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, die räumlichen Voraussetzungen für die schnelle Einführung von G 8 sind vielerorts also nicht gegeben. Das ist eine Tatsache. Doch auch bei denjenigen, die jetzt die große Gymnasialreform schultern sollen, ist das Schuljahr 2004/05 der denkbar schlechteste Zeitpunkt für die flächendeckende Einführung von G 8. Zuerst brüskieren Sie die Lehrerinnen und Lehrer mit einer Deputatserhöhung, und dann verlangen Sie, dass sie, quasi als Dank, zu enthusiastischen Trägern Ihrer Reform werden. Frau Schavan, Sie wissen doch selber ganz genau, dass das nicht funktionieren kann,
ganz zu schweigen von den Schulleitungen, die Sie selbst gerne als Motoren der Erneuerung benennen. Den Schulleitungen jetzt die Verantwortung für Ihre Reform zu übertragen und sie gegen die frustrierten Kollegen kämpfen zu lassen, das halte ich nicht für fair.