Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es um die Champions League geht, müssen wir von Stuttgart ja nicht an den Bodensee fahren. Das ist ja bekannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zur fast schon späten donnerstäglichen Stunde noch da sind, wir alle wissen, dass der Bodensee einem enormen Siedlungsdruck ausgesetzt ist. Das sieht man allein schon daran – wenn man die Zahlen zugrunde legt, die noch einmal aufgeführt sind –, wie viel Zuwachs wir dort in wenigen Jahren hatten. Das macht deutlich, wie attraktiv diese Gegend ist und wie viele Arbeitsplätze dort angeboten werden müssen. Sonst würden nicht so viele Leute in diese Region gehen.
Gleichzeitig haben wir dort eine der erfolgreichsten touristischen Gegenden in ganz Deutschland, und zwar mit allen Vor-, aber auch Nachteilen. Damit die touristische Marke Bodensee weiterhin erfolgreich sein kann, brauchen wir eine nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen. Der Kollege Hoffmann hat es schon angesprochen. Insbesondere im Tourismus können wir uns das Nachbarland Vorarlberg, das auch unser Partnerland ist, durchaus zum Vorbild nehmen.
Die Region Bodensee ist aufgrund der sensiblen Situation, die wir dort vorfinden – der Bodensee ist ja auch Trinkwasserspeicher für Millionen von Menschen in diesem Land, nicht nur eine touristische Gegend –, ideal und bestens geeignet für eine modellhafte Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie, wie Sie es angesprochen haben. Mit Vorarlberg und der Schweiz haben wir Partner, die hierfür sehr offen sind. Das gilt es auszunutzen.
Das Problem am Bodensee ist sicherlich nicht, dass es dort in irgendeiner Hinsicht eine Unterentwicklung gäbe, sondern es geht darum, die Entwicklung, die wir dort in den letzten Jahren und Jahrzehnten hatten, in die richtigen Bahnen zu lenken. Trotz der entsprechenden Schutzprogramme – verschiedene sind erwähnt worden, solche von Harald B. Schäfer bis hin zu solchen, die erst in den letzten Jahren durchgeführt worden sind – gibt es noch genügend Sündenfälle. Ein beliebtes Thema – das muss man immer wieder ansprechen – ist das Thermalbad in Friedrichshafen. Aber es gibt auch andere.
Es gibt auch Fortschritte: Es gibt Einrichtungen, die vom Ufer weggegangen sind, wodurch der Uferbereich jetzt besser geschützt ist. Das will ich gar nicht in Abrede stellen.
Eines müssen wir natürlich auch sagen: Auch die Kommunen am Ufer müssen weiterhin die Möglichkeit haben, sich
in irgendeiner Weise zu entwickeln. Die allererste Aufgabe in diesem Zusammenhang – wenn es uns darum geht, Ökologie und Ökonomie zu verknüpfen – muss es sein, die Brachflächen zu reaktivieren, weil wir mit dieser Entwicklung sehr schonend umgehen müssen.
Ein richtiger Ansatz – er wird in der Stellungnahme des Ministeriums auch erwähnt – ist, dass bestimmte Gewerbebetriebe und Industrieanlagen vom Uferbereich wegkommen und weiter ins Hinterland versetzt werden. Auch darum werden wir nicht herumkommen.
Zum Tourismus: Der ÖPNV am See – der Minister hat es gestern erwähnt – befindet sich auf einem sehr hohen Niveau. Da können wir über das, was wir erreicht haben, sehr froh sein.
(Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! – Abg. Zeller SPD: Ohne Auto, Frau Berroth! – Abg. Seimetz CDU: Der Mann kennt sich besser aus als mancher, der am See wohnt!)
Wesentlich schlechter – Sie waren ja hoffentlich mit dem Fahrrad dort, Frau Kollegin – sieht es schon mit den Verbindungen ins Hinterland aus.
Wenn Sie am Bodensee Urlaub machen und ins Deggenhausertal wollen, wird es schon schwieriger. Es gibt also noch genügend Aufgaben. Hier muss die Situation noch wesentlich verbessert werden.
Sie haben jetzt angesprochen, man sei dort mit dem ÖPNV bestens bedient, müsse aber mit dem Auto hinfahren. Das sehe ich anders. Natürlich gibt es Schwierigkeiten: Die Verbindungen zum See sind nicht so gut wie die am See. Da müssen wir zukünftig mehr tun. Ich würde es aber für falsch halten, das alles auf die Straße zu bringen.
Wir können uns da einmal das Engadin zum Vorbild nehmen. Dort sind im Winter 50 % des Tourismus auf der Schiene. Im Sommer sind es noch 30 %. Wer schon einmal von Chur ins Engadin gefahren ist, weiß, dass das zwar keine besonders schnelle Bahn ist, dass sie aber praktisch schon als „Event“ dargeboten wird. Es ist schon ein Erlebnis, mit dieser Bahn zu fahren. Das heißt, es reicht in Zukunft nicht mehr, nur irgendwo einen Fahrplan auszulegen, sondern das Zugangebot muss so gestaltet sein, dass der Urlaub schon beginnt, wenn die Leute mit dem Zug in Stuttgart einfahren.
Deswegen auch mein Appell an Sie – gerade die FDP/DVP ist doch immer für Wettbewerb –: Lassen Sie zukünftig mehr Wettbewerb zu!
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist ja un- ser Problem! Dafür kämpfen wir ja laufend! – Abg. Pfister FDP/DVP: Sofort! Lieber heute als mor- gen!)
Ein anderes Problem ist der Tagestourismus; denn dabei kommen die Leute meistens mit dem eigenen Auto. In der Schweiz hat man das auch schon besser in den Griff bekommen. Auch hier gilt es, Anstrengungen zu unternehmen. Es ist sicherlich kontraproduktiv, dass ich – um vom westlichen Bodensee zu reden – künftig im ICE nicht mehr mein Fahrrad mit nach Singen nehmen kann. Das ist wirklich eine Fehlentwicklung, eine völlig falsche Haltung der Bahn. Wir sollten möglichst viel Druck erzeugen, damit das wieder geändert wird.
Nein, Windanlagen brauchen wir keine. Das wird jetzt übrigens in St. Moritz gemacht. Die setzen jetzt auch auf Ökologie. Dort müssen Sie einmal hinfahren.
Ein Lieblingsprojekt am See ist der Katamaran. Der Minister hat ihn am Anfang sehr heftig gefordert; mittlerweile hören wir nicht mehr so viel. Vielleicht ist er von diesem Holzweg abgekommen. Ich hoffe, man wird diesen Holzweg auf dem Wasser – –
Das geht dann wahrscheinlich relativ schnell unter. – Es gibt dort wesentlich bessere Alternativen, zum Beispiel eine schnelle Busanbindung. Ich hoffe, dass dieses Projekt auch im Interesse des Naturschutzes und der Fischer am Bodensee demnächst scheitern wird, und ich hoffe, dass dann auch die CDU und die FDP/DVP auf dieser Seite stehen werden.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal ganz simpel auf die, so glaube ich, sehr informativen Antworten der Landesregierung auf die verschiedenen Fragen der SPD verweisen. Da steht ungemein viel drin, und wenn man das liest, könnte man eigentlich fast stolz auf all das werden, was wir dort schon zuwege ge
Wenn ich mir überlege, was das Besondere an der Bodenseeregion ist, dann möchte ich einmal sagen: Die besondere Herausforderung ist, ein sensibles Gleichgewicht aus höchst unterschiedlichen Anforderungen auf einem relativ engen Raum zustande zu bringen.
Meine pauschale Aussage vorab: Es ist uns gelungen, dieses sensible Gleichgewicht zwischen Schutz, Schonung und Bewahrung auf der einen Seite und Entwicklung, Impulsen und Fortschritt auf der anderen Seite zu erreichen.
Wenn hier davon die Rede war – Herr Kollege Walter, Sie haben das ja gesagt –, dass die Bodenseeregion attraktiv ist, dann kann ich nur bestätigen: Das ist so. Diese Attraktivität ergibt sich nicht nur aus der Natur. Natürlich ist das zunächst einmal das Dominierende; das würde ich klar unterstreichen. Wenn die Menschen dort hinziehen oder als Touristen oder als Tagestouristen dort hinkommen, dann geschieht das in erster Linie wegen der Landschaft und wegen der Natur, also wegen des Sees. Aber es ist auch der Lebens- und Wirtschaftsraum, es ist die Entwicklung. Es ist kein verödetes Gebiet, sondern es ist ein prosperierendes Gebiet; es ist ein Gebiet, das für viele Menschen so erstrebenswert ist, dass sie endgültig dort hinziehen.
Wenn ich mir das vor Augen führe, muss ich als Ergebnis sagen: In einer sensiblen Landschaft für die Menschen attraktiv zu bleiben, nicht die Käseglocke darüber zu stülpen, sondern zur gleichen Zeit genügend Lebendigkeit und Fortschritt zu vermitteln, das ist und war die Leistung aller Beteiligten. Sogar die Landesregierung hat an der einen oder anderen Stelle nicht verhindert, dass es dem Bodenseegebiet so gut geht.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Zeller SPD – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut! Das hört sogar der Herr Zeller gern!)
Man könnte ja eine andere Vorstellung von einer Region wie dem Bodensee haben: Es ist ein stiller Alpensee wie beispielsweise der Chiemsee, der im Wesentlichen nur einer Funktion dient, nämlich ein Naturraum zu sein, ein schönes Gebiet mit vielleicht einem gewissen Tourismus. Aber der Bodenseeraum ist sehr viel komplexer, hat viele Spezifika: Lebens- und Wirtschaftsraum für ungemein viele Menschen, für eine sich dynamisch entwickelnde Industrie mit entsprechend vielen Arbeitsplätzen; das große Thema Gewässerschutz, auf das ich in wenigen Worten noch eingehen will, eine Herausforderung, die wir bestanden haben; der größte Binnensee Deutschlands, der schon einmal in einer sehr viel schwierigeren Lage war, als er heute ist; ein Naturraum; ein touristisches Gebiet; ein Gebiet mit einer ganz spezifischen, hoch entwickelten und differenzierten Landwirtschaft – Wein, Obst, Hopfen und Fische, das gibt es ja in dieser Kombination eigentlich sonst nirgends, dort ist das größte Obstanbaugebiet Deutschlands –; die Verkehrsprobleme, die es durch diese dynamischen Entwicklungen gibt, aber auch wegen der Lage des Bodenseeraums, weil er ja an den großen Transversalen liegt – von der Schweiz her, von Österreich her, Ost-West-Verkehr, Nord-Süd-Verkehr –; die Bildungslandschaft Bodenseeraum, die sich ungemein
In diesem Dilemma der ganz unterschiedlichen Anforderungen eine geordnete Entwicklung zu bewerkstelligen, dieses labile Gleichgewicht, von dem ich gesprochen habe, zu schaffen, das ist, glaube ich, eine gemeinsame Leistung gewesen. Das ist uns bislang gelungen. Es ist auch der Landesregierung gelungen, mit einigen bescheidenen Beiträgen spezifische Maßnahmen zu ergreifen.