Protokoll der Sitzung vom 16.07.2003

dann ist es ja gut. Wenn das aber nur auf den Widerstand der Gewerkschaft der Polizei oder auf unsere Anhörungen zurückgeht,

(Zurufe von der CDU)

dann wäre es falsch. Also, ich gehe einmal davon aus: Die Entscheidung geht auf Überzeugungsarbeiten zurück. Wenn das stimmt, hoffe ich, dass Sie auch auf anderen Gebieten noch zu überzeugen sind. Dann kann man mit Ihnen möglicherweise noch diskutieren. Wir haben im Februar gleich gesagt, dass man die Polizeidirektionen nicht eingliedern kann, und wir haben das im April in einer Debatte gesagt. Was haben Sie gemacht? Jetzt, zum Schluss, nachdem es massiven Protest gab, haben Sie beschlossen, dass die Polizeidirektionen nicht eingegliedert werden. Sie hätten eigentlich schon im Februar wissen können, dass die Polizeidirektionen nicht in die Landratsämter passen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich komme gleich noch einmal auf die Polizei zurück. Aus der Polizei muss ja etwas eingegliedert werden. Das ist offensichtlich eine Manie von Ihnen.

Ich komme auf die Lebensmittelüberwachung zu sprechen. Warum Sie die Lebensmittelüberwachung in die Landratsämter eingliedern wollen, ist nun überhaupt nicht nachvollziehbar. Es gibt zwei gute Gründe für den WKD als Einheitsamt. Der eine ist Gefahrenabwehr und Strafverfolgung in einer Hand. Das ist vernünftig. Der zweite Grund: Bei jeder Überprüfung im Bereich der Lebensmittelüberwachung kann die Polizei gleich nachprüfen, ob das Gewerbeaufsichtsamt, ob das Ausländerrecht, ob das Jugendrecht berührt ist. Alles liegt in einer Hand, und das ist vernünftig.

Gerade Baden-Württemberg hat den Wirtschaftskontrolldienst auch mit der Lebensmittelüberwachung in der bestehenden Form organisiert – als einziges Bundesland – und ist deswegen auch so erfolgreich. Was machen Sie? Sie wollen das völlig ändern, weil irgendjemand einen Teil der Polizei, nämlich die Lebensmittelüberwachung, in die Landratsämter eingliedern will. Im Übrigen gibt es überhaupt keinen Grund dafür. Ich kenne keinen Grund für diesen Unsinn.

Lassen Sie mich einfach ein paar Leute zitieren, damit das einmal deutlich wird.

Herr Stächele sagte am Donnerstag, 20. Juni 2002 – da hat er noch nicht gedacht, dass man einmal darüber nachdenkt, die Lebensmittelüberwachung möglicherweise in die Landratsämter einzugliedern –, in der 28. Plenarsitzung:

Ich will zum Schluss etwas sagen, was für Sie als Parlamentarier auch ganz wichtig zu wissen ist. Die Lebensmittelkontrolle in Baden-Württemberg funktioniert. Ich will ausdrücklich auch in Richtung des Kollegen Innenministers sagen:

er hat sich dazu bisher auch nicht geäußert –

Gott sei Dank gibt es bei uns den WKD. Ich habe gar nicht geahnt, dass wir das einzige Bundesland sind, das über eine derartige Lebensmittelpolizei verfügt. Der WKD ist effizient, er hat Schlagkraft. Er ist unser Instrument, um sicherzustellen, dass der Verbraucher gesunde Nahrungsmittel erhält.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Alles richtig! – Abg. Pauli CDU: Richtig!)

Warum gliedern Sie dann die Lebensmittelüberwachung in die Landratsämter ein?

Deswegen ein Kompliment auch einmal an ein anderes Ressort: Der WKD ist unsere Lebensmittelpolizei par excellence.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Dann lassen Sie es doch bleiben!

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Problem bei Ihrer Reform ist, dass Sie einfach nicht stringent an dem bleiben, was Sie vor einem Monat oder einer Woche einmal gesagt haben. Sie sollten einfach einmal einen Entwurf von der Aufgabenkritik und von den Ämtern machen und sagen, was Sie wollen, und nicht umgekehrt.

Was hat der Herr Innenminister auf dem Höhepunkt der so genannten BSE-Krise gesagt? Innenminister Thomas Schäuble sagte in einer Presseerklärung am 12. März 2001 – Herr Minister, Sie haben es sicherlich im Kopf, aber ich will es Ihnen noch einmal sagen –:

Nur eine zum Polizeivollzugsdienst gehörende Einheit kann es beispielsweise schaffen, am Samstag, den 23. Dezember des vergangenen Jahres, aufgrund einer Rückrufaktion von Lebensmitteln mit Rindfleischanteilen bis zum 27. Dezember insgesamt 1 500 Betriebe zu kontrollieren.

Machen Sie das einmal mit Ihren 44 Landratsämtern!

(Beifall bei der SPD)

Ich mache das nur an diesem Beispiel deutlich, aber ich könnte den ganzen Nachmittag über lauter Einzelheiten dieser Verwaltungsreform reden.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wie wollen Sie es mit acht Regionalkreisen machen? – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Zuhören, Herr Haas!)

Da stand das gar nicht drin, Herr Haas. Wir können für Sie einmal einen Vortrag halten, damit Sie endlich mitkommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Weiter sagte der Innenminister: Wir haben zum Beispiel gegenwärtig eine 24-Stunden-Erreichbarkeit über das durchgehend besetzte Führungs- und Lagezentrum der Polizei und deshalb eine kurzfristige Herstellung der Einsatzbereitschaft des WKD.

Das weiß jeder. Das wissen Sie. Auch der Herr Minister – wo ist er jetzt? –

(Abg. Wieser CDU: Sie loben ja unentwegt die Re- gierung!)

weiß, dass das so ist.

Das MLR musste hiervon schon des Öfteren Gebrauch machen, um zum Beispiel außerhalb der Dienstzeiten authentische Informationen als Grundlage für eine öffentliche Warnung zu erhalten oder an Samstagen Betriebskontrollen zu veranlassen oder umgehend gesundheitsschädliche Erzeugnisse aus dem Verkehr zu ziehen, und zwar nicht in einem Landkreis, sondern in ganz Baden-Württemberg.

Herr Landrat Schneider, um Ihnen das zu sagen, weil Sie gerade so interessiert schauen: Wenn Sie die Lebensmittelkontrolle aus dem WKD herausnehmen, müsste ein zusätzlicher landesweit vernetzter Transport- und Kurierdienst für den Transport von jährlich 55 000 Proben neu aufgebaut werden. Hierbei muss bei eiligen verderblichen Proben in Krankheitsfällen der tägliche Transport zu den vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern gewährleistet sein. Der WKD nutzt im Lebensmittelbereich die polizeiliche Kommunikationsstruktur.

Das wissen Sie alle, auch Ihr Polizeisprecher weiß das. Deshalb wundert man sich, warum Sie überhaupt auf die Idee kommen können.

Inklusive der Funkverbindungen der WKD-Fahrzeuge müsste die untere Verwaltungsbehörde dieses Netzwerk neu aufbauen und alle ihre Fahrzeuge neu ausstatten. Diese Kommunikationsstruktur wurde intensiv bei den Affären der letzten Jahre genutzt, zum Beispiel bei der BSE-Affäre, dem Dioxin-Skandal, zuletzt in Belgien, oder zuletzt dem Nitrofen-Skandal. Solche Affären erfordern eine großräumige landesweite Vollzugsstruktur.

Es gibt auch klare Befehlsstrukturen. Dies alles wissen Sie. Ich möchte wissen, wie ein Abgeordneter des Landtags von Baden-Württemberg auf die Idee kommen kann, die Lebensmittelüberwachung aus dem WKD herauszunehmen und den 44 Stadt- und Landkreisen zu unterstellen. Wer? Ihr! Völliger Unsinn! In die Art und Weise und in die Richtung geht ihr mit dem Beschluss, den Sie jetzt gefasst haben.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich ist das so. Die Lebensmittelüberwachung soll heraus. Beschäftigen Sie sich doch einmal mit dem Thema. Das wäre gut.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Tapezieren Sie nicht nur in dem Haus, sondern helfen Sie, das Haus zu bauen. Das wäre besser.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Forstverwaltung, ein ähnliches Drama.

(Abg. Capezzuto SPD: Jesses!)

Schade, dass Sie Ihren Kollegen Hauk dazu nicht reden lassen. Der könnte Ihnen das Einheitsforstamt auch unter EU

Richtlinien erklären, und zwar mit tollen Beispielen. Leider darf er nicht reden. Er hat gerade das Bundesverdienstkreuz gekriegt. Ich habe ihm gratuliert und gesagt, er solle gleich kommen, weil er mit dem Bundesverdienstkreuz vielleicht auch unabhängig von der Fraktionsdisziplin reden könnte. Dann könnte er vorne hinstehen und sagen, was er zum Forst denkt.

(Abg. Oettinger CDU: So wie Sie auch!)

Ja, ja, wie ich auch. Ich habe aber kein Verdienstkreuz bekommen. Deswegen ist das eine andere Frage.

Von daher gesehen sage ich noch einmal: Lassen Sie doch den Kollegen Hauk hier einmal zum Forst reden. Er hat nämlich die gleiche Auffassung wie wir. Er ist ein Praktiker. Er will das Einheitsforstamt erhalten und kein Forstamt gründen, das unabhängig von den Eigentumsverhältnissen des Forsts, von der Pflege und vom Anbau der Bäume jetzt plötzlich an Kreisgrenzen zu orientieren wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Capezzuto SPD: Blödsinn!)

Wir haben hier eine Anhörung durchgeführt. Die hat eigentlich jedem, der dabei war, deutlich gemacht, dass das völlig falsch wäre.